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Lesefreundin
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Düsseldorf

Bewertungen

Insgesamt 64 Bewertungen
Bewertung vom 23.04.2025
Beeren pflücken
Peters, Amanda

Beeren pflücken


gut

Blasse Protagonistin

"Beeren pflücken" von Amanda Peters war vermutlich das Buch, auf das ich mich in diesem Frühjahr mit am meisten gefreut habe. Die vielen begeisterten Rezensionen aus dem englischsprachigen Raum sowie der Klappentext versprachen eine packende Lektüre. Leider war der Roman nicht das erwartete Highlight für mich.

Bereits ganz zu Beginn ist klar, dass es sich bei Norma um die vermisste, kleine Schwester Ruthie des Protagonisten Joe handelt. Joe und seine Familie, eine Mi'kmaq-Familie aus Nova Scotia, kommen Jahr für Jahr nach Maine, um dort bei der Beerenernte zu arbeite. Eines Tages verschwindet die vierjährige Ruthie spurlos, Joe war der letzte, der sie gesehen hat. Die Geschichte erzählt von den getrennten Leben von Norma/Ruthie und Joe bis ins späte Erwachsenenalter hinein. Aus der Ich-Perspektive erfahren wir, wie es es Norma in ihrer "neuen" Familie ergangen ist, bei Joe verfolgen wir ein Leben voller Schuldgefühle und Flucht. Er fühlt sich verantwortlich für das Verschwinden seiner Schwester und kann dies nie wirklich überwinden.

Ich empfand die Geschichte insbesondere zu Beginn als ausgesprochen zäh und langatmig erzählt und ich habe das Buch sogar für einige Tage zur Seite gelegt. Große Probleme hatte ich mit Normas Geschichte, da ich sie als ausgesprochen unglaubwürdig empfunden habe bzw. hat mich Normas Passivität extrem gestört. Immer wieder stößt sie auf Hinweise, dass sie nicht die leibliche Tochter ihrer Eltern ist und ihr werden Lügen erzählt, die völlig an den Haaren herbeigezogen sind (u.a. würde sich ihre dunkle Hautfarbe durch einen italienischen Opa erklären). Norma akzeptiert das so, hinterfragt nichts, konfrontiert ihre Eltern nicht, weil sie befürchtet, dass ihre Mutter Kopfschmerzen haben und traurig sein könnte. Auch später gibt es mir in der Auflösung zu wenig Konfrontation. Norma wurde als vierjähriges Mädchen entführt, extrem manipuliert und ihre Kindheit war noch nicht einmal fröhlich. Aber auch das wird mehr oder weniger so hingenommen. Da sträuben sich mir als Mutter die Nackenhaare!
Über die Hälfte des Buches spielt auch die Entführung selbst keine wirkliche Rolle.

Joes Geschichte fand ich durchaus lesenswert. Seine Schuldgefühle, seine Trauer und Wut waren überzeugend. Auch das Ende empfand ich als gelungen.

Fazit: Leider kein Highlight, trotz großem Potential.

Bewertung vom 20.04.2025
Frau im Mond
Jarawan, Pierre

Frau im Mond


gut

Es liegt an mir...
... und vermutlich nicht am Buch, dass ich es nach gut 100 Seiten zur Seite lege. Denn das Buch hat alles, was mir normalerweise richtig gut an einem Roman gefällt: Eine Familiengeschichten über verschiedene Generationen, eine Migrationsperspektive, Einblicke in eine andere Gesellschaft und Kultur, ein Blick in die Vergangenheit, ein liebenswerter und leicht schrulliger Charakter, historische Tatsachen.

Und dennoch finde ich einfach nicht in das Buch hinein. Der Erzählstil ist recht eigen. So erzählt uns Lilith die Geschichte ihrer Familie, von ihren Großeltern und den libanesischen Wurzeln. Dabei wechselt sie häufig und schnell die zeitlichen Ebenen und spricht die Leserschaft teilweise direkt an. Für gewöhnlich mag ich es sehr, wenn der Erzählstil nicht geradlinig ist, aber dieses Mal hemmt es meinen Lesefluss.

Ich habe für den Moment entschieden, dass ich das Buch abbreche. Aber da ich die Story nach wie vor interessant finde, werde ich irgendwann sicherlich weiterlesen. Denn ich bin mir sicher , dass Pierre Jarawan eine tolle Geschichte geschrieben hat.

Ich vermute, dass der Roman und ich im Moment einfach nicht zusammen passen. Ich werde es zu einem anderen Zeitpunkt noch einmal versuchen.

Bewertung vom 20.04.2025
Wie Risse in der Erde
Hall, Clare Leslie

Wie Risse in der Erde


ausgezeichnet

Großartige Lesestunden
Wenn ich ein Buch in zwei Tagen weg inhaliere, dann muss ich schlichtweg eine große Leseempfehlung für dieses Highlight aussprechen!

In dem Roman begleiten wir Beth, eine junge Farmersfrau, die versucht über den tödlichen Unfall ihres Sohnes hinwegzukommen, der sich vor drei Jahren ereignet hat. Als ihre Jugendliebe Gabriel mit seinem Sohn Leo auftaucht und gerät alles ins Wanken, insbesondere ihre Ehe zu Frank. Am Ende eskalieren die Dinge so sehr, dass ein Mensch getötet wird und die Frage im Raum steht, wer für den Tod verantwortlich ist.

Clare Leslie Hall hat einen Roman mit einer unglaublichen Sogwirkung geschrieben, womit ich so nicht gerechnet hätte. Liebesstories sind in der Regel nicht meins, aber obwohl Beths Gefühle zu Gabriel und Frank viel Raum einnehmen, konnte ich das Buch kaum aus der Hand legen. Beth ist als Protagonistin sehr authentisch und sowohl ihre Gefühlswelt zu den Männern als auch der schwere Verlust ihres Kindes sind ausgesprochen emotional und nachvollziehbar gezeichnet. Ich war hier sehr berührt und fieberte gleichzeitig der Aufklärung entgegen, wer getötet wurde und wer für den Tod für verantwortlich ist.

Denn nur Häppchenweise streut die Autorin Hinweise und lässt immer wieder kurze Kapitel aus dem Gerichtsprozess einfließen, was die Spannung stetig steigen lässt.
Der Auflösung fand ich großartig und hat mich komplett überzeugt, wenngleich das Ende des Buch schon sehr nah am Kitsch vorbei geschrammt ist.

"Wie Risse in der Erde" ist ein unglaublich atmosphärischer Roman, der mich als Leserin mit einer sehr nahbaren Protagonistin hat mitfiebern lassen. Ich hatte großartige Lesestunden.

Bewertung vom 10.04.2025
Good Girl
Aber, Aria

Good Girl


sehr gut

Sprachlich und emotional eine Wucht

"Good Girl" von Aria Aber befindet sich aktuell auf der Shortlist des Womens' Prize for Fiction und das - aus meiner Sicht - völlig zu Recht!

Es ist die Geschichte einer 19jährigen, deren Eltern aus Afghanistan nach Deutschland geflohen sind und nun in Berlin leben. Nila will ausbrechen, aus den starren Regeln, denen sie als Mädchen in ihrer Familie ausgesetzt ist, aus den ärmlichen Verhältnissen und dem heruntergekommen Stadtteil, in dem sie nach dem Tod der Mutter alleine mit ihrem Vater lebt. Gleichzeitig hadert sie mit ihrer Identität als muslimische Afghanin, mit Rassismus und Vorurteilen.

Ihr Weg führt sie in das Berliner Partyleben, wo Drogen und eine toxische Beziehung zu einem älteren Künstler ihr Leben bestimmen.

Es ist ein raues, hartes Buch, das uns ein von Drogen und Gewalt geprägtes junges Leben zeigt, gleichzeitig bezaubert der Roman durch eine unglaublich schöne Sprache. Selten habe ich ein Buch gelesen, das mich emotional so nah an eine Protagonistin herangeführt hat. Aria Aber schafft es auf herausragende Weise, dass ich mich Nilas Gefühlswelt sehr nah gefühlt habe.

"Good Girl" thematisiert weibliche Zwänge, Identität, Rassismus, Gewalt und soziale Ungleichheiten. Es ist ein sprachlich und emotional herausragendes Buch, das ich allen empfehle, die sich auf "schwere Kost" einlassen möchten, denn insbesondere der exzessive Drogenkonsum zieht sich durch das komplette Buch und ist damit vermutlich nicht für jede Leserin geeignet.

Bewertung vom 02.04.2025
Oh Sunny
Yun, Ta-Som Helena

Oh Sunny


ausgezeichnet

Zwischen familiären Zwängen und Selbstbestimmung

"Oh Sunny" von Ta-Som Helena Yun war eine Überraschung für mich, denn mit Blick auf dieses farbenfrohe Cover und dem Blurb von Mithu Sanyal, die von einem "herrlich rebellischen Trip" spricht, hatte ich kaum mit einer so tiefgründigen und gar bedrückenden Geschichte gerechnet.

In dem Buch begleiten wir Sunny, die aus den Zwängen und strengen Regeln ihres Elternhauses ausbricht und in einer Turnhalle landet, wo sie den koreanischen Heimatverein ihrer Freundin Ha unterstützt. In ihrer Jugend musste sie eine Entscheidung treffen (oder haben ihre Eltern diese Entscheidung für sie getroffen?!), über die sie stillschweigen muss, um das Ansehen ihrer Eltern nicht zu beschädigen. Es wirkt Paradox, dass ihr Vater ein anerkannter Freiheitskämpfer ist, er für seine Tochter jedoch ganz andere moralische Vorstellungen hat. Auch die Mutter ist Sunny keine Unterstützung. Im Gegenteil ist auch sie es, die Sunny psychisch erniedrigt. Das Erlebte in ihrer Jugend hat Sunny bis ins Erwachsenenalter nicht überwunden, wie ein Schatten liegt dieses Ereignis über ihrer Seele, das sie aufzufressen droht. Als sie ausbricht und im koreanischen Heimatverein landet, wird ihr umso deutlicher, dass auch ihre Freundin mit ihrer Vergangenheit zu kämpfen hat.

Der Autorin ist ein starkes Debüt gelungen, das uns in einer klaren Sprache in die Gefühlswelt der Protagonistin mitnimmt und den Leserinnen zeigt, wie belastend familiäre Zwänge und gesellschaftliche Erwartungen sein können. Besonders gelungen fand ich die Einbindung von historischen Tatsachen aus der koreanischen Geschichte, über die ich mich nach der Lektüre des Buches noch weiter informiert habe. So greift Ta-Som Helena Yun u.a. die grausame Geschichte der sogenannten koreanischen "Trostfrauen" auf, die im zweiten Weltkrieg als Se*sklavinnen für japanische Soldaten herhalten mussten. Im Roman möchte der Kulturverein eine Friedensstatue in Berlin aufstellen lassen, die eine koreanische Frau zeigt und so auf das konkrete Leid der Koreanerinnen, aber auch allgemein auf das Leid von Frauen in Kriegsgebieten aufmerksam machen soll. Diese Statue gibt es tatsächlich und auch die politische Kontroverse um dieses Mahnmal sind keine Fiktion.

Fazit: Ein überraschend tiefgründiges Buch, das mich insbesondere durch das Einbinden historischer Tatsachen, aber auch durch das Schicksal von Sunny sehr berührt hat. Ich konnte Sunnys Verhalten nicht immer nachvollziehen, aber dennoch konnte ich ihren Schmerz spüren. Von mir gibt es 4,5 Sterne und eine Leseempfehlung!

Bewertung vom 23.03.2025
Was ich von ihr weiß
Andrea, Jean-Baptiste

Was ich von ihr weiß


ausgezeichnet

Ein Roman zum Abtauchen

"Was ich von ihr weißt" von Jean-Baptise Andrea, ausgezeichnet mit dem Prix Goncourt und Lieblingsbuch der französischen Buchhändler*innen, hat mit mir eine weitere Leserin begeistert!

Wir begleiteten den Lebensweg des Bildhauers Mimo Vitaliani, der in bescheidenen Verhältnissen aufwächst und als Kleinwüchsiger Spott und Hohn erfährt. Doch das Blatt wendet sich für das künstlerische Ausnahmetalent als er in die Kreise der einflussreichen Adelsfamilie Orsini stößt. Es ist die Zeit des aufstrebenden Faschismus in Italien zu Beginn des 20. Jhd., in der Mimo mit Hilfe der Osini-Brüder Stefano und Francesco zu immer mehr Ruhm kommt. Der entscheidende Mensch in Mimos Leben ist allerdings Viola Orsini. Schon als Kinder verbindet die beiden eine heimliche, tiefe Freundschaft. Die beiden, kosmische Zwillinge wie sie sich nennen, brauchen einander und stoßen sich dennoch immer wieder ab. Dabei sei angemerkt, dass es hier tatsächlich nicht um eine Liebesbeziehung geht, sondern um eine enge Freundschaft.

Jean-Baptiste Andrea hat einen Roman geschrieben, der die fiktive Lebensgeschichte eines ruhmreichen Bildhauers in die politischen und gesellschaftlichen Gegebenheiten Italiens rund um Mussolinis Herrschaft einbettet. Besonders beeindruckt hat mich Violas Geschichte, die als junges Mädchen wunderbar eigen, höchst intelligent und voller Phantasie ihren Träumen nachgegangen ist. Doch die damalige Zeit und ihr gesellschaftlicher Stand sahen dies nicht vor. Mit dem Erwachsen werden ist sie in den patriarchalen Strukturen und der Macht ihrer Brüder gefangen, ihre Lebensfreude und ihre Träume schwinden.

Ich konnte beim Lesen tief in die Geschichte abtauchen, die Tiefgang besitzt, historische Gegebenheiten aufgreift und eindrücklich das damalige Gesellschaftsbild nachzeichnet. Nicht zuletzt haben der Sprachstil und auch der hier und da eingeflossene, sarkastische Humor von Mimo, mich überzeugt. Insbesondere das Ende und die Auflösung rund um das Geheimnis von Mimos Pieta empfand ich als ausgesprochen gelungen.

Bewertung vom 15.03.2025
In ihrem Haus
van der Wouden, Yael

In ihrem Haus


ausgezeichnet

Intensiv, bedrückend und herausragend

"In ihrem Haus" von Yael van der Wouden stand schon auf so mancher Buchpreis-Liste (aktuell steht der Roman auf der Women's Prize for Fiction - Longlist) und das absolut zu recht! Yael van der Wouden hat mit einem nüchternen und klaren Schreibstil eine intensive und bedrückende Geschichte zweiter Frauen geschaffen, die durch ein Haus miteinander verbunden sind. Mag man als Leserin zu Beginn der Lektüre noch denken, dass es sich hier schlichtweg um das Verhältnis zweier Frauen zueinander dreht, so entwickelt sich die Geschichte zum Ende hin zu so viel mehr.
Der Roman wartet mit einer ganz eigenen Atmosphäre auf, die durch eine latente Spannung geprägt ist und das Buch zu einer besonderen Lektüre für mich gemacht hat.

Ich scheue mich davor näher auf den Inhalt einzugehen, denn ich selber wurde durch eine Rezension gespoilert und konnte den Twist im letzten Drittel des Buchens nicht so intensiv erleben, wie ich es ohne den Spoiler getan hätte. Ich empfehle darum dringend, das Buch ohne viel Vorwissen zu lesen und sich so auf die herausragende Geschichte einzulassen.

Ich vergebe 4,5 Sterne für dieses gelungene Debüt!

Bewertung vom 13.03.2025
Die Summe unserer Teile
Lopez, Paola

Die Summe unserer Teile


weniger gut

Konnte mich nicht überzeugen

In "Die Summe unserer Teile" von Paola Lopez begleiten wir drei Frauen einer Familie - Großmutter, Mutter und Tochter - und ihr jeweils schwieriges Verhältnis zu einander. Erzählt wird auf verschiedenen Zeitebenen und aus verschiedenen Perspektiven heraus.
Der Klappentext des Buches hat mich sofort begeistert. Zum einen, weil ich ausgesprochen gerne Familienromane auf verschiedenen Zeitebenen lese und zum anderen, weil ich mehr über den Lebensweg der Großmutter erfahren wollte, die von Polen in den Libanon geflüchtet ist.

Leider haben mich die Handlung und die Zeichnung der Charakter nicht überzeugt.
Das lag zum einen daran, dass die entscheidenden Lebenswege der Großmutter erzählt und nicht gezeigt wurde. So wird beiläufig am Telefon erzählt, was die Großmutter Schlimmes in der Vergangenheit erfahren hat und was letztlich Kern der kompletten Beziehungsproblematik ist. Dabei wäre es mehr als lesenswert gewesen, die Geschichte wirklich zu erzählen, um so die Charaktere und ihre Beziehungen zu verstehen. Auch der Weg von Polen in den Libanon wird mehr oder weniger auf einer Seite abgehandelt, statt dem Ganzen einen Handlungsstrang zu widmen.

Damit bin ich auch den Protagonistinnen nicht nahe gekommen. Ich konnte die Frauen dieser Familie nicht greifen, das Schicksal der Großmutter nur wenig nachempfinden und die Dynamiken nicht verstehen. Letzteres gilt insbesondere für Lucy, deren grundsätzliches "Problem" mit ihrer Mutter mir auch nach der Lektüre nicht klar ist. Ebenso ihre Reaktion auf das Geständnis ihrer Mutter zum Ende der Geschichte konnte ich nicht nachvollziehen.

Zusätzlich zu dem recht langsamen Erzähltempo folgt ein Ende, das die Geschichte nicht wirklich abschließt. Es gab keinerlei richtige Aussprache, kein Aufarbeiten der schwierigen Beziehungen.

Trotz meiner Kritik sei erwähnt, dass Paola Lopez einen sehr angenehmen Schreibstil hat und ich ihre Sätze gerne gelesen habe. Ich denke es hätte dem Roman gut getan, wenn sich die Autorin auf die Geschichte der Großmutter konzentriert hätte (für mich brauchte es Lucy nicht) und wir ihren Lebensweg hätten lesen dürfen. Eine junge Frau die von Polen in den Libanon flüchtet, dort als Wissenschaftlerin Karriere macht und deren Traumata sie irgendwann einholen und ihre Rolle als Mutter prägen - davon hätte ich gerne mehr gelesen!

Bewertung vom 10.03.2025
Stromlinien (eBook, ePUB)
Frank, Rebekka

Stromlinien (eBook, ePUB)


ausgezeichnet

Große Leseempfehlung

Große Leseempfehlung für diesen packenden und atmosphärischen Roman von Rebekka Frank! Die Autorin verwebt gekonnt die Geschichte einer Familie mit einem Kriminalfall und historischen Tatsachen, und wählt als Hintergrundkulisse die Elbmarschen.

Ich bin nur so durch die Seiten geflogen und konnte das Buch kaum aus der Hand legen. Die Geschichte rund um die Zwillinge Enna und Jale sowie ihrer Mutter Alea war ausgesprochen spannend und das Schicksal der Frauen bzw. der Familie hat mich sehr berührt. Insbesondere die verschiedenen Zeitebenen und Perspektivwechsel haben mir spannende Lesestunden beschert. Der Aussage, dass Stromlinien "packend wie ein Krimi" sei, kann ich mich an dieser Stelle absolut anschließen.

Was mir neben den verschiedenen Zeitebenen und der konstanten Spannung besonders gut gefiel war die Einbindung historischer Tatsachen, denen sich Rebekka Frank in ihrem Nachwort noch einmal näher widmet. Hier habe ich einiges an Wissen mitgenommen.

Im übrigen bin ich kein Fan von ausschweifenden Naturbeschreibungen. Rebekka Frank hat jedoch genau das richtige Maß an Naturbeschreibungen gewählt und die Elbe als raue Schönheit eingebunden, die der Geschichte einen wunderbaren Rahmen verleiht, sich aber nicht in Vordergrund drängt.

Fazit: Ein toller Roman und eine große Leseempfehlung!

Bewertung vom 08.03.2025
Only Margo
Thorpe, Rufi

Only Margo


ausgezeichnet

Unterhaltend und feministisch

Die Geschichte über eine Neunzehnjährige, von ihrem Professor schwanger sitzen gelassen, verdient ihr Geld fortan über OnlyFriends und wird dabei von ihrem Ex-Wrestling-Profi Vater unterstützt. Ich gebe zu, dass diese Story auf den ersten Blick nicht wirklich in mein Leseschema passt. Allerdings ist die Wahl meines Lesekreises auf dieses Buch gefallen ist und so habe ich zu dieser Lektüre gegriffen. Und das war eine großartige Wahl!

Ich habe diesen erfrischenden Roman von Rufi Thorpe in einem Rutsch gelesen. Margo ist eine unglaublich sympathische Protagonistin, sie ist tough, meistert ihre Situation, folgt als junger Mutter ihrem Instinkt und lässt sich nicht unterkriegen. Sie muss für ihren Sohn sorgen und entdeckt OnlyFriends als Einnahmequelle. Auch wenn die Idee aus einer finanziellen Not entstanden ist, so entdeckt sie schnell, dass sie Spaß daran hat. Es gefällt ihr Videos zu drehen, sich zu zeigen. Doch schnell erfährt sie Ablehnung, sie wird für ihren Job verurteilt und es wird an ihrer Eignung als Mutter gezweifelt.

Rufi Thorpe verbindet ihre unterhaltsame Geschichte mit einer feministischen Kritik daran, wie die Gesellschaft mit Se*arbeiterinnen umgeht und wie diese Frauen verurteilt werden. Dabei beschönigt sie diese Branche nicht (es gibt im Buch mehrere Verweise darauf, dass Frauen in diesem Feld verstärkt von Depressionen, etc. betroffen sind und erwähnt Männer, die Margo in Privatnachrichten Gewalt androhen), aber sie spricht Margo zu, dass sie selbstbestimmt diesen Weg gegangen ist. Margo macht ihren Beruf gut, hat Spaß daran und dies macht sie eben nicht zu einer schlechten Mutter.

Ich spreche eine große Leseempfehlung aus, denn Margo ist eine liebenswerte und kluge Protagonistin, mit der ich mit gefiebert habe. Gleichzeitig ist dieser Roman feministisch, mit einer klaren Gesellschaftskritik. Großartig!