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lectrice

Bewertungen

Insgesamt 22 Bewertungen
Bewertung vom 05.08.2025
Collin, Philippe

Der Barmann des Ritz


ausgezeichnet

Ich habe bereits einiges über die Zeit des besetzten Paris gelesen, vor allem standen Kunstwerke und Künstler dabei jedoch im Vordergrund, sowohl bei den fiktionalen wie den non-fiktionalen Büchern. Das Ritz als Institution ist mir auch ein Begriff, allerdings hatte ich noch nichts über seine Bedeutung während der Besatzungszeit in Paris gelesen.
Dieses Buch ist meiner Meinung nach eine gelungene Roman-Biographie, die geschickt die Lücken füllt, zu denen es keine Quellen gibt und für mich war es ein Anlass, mich nach weiterer Literatur zu dem Thema umzuschauen.
Im Mittelpunkt steht - wie der Titel es bereits verrät - der Barmann. Was allerdings kaum jemand weiß, Frank Meier ist Jude und er spielt eine Rolle, offen unter den Blicken des nationalsozialistischen Publikums.
Neben dem Romanhaften haben mir vor allem die Einblicke in das besetzte Frankreich, die Rolle von Pétain und dem Vichy-Regime und der Alltag gut gefallen. Frank Meier ist eine interessante Persönlichkeit, mit guten und schlechten Angewohnheiten, er ist nicht immer ein schillernder Held, der alles wagt und gerade diese Darstellung macht ihn authentisch.

Bewertung vom 31.07.2025
Schreiber, Jasmin

Im Schatten von Giganten


ausgezeichnet

Ich habe bereits einige Romane von Jasmin Schreiber gelesen und so war ich auch sehr neugierig auf ihr erstes Sachbuch. Aber nicht nur deswegen, auch der Titel hat mich sehr angesprochen und so bin ich denn auch eingetaucht in diese Miniatur-Welt im Schatten der Giganten.
Aufgeteilt ist das Buch nach den verschiedenen Mikrokosmen: - unter Steinen, - im Totholz, - im Kraut, - im Baum, - im Moospolster, - in der Blüte, -in der Pfütze und – in speziellen Mikrohabitaten.
Neben wunderbaren und persönlichen Texten haben mich vor allem jedoch die tollen Fotos angesprochen. Es ist definitiv kein trockenes Sachbuch für den Spezialisten, sondern ein Buch, das alle anspricht und gerade durch die eingebundenen Anekdoten wird es dem Leser und der Leserin näher gebracht. In übersichtlichen Kästen wird das Wesentliche erklärt und es gibt auch Hinweise, was jede/r für die Gestaltung dieser Mikrokosmen im eigenen Garten oder vor der eigenen Haustür machen kann.
Lehrreich, aber nicht überfordernd mit einprägsamen Texten und wunderbaren Fotos.

Bewertung vom 09.07.2025
Wood, Benjamin

Der Krabbenfischer


ausgezeichnet

Mit seinen gerade mal 222 Seiten ist "Der Krabbenfischer" nur ein kurzer Roman, aber einer, der es in sich hat und so unglaublich intensiv ist. Bereits der fünfte Roman des Autors, aber sein erster, der nun in deutscher Übersetzung erscheint. Hoffentlich gibt es bald auch Übersetzunger seiner anderen Romane - ich werde mir aber wohl die englischen Originale besorgen, weil mir die Sprache so gut gefallen hat. Dabei auch ein großes Lob an die Übersetzung von Werner Löcher-Lawrence.
Der Zwanzigjährige Thomas Flett lebt mit seiner Mutter zusammen und arbeitet als Krabbenfischer. Die Geschichte spielt in den 1960er Jahren an der englischen Küste in Longferry. Die Arbeit ist hart und es reicht gerade so zum Leben für die beiden. Aber schon zu der Zeit zeigen sich Veränderungen für die Umwelt. Aber nicht nur das macht dem Protagonisten zu schaffen, denn eigentlich möchte er Musiker werden. Und da ist auch noch ein Mädchen.... Aber dann kommt ein Filmregisseur und das ist der Moment, in dem sich das Leben von Thomas Flett ändert...
Eine eindringliche Sprache, eine unglaubliche Geschichte voller Intensität und Melancholie, eine Geschichte von der Kraft des Meeres.

Bewertung vom 01.07.2025
Szántó, Henrik

Treppe aus Papier (eBook, ePUB)


sehr gut

Schon beim Lesen des Klappentextes war ich neugierig, wie das Haus wohl seine Geschichte erzählen wird und wie mir diese Perspektive wohl gefallen würde. Immer mal wieder etwas Neues, auf das ich mich gerne einlasse. Und hier bin ich wahrlich nicht enttäuscht worden.
Das Haus gehörte einmal dem Juden Alwin Sternheim und es hat wirklich schon viel erlebt. In der Gegenwart trifft die Schülerin Nele im Haus auf ihre Nachbarin, die schon 90 Jahre alt ist. Nele langweilt der Schulstoff im Geschichtsunterricht, nichts von einem lebendigen Geschichtsstoff, aber das ändert sich nun.
Doch es geht nicht nur um die Geschichte von Irma, deren Eltern überzeugte Anhänger des Nationalsozialismus waren. In der Wohnung, in der Nele nun mit ihren Eltern lebt, lebten zur Zeit des Dritten Reiches die Familie Sternberg mit ihrer Tochter Ruth.
Das Buch lebt auf jeden Fall von seiner außergewöhnlichen Perspektive und ist eine ganz besondere Art der Vergangenheitsbewältigung.

Bewertung vom 23.06.2025
Hermanson, Marie

Im Finsterwald


sehr gut

Göteborg im Jahr 1926. Ein Kindermädchen geht mit fünf Kindern ins Naturhistorische Museum. Während des Besuchs verschwindet die neunjährige Alice spurlos. Wie konnte das passieren? Und wo ist das Mädchen? Kindermädchen Maj und die Geschwister suchen nach ihr, doch vergeblich. Die Exponate scheinen zum Leben zu erwachen und es wird eine gruselige Atmosphäre verbreitet.
Doch auch die Polizei, Hauptwachtmeister Gunnarson und sein Chef, finden das Mädchen nicht.
Nachforschungen in der Familie ergeben so einige Ungereimtheiten und Fragwürdigkeiten. Was steckt wirklich dahinter?
Und dann kommt auch noch ein Raub dazu, der damit zusammenhängt.
Eine schaurige Grundstimmung und eine Geschichte, die verwickelter ist als sie auf den ersten Blick zu sein scheint.
Und alles hat einen leicht märchenhaften und übersinnlichen Einschlag - mir hat es gefallen.

Bewertung vom 09.06.2025
Williamson, S. F.

Die Sprache der Drachen


ausgezeichnet

Schon das Cover verrät hier, worum es geht und den Drachen finde ich richtig gut gelungen. Noch besser ist allerdings die Illustration auf der Rückseite des Buches.
Der Roman spielt in einer Welt, die angelehnt ist an die Realität, allerdings leben Drachen in ihr. Der Roman spielt in der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts in London. Vivien Featherswallow studiert die Sprache der Drachen und außerdem versucht sie, in keine niedrigere gesellschaftliche Klasse "abzurutschen". Eine streng hierarchisch gegliederte Gesellschaft, ein schwieriger Friedensvertrag mit den Drachen. Alles in allem schon keine guten Voraussetzungen, aber dann kommt der Schock: ihre Eltern wurden als Rebellen verhaftet. Um diesen eine Hinrichtung zu ersparen nimmt Vivien an einem geheimen Projekt teil, um die Sprache der Drachen zu entschlüsseln.
Die Liebesgeschichte nimmt neben anderen Themen zum Glück nicht zu viel Raum ein, denn hier gibt es viel spannendere Themen, wie zum Beispiel die Macht der Sprache, Herrschaftssysteme,...
Die Protagonistin entwickelt sich gut weiter und die Geschichte konnte mich absolut fesseln und die Vorfreude auf den Folgeband ist schon groß.

Bewertung vom 02.06.2025
Leciejewski, Barbara

Am Meer ist es schön


ausgezeichnet

Der Titel dieses Buches ist bewusst so gewählt, dass er andere Erwartungen weckt und man deswegen umso schockierter ist, das Schicksal dieser "Verschickungskinder" zu lesen. Denn hier erwartet den Leser/die Leserin kein Wohlfühlroman mit Meeresfeeling.
Protagonistin Susi wird Ende der 1960er Jahre zur Kur an die Nordsee geschickt. Doch was sie dort erwartet, sind nur Schikane und Horrorgeschichten, die beim Lesen unter die Haut gehen. Dabei klingt die Kräftigungskur in Haus Morgentau im Vorfeld richtig gut, damit die Achtjährige an Gewicht zunimmt und sich an der Nordsee erholt. Erst als ihre Mutter im Sterben liegt, gelingt eine Verarbeitung der Ereignisse und ein Gespräch zwischen Mutter und Tochter.
Eindrucksvoll geschrieben, gerade die einfachen Worte machen die Geschichte so furchtbar.
Ein dunkles Kapitel der Geschichte, über das noch viel zu wenig berichtet wurde, verpackt in eine persönliche Geschichte.

Bewertung vom 13.05.2025
Buck, Vera

Der dunkle Sommer


ausgezeichnet

Die Architektin Tilda kauft für nur einen Euro ein altes Haus auf Sardinien - ein Traum, denkt sie sich. Aber dann wird es eher albtraumhaft.
Eigentlich sollte das Dorf verlassen sein und niemand mehr dort leben, aber dann läuten die Kirchenglocken und es war auch jemand im Haus. Vera Buck schafft es ganz subtil, die Spannung immer mehr aufzubauen und meine Fragen wurden immer mehr, was hinter der ganzen Sache wohl stecken könnte.
Aber war es wirklich der alte Silvio oder seine Pflegerin? Und was weiß Enzo, der Journalist? Und wohin ist Tildas Bruder verschwunden?
Jede Menge Hypothesen und falsche Spuren, ich hatte immer wieder neue Ideen, was wohl dahinterstecken könnte. Unglaublich fesselnd geschrieben, sehr komplex - im positiven Sinne - und dabei so authentisch.
Und dann überrascht die Auflösung am Ende wieder total und erscheint im Nachhinein so logisch, aber darauf wäre ich nie gekommen.
Typisch Vera Buck, die es immer wieder schafft, mich zu überraschen und natürlich mir tolle Lesestunden zu verschaffen.

Bewertung vom 06.05.2025
Mason, Simon

Ein Mord im November - Ein Fall für DI Wilkins


gut

Der gleiche Nachname, der gleiche Rang und auch die Vornamen sind sehr ähnlich - so viele Gemeinsamkeiten, doch von ihrer Biographie her könnten die beiden kaum unterschiedlicher sein. Und nun sollen sie gemeinsam ermitteln - da sind Spannungen vorhersehbar. Aber auch Chancen, gerade wegen ihrer unterschiedlichen Herkunft. Denn so haben sie eben unterschiedliche Sichtweisen.
Ein Mord im College, nach einer Dinnerparty entdeckt der Provost die Leiche einer Frau in seiner Wohnung.
Die beiden Ermittler müssen erst lernen, miteinander klar zu kommen und auch für mich waren nicht alle Begriffe und Eigenheiten des Colleges sofort klar. Die Spannung stand nicht immer im Mittelpunkt, aber sprachlich hat mich der Kriminalroman überzeugt und das passte einfach gut zum Setting. Gegen Ende zog die Spannung dann doch noch einmal an und die Auflösung hat mir gefallen.

1 von 1 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.

Bewertung vom 27.04.2025
Fox, Candice

Devil's Kitchen


sehr gut

Im Mittelpunkt des neuen Thrillers von Candice Fox steht eine Elite-Einheit der New Yorker Feuerwehr, die "Engine 99", die schon länger im Fokus der Polizei steht. Als LeserIn ist man sich sicher, denn wir haben einen Wissensvorsprung. Doch auch die Polizei ist misstrauisch geworden bei der Einheit von Chief Big Matt, Engo, Jake und Ben. Außerdem hat Ben sich direkt an die Polizei gewandt, weil er befürchtet, dass seine Einheit etwas mit dem Verschwinden seiner Partnerin Luna sowie ihrem Sohn zu tun hat. Deshalb wird Andy undercover eingeschleust, doch der Chief ist nicht so leichtgläubig und macht anderen gerne das Leben schwer.
Recht verwickelt, unterschiedliche Zeitebenen und die Perspektiven von Ben und Andy - man muss gut aufpassen, damit einem bei der Lektüre nichts entgeht, was noch eine Bedeutung haben könnte.
Typisch für Candice Fox ist auch der derbe Sprachgebrauch, dafür wird hier wieder Spannung auf einem hohen Niveau geboten.