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Mandel61118

Bewertungen

Insgesamt 73 Bewertungen
Bewertung vom 18.08.2025
Vego, Kristin

Spät am Tag


ausgezeichnet

Leise und melancholisch
Die Autorin Johanne möchte weg aus der Stadt und mietet sich bei einem Tischler auf dem Land, in der Nähe des Meeres, ein. Bald teilen sie sich nicht nur das Haus, sondern auch ihr Leben. So ganz unter sich sind sie nie, denn Mikaels Ex-Frau Sofia und seine kleine Tochter Maren sind fast immer präsent. 17 Jahre später: Mikael ist gestorben und Johanna schreibt ein Buch über die gemeinsame Zeit, um Abschied zu nehmen ...

Wer viel Handlung erwartet, ist mit diesem Buch schlecht beraten. Vielmehr geht es um Stimmungen, Atmosphäre, Gefühle. Die Autorin schildert den Lebensrhythmus Johannes anhand des Wechsels der Jahreszeiten, poetischer Naturbeschreibungen. Letztere nehmen einen Großteil des Buches ein; auf sehr berührende und leise Weise beschreibt Kristin Vego Farbenspiele, Tag, Dämmerung und Nacht. Gespräche sind kurz und immer nur angedeutet.
Ich habe das Lesen dieses Buches sehr genossen, das Melancholische gefiel mehr sehr und berührte mich. Zurück bleibt der Eindruck einer großen Liebe, die den darauffolgenden Verlust überdauert.

Bewertung vom 13.08.2025
Bailey, Anna

Unsere letzten wilden Tage


sehr gut

Spannender Roman vor bedrückender Kulisse

Das Cover finde ich sehr anziehend, mit den leuchtenden und doch verhangenen Farben stellt es eine gute Abbildung des Schauplatzes in den Sümpfen Louisianas dar.
In dem Buch geht es um die Journalistin Loyal, die nach langer Zeit in ihren Heimatort zurückkehrt, da es ihrer Mutter nicht gut geht. Sie erfährt, dass ihre frühere beste Freundin Cutter tot aufgefunden wurde. Man geht von Selbstmord aus, aber Loyal traut dieser Aussage nicht und stellt selbst Nachforschungen an.

Ein Grund, warum ich das Buch lesen wollte, war das Setting in den Sümpfen Louisianas. Die wilde, ungebändigte Landschaft und die Hitze sowie die ganz eigenen Charaktere dort, die kein einfaches Leben führen, faszinieren mich seit langem.
Man erfährt viel über Cutter und ihr schwieriges Leben. Es werden Geheimnisse aufgedeckt, wobei die Spannung immer aufrecht erhalten wird.
Der Schreibstil ist flüssig, mitreißend und atmosphärisch, man versinkt als LeserIn geradezu in der düsteren Stimmung.

Bewertung vom 12.08.2025
Thiele, Melanie

Der Duft der Sumpfzypressen


ausgezeichnet

Wunderschöner Roman mit tollen Landschaftseindrücken
Maybelle, die älteste von fünf Geschwistern, lebt mit ihrem Vater und ihrer Großfamilie in den Sümpfen Lousianas, wo die Familie ein Unternehmen für Bootstouren hat. Eines Tages bekommt Maybelle den Auftrag, Cody, einen Wissenschaftler aus Washington, ein paar Wochen lang mit dem Boot in entlegene Sumpfgebiete zu bringen, damit er dort seine Forschungen betreiben kann .... Bald knistert es zwischen den beiden gehörig.

Aufgrund des Klappentextes und der versprochenen verwunschenen Sumpflandschaft am abgelegendsten Ende der USA hat mich das Buch sofort magisch angezogen. Ich wurde nicht enttäuscht. Man merkt, dass die Autorin die Gegend selbst bereist hat. Ihre Beschreibungen der Sumpflandschaft, der Tiere und Pflanzen sind faszinierend. Ich habe mich beim Lesen tatsächlich gefühlt, als würde ich mit Maybelle und Cody im Boot durch diese abgelegene Welt gleiten.
Maybelle ist eine starke Charakterin, selbstbewusst, mutig und mit viel Familiensinn. Cody wirkt nur am Anfang etwas reserviert, bald öffnet er sich und man lernt ihn besser kennen und mögen. Ebenfalls sehr schön war der Zusammenhalt der Großfamilie. Jeder war für jeden da, man half sich in der Not, und auch Cody als vollkommen Fremder aus dem Norden wurde sofort rückhaltlos akzeptiert.
Einen großen Raum nahm auch das Thema Umweltschutz ein. Die Sumpfgebiete sind vom Untergang bedroht, das Wasser breitet sich immer mehr aus, immer mehr Land bricht weg. Ich fand es gut, dass die Autorin den Fokus auf diesen ernsten Aspekt gelegt hat.
Die Liebesgeschichte war sehr süß, auch wenn ich gegen Ende, als es zu einer dramatischen Situation kam, schmunzeln musste, als die beiden, statt sich in Sicherheit zu bringen, erstmal lang und breit über ihre Beziehung diskutierten.
Alles in allem ein wunderschöner Roman mit einer berührenden Liebesgeschichte, die in einem der faszinierendsten Gebiete Nordamerikas spielt.

Bewertung vom 11.08.2025
Feldmann, Regina

Einfach Weike - Nicht perfekt, aber genau richtig


ausgezeichnet

Du bist gut, wie du bist
Das Cover mit dem orangefarbenen Grund, dem Rahmen aus Pflanzen, Fahrrad, Leuchtturm, Pinguin und Schachfigur (allesamt wichtige Dinge für die Story) und dem sympathisch wirkenden Mädchen finde ich sehr schön. Im Buch geht es um die zwölfjährige Weike, die mit ihren Eltern von Berlin aufs Land zieht, ins ehemalige Elternhaus ihres Vaters.
Die Autorin schildert sehr authentisch, wie es sich anfühlt, irgendwo neu zu sein. Zudem hat Weike Angst, nicht akzeptiert zu werden, da sie aufgrund ihrer Hautfarbe "anders" ist. Recht bald jedoch freundet sie sich mit den Außenseitern Hinnerk und Tuba an, gerät jedoch auch in die Clique der drei beliebten Tanzmädchen Stella, Sofia und Sophie. Sie ist hin und hergerissen – zu welcher Gruppe will sie gehören? Zu den Coolen, die hochmütig und manchmal hinterhältig sind? Oder zu den Nerds, die niemand mag?
Als LeserIn kann man sehr gut nachfühlen, wie zerrissen Weike ist. Es ist schön mitzuerleben, wie sie sich allmählich im Dorf eingewöhnt und zu sich selbst findet, sodass sie zum Schluss eine Entscheidung treffen kann, was ihr wichtig ist.
Die Kapitel haben eine für die Zielgruppe passende Länge, jede Kapitelüberschrift ist mit einem ansprechenden Bild geschmückt. Die Sprache ist niveauvoll, die Kinder sprechen ihrem Alter angemessen.
Ein tolles Buch für Kinder ab 9 oder 10 Jahren mit der Botschaft: Du bist gut, so wie du bist!

Bewertung vom 30.07.2025
Dröscher, Daniela

Junge Frau mit Katze


ausgezeichnet

Tiefsinniger Mutter-Tochter-Roman
In ihrem neuesten Roman erzählt Daniela Dröscher ihre autofiktionale Geschichte weiter, die sie in "Lügen über meine Mutter" angefangen hat. Ela ist nun erwachsen, ihre Mutter hat sich endgültig vom Vater getrennt. Einziger Unterschied zum Vorgängerroman ist, dass Ela in diesem Buch einen Bruder statt einer Schwester hat.
Ela lebt in Berlin und macht ihren Doktor. Sie leitet unter multiplen Beschwerden und hat große Angst an einer schlimmen Krankheit zu leiden. Die Ärzte, die sie in häufiger Regelmäßigkeit aufsucht, diagnostizieren so einiges. Doch stimmen die Diagnosen wirklich?
Ela kann kaum noch arbeiten, so sehr ist sie körperlich eingeschränkt. Ihre Freundin Leo und ihr namensloser Bruder, der in London lebt, stehen ihr bei und unterstützen sie. Während sich alles um Elas Krankheiten dreht, nimmt sie immer stärker wahr, dass die körperlichen Einschränkungen mit der Beziehung zu ihrer Mutter verquickt sind. Ihre Mutter wurde zeit ihres Lebens vom Vater wegen ihres Übergewichts kritisiert und lieblos behandelt, bis sich auch bei ihr körperliche Krankheiten mit starken Schmerzen einstellen.
Daniela Dröscher ist es gelungen, ein in die Tiefe gehendes Mutter-Tochter-Porträt, das von Schuld und Vergebung gezeichnet ist, zu entwickeln.
Die Erzählweise ist flüssig, wie bei "Lügen über meine Mutter" nimmt die Autorin auch hier abgedroschene Redensweisen oder Sprichwörter aufs Korn, indem sie sie kursiv schreibt und hinterfragt, glücklicherweise jedoch in gemäßigterer Form als im Vorgängerroman.
Die Liebe zu Japan, die die Protagonistin Ela auszeichnet, hat mir sehr gefallen, sie brachte eine poetische Note in den Roman.
Alles in allem scheint mir das Buch eine Art Bewältigungsstrategie der Autorin zu sein, natürlich kann ich nicht beurteilen, was und ob etwas an der Story fiktiv ist.

Bewertung vom 22.07.2025
Gardam, Jane

Tage auf dem Land (eBook, ePUB)


ausgezeichnet

Herrlich humorvoller Coming of Age-Roman

Marygold Green, genannt Bilge, wächst bei ihrem etwas verschrobenen Vater William auf, der Lehrer an einem Jungeninternat ist. Sie ist umgeben von allerlei Personen, die genauso wunderlich sind wie ihr Vater, sie jedoch liebevoll beim Aufwachsen begleiten. Da ist Paula, die Hausmutter, die ihr die bei der Geburt verstorbene Mutter ersetzt, und drei betagte Lehrer, die Marygold als eine Art Onkel sieht. Dann sind da noch jede Menge Schüler, z.B. Jack Rose, in den sie verschossen ist und Terrapin, für den sie ebenfalls Gefühle hegt.

Der Roman erscheint zwar erst nun, im Jahre 2025, doch steht im Impressum, dass das Original im Jahre 1976 erschienen ist. Deshalb unterscheidet sich das Buch von aktuellen Coming of Age-Romanen, es haftet ihm eine gewisse Nostalgie an. Trotzdem ist es sehr zeitlos geschrieben. Das liegt vor allem an der wunderbaren Schreibweise der Autorin. Der Text sprüht nur so vor Witz, vieles ist mit einem Augenzwinkern geschrieben. Trotzdem liest sich die Geschichte auch warmherzig und gefühlvoll, man kann sich gut mit den Nöten der am Ende 18jährigen Marygold identifizieren. Es geht um universelle Themen wie erste Liebe, Einsamkeit, Anderssein.
Auch die Handlung als solche ist lustig und sehr fesselnd. Es überschlagen sich die Ereignisse, und es kommt zu mancher Wendung.
Wohin verschwindet Hausmutter Paula? Wird sie zurückkommen, wo sie doch so dringend von Marygold, ihrem Vater und der gesamten Schule gebraucht wird? Wer brennt mit wem durch? Schafft Marygold es, in Oxford angenommen zu werden?
Der Epilog bietet ein schönes, unvorhergesehenes und überraschendes Ende.
Insgesamt ein wunderbarer und heiterer Roman, der trotzdem tiefsinnig ist und gut unterhält!

Bewertung vom 22.07.2025
Hauff, Kristina

Schattengrünes Tal


ausgezeichnet

Tiefründiger und spannender Roman
Lisa und Simon leben im idyllischen Schwarzwald. Er arbeitet als Förster, während sie bei der Touristikstelle tätig ist und nebenher im Hotel ihres alten Vaters mithilft. In diesem Hotel steigt eine Fremde namens Daniela ab, die anfangs verzweifelt und verloren wirkt, sich aber bald in die Dorfgemeinschaft integriert und sich mit allen gutstellt. Daniela ist Lisa immer weniger geheuer, denn diese scheint ein ungutes Spiel zu spielen ...

Der Roman liest sich leicht und locker. Die Kapitel haben eine angenehme Länge und sind abwechselnd aus der Sicht von Lisa, Simon, Lisas Vater Carl und der Hotelangestellten und Carls Lebensgefährtin Margret geschrieben. Dadurch erhält man intime Einblicke ins Seelenleben der einzelnen Personen und bekommt die nötigen Hintergrundinfos, um der Story zu folgen.
Die Autorin schenkt der Protagonistin Lisa die meiste Aufmerksamkeit; mit ihr kann man sich als Leserin auch am besten identifizieren. Eine Frau in den besten Jahren, die sowohl in der Familie als auch im Berufsleben alles gibt, jeden unterstützt und sich um die anderen sorgt. Die Autorin arbeitet sehr schön heraus, dass dies umgekehrt nicht der Fall ist. Der Vater, Carl, brachte Lisa nie Zuneigung entgegen – für ihn zählte immer nur ihr Bruder Felix. Auch jetzt noch ist sie für ihn wenig mehr als eine billige Arbeitskraft im Hotel. Auch für Daniela, die geheimnisvolle Fremde, und deren Wohlbefinden fühlt Lisa sich lange Zeit verantwortlich. Als sie merkt, dass Daniela es nicht gut mit ihr meint, ist es fast zu spät.
Das Buch zeigt auf subtile Art und Weise, was mit Menschen geschieht, die die Bedürfnisse anderer ständig über die eigenen stellen und sich selbst darüber vergessen. Der Schilderungen der Autorin sind hochspannend, als Leserin wartete ich nervös darauf, was als nächstes passiert.
Auch die Landschaftsbeschreibungen habe ich sehr genossen. Die Darstellung der Wälder und Täler im Schwarzwald sind sehr malerisch.
Insgesamt ein großartiges Buch voller Einblicke in die menschliche Psyche!

Bewertung vom 21.07.2025
Knecht, Doris

Ja, nein, vielleicht


ausgezeichnet

Nachdenkliches Buch über das Älterwerden und das Leben
Die Protagonistin ist Ende 50. Nach der Scheidung von ihrem Ehemann zog sie ihre Kinder, ein Zwillingspaar, allein groß. Sie selbst ist Teil einer großen Familie: Sie hat vier Schwestern, ebenfalls zwei Zwillingspaare. Von daher fühlte sie sich als einzelnes Kind immer ein wenig ausgeschlossen. Eigentlich geht es ihr gut, doch sie hadert mit dem Älterwerden. Das macht sich vor allem an einer Zahngeschichte fest, die sie sehr belastet. Als ein Backenzahn nicht mehr zu retten ist, hält sie ihn für ein Sinnbild ihrer eigenen Endlichkeit und des körperlichen Verfalls. Dann trifft sie eine alte Liebe von früher wieder, Friedrich ...

Der Roman lässt sich leicht und unterhaltsam lesen, die Kapitel haben eine angenehme Länge. Die Protagonistin hat es mir sogleich angetan. Obwohl ich noch nicht in ihrem Alter bin, konnte ich mich beim Lesen sofort mit ihren Alltagssorgen und Problemen identifizieren. Im Buch geht es oft um scheinbare Kleinigkeiten, aber auch um die ganz großen Themen im Leben wie Liebe, Hoffnung, Zusammenhalt, Unsicherheit. Die Gedanken der Protagonistin stimmen nachdenklich und brachten mich dazu, über meine eigene Situation nachzudenken.
Dennoch ist der Roman voller Hoffnung, vor allem das Ende finde ich sehr schön und befriedigend.

Bewertung vom 19.07.2025
Krohn, Henriette

Pinguine fliegen nur im Wasser


sehr gut

Skurrile Liebesgeschichte

Der Einzelgänger Vincent wird von seiner Chefin und Geliebten Katharina abrupt fallengelassen und der Veruntreuung beschuldigt. Seinen Job und die Firmenwohnung ist er damit los, und sein ganzes Leben bricht zusammen. Da trifft er auf die Taxifahrerin Greta, die ein bunter Paradiesvogel mit einem großen Herzen ist und die ihn unter ihre Fittiche nimmt. Der Deal: Vincent darf in der gerade geerbten Villa ihrer Großeltern mit ihr wohnen, wenn er ihr hilft, die Villa zu renovieren.

Während man als Leser die Renovierungsarbeiten verfolgen kann – die Autorin schildert anschaulich, wie das ungleiche Paar aus der Villa ein Schmuckstück macht – lernt man noch allerhand nicht weniger skurrile Charaktere kennen, die die Geschichte bereichern. Da ist zum Beispiel Gretas kleine Nichte Mathilda (die Jesus am Kreuz immer als Jesus Christoph bezeichnet), eine zugeknöpfte Gräfin, die in der Nachbarvilla wohnt, Gretas großmäuliger Freund Boje, und Kurt mit seiner Trillerpfeife, der mit seinen militärisch anmutenden Anweisungen eine große Hilfe bei der Renovierung ist.
Aufgelockert wird das Ganze durch Rückblicke in Gretas Vergangenheit. Hier erfährt man, wie Greta von einem vernachlässigten Wohlstandskind, das keine Liebe erfuhr, zu dieser weltoffenen und liebevoll verrückten Person geworden ist. Genau die Person, die Vincent in seiner Lebenskrise braucht.
Der Roman liest sich sehr kurzweilig, ist witzig unterhaltsam und geht dennoch in die Tiefe. Einziger Kritikpunkt für mich ist die sehr einfache Sprache, die sich noch dazu in der Präsensebene befindet, so dass man manchmal das Gefühl hat, ein Kind hätte die Sätze geschrieben.

Bewertung vom 14.07.2025
Brodeur, Adrienne

Das Sommerfest


ausgezeichnet

Wunderschöner und tiefsinniger Familienroman

Das Cover des Romans mit seinen zarten Pastellfarben finde ich wunderschön. Nach dem Lesen habe ich festgestellt, dass "Das Sommerfest" bereits vor einem Jahr unter dem Titel "Treibgut" bei einem anderen Verlag erschienen ist, was mich etwas verwirrte.
Nichtsdestotrotz ist das Sommerfest ein wunderbar atmosphärisches und tiefsinniges Buch, das die Geschichte einer Familie vor dem Hintergrund Cape Cods erzählt. Das Buch erinnerte mich stark an den Papierpalast, eines meiner Lieblingsbücher.
Adrienne Brodeur versteht es meisterhaft, subtile Portraits ihrer Protagonisten zu zeichnen. Da ist Adam, Patriarch von 70 Jahren, der unter einer bipolaren Störung leidet. Mal leidet er fast unter Größenwahn, glaubt sich neuen Entdeckungen in der Walforschung nahe, mal ist er depressiv und kaum zugänglich. Für seine Kinder Abby und Ken – die Mutter starb nach Abbys Geburt – war und ist es sehr schwer, mit ihm auszukommen.
Ken ist ein aufstrebender Politiker mit einer Familie, die nach außen hin wie aus dem Bilderbuch erscheint. Nach innen hin ist nichts, wie Ken es sich wünscht, die Kinder renitent, seine Ehefrau hat ein Alkoholproblem, außerdem liegen ihre Loyalitäten nicht bei ihm, sondern bei seiner Schwester Abby.
Abby ist Künstlerin, eine sensible Person, die vom Vater nie ernstgenommen wurde und sich in der Kindheit an den großen Bruder klammerte, so wie er sich an sie, mit unschönen Folgen, die die Autorin nur dezent andeutet.
Dann tritt ein weiteres Familienmitglied auf den Plan, mit dem niemand gerechnet hätte und bringt die eingerosteten Familienstrukturen ordentlich durcheinander.
Auf sehr tiefgehende Weise beschreibt die Autorin Kindheitstraumata und wie sie im Hier und Jetzt noch nachwirken. Alle Frauen der Familie litten und leiden unter dem Patriarchat, obwohl sie die eigentlich Starken und Überlegenen sind. Ihr Kampf aus der Bevormundung und Fremdbestimmung heraus ist schwer und schmerzhaft, aber überzeugend zu lesen.
Nichts zuletzt war ich beim Lesen von den wunderschönen Naturbeschreibungen der Küste und des Meers angetan. Adrienne Brodeur schuf eine wunderbare, sinnliche Atmosphäre, die noch lange in mir nachhallt.