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meryl1949

Bewertungen

Insgesamt 17 Bewertungen
12
Bewertung vom 29.05.2025
Am Meer ist es schön
Leciejewski, Barbara

Am Meer ist es schön


ausgezeichnet

Poetisch und erschütternd zugleich

Der Titel und das Cover des Romans "Am Meer ist es schön" von Barbara Leciejewski suggeriert eine glückliche und unbeschwerte Kindheit. Da sitzt dieses entzückende kleine Mädchen am Strand der Nordsee und strahlt den Betrachter an, im Hintergrund spielen und tollen weitere Kinder im Wasser.

Doch das Schicksal der "Verschickungskinder" ist das genaue Gegenteil. Sie erfahren bei dem Kuraufenthalt Grausamkeit, unbarmherzige Strenge und Repressalien. Endlich wieder zu Hause, wollen diese Kinder ihre Erlebnisse den Eltern mitteilen. Aber man hört ihnen nicht zu, kann ihnen nicht zuhören, da das Erzählte zu abwegig, zu grausam erscheint. Es wird als kindliche Fantasie abgetan.

Eine psychologische Aufarbeitung des Erlebten findet nicht statt, Verantwortliche werden nicht zur Rechenschaft gezogen. Und so wird aus der schüchternen und scheuen Susi ein aufsässiger Teenager und später eine introvertierte Susanne, die keine menschliche Bindung eingehen kann.

Erst über 50 Jahre später, am Sterbebett der Mutter, kann sie alles erzählen, was ihr noch schwer auf der Seele liegt.

Die Autorin erzählt diese Geschichte sehr poetisch und detailliert. Man erkennt die gründliche Recherche. Dadurch kann dieses traurige Kapitel vor dem Vergessen bewahrt werden. Ein Buch, das man nicht so "nebenbei" wegliest.

Bewertung vom 15.05.2025
Für immer in deinem Herzen / Der Kindersuchdienst Bd.1
Blum, Antonia

Für immer in deinem Herzen / Der Kindersuchdienst Bd.1


ausgezeichnet

Wichtiges Arbeitsmittel: Menschenliebe

Im Roman "Der Kindersuchdienst" beschreibt die Autorin Antonia Blum die äußerst wichtige Arbeit des Kindersuchdienstes beim Deutschen Roten Kreuz. Diese Arbeit wurde nach dem Zweiten Weltkrieg, als es eine große Zahl an verlorenen, vermissten oder gestrandeten Menschen gab, die ihre Familie suchten, begonnen und existiert bis zum heutigen Tag.

Schon das Cover zeigt, worum es in diesem Roman geht: die übergroße Freude und die Erleichterung, wenn ein geliebter Mensch nach Jahren der Sorge und Verzweiflung endlich gefunden wurde. Dass das darauf folgende Zusammenleben nicht immer einfach ist, wird in der Geschichte nicht verschwiegen.

Am Beispiel der schüchternen Annegret beschreibt die Autorin, wie ein doch unperfekter Mensch mit wenig Schulbildung durch große Menschenliebe und Empathie über sich hinauswachsen und Großes für Menschen in Not bewirken kann. Dabei ist die damalige Arbeit ohne die Segnungen der EDV im höchsten Grade schwierig und immens.

Der Schreibstil ist sehr gut lesbar und spannend. Die kleinen Rechtschreibfehler hier und da kann man durchaus übersehen. Dass jedoch eine gestandene Autorin wie Antonia Blum dieses unsägliche "... umso... desto..." statt des grammatikalisch korrekten "... je... desto..." verwendet, verwundert doch sehr.

Trotzdem ist dieser wichtige Roman für alle Leser, die sich die Menschenliebe bewahrt haben, sehr zu empfehlen.

Bewertung vom 28.04.2025
Cinema Love
Tang, Jiaming

Cinema Love


sehr gut

Fremd in der Fremde

Der Roman "Cinema Love" von Jiaming Tang beschreibt das Leben von chinesischen Immigranten in Chinatown, New York. Schon der gelungene Einband zeigt: es geht um grelles Neonlicht, das das Oberflächliche in den Vordergrund stellt.

Wegen wirtschaftlicher und persönlicher Probleme begeben sich junge Chinesen auf eine gefährliche, weil illegale, Reise nach Amerika. Dort erwarten sie Wohlstand und Toleranz. Wegen erhoffter Anerkennung heiraten homosexuelle Männer chinesische Frauen, was auf die Dauer zu größeren Konflikten führt.

Da sich für die Eingewanderten der Erfolg nicht einstellt, man aber vor Freunden und Familie gut dastehen möchte, wird gelogen, dass sich die Balken biegen. Man möchte ja "sein Gesicht nicht verlieren"!

Als europäischer Leser muss man sich erst in die asiatische Mentalität hinein versetzen, ohne diese gänzlich zu verstehen. Dennoch ist die Geschichte kurzweilig mit vielen Metaphern und sehr poetisch geschrieben.

Die nicht wenigen kleinen Rechtschreibfehler sind dem Autoren nicht anzulasten und dürften einem erfahrenen Übersetzer nicht passieren.

Bewertung vom 28.04.2025
Die Lichter über St. Pauli / Elbnächte Bd.1
Engel, Henrike

Die Lichter über St. Pauli / Elbnächte Bd.1


sehr gut

Kampf ums Überleben in Hamburg

Der Roman "Elbnächte - Die Lichter über St. Pauli" von Henrike Engel fällt durch sein sehr gelungenes Cover und die informative Buchgestaltung sofort ins Auge. All das verspricht eine spannende Geschichte über das Leben in Hamburg zu Beginn des 20. Jahrhunderts.

Im Roman treffen äußerst unterschiedliche Charaktere aufeinander und zueinander. Da ist zuerst Louise, die als junge und verwöhnte Frau von heute auf morgen während eines unbezahlten Hotelaufenthaltes ohne Geld von ihrem Ehemann verlassen wird.

Ella, die als Mädchen von ihren Eltern in Galizien aus Armut an Zuhälter verkauft worden war, begibt sich nach Jahren in einem Bordell auf eine riskante und gefährliche Flucht nach Hamburg.

Und dann kommt noch Paul, der als junger Polizist bei einem Einsatz durch einen Unfall den linken Arm verlor, ins Spiel. Er muss sich nun als Invalide durchs Leben kämpfen.

Diese Geschichte ist sehr spannend erzählt. Durch die gelungene Gliederung reißt der Erzählstrang nicht ab, und am Ende des Romans ist man auf die Fortsetzung gespannt.

Für Leser, die sich für Menschenschicksale in unruhigen Zeiten interessieren, sehr zu empfehlen.

Bewertung vom 14.04.2025
Um jeden Preis
Lind, Hera

Um jeden Preis


sehr gut

Menschenwürde bewahren!

Der Roman "Um jeden Preis" von Hera Lind handelt von einer Großfamilie, die aller Not zum Trotz zusammen bleibt und einer den anderen unterstützt.

Eine deutschstämmige Familie hat in der Ukraine in den 30er Jahren des 20. Jahrhunderts über die Kriegs- und Nachkriegszeit bis zu ihrer Übersiedlung nach Westdeutschland unsägliches Leid durch Vertreibung, Zwangsarbeit und Repressalien zu erdulden. Wie diese Familie all das meistert ohne die Menschenwürde zu verlieren, ist sehr eindrucksvoll und respektvoll in diesem Roman beschrieben.

Der Schreibstil der Autorin Hera Lind ist leicht lesbar und humorvoll. Daher ist zu hoffen, dass die Geschichte auch junge Leser anspricht. Diese Geschehnisse, die keine Einzelschicksale sind, dürfen nicht vergessen werden. Es wird eindrucksvoll dargestellt, wozu Menschen fähig sind, wenn ihnen auch nur ein klein wenig Macht in die Hand gegeben wird.

Das Buch ist allen Altersgruppen, die sich auch nur etwas für Geschichte und menschliche Schicksale interessieren, zu empfehlen.

Bewertung vom 20.03.2025
Die Summe unserer Teile
Lopez, Paola

Die Summe unserer Teile


gut

Familiengeschichte der komplizierten Art

Lucy, Studentin aus einer intellektuellen Familie, hat den Kontakt zu ihren Eltern abgebrochen. Sie möchte ihr eigenes Leben führen ohne Bevormundung und gute Ratschläge und zieht zum Studium nach Berlin. Andererseits fragt sie sich schon, wer sie ist und wer alles ihren Charakter beeinflusst hat.

Über ihre Eltern und Großeltern weiß sie wenig, lediglich der territoriale Weg ihrer Mutter und Großmutter von Polen über Beirut nach München ist ihr bekannt. Die Mütter in ihrer Familie haben ihre Tochter jeweils sehr geliebt, haben aber ein intensiveres Zusammensein und Hinwendung der Karriere wegen vernachlässigt.

Bei der kleinsten Meinungsverschiedenheit herrscht sofort Funkstille bzw. wird der Kontakt gleich ganz abgebrochen. Zu allem Überfluss erfährt Lucy zufällig, dass die Großmutter, die sie tot glaubt seit sie zwei Jahre alt ist, bis vor zwei Jahren noch lebte. Sie hätte so gern Kontakt zu ihr gehabt. Und wie viele Fragen hätte sie an ihre Großmutter gehabt.

Die Erzählung über diese komplizierte Familiengeschichte schreibt Paola Lopez durchaus gut lesbar. Der Roman regt zum Nachdenken über die eigene Familie an. Allerdings steht auch die Frage: Muss man über den Anderen alles wissen?

Bewertung vom 14.03.2025
Russische Spezialitäten
Kapitelman, Dmitrij

Russische Spezialitäten


sehr gut

Russisch-ukrainische Lebensgeschichte

Das Cover ist zunächst sehr irreführend und trägt nicht gerade zum Interesse für diesen Roman bei. Licht ins Dunkel bringt dann allerdings der Roman selbst, in dem die Geschichte einer Kontingentflüchtlings-Familie erzählt wird, die sich in Leipzig ansiedelt und dort ein Geschäft für russische Spezialitäten eröffnet.

Die Familie integriert sich gut, umgibt sich jedoch vorwiegend mit russisch- und ukrainisch-stämmigen Menschen. Im ersten Teil des Romans von Dimitrij Kapitelman wird manche Begebenheit rund um das Magazin launig erzählt.

Da der Sohn der Familie bald die deutsche Staatsbürgerschaft erhält, wagt er im zweiten Teil des Romans eine Reise in die vom russischen Angriffskrieg geschüttelte Ukraine zu Freunden und Verwandten. Trotz aller Kriegsplagen trifft er auf freundliche Menschen, die ihn gut aufnehmen. Über Politik zu sprechen, ist jedoch schwierig bis unmöglich.

Trotz der teils unguten Ereignisse schreibt der Autor sehr humorvoll und mit russischer Seele, was das Lesen zu einem Vergnügen macht. Leser, die gegenüber anderen Kulturen und Menschen aufgeschlossen sind, werden diesen Roman lieben.

Bewertung vom 14.03.2025
Die Magnolienkatzen
Morishita, Noriko

Die Magnolienkatzen


ausgezeichnet

Kleine Katzenkunde der besonders liebevollen Art

Bereits die realistisch und äußerst ansprechend gestalteten japanischen Tuschezeichnungen auf dem Cover machen neugierig auf die Geschichte.

In ihrem Roman "Die Magnolienkatzen" beschreibt Noriko Morishita, wie sie sich als Mensch, der zufällig und eigentlich widerwillig zur Katzenliebhaberin wird, in ihrem Wesen verändert. Sie erkennt, dass das Glück nicht eingefordert werden kann.

Während der Regenzeit in Japan bringt eine Streunerkatze unter einem Magnolienstrauch auf ihrem Grundstück fünf Junge zur Welt. Da die äußeren Bedingungen für die Katzenfamilie sehr lebensfeindlich sind, bringt sie die kleinen Kreaturen bei sich im Haus unter. Nun beginnt die äußerst schwierige Suche nach tierliebenden Menschen, die diese Kätzchen und die Katzenmutter aufnehmen wollen. Noriko selbst lehnt es vehement ab, ihr Leben einem Haustier zu unterwerfen.

Da die Unterbringung der Katzen trotz aller Bemühungen zunächst nicht gelingen will, kümmern sie und ihre Mutter, die im selben Haus wohnt, sich zunächst widerwillig, dann zunehmend intensiv um die Katzenmutter und deren Nachwuchs. Durch genaues Beobachten der Tiere lernt Noriko viel über Verhaltensweisen und deren Bedeutung. Mit der Zeit schließt sie die Katzen immer mehr in ihr Herz, sodass sie am Ende die Katzenmutter und eines ihrer Kinder selbst behält, nachdem sie vier Kätzchen in liebevolle Hände abgeben konnte.

Das Ganze ist so liebevoll und anrührend beschrieben, dass man diesen Roman nur weiterempfehlen kann. Die Autorin spart jedoch nicht mit Kritik an der Praxis, unliebsam gewordene Haustiere einfach auszusetzen oder sie in überfüllten Tierheimen unterbringen zu wollen, was für diese ein qualvolles und freudloses Leben bedeutet. Ihren Hinweis, dass Streuner viel öfter sterilisiert werden sollten, müssten Staat und Tierliebhaber dringend beherzigen.

Bewertung vom 22.02.2025
Die Allee
Anders, Florentine

Die Allee


gut

Privilegiert und kurzgehalten in der DDR

Schon das Cover zeigt, worum es in diesem Buch geht: Es zeigt den Werdegang des bekannten DDR-Architekten Hermann Henselmann und dessen Familiengeschichte, aufgeschrieben von seiner Enkelin Florentine Anders.

Während der Architekt Henselmann Karriere macht und am Bau so berühmter Objekte wie der Stalinallee in Berlin und dem Uni-Hochhaus in Leipzig sowie an der Gestaltung des Berliner Alexanderplatzes beteiligt ist, ist seine Gattin, obwohl in Sachen Architektur hochtalentiert, wegen der acht Kinder an den Haushalt gebunden.

Man erfährt im Roman, dass das gesellschaftliche Leben der Familie Henselmann sehr vielseitig war. So begegnet man in der Geschichte unter anderen auch dem Schauspieler und Sänger Manfred Krug sowie der Schriftstellerin Brigitte Reimann.

Obwohl die Familie Henselmann durch die Tätigkeit des Vaters zu den äußerst privilegierten Menschen der DDR zählte, sind auch sie nicht sicher vor Beobachtungen und Konfrontationen durch die Staatssicherheit sowie vor Repressalien seitens der Staatsmacht. Beispielsweise war Professor Henselmann ein Verfechter des Bauhausstils. Seine diesbezüglichen Ideen fanden in der Politik der DDR jedoch wenig Gehör.

Das Buch enthält keinerlei Zeitsprünge und ist durchaus in einem angenehmen Schreibstil gehalten. Deshalb liest sich der Roman sehr flüssig, man kann sich gut in die handelnden Personen einfühlen.

Für Menschen, die diese Zeit nicht erlebt haben, wäre es durchaus von Interesse zu erfahren, dass der "normale", nicht privilegierte Bürger der DDR, keine Haushaltshilfe, kein Kindermädchen hatte. Und eine größere oder überhaupt eine Wohnung bekam man nicht bei Bedarf und keineswegs so schnell wie im Roman dargestellt. Diese Informationen hätten sicher in einem wenig umfangreichen Teil im Roman Platz gefunden. Genau wie die Tatsache, dass jegliche Bautätigkeit vorwiegend in der Hauptstadt stattfand, und deshalb im Rest des Landes fast keine Baumaterialien oder Arbeitskräfte zur Verfügung standen. Das klang kurz im Roman an, als von Unterkünften für (auswärtige) Bauarbeiter die Rede war.

Insgesamt ein kurzweiliger und authentischer Roman für Leser, die sich für den Werdegang prominenter Menschen im Kontext der Zeitgeschichte interessieren.

Kleine Rechtschreibfehler, die beim Lesen auffallen, sollten einer Redakteurin nicht passieren.

Bewertung vom 30.11.2024
Alles büddn wild
Paulsen, Annemarie

Alles büddn wild


ausgezeichnet

Von Glück und Problemen des Landlebens

Man beginnt das Buch "Alles büddn wild" von Annemarie Paulsen zu lesen und ist schon mitten drin: auf dem Land, auf dem Hof mit der quirligen Kinderschar, in der Landwirtschaft. Mit wieviel Humor und Begeisterung Annemarie Paulsen dieses nicht immer einfache Leben beschreibt, sucht wohl seinesgleichen. Besonders die Begeisterung fürs Kühemelken steckt regelrecht an.

Zu sagen, dass die Autorin das alles flüssig und gut lesbar schreibt, wäre zu kurz gegriffen. Sie schreibt einfach drauf los, wie ihr der Schnabel gewachsen ist. Das hat schon etwas sehr erfrischendes. Dass ihr der Schalk im Nacken sitzt, sieht man schon auf dem Cover, welches sehr ansprechend ist. Der Leser sieht sofort, worum es in diesem Buch geht.

Bei der Beschreibung des freien und spannenden Landlebens spart Frau Paulsen jedoch nicht die enormen Probleme aus, die Bürokratie und Zukunftsängste mit sich bringen. Ihre philosophischen Betrachtungen sollte sie jedoch ein wenig kürzen. Obwohl diese Meinungen von ihr richtig und berechtigt sind, hemmen sie etwas den Lesefluß.

Es ist ihr und ihrer Familie sehr zu wünschen, dass sie das von ihnen so geliebte Landleben noch sehr lange gesund fortsetzen können. Wie wäre es zum Beispiel mit einer Direktvermarktung in Form eines Hofladens mit Milchtankstelle oder Automaten für Wurst und Käse? Bei soviel Begeisterung und Energie der Autorin sollte das Erlernen der Käseherstellung doch kein Problem sein, oder?

Auf alle Fälle ist dieses Buch jedem zu empfehlen, der gute und natürliche Lebensmittel zu schätzen weiß und gerne den Ursprung dieser kennt.

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