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meryl1949

Bewertungen

Insgesamt 22 Bewertungen
Bewertung vom 06.09.2025
Rupflin, Alexander

Protokoll eines Verschwindens


sehr gut

Spannende Aufarbeitung eines Kriminalfalles

Das düstere Cover deutet bereits auf das Ungeheuerliche hin, das Alexander Rupflin in seinem Roman "Protokoll eines Verschwindens" beschreibt.

Als Beobachter und Berichterstatter von Gerichtsverhandlungen kennt der Autor "nur" die Aussagen von Angeklagten, Zeugen und Gutachtern. Diese muss er nun in logische Zusammenhänge bringen, da jede Aussage sehr individuell ist. Der Roman zeigt deutlich, dass die Wahrheit nur sehr schwer und manchmal gar nicht zu finden ist.

Der Schreibstil ist äußerst spannend und sehr gut lesbar, sodass man das Buch nicht aus der Hand legen möchte. Irritierend jedoch sind die sehr vielen Rechtschreibfehler, bei denen sich der Leser fragt, ob sie vom Autor absichtlich in den Text gebracht worden sind, um das Genre "Protokoll" hervorzuheben. Es kann aber auch sein, dass bei Sichtung und Korrektur des Manuskriptes diese unsägliche KI die Hände im Spiel hatte.

So oder so tun diese Fehler dem ansonsten gelungenen Roman keinen Gefallen.

Bewertung vom 06.09.2025
Maaß, Laura

Was du siehst


ausgezeichnet

Das Leben in all seinen Farben

Das Leben kann so bunt sein. Für Ruth wendet sich das Leben nach ihrer Ankunft im abgelegenen aber idyllischen Dorf an der Elbe zum Guten. Dort bringt sie ihre Tochter Jule zur Welt. Nur wenig später wird der Sohn ihrer besten Freundin geboren. Die beiden Kinder Andi und Jule sind bald unzertrennlich, und als sie das gewisse Alter erreichen, verlieben sie sich ineinander.

Da Andi sehr heimatverbunden ist, möchte er im Dorf bleiben. Jule aber zieht es in die weite Welt, ihren unbekannten Vater zu suchen, den sie dann auch findet. Dies hört sich nun nach Happyend an, aber das Leben kann eben auch grau und sogar schwarz sein!

Laura Maaß betitelt die Kapitel ihres Debütromans "Was du siehst" mit Farben der gesamten Palette, was sehr originell ist. Dazu kommt dieser lebhafte und humorvolle Schreibstil. Die Beschreibungen von Land und Leuten sind so detailreich, dass man meint, man wäre mitten unter ihnen. Dieser Roman lässt sich sehr gut lesen und auf weitere gute Geschichten aus der Feder dieser talentierten Autorin hoffen.

Das Bild auf dem Cover führt schon mitten in das Geschehen hinein. Die Goldprägung des Titels erscheint jedoch etwas übertrieben, da hier über Leute des Volkes berichtet wird.

Der Roman wird Leser ansprechen, die es etwas niveauvoller mögen.

Bewertung vom 15.08.2025
Doughty, Louise

Deckname: Bird


gut

Durchaus lesbare Urlaubslektüre

Das Buch "Deckname Bird" von Louise Doughty spielt in den Gefilden des englischen Geheimdienstes. Die Protagonistin ist die Tochter eines Geheimdienstmitarbeiters. Der Vater ist oft abwesend und auch in der Familie kann er sich nicht recht öffnen. Trotzdem hält das schwierige Familienleben mit all seinen Geheimnissen die Tochter nicht davon ab, nach einigen Abstechern im beruflichen Leben, ebenfalls einem Geheimdienst beizutreten in der Überzeugung, ihrem Land zu dienen und Gefahren von ihm abzuwenden.

Aus irgendwelchen vagen Gründen fühlt sich die Hauptperson plötzlich von den eigenen Mitarbeitern bedroht, und es beginnt eine spektakuläre Flucht von England in die Einsamkeit Skandinaviens.

Auch verschiedene, durchaus interessante, Rückblenden in die Vergangenheit bringen kein Licht in die Beweggründe der handelnden Personen.

Das Buch ist durchaus gut lesbar und eignet sich insbesondere als Urlaubslektüre. Eine in den Klappentexten und dem Buchcover suggerierte Spannung will sich jedoch nicht einstellen.

Bewertung vom 03.08.2025
Fonthes, Christina

Wohin du auch gehst


sehr gut

Zwei Frauen - so fern und doch so nah

Vom Buchcover sieht eine Frau den Leser direkt und intensiv an. Die Frau ist sehr schön und schwarz, sie schaut nachdenklich, fast ängstlich.

Im Roman "Wohin du auch gehst" von Christina Fonthes erfährt man, dass die Frau in Zaire, später Republik Kongo, aufgewachsen ist. Die Kindheit erlebt sie gut behütet in einer relativ wohlhabenden Familie. Da die Moral- und Gesellschaftsvorstellungen in Afrika für einen Teenager, der von einem Familienmitglied vergewaltigt und schwanger wird, alles andere als mitfühlend und verständnisvoll sind, wird sie genötigt, ihre Heimat zu verlassen und im fernen und fremden Europa ihr Leben zu fristen.

Während der Umbrüche und Unruhen im Kongo sieht sich auch die zweite Hauptperson des Romans wegen ihrer sexuellen Orientierung gezwungen, ihr geliebtes Heimatland zu verlassen, und ebenfalls in Europa ein neues Leben zu beginnen.

Erst spät erfahren die beiden Hauptpersonen und damit auch der Leser, dass sie Mutter und Tochter sind. Aber während die eine resigniert ihr Heil bei einer Kirche zu finden hofft, ist die andere resolut und steht zu ihrer lesbischen Lebensgefährtin.

Die Geschichte ist sehr lebendig und anschaulich geschrieben. Sie lässt einen kleinen Blick in eine geschlossene Gesellschaft in der Großstadt zu. Zudem erfährt der Leser viel von der Geschichte und Mentalität in einem Teil Afrikas sowie den Problemen und Gepflogenheiten in einer Parallelgesellschaft.

Bewertung vom 24.07.2025
Rebanks, Helen

Die Frau des Farmers


ausgezeichnet

Vom harten aber befriedigenden Leben einer Bäuerin

Schon das Cover inspiriert den Leser, das Buch sofort aufzuschlagen und mit dem Lesen zu beginnen, denn der Roman "Die Frau des Farmers" von Helen Rebanks handelt vom Leben ihrer eigenen, einer Farmerfamilie in der idyllischen Landschaft Nordenglands.

Das Leben dieser Familie mit vier Kindern und einer Menge Tiere ist arbeitsintensiv und nicht immer leicht zu bewältigen. Hierbei kommt insbesondere der Bäuerin, Ehefrau und Mutter eine wichtige Rolle zu. Obwohl gesellschaftlich wenig anerkannt, organisiert sie dieses Leben mit Humor, großer Sachkenntnis und enormer Liebe zu ihrer Familie und zur Natur.

Im Grunde genommen besteht der Roman aus einzelnen Begebenheiten und Sequenzen, was aber den Werdegang der Protagonistin nachvollziehbar und verständlich macht.

Sehr positiv sind die vielen gelungenen Illustrationen und interessanten Rezepte, die das Buch sehr auflockern. Auch der Anhang mit guten Ratschlägen zur Vorratshaltung ist hilfreich.

Insgesamt ist der Roman ein Plädoyer für natürliche Landwirtschaft und gesundes Essen. Leser, die ein nachhaltiges Leben befürworten, werden ihre Freude an diesem wunderbaren Buch haben.

Bewertung vom 29.05.2025
Leciejewski, Barbara

Am Meer ist es schön


ausgezeichnet

Poetisch und erschütternd zugleich

Der Titel und das Cover des Romans "Am Meer ist es schön" von Barbara Leciejewski suggeriert eine glückliche und unbeschwerte Kindheit. Da sitzt dieses entzückende kleine Mädchen am Strand der Nordsee und strahlt den Betrachter an, im Hintergrund spielen und tollen weitere Kinder im Wasser.

Doch das Schicksal der "Verschickungskinder" ist das genaue Gegenteil. Sie erfahren bei dem Kuraufenthalt Grausamkeit, unbarmherzige Strenge und Repressalien. Endlich wieder zu Hause, wollen diese Kinder ihre Erlebnisse den Eltern mitteilen. Aber man hört ihnen nicht zu, kann ihnen nicht zuhören, da das Erzählte zu abwegig, zu grausam erscheint. Es wird als kindliche Fantasie abgetan.

Eine psychologische Aufarbeitung des Erlebten findet nicht statt, Verantwortliche werden nicht zur Rechenschaft gezogen. Und so wird aus der schüchternen und scheuen Susi ein aufsässiger Teenager und später eine introvertierte Susanne, die keine menschliche Bindung eingehen kann.

Erst über 50 Jahre später, am Sterbebett der Mutter, kann sie alles erzählen, was ihr noch schwer auf der Seele liegt.

Die Autorin erzählt diese Geschichte sehr poetisch und detailliert. Man erkennt die gründliche Recherche. Dadurch kann dieses traurige Kapitel vor dem Vergessen bewahrt werden. Ein Buch, das man nicht so "nebenbei" wegliest.

Bewertung vom 15.05.2025
Blum, Antonia

Für immer in deinem Herzen / Der Kindersuchdienst Bd.1


ausgezeichnet

Wichtiges Arbeitsmittel: Menschenliebe

Im Roman "Der Kindersuchdienst" beschreibt die Autorin Antonia Blum die äußerst wichtige Arbeit des Kindersuchdienstes beim Deutschen Roten Kreuz. Diese Arbeit wurde nach dem Zweiten Weltkrieg, als es eine große Zahl an verlorenen, vermissten oder gestrandeten Menschen gab, die ihre Familie suchten, begonnen und existiert bis zum heutigen Tag.

Schon das Cover zeigt, worum es in diesem Roman geht: die übergroße Freude und die Erleichterung, wenn ein geliebter Mensch nach Jahren der Sorge und Verzweiflung endlich gefunden wurde. Dass das darauf folgende Zusammenleben nicht immer einfach ist, wird in der Geschichte nicht verschwiegen.

Am Beispiel der schüchternen Annegret beschreibt die Autorin, wie ein doch unperfekter Mensch mit wenig Schulbildung durch große Menschenliebe und Empathie über sich hinauswachsen und Großes für Menschen in Not bewirken kann. Dabei ist die damalige Arbeit ohne die Segnungen der EDV im höchsten Grade schwierig und immens.

Der Schreibstil ist sehr gut lesbar und spannend. Die kleinen Rechtschreibfehler hier und da kann man durchaus übersehen. Dass jedoch eine gestandene Autorin wie Antonia Blum dieses unsägliche "... umso... desto..." statt des grammatikalisch korrekten "... je... desto..." verwendet, verwundert doch sehr.

Trotzdem ist dieser wichtige Roman für alle Leser, die sich die Menschenliebe bewahrt haben, sehr zu empfehlen.

Bewertung vom 28.04.2025
Tang, Jiaming

Cinema Love


sehr gut

Fremd in der Fremde

Der Roman "Cinema Love" von Jiaming Tang beschreibt das Leben von chinesischen Immigranten in Chinatown, New York. Schon der gelungene Einband zeigt: es geht um grelles Neonlicht, das das Oberflächliche in den Vordergrund stellt.

Wegen wirtschaftlicher und persönlicher Probleme begeben sich junge Chinesen auf eine gefährliche, weil illegale, Reise nach Amerika. Dort erwarten sie Wohlstand und Toleranz. Wegen erhoffter Anerkennung heiraten homosexuelle Männer chinesische Frauen, was auf die Dauer zu größeren Konflikten führt.

Da sich für die Eingewanderten der Erfolg nicht einstellt, man aber vor Freunden und Familie gut dastehen möchte, wird gelogen, dass sich die Balken biegen. Man möchte ja "sein Gesicht nicht verlieren"!

Als europäischer Leser muss man sich erst in die asiatische Mentalität hinein versetzen, ohne diese gänzlich zu verstehen. Dennoch ist die Geschichte kurzweilig mit vielen Metaphern und sehr poetisch geschrieben.

Die nicht wenigen kleinen Rechtschreibfehler sind dem Autoren nicht anzulasten und dürften einem erfahrenen Übersetzer nicht passieren.

Bewertung vom 28.04.2025
Engel, Henrike

Die Lichter über St. Pauli / Elbnächte Bd.1


sehr gut

Kampf ums Überleben in Hamburg

Der Roman "Elbnächte - Die Lichter über St. Pauli" von Henrike Engel fällt durch sein sehr gelungenes Cover und die informative Buchgestaltung sofort ins Auge. All das verspricht eine spannende Geschichte über das Leben in Hamburg zu Beginn des 20. Jahrhunderts.

Im Roman treffen äußerst unterschiedliche Charaktere aufeinander und zueinander. Da ist zuerst Louise, die als junge und verwöhnte Frau von heute auf morgen während eines unbezahlten Hotelaufenthaltes ohne Geld von ihrem Ehemann verlassen wird.

Ella, die als Mädchen von ihren Eltern in Galizien aus Armut an Zuhälter verkauft worden war, begibt sich nach Jahren in einem Bordell auf eine riskante und gefährliche Flucht nach Hamburg.

Und dann kommt noch Paul, der als junger Polizist bei einem Einsatz durch einen Unfall den linken Arm verlor, ins Spiel. Er muss sich nun als Invalide durchs Leben kämpfen.

Diese Geschichte ist sehr spannend erzählt. Durch die gelungene Gliederung reißt der Erzählstrang nicht ab, und am Ende des Romans ist man auf die Fortsetzung gespannt.

Für Leser, die sich für Menschenschicksale in unruhigen Zeiten interessieren, sehr zu empfehlen.

Bewertung vom 14.04.2025
Lind, Hera

Um jeden Preis


sehr gut

Menschenwürde bewahren!

Der Roman "Um jeden Preis" von Hera Lind handelt von einer Großfamilie, die aller Not zum Trotz zusammen bleibt und einer den anderen unterstützt.

Eine deutschstämmige Familie hat in der Ukraine in den 30er Jahren des 20. Jahrhunderts über die Kriegs- und Nachkriegszeit bis zu ihrer Übersiedlung nach Westdeutschland unsägliches Leid durch Vertreibung, Zwangsarbeit und Repressalien zu erdulden. Wie diese Familie all das meistert ohne die Menschenwürde zu verlieren, ist sehr eindrucksvoll und respektvoll in diesem Roman beschrieben.

Der Schreibstil der Autorin Hera Lind ist leicht lesbar und humorvoll. Daher ist zu hoffen, dass die Geschichte auch junge Leser anspricht. Diese Geschehnisse, die keine Einzelschicksale sind, dürfen nicht vergessen werden. Es wird eindrucksvoll dargestellt, wozu Menschen fähig sind, wenn ihnen auch nur ein klein wenig Macht in die Hand gegeben wird.

Das Buch ist allen Altersgruppen, die sich auch nur etwas für Geschichte und menschliche Schicksale interessieren, zu empfehlen.