Wie kann man zig Jahre mit einer fremden Identität leben? Wenn man wegen eines Mordes, der reine Notwehr war, gesucht wird und angeklagt werden soll. Und wenn man von einer guten Freundin dazu ermuntert wird.
Der Preis dafür ist ein zurückgezogenes Leben mitten im Nirgendwo, der Verzicht auf Freundschaften und die Ungewissheit darüber, wie es wohl liebgewordenen Menschen geht.
Die Autorin Mechthild Borrmann beleuchtet in ihrem Roman "Lebensbande" das Leben dreier Freundinnen während der Zeit des Vorkrieges, des Zweiten Weltkrieges und der Nachkriegszeit. Die Umstände bringen es mit sich, dass sich selbst nahestehende Menschen grundlos misstrauen, wo doch ein Miteinander wichtig gewesen wäre.
Die Geschehnisse wirken sich dann bis in die Zeit der Wiedervereinigung beider deutscher Staaten aus.
Mechthild Borrmann beschreibt das Geschehen sehr menschlich und einfühlsam. Ihr Schreibstil ist flüssig und sehr gut lesbar. Sie arbeitet gut heraus, dass Vertrauen oder Misstrauen ein ganzes Menschenleben beeinflussen kann.
Wenn man das Buch "Die Frau der Stunde" von Heike Specht in den Händen hält, fällt zuerst das Lesebändchen positiv auf. Das macht ein Buch schon mal höherwertig und ist beim Lesen sehr hilfreich.
Danach betrachtet man das Buchcover und hat sofort den Eindruck, dass der Roman von einer vielbeschäftigten Frau handelt. Die elegante Frau eilt augenscheinlich von einer Sitzung zur nächsten, in der Hand eine Aktentasche mit wichtigen Unterlagen. Sie hat keine Zeit für eine Pause. Die Zigarette zur Entspannung muss unterwegs geraucht werden.
Der Eindruck bestätigt sich, denn die Autorin beschreibt ein Stück des Lebensweges der Politikerin Catharina in den 70er Jahren des 20. Jahrhunderts. Es ist politisch eine schwierige Zeit, und Frauen, die in der Politik Karriere machen, sind eine Rarität. Aber Catharina lässt sich nicht entmutigen. Sie wird in der Bonner Republik Außenministerin und setzt sich durch.
Es ist von Frau Specht ein kluger Schachzug, das politische mit dem privaten Leben zu verbinden. So entsteht eine umfangreiche und informative Milieubeschreibung der damaligen Zeit.
Der Schreibstil der Autorin ist leicht und sehr gut lesbar. Es bleibt zu hoffen, dass deswegen auch "Politikmuffel" zu diesem sehr gelungenen Werk greifen und so ein Beitrag zur politischen Bildung geleistet wird.
Auffallend an diesem Buch ist auch die korrekte Rechtschreibung der Autorin, was ja in einigen anderen Büchern leider keine Selbstverständlichkeit ist.
Das düstere Cover deutet bereits auf das Ungeheuerliche hin, das Alexander Rupflin in seinem Roman "Protokoll eines Verschwindens" beschreibt.
Als Beobachter und Berichterstatter von Gerichtsverhandlungen kennt der Autor "nur" die Aussagen von Angeklagten, Zeugen und Gutachtern. Diese muss er nun in logische Zusammenhänge bringen, da jede Aussage sehr individuell ist. Der Roman zeigt deutlich, dass die Wahrheit nur sehr schwer und manchmal gar nicht zu finden ist.
Der Schreibstil ist äußerst spannend und sehr gut lesbar, sodass man das Buch nicht aus der Hand legen möchte. Irritierend jedoch sind die sehr vielen Rechtschreibfehler, bei denen sich der Leser fragt, ob sie vom Autor absichtlich in den Text gebracht worden sind, um das Genre "Protokoll" hervorzuheben. Es kann aber auch sein, dass bei Sichtung und Korrektur des Manuskriptes diese unsägliche KI die Hände im Spiel hatte.
So oder so tun diese Fehler dem ansonsten gelungenen Roman keinen Gefallen.
Das Leben kann so bunt sein. Für Ruth wendet sich das Leben nach ihrer Ankunft im abgelegenen aber idyllischen Dorf an der Elbe zum Guten. Dort bringt sie ihre Tochter Jule zur Welt. Nur wenig später wird der Sohn ihrer besten Freundin geboren. Die beiden Kinder Andi und Jule sind bald unzertrennlich, und als sie das gewisse Alter erreichen, verlieben sie sich ineinander.
Da Andi sehr heimatverbunden ist, möchte er im Dorf bleiben. Jule aber zieht es in die weite Welt, ihren unbekannten Vater zu suchen, den sie dann auch findet. Dies hört sich nun nach Happyend an, aber das Leben kann eben auch grau und sogar schwarz sein!
Laura Maaß betitelt die Kapitel ihres Debütromans "Was du siehst" mit Farben der gesamten Palette, was sehr originell ist. Dazu kommt dieser lebhafte und humorvolle Schreibstil. Die Beschreibungen von Land und Leuten sind so detailreich, dass man meint, man wäre mitten unter ihnen. Dieser Roman lässt sich sehr gut lesen und auf weitere gute Geschichten aus der Feder dieser talentierten Autorin hoffen.
Das Bild auf dem Cover führt schon mitten in das Geschehen hinein. Die Goldprägung des Titels erscheint jedoch etwas übertrieben, da hier über Leute des Volkes berichtet wird.
Der Roman wird Leser ansprechen, die es etwas niveauvoller mögen.
Das Buch "Deckname Bird" von Louise Doughty spielt in den Gefilden des englischen Geheimdienstes. Die Protagonistin ist die Tochter eines Geheimdienstmitarbeiters. Der Vater ist oft abwesend und auch in der Familie kann er sich nicht recht öffnen. Trotzdem hält das schwierige Familienleben mit all seinen Geheimnissen die Tochter nicht davon ab, nach einigen Abstechern im beruflichen Leben, ebenfalls einem Geheimdienst beizutreten in der Überzeugung, ihrem Land zu dienen und Gefahren von ihm abzuwenden.
Aus irgendwelchen vagen Gründen fühlt sich die Hauptperson plötzlich von den eigenen Mitarbeitern bedroht, und es beginnt eine spektakuläre Flucht von England in die Einsamkeit Skandinaviens.
Auch verschiedene, durchaus interessante, Rückblenden in die Vergangenheit bringen kein Licht in die Beweggründe der handelnden Personen.
Das Buch ist durchaus gut lesbar und eignet sich insbesondere als Urlaubslektüre. Eine in den Klappentexten und dem Buchcover suggerierte Spannung will sich jedoch nicht einstellen.
Vom Buchcover sieht eine Frau den Leser direkt und intensiv an. Die Frau ist sehr schön und schwarz, sie schaut nachdenklich, fast ängstlich.
Im Roman "Wohin du auch gehst" von Christina Fonthes erfährt man, dass die Frau in Zaire, später Republik Kongo, aufgewachsen ist. Die Kindheit erlebt sie gut behütet in einer relativ wohlhabenden Familie. Da die Moral- und Gesellschaftsvorstellungen in Afrika für einen Teenager, der von einem Familienmitglied vergewaltigt und schwanger wird, alles andere als mitfühlend und verständnisvoll sind, wird sie genötigt, ihre Heimat zu verlassen und im fernen und fremden Europa ihr Leben zu fristen.
Während der Umbrüche und Unruhen im Kongo sieht sich auch die zweite Hauptperson des Romans wegen ihrer sexuellen Orientierung gezwungen, ihr geliebtes Heimatland zu verlassen, und ebenfalls in Europa ein neues Leben zu beginnen.
Erst spät erfahren die beiden Hauptpersonen und damit auch der Leser, dass sie Mutter und Tochter sind. Aber während die eine resigniert ihr Heil bei einer Kirche zu finden hofft, ist die andere resolut und steht zu ihrer lesbischen Lebensgefährtin.
Die Geschichte ist sehr lebendig und anschaulich geschrieben. Sie lässt einen kleinen Blick in eine geschlossene Gesellschaft in der Großstadt zu. Zudem erfährt der Leser viel von der Geschichte und Mentalität in einem Teil Afrikas sowie den Problemen und Gepflogenheiten in einer Parallelgesellschaft.
Vom harten aber befriedigenden Leben einer Bäuerin
Schon das Cover inspiriert den Leser, das Buch sofort aufzuschlagen und mit dem Lesen zu beginnen, denn der Roman "Die Frau des Farmers" von Helen Rebanks handelt vom Leben ihrer eigenen, einer Farmerfamilie in der idyllischen Landschaft Nordenglands.
Das Leben dieser Familie mit vier Kindern und einer Menge Tiere ist arbeitsintensiv und nicht immer leicht zu bewältigen. Hierbei kommt insbesondere der Bäuerin, Ehefrau und Mutter eine wichtige Rolle zu. Obwohl gesellschaftlich wenig anerkannt, organisiert sie dieses Leben mit Humor, großer Sachkenntnis und enormer Liebe zu ihrer Familie und zur Natur.
Im Grunde genommen besteht der Roman aus einzelnen Begebenheiten und Sequenzen, was aber den Werdegang der Protagonistin nachvollziehbar und verständlich macht.
Sehr positiv sind die vielen gelungenen Illustrationen und interessanten Rezepte, die das Buch sehr auflockern. Auch der Anhang mit guten Ratschlägen zur Vorratshaltung ist hilfreich.
Insgesamt ist der Roman ein Plädoyer für natürliche Landwirtschaft und gesundes Essen. Leser, die ein nachhaltiges Leben befürworten, werden ihre Freude an diesem wunderbaren Buch haben.
Der Titel und das Cover des Romans "Am Meer ist es schön" von Barbara Leciejewski suggeriert eine glückliche und unbeschwerte Kindheit. Da sitzt dieses entzückende kleine Mädchen am Strand der Nordsee und strahlt den Betrachter an, im Hintergrund spielen und tollen weitere Kinder im Wasser.
Doch das Schicksal der "Verschickungskinder" ist das genaue Gegenteil. Sie erfahren bei dem Kuraufenthalt Grausamkeit, unbarmherzige Strenge und Repressalien. Endlich wieder zu Hause, wollen diese Kinder ihre Erlebnisse den Eltern mitteilen. Aber man hört ihnen nicht zu, kann ihnen nicht zuhören, da das Erzählte zu abwegig, zu grausam erscheint. Es wird als kindliche Fantasie abgetan.
Eine psychologische Aufarbeitung des Erlebten findet nicht statt, Verantwortliche werden nicht zur Rechenschaft gezogen. Und so wird aus der schüchternen und scheuen Susi ein aufsässiger Teenager und später eine introvertierte Susanne, die keine menschliche Bindung eingehen kann.
Erst über 50 Jahre später, am Sterbebett der Mutter, kann sie alles erzählen, was ihr noch schwer auf der Seele liegt.
Die Autorin erzählt diese Geschichte sehr poetisch und detailliert. Man erkennt die gründliche Recherche. Dadurch kann dieses traurige Kapitel vor dem Vergessen bewahrt werden. Ein Buch, das man nicht so "nebenbei" wegliest.
Im Roman "Der Kindersuchdienst" beschreibt die Autorin Antonia Blum die äußerst wichtige Arbeit des Kindersuchdienstes beim Deutschen Roten Kreuz. Diese Arbeit wurde nach dem Zweiten Weltkrieg, als es eine große Zahl an verlorenen, vermissten oder gestrandeten Menschen gab, die ihre Familie suchten, begonnen und existiert bis zum heutigen Tag.
Schon das Cover zeigt, worum es in diesem Roman geht: die übergroße Freude und die Erleichterung, wenn ein geliebter Mensch nach Jahren der Sorge und Verzweiflung endlich gefunden wurde. Dass das darauf folgende Zusammenleben nicht immer einfach ist, wird in der Geschichte nicht verschwiegen.
Am Beispiel der schüchternen Annegret beschreibt die Autorin, wie ein doch unperfekter Mensch mit wenig Schulbildung durch große Menschenliebe und Empathie über sich hinauswachsen und Großes für Menschen in Not bewirken kann. Dabei ist die damalige Arbeit ohne die Segnungen der EDV im höchsten Grade schwierig und immens.
Der Schreibstil ist sehr gut lesbar und spannend. Die kleinen Rechtschreibfehler hier und da kann man durchaus übersehen. Dass jedoch eine gestandene Autorin wie Antonia Blum dieses unsägliche "... umso... desto..." statt des grammatikalisch korrekten "... je... desto..." verwendet, verwundert doch sehr.
Trotzdem ist dieser wichtige Roman für alle Leser, die sich die Menschenliebe bewahrt haben, sehr zu empfehlen.
Der Roman "Cinema Love" von Jiaming Tang beschreibt das Leben von chinesischen Immigranten in Chinatown, New York. Schon der gelungene Einband zeigt: es geht um grelles Neonlicht, das das Oberflächliche in den Vordergrund stellt.
Wegen wirtschaftlicher und persönlicher Probleme begeben sich junge Chinesen auf eine gefährliche, weil illegale, Reise nach Amerika. Dort erwarten sie Wohlstand und Toleranz. Wegen erhoffter Anerkennung heiraten homosexuelle Männer chinesische Frauen, was auf die Dauer zu größeren Konflikten führt.
Da sich für die Eingewanderten der Erfolg nicht einstellt, man aber vor Freunden und Familie gut dastehen möchte, wird gelogen, dass sich die Balken biegen. Man möchte ja "sein Gesicht nicht verlieren"!
Als europäischer Leser muss man sich erst in die asiatische Mentalität hinein versetzen, ohne diese gänzlich zu verstehen. Dennoch ist die Geschichte kurzweilig mit vielen Metaphern und sehr poetisch geschrieben.
Die nicht wenigen kleinen Rechtschreibfehler sind dem Autoren nicht anzulasten und dürften einem erfahrenen Übersetzer nicht passieren.
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