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Buchkomet

Bewertungen

Insgesamt 72 Bewertungen
Bewertung vom 09.12.2025
Page, Libby

Das Jahr voller Bücher und Wunder


gut

Was habe ich mich im Vorfeld auf „Das Jahr voller Bücher und Wunder“ gefreut. Doch am Ende muss ich sagen, es war einfach nicht meins.

Tilly erhält an ihrem Geburtstag einen überraschenden Anruf aus einem kleinen Buchladen. Ihr verstorbener Ehemann Joe hat dort ein Geschenk hinterlegt: ein Jahr voller Bücher, jeden Monat ein Titel, der sie begleiten soll. Fünf Monate nach seinem Tod steckt Tilly in der Trauer fest. Diese Bücher sollen sie wieder hinaus in die Welt schicken: nach New York, Paris, in die Toskana und bis nach Bali.

Klingt eigentlich nach einer Geschichte, die genau meins sein müsste. Ist sie aber nicht. Die Story ist nicht schlecht und handwerklich passt alles, doch emotional hat es mich nicht interessiert. Ich konnte auch zu Tilly und den Nebenfiguren keine Verbindung aufbauen. Vieles wirkte auf mich eher zu distanziert. Das ist schade, denn genau solche Geschichten leben davon, dass man mitfühlt.

Einige Passagen erinnern zudem an P.S. Ich liebe dich, und auch wenn das sicher für viele ein Pluspunkt ist, war es für mich eher ein Minuspunkt. Mit diesem Film konnte ich schon damals wenig anfangen, daher hat’s mir auch hier nicht gefallen. Vielleicht ist es auch einfach eines der Bücher, für die man in der exakt richtigen Stimmung sein muss. Ich war es offenbar nicht.

Das ist natürlich meine rein persönliche Einschätzung. Der Roman ist solide geschrieben, die Idee nicht schlecht und viele werden genau das bekommen, was sie suchen: eine warmherzige Geschichte über Verlust und das Wiederentdecken des Lebens. Für mich war’s allerdings nix.

Bewertung vom 07.12.2025
Hilmes, Oliver

Ein Ende und ein Anfang


sehr gut

Sommer 1945. Der Krieg ist vorbei, Deutschland ist besiegt und das Land liegt in Trümmern. Genau an diesem Punkt setzt Hilmes mit seinem Buch an. Er zeigt, wie die Menschen versuchen, nach der dunkelsten Stunde der Menschheitsgeschichte wieder Halt und Hoffnung zu finden. Geschäfte öffnen wieder ihre Türen, der Alltag kehrt allmählich zurück ins Leben, während überall die Spuren des Krieges sichtbar bleiben. Währenddessen beschließen die „Die großen Drei“ die Zukunft Deutschlands.

Hilmes führt derweil durch viele Perspektiven: Mütter, die um ihre Söhne bangen. Kriegsrückkehrer, die kaum wissen, wie sie wieder in ein normales Leben finden sollen. U.S.-Soldaten, die Nazis aufspüren. Und selbst prominente Figuren wie die Manns oder Billy Wilder, die ihren Weg durch diese Übergangszeit suchen, werden porträtiert. Dieser Querschnitt der Gesellschaft macht das Buch einzigartig, es zeigt nicht nur die großen politischen Entscheidungen, sondern vor allem die Menschen, die in dieser Zeit leben mussten.

Diese Zeit wirkt heute oft weit weg, fast schon abstrakt. Hilmes holt sie zurück in die Realität. Er beschreibt eine Zeit, die für die meisten von uns fremd wirkt, deswegen aber nicht weniger wichtig ist. Diese Geschichten erinnern daran, wie schwer ein Neuanfang sein kann, und wie notwendig es ist, nicht zu vergessen. Gerade heute, wo vieles wieder fragiler wird.

Ein Ende und ein Anfang ist ein
eindringliches und enorm aufschlussreiches Buch. Und sollte in keinem Bücherregal fehlen. Klare Leseempfehlung.

Bewertung vom 23.11.2025
Eckstein, Lara

Verbrannte Träume


ausgezeichnet

Ein Deutschland im Jahr 2027, in dem rechte Gewalt, Hetze und politische Verrohung längst kein Ausnahmezustand mehr ist, genau hier setzt Lara Eckstein an. Und sie erzählt diese düstere Vision nicht aus sicherer Distanz, sondern durch die Augen einer jungen Frau, die durch diese unsicheren Zeiten navigiert, um eine Freundin zu finden, die spurlos verschwunden ist.

Lina, Mitte zwanzig, bricht aus ihrem Berliner Leben aus und landet in einem Europa, das längst zerfällt. Die Reise führt sie über geschlossene Grenzen, durch verwüstete Landschaften und in Lebensrealitäten, die für viele unvorstellbar sind: ein französischer Selbstversorgerhof, das Hauptquartier des baskischen Widerstands, eine Gefängnisinsel. Sie lernt, Tomaten anzupflanzen und Waffen zu benutzen. Sie lernt, wie Flucht wirklich funktioniert.

Das Buch positioniert sich als New Adult, aber es ist weit mehr als das. Zwischen den emotionalen Konflikten, den Beziehungen, der Sehnsucht und der ständigen Angst erzählt Eckstein eine Mahnung. Mehr noch: eine Warnung. Sie zeichnet ein Bild davon, wie schnell Werte verschwinden, wenn niemand mehr für sie einsteht. Wenn Demokratie nicht verteidigt wird. Wenn Gleichgültigkeit zur bequemeren Haltung wird.

Was mich daran so stark beeindruckt: Eckstein beschreibt nicht einfach eine mögliche Zukunft, sie zeigt, wie fragil die Gegenwart bereits ist. Das macht dieses Buch so schmerzlich unbequem, den wir selbst haben aktuell noch alles selbst in der Hand.

Für mich gehört „Verbrannte Träume“ zu den stärksten Neuerscheinungen des Jahres im Querverlag. Ein Roman, der viel wagt, aber auch viel gewinnt. Eine eindringliche Lektüre, die Werte und Demokratie feiert. Klare Leseempfehlung!

Bewertung vom 22.11.2025
Linder, Stefan

Der verschwundene Herr Hoffmann


ausgezeichnet

Bei dem Buch dachte ich an kühle Einsatzberichte, nüchterne Polizeiabläufe, ein bisschen Statistik, eben das, was man oft bekommt, wenn jemand aus dem Dienst schreibt. Aber Stefan Linder zerlegt diese Vorstellung sofort. „Der verschwundene Herr Hoffmann“ ist kein distanzierter Rückblick, sondern eine erstaunlich persönliche Reise durch vier Jahrzehnte im Dienst.

Schon die frühen Kapitel haben abgeholt: Seine Zeit als Feldjägerfeldwebel und Personenschützer des Generalinspekteurs wirkt wie ein Blick durchs Schlüsselloch in eine Epoche, von der ich vieles nur am Rand mitbekommen habe. Kalter Krieg, RAF, politische Spannungen kurz vor der Grenzöffnung: Linder war mittendrin, und das merkt man auch.

Später wechselt das Buch in die Ermittlungsarbeit als Kriminalkommissar und da geht es erst so richtig los. Spektakuläre Fälle, alltägliche Routinen, Wendungen, die man so nicht kommen sieht, Cold Cases, belastende Einsätze und die harte Arbeit im Ahrtal nach der Flut. Was mir dabei besonders gefallen hat: Linder zeigt, wie Ermittlungen wirklich aussehen, mit all ihren Pausen, Fehlern, Erfolgen und aber auch Rückschlägen.

Linder beschreibt genau, wie sehr ihn Opfer, Angehörige und ganze Schicksale berührt haben. Und er spricht offen über Belastungen, wie man es aus diesem Bereich eher selten kennt, ehrliche Einblicke in ein Leben, das viel abverlangt hat. Gleichzeitig nimmt er kein Blatt vor den Mund, wenn es um starre Strukturen und systemische Probleme geht.

Der Stil ist klar, verständlich, manchmal trocken-humorvoll, immer reflektiert. Und genau dadurch schafft er eine Nähe, die viele True-Crime-Bücher nicht erreichen. Denn hier schreibt jemand, der wirklich dort stand, wo andere nur recherchieren.

Für mich ist „Der verschwundene Herr Hoffmann“ ein spannendes, ehrliches und erstaunlich berührendes Buch. Für alle, die wissen wollen, wie Polizeiarbeit wirklich aussieht und für alle, die True-Crime mögen: absolute Empfehlung.

Bewertung vom 22.11.2025
Wild, Johanna von

Der Zauber der Edelsteine


ausgezeichnet

Man hat bei historischen Romanen ja oft sofort die üblichen Bilder im Kopf: alte Berufe, ein bisschen Herzschmerz, ein bisschen Drama, weite Landschaften. Aber Johanna von Wild zeigt, dass da noch viel mehr geht. Sie nimmt einen in „Der Zauber der Edelsteine“ mit in eine Welt, die so detailreich und lebendig erzählt ist, dass man sich selbst dabei erwischt, wie man gern mal einen Blick in die Werkstatt eines Edelsteinschleifers werfen würde.

Im Mittelpunkt steht Emilia, Tochter eines Edelsteinschleifers aus Waldkirch. Verliebt in Elias, den Lehrjungen ihres Vaters, aber gefangen in den Plänen der Erwachsenen. Der Vater steckt in Geldnöten und verspricht sie kurzerhand Paul Gabler. Als Elias das erfährt, bricht er auf, weil er spürt, dass er seinen eigenen Weg gehen muss. Seine Reise führt ihn bis nach Antwerpen, wo er bei einem jüdischen Diamantschleifer lernt, eine Welt, die ganz anders funktioniert als die Heimat, in der sich inzwischen politisch und handwerklich vieles verändert. Der Zusammenschluss der Steinschleiferbruderschaft mit den Freiburger Meistern sorgt für neue Spannungen und Umbrüche.

Auch Emilia erlebt Schicksalsschläge, trifft Entscheidungen, die sie nie treffen wollte, und heiratet schließlich Pauls Bruder. Während sie versucht, ihr Leben in neue Bahnen zu lenken, holt sie die Vergangenheit wieder ein, als Elias und Paul zurückkehren.

Was mich besonders überzeugt hat: Die Figuren wirken absolut authentisch. Die Orte sind atmosphärisch beschrieben und die Einblicke in die Welt der Edelsteinschleiferei sind nicht nur gut recherchiert, sondern auch spannend erzählt. Der Schreibstil ist locker und leicht, genau so mag ich es.

Im Nachwort zeigt die Autorin außerdem, welche Figuren und Ereignisse historisch belegt sind und wo die Fiktion beginnt. Solche Einordnungen geben dem Ganzen noch einmal richtiges Gewicht und zeigen, wie viel Arbeit und Recherche hinter dem Roman steckt.

Besonders gelungen fand ich, wie vielschichtig die Geschichte von Emilia und Elias erzählt wird. Neben den persönlichen Wegen bekommt man auch politische Entwicklungen, soziale Spannungen und die Bedeutung des Handwerks mit. Sogar die Käserei, ein Thema, das man hier vielleicht nicht erwartet hätte, fügt sich erstaunlich gut ein.

Am Ende bleibt für mich vor allem eins: ein Roman, der historische Atmosphäre, menschliche Schicksale und faszinierendes Handwerkswissen zu einer stimmigen und faszinierenden Geschichte verbindet. „Der Zauber der Edelsteine“ ist für mich eine klare Empfehlung für alle, die historische Romane mögen.

Bewertung vom 14.11.2025
Uchitani, Azumi

Yoshuku


sehr gut

„Yoshuku – Die japanische Kunst, Wünsche Wirklichkeit werden zu lassen“ von Azumi Uchitani ist ein interessanter Ratgeber, der sich mit Manifestationen beschäftigt. Es geht hier nicht darum, das Leben von Grund auf zu verändern, sondern den Blick auf das zu lenken, was wir uns wünschen und wie wir diesen Wünschen Raum geben können. Yoshuku bedeutet dabei übersetzt so viel wie „im Voraus feiern“. Die Idee dahinter: Ein japanischer Brauch, ein wichtiges Ereignis im Leben, auf dessen Eintreffen wir hoffen, im Voraus zu feiern. Diese Haltung schafft Zuversicht, Leichtigkeit und Dankbarkeit.

Ich fand diesen Ansatz ganz interessant, weil er sich von der oft so rationalen westlichen Sichtweise unterscheidet. Statt etwas zu erzwingen, geht es darum, Vertrauen zu entwickeln, in das Leben, in die eigenen Schritte, in das, was kommen darf und was wir uns wünschen. Gerade für Menschen, die sich mit Mental Health beschäftigen, kann das ein interessanter Ratgeber sein.

Das Buch enthält kleine Übungen, die leicht umzusetzen sind, und Impulse, über die man länger nachdenkt, als man vielleicht erwartet. Natürlich kann man darüber streiten, ob Manifestation tatsächlich „funktioniert“. Aber vielleicht geht es gar nicht darum. Vielleicht ist Yoshuku eher eine Haltung, eine Art, bewusster durchs Leben zu gehen und den eigenen Fokus zu verändern.

Für mich war das Buch logischerweise kein Gamechanger, aber eine angenehme Erinnerung daran, dass wir nicht alles kontrollieren und erzwingen müssen. Manchmal reicht es, innezuhalten, dankbar zu sein und darauf zu vertrauen, dass gute Dinge ihren Weg in unser Leben finden. Wer sich gern mit Themen wie Achtsamkeit, innerer Ruhe und bewusster Lebensgestaltung beschäftigt, findet hier definitiv ein paar schöne Denkanstöße.

Bewertung vom 14.11.2025
Gablé, Rebecca

Das zweite Königreich / Helmsby Bd.1


sehr gut

Auch wenn Das zweite Königreich mein erstes Buch von Rebecca Gablé war, wusste ich natürlich, worauf ich mich da einlasse. Umfangreich und viel Geschichte. Und ja, genau so war’s auch. Nur ehrlich gesagt: manchmal ein bisschen zu viel von allem.

Klar, Gablé kann schreiben, keine Frage. Man merkt sofort, wie gründlich sie recherchiert hat. Die Schauplätze wirken gelungen, die Figuren echt, und man taucht ziemlich tief ins 11. Jahrhundert ein. Aber zwischen all den historischen Details bleibt die Geschichte stellenweise ein bisschen fad. Es ist einfach sehr, sehr viel, und es fehlt an echten Höhepunkten und Spannungsmomenten. Und manchmal hatte ich das Gefühl, Gablé verliert sich ein bisschen in den politischen Feinheiten und Machtspielchen.

Cædmon, der Protagonist, war für mich aber ein echter Lichtblick. Ein Typ, der zwischen zwei Welten steht: zu englisch für die Normannen, zu normannisch für die Engländer. Das fand ich spannend, weil er so vielschichtig und menschlich ist. Er will das Richtige tun, weiß aber oft selbst nicht genau, was das eigentlich ist.

Trotzdem: 900 Seiten sind eine Ansage. Nicht jede davon war für mich nötig. Manche Kapitel ziehen sich, und die großen Highlights bleiben ein bisschen aus. Es gibt zwar Schlachten, Intrigen und auch eine Liebesgeschichte, aber so richtig gepackt hat mich das alles nicht. Eher solide erzählt, aber selten mitreißend.

Ich will’s aber auch gar nicht schlechtreden, Gablé versteht ihr Handwerk, keine Frage. Sie kann Atmosphäre, sie kann Figuren, und sie kann historische Genauigkeit, wie kaum jemand sonst. Nur für mich persönlich war’s stellenweise etwas zu ausufernd. Ich mochte den Stil, ich mochte die Welt, ich mochte Cædmon, aber ich hätte mir mehr Zug, und einen strafferen Plot gewünscht.

Unterm Strich: stark geschrieben, beeindruckend recherchiert, aber für mich auch kein Pageturner. Großen Respekt an die Autorin. Ob es am Ende aber wirklich über 900 Seiten gebraucht hätte, darf ruhig bezweifelt werden.

Bewertung vom 02.11.2025
Jarr, Simon

Jasper Field


ausgezeichnet

„Jasper Field“ hat alles, was ich gerade an Literatur so mag. Zum Teil ein Wirtschaftskrimi, Politthriller, Coming-of-Age-Story und dazu zwei queere Figuren. Zusammen ergibt das ein Buch, das ich nicht nur verschlungen habe, sondern das mich hinterher regelrecht in eine Leere gestürzt hat, wie ich sie so noch nie erlebt habe. Dieses seltsame Gefühl, wenn etwas Großes endet und man dafür noch gar nicht bereit ist.

Es wirkt fast so, als wäre dieses Buch für mich geschrieben worden.
Mit Superlativen halte ich mich ja meist zurück: hier kann ich das gar nicht.
Jasper Field ist nicht nur das beste Buch, das ich vermutlich je gelesen habe, sondern wird in Zukunft auch wertungstechnisch zum Maßstab meiner Rezensionen.

Der Autor hat sich mit diesem Buch in die Riege meiner Lieblingsautoren geschrieben. Man mag es zudem kaum glauben, aber das Buch ist im Selbstverlag erschienen. Ich hätte es mit Leichtigkeit in einem großen Publikumsverlag gesehen.

Simon Jarr hat mit diesem Debüt etwas geschaffen, das man nur selten findet: einen Roman, der Thriller, Drama und Gesellschaftskritik mühelos vereint. Einen Polit- und Wirtschaftsthriller, der über sich hinauswächst, der die Macht der Medien, den Wert von Wahrheit und die Grenzen von Moral beleuchtet. Und mittendrin zwei Männer, wie sie unterschiedlicher nicht sein könnten: Max Sandberg, Erbe eines Zeitungsimperiums, und Jasper Field, der geheimnisvolle Fremde mit einer Vergangenheit, die alles verändert.

Knappe 850 Seiten. Keine zu viel, im Gegenteil, ich hätte locker noch 200-300 Seiten mehr lesen können. Ich wollte einfach nicht, dass diese Geschichte endet.

Jasper Field ist für mich nicht einfach nur Buch, es ist ein literarisches Meisterwerk. Und vermutlich sogar das beste Buch, das ich je gelesen habe.

Bewertung vom 29.10.2025
Martensen, Manuel

Das Dünenversteck


sehr gut

Eine skelettierte Leiche wird in den Nordsumer Dünen entdeckt und plötzlich steht für Kommissar Harring alles auf dem Spiel. Denn der Fall führt mitten in seine eigene Familie. Sein dementer Vater scheint mehr zu wissen, als gut ist, und als Harrings vermisster Cousin in einer anonymen Drohbotschaft des Mordes beschuldigt wird, gerät sein Leben aus den Fugen. Statt sich an Regeln zu halten, beginnt Harring, auf eigene Faust zu ermitteln und bringt sich damit selbst in Gefahr.

„Das Dünenversteck“ ist der vierte Band der Nordsum-Reihe, lässt sich aber problemlos auch ohne Vorwissen lesen. Das Setting ist hervorragend gewählt: die herbe Küstenlandschaft, die die Dünen und das Rauschen des Meeres. Hier gelingt es Martensen, eine besondere Atmosphäre zu schaffen, fernab der üblichen Genrepfade.

Die Handlung ist kompakt erzählt, kommt schnell auf den Punkt und bleibt trotzdem durchgehend spannend. Klar, einiges ist vorhersehbar, und man ahnt früh, wohin die Spur führt. Doch der Autor baut die Geschichte so auf, dass man trotzdem weiterlesen will. Die Auflösung ist logisch, das Ende zufriedenstellend. Vielleicht hätte es hier und da noch einen Tick mehr Überraschungen vertragen können.

Was den Thriller auszeichnet, sind seine Figuren. Bork und Harring sind ein Duo, das gut harmoniert. Der etwas grummelige, erfahrene Bork und der impulsive, emotionalere Harring, zwei Gegensätze, die sich perfekt ergänzen. Ihre Dialoge, ihre kleinen Reibereien, das Zusammenspiel im Ernstfall, wirkt glaubwürdig und bringt Tiefe in die Geschichte.

Vor allem Harring steht diesmal im Mittelpunkt. Der Fall betrifft ihn persönlich, und das macht ihn verletzlich. Er weiß, dass er befangen ist, kann sich aber nicht heraushalten. Also ermittelt er auf eigene Faust, mit all seinen Vor- und Nachteilen.

Am Ende bleibt ein toller Thriller, der das Rad zwar nicht neu erfindet, aber genau weiß, was er will: Spannung, Atmosphäre und Charaktere, die überzeugen. Wer ruhige, durchdachte Spannung, statt blutiger Schockmomente sucht, der sollte definitiv mal die Nordsum- Reihe genauer unter die Lupe nehmen.

Bewertung vom 26.10.2025
Leiss-Huber, Anton

Der große UFA-Bluff


ausgezeichnet

„Ein Film, der nie gedreht wurde – und doch das Leben vieler rettete.“

Februar 1945. Deutschland steht vor dem Zusammenbruch. Während in Berlin die Bomben fallen, versucht ein kleines UFA-Filmteam, sein eigenes Schicksal in die Hand zu nehmen. Produktionsleiter Eberhard Schmidt hat eine waghalsige Idee: Unter dem Vorwand, in Tirol einen Propagandafilm für den „Endsieg“ zu drehen, will er mit seiner Crew fliehen. Doch was niemand wissen darf – sie haben keinen Meter Film dabei.

Anton Leiss-Huber erzählt in Der große UFA-Bluff die Geschichte eines riskanten Täuschungsmanövers, das auf wahren Begebenheiten beruht. Inspiriert von Erich Kästners Tagebuch Notabene 45 zeigt er, wie sich eine Gruppe Filmschaffender mit List und Mut dem Untergang entzieht.

Besonders beeindruckt hat mich, wie er die Stimmung jener letzten Kriegswochen einfängt, diese Mischung aus Angst, Erschöpfung und dem Gefühl, dass alles bald vorbei ist, nur dass man es aber noch nicht laut sagen darf. Gleichzeitig zeigt er auch, dass es Menschen gab, die trotz allem Mut bewiesen und sich dem Wahnsinn des Regimes widersetzten.

Besonders Luis Adrian, der fiktive Filmstar der Geschichte, hat mich beeindruckt: Eine Figur, die so echt wirkt, dass man meint, sie hätte tatsächlich existiert. Seine Beziehung zu Lisa Lion bringt Wärme in eine Welt, in der kaum noch Platz dafür war. Unterm Strich ist Der große UFA-Bluff für mich ein spannendes Buch. Es zeigt, wie eng Wahrheit und Täuschung manchmal beieinander liegen, und dass Mut in dunklen Zeiten viele Gesichter haben kann.