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Buchkomet

Bewertungen

Insgesamt 47 Bewertungen
Bewertung vom 09.09.2025
Snowley, John

2055: Die Rache des Wanderers


ausgezeichnet

Ich dachte erst, 2055: Die Rache des Wanderers wird ein klassischer dystopischer Sci-Fi-Thriller mit ein bisschen Action. Weit gefehlt. Was John Snowley uns hier auftischt, ist dann doch viel mehr. Im Kern geht es um die Frage, ob die Menschheit überhaupt noch eine Daseinsberechtigung hat.

Der Einstieg ist speziell: Adam und Eva, Gott, die Schlange. Und die These: der Mensch ist ein Fehler. Der perfekte Aufschlag für die eigentliche Story, denn die führt uns ins Jahr 2055, wo die Welt längst am Abgrund steht. Klimakatastrophen, Krieg, autoritäre Regime. Und ein dunkler Wanderer, der die Nase voll hat. Er will die Menschheit endgültig vernichten. Seine Waffe: ein junger Mann namens Anthony. Die, die sich ihm in den Weg stellen sollen: eine Gruppe Jugendlicher, Rekruten mit reichlich innerem Ballast. Im Zentrum: Joshua, ein stummer Außenseiter.

Snowley erzählt abwechselnd aus der Sicht der Jugendlichen und des Wanderers. Und die Kapitel des Antagonisten? Überraschend vielschichtig. Ich hatte stellenweise fast Sympathie. Die Gruppe rund um Joshua wächst langsam zusammen, mitten in der Härte einer Militärakademie. Vertrauen, Zusammenhalt, Widerstand, darum geht’s hier genauso wie um Schweigen als Schutz und Sprache. Joshua sagt nichts, aber wirkt trotzdem stark. Seine Figur ist, neben dem Wanderer, mein persönliches Highlight.

Einziger Kritikpunkt: Die realpolitischen Elemente fand ich etwas zu drüber. Fiktive Elemente hätten hier stärker gewirkt. Trotzdem: Konflikt ist ein richtig starker Auftakt. Düster, psychologisch, überraschend tief. Wie sagte eins Agent Smith aus Matrix so schön: „Der Mensch ist eine Krankheit, das Geschwür dieses Planeten. Ihr seid wie die Pest.“ Und die Frage bleibt: Ist der Mensch wirklich ein Parasit, oder doch noch zu retten? Leseempfehlung!

Bewertung vom 07.09.2025
Hofmann, Peter

Wo Norden ist (eBook, ePUB)


ausgezeichnet

Pawel schreibt Geschichten. Oder besser gesagt: er schrieb Geschichten. Die Worte, die ihn selbst einst getragen haben, sind einfach verschwunden und mit ihnen seine Fluchtwege aus der eigenen Vergangenheit. Wir begleiten einen Mann, der sich lieber Leben ausdenkt, als sein eigenes zu leben. Auf einem Spaziergang durch die Stadt trifft er Greg. Es ist ein zufälliges Kennenlernen, anfangs recht unspektakulär, aber Pawel merkt, da ist mehr. Die beiden Männer beginnen zu reden, erst über das Banale, dann über die Vergangenheit.

Was dann folgt, ist kein klassischer Liebesroman, sondern ein oft melancholischer Blick in ein Leben, das durchaus Narben trägt. Pawel erinnert sich zurück: an seine schwierige Kindheit in der DDR, an seine Eltern, die ihn eigentlich gar nicht wollten. An die Zeit in der Nationalen Volksarmee, die für jemanden wie ihn alles andere als einfach war. An all das, was ihn hart gemacht hat. Gefühle wie Liebe und Vertrauen, scheinen ihm fremd oder werden nachhaltig beschädigt.

Greg könnte mehr sein für Pawel, doch dieser tut sich schwer, Nähe zuzulassen. Immer wieder zieht er sich zurück, aus Angst, wieder enttäuscht zu werden. Angst, nicht genug zu sein. Peter Hofmann erzählt hier eine eindrückliche Geschichte, die voller Schmerz, Sehnsucht, aber auch Hoffnung ist. Und in allem schwingt die Frage mit, ob man Vertrauen und Liebe wieder lernen kann.

„Wo Norden ist“, ist dabei eine ruhige Geschichte, eine Geschichte über das Suchen und Finden, nicht nur eines anderen Menschen, sondern vor allem des eigenen Ichs. Ein Roman, der zeigt, warum Menschen Mauern um sich errichten, aber auch zeigen, dass es Menschen gibt, die diese Mauern zu Fall bringen können. „Wo Norden ist“ lässt dich genau darüber nachdenken. Und vielleicht auch ein bisschen fühlen, wo dein eigener Norden liegt.

Bewertung vom 05.09.2025
Groß, Oliver

Leichte Beute


sehr gut

Leichte Beute ist ein kompromissloser Actionthriller mit starkem Setting und hohem Tempo, der bestens unterhält, aber bei der Figurenzeichnung hinter seinen Vorgängern zurückbleibt.

Ich habe schon die ersten beiden Bände verschlungen, jetzt war ich gespannt, ob Band 3 da mithalten kann. Die Antwort: Ja, kann er! Auch wenn dieser Teil deutlich anders funktioniert als seine Vorgänger. Oliver Gross selbst beschreibt ihn als Hommage an die Actionhelden der 80er und 90er, wie Stallone, Schwarzenegger und Co. Und genau so liest er sich auch. Rasant, kompromisslos, actionlastig. Lukas Keller wird wieder in einen Fall gezogen, bei dem es um nicht weniger geht als Menschenhandel, Prostitution und eine skrupellose Organisation, deren Boss „Die Klinge“ heißt und von Rumänien aus operiert. Als die Journalistin Ronda Jeremies bei einer Recherche verschwindet, bittet ihre Kollegin Sophie Marx Keller um Hilfe und der gerät mitten hinein in einen Albtraum. Die Handlung zieht sofort an, das Tempo bleibt hoch, die Spannung ebenso.

Die schweren Themen werden dabei nicht plump erzählt, sondern mit dem nötigen Feingehfühl. Gleichzeitig kracht die Action ordentlich und man merkt dem Stil an, dass hier Stallone, Willis & Co. klar Pate standen. Für Fans von klassischen Actionthrillern ist das ein Volltreffer. Aber: Bei all dem Tempo bleiben die Figuren diesmal leider auf der Strecke. Weder Keller noch die Nebenfiguren bekommen die Tiefe, die ich aus den Vorgängern kenne. Das ist schade, denn genau das hat die Reihe bisher ausgemacht. Und dennoch: Der Schreibstil ist stark, das Setting überzeugend und die Story spannend bis zur letzten Seite.

Ein Thriller, der wie gemacht ist für eine Verfilmung, der sich irgendwo zwischen Bourne und Rambo einreihen würde. Und auch wenn ich mir für einen möglichen Band 4 wieder mehr Charakterzeichnung wünsche, hatte ich dennoch richtig Spaß mit diesem Buch. Absolut lesenswert, vor allem für Fans temporeicher Actionstreifen der 80er und 90er Jahre.

Bewertung vom 30.08.2025
Garbulski, Paul

Punch


ausgezeichnet

Man denkt bei einem Rummel zuerst an Zuckerwatte, kreischende Kinder, Fahrgeschäfte, die dir den Magen umdrehen, oder? Niemand von uns denkt auch nur ansatzweise an abgekämpfte Existenzen, blutige Fäuste und Menschen, die kaum noch wissen, wofür sie morgens aufstehen.

Der Roman Punch zeigt, wie es aussieht, wenn Menschen an Orten leben, die andere nur besuchen, um dem Alltag zu entkommen. Für die einen ist der Rummel Vergnügen, für die anderen ist er das, was zwischen ihnen und dem sozialen Absturz steht.

Da ist Adrian, der Boxer, der lieber in der Rummel-Show eins auf die Mütze kriegt, als zurück in die Ukraine zu gehen, um im Krieg zu dienen. Lena, die an ihrem Zuckerwattestand steht, den ganzen Tag rotiert und hofft, dass die Schicht endlich vorbei ist. Oder der kleine Leon, der in der Ringecke hockt und Adrian das Blut abwischt. Kinder in dieser Welt sind keine Zuschauer. Sie gehören dazu, übernehmen Aufgaben, wachsen zwischen Boxring und Spielautomaten auf.

Was Garbulski richtig gut hinkriegt: Er erzählt nichts, um irgendwelches Mitleid zu erzeugen. Keine Figur ist Opfer im herkömmlichen Sinne. Sie alle treffen Entscheidungen. Gute, mal falsche, manchmal vielleicht auch gar keine. Sie kommen klar, irgendwie. Er zeigt einfach, was ist. Und das reicht völlig. Der Autor schreibt auf den Punkt, keine unnötigen Ausschweifungen, kein literarischer Firlefanz. Da sitzt jeder Satz. Man ist mittendrin.

Man merkt beim Lesen, wie wenig Distanz zwischen dieser Welt und unserer ist. Du denkst, du liest über andere, aber erkennst plötzlich Dinge, die du selbst kennst. Ausgebrannt sein. Zu viel Verantwortung. Zu wenig Perspektive. Und trotzdem weitermachen. Nicht, weil man Hoffnung hat. Sondern, weil Anhalten keine Option ist.

Für mich eines der stärksten Bücher dieses Jahres. Must Read!

Bewertung vom 28.08.2025
Jones, Dan

Die Templer


ausgezeichnet

Die Templer: jeder kennt ihren Namen, aber kaum jemand kennt ihre Geschichte. Verschwörungsmythen ranken sich um die einst mächtigste Bruderschaft bis heute. Dan Jones bringt Ordnung ins Chaos der Legenden und zeigt, was wirklich dran war am berühmtesten Ritterorden des Mittelalters.

Das Buch erzählt, wie eine kleine Gruppe armer Ritter 1119 in Jerusalem einen radikalen Plan fasste: Pilger beschützen, notfalls mit Gewalt. Daraus wurde innerhalb weniger Jahrzehnte eine militärische Elite mit Einfluss von Schottland bis Zypern. Die Templer kämpften an vorderster Front im Heiligen Land, verloren aber auch bittere Schlachten gegen die Mamluken. Gleichzeitig bauten sie in Europa ein Finanznetzwerk auf, das seinesgleichen suchte: Kredite, Geldtransfers, Schatzverwaltung, selbst Könige liehen sich Geld von den Templern.

Doch der Erfolg wurde ihnen zum Verhängnis. Als das Heilige Land verloren ging und die politischen Gegner in Europa stärker wurden, kam der Fall. Frankreichs König Philipp IV. ließ 1307 den ganzen Orden verhaften, wegen angeblicher Ketzerei. Der Papst machte mit. Zwei Jahre später war der Orden Geschichte, ihr letzter Großmeister verbrannte auf dem Scheiterhaufen.

Dan Jones gelingt mit diesem Buch etwas, was viele historische Sachbücher nicht schaffen: Er beschreibt eine Zeit voller Spannung. Man kommt sich manchmal vor, als würde man einen Thriller oder dergleichen lesen. Ich konnte das Buch teilweise nur schlecht zur Seite legen. Das spricht ganz klar für Dan Jones, der hier keine starre Abhandlung präsentiert. Man lernt etwas. Man versteht Zusammenhänge. Wer auch nur ansatzweise etwas mit Geschichte anfangen kann, sollte definitiv diesem Buch eine Chance geben.

Bewertung vom 26.08.2025
Menger, Ivar Leon

Der Tower


ausgezeichnet

Was machst du, wenn plötzlich alles schiefgeht: Job weg, Freund weg, Wohnung weg und dir dann jemand ein Jahr mietfreies Luxusleben in einem Berliner Hightech-Tower anbietet? Klar, du sagst ja, oder? Genau das tut Nova in „Der Tower“ von Ivar Leon Menger. Anfangs wirkt alles wie die perfekte Rettung: stylisch, modern, komplett KI-gesteuert. Nur blöd, wenn die KI irgendwann anfängt, dein Leben zu bestimmen. Und du merkst: Du kommst hier nicht mehr raus.

Der Roman packt genau die Fragen aus, die sich viele gerade stellen: Wie viel Technik ist eigentlich noch gut für uns? Wann wird’s zu viel? Und was passiert, wenn das System plötzlich nicht mehr für dich arbeitet, sondern gegen dich? Nova gerät in einen Strudel aus Kontrolle, Überwachung und digitaler Abhängigkeit und du liest mit wachsendem Unbehagen, weil das alles gar nicht so weit weg wirkt.

Die Story zieht schnell an, manchmal vielleicht zu schnell, aber sie trifft einen Nerv. Keine langen Erklärungen, kein unnötiger Schnickschnack, einfach ein richtig guter, moderner Thriller mit einem Szenario, das gar nicht so futuristisch wirkt, wie man es gern hätte. Wer auf smarte Wohnungen steht, sollte sich danach vielleicht zweimal überlegen, wer da eigentlich wen steuert.

9/10

Bewertung vom 24.08.2025
Gerhard, Christian

Das Echo der Worte / Shinwa Bd.2


ausgezeichnet

Ich bin ehrlich gesagt ein bisschen traurig, dass Aois Reise hier endet. Nach Band 1 war ich komplett begeistert, aber Band 2 hat alles noch mal getoppt. Shinwa – Das Echo der Worte ist nicht einfach nur der Abschluss einer historischen Romanreihe, es ist ein richtig starkes, emotionales Finale, das mich voll begeistert hat.

Christian Gerhard macht da weiter, wo Band 1 aufgehört hat, und liefert alles: Spannung, Tiefe, Kampf, Liebe und ganz viel Gefühl. Aoi wächst über sich hinaus, wird zur echten Anführerin und zeigt, dass Worte genauso mächtig sein können wie scharfe Schwerter. Die Rebellion in Band 1 vernichtend geschlagen, aber nicht gebrochen. Der Glaube an eine bessere Welt ist hier keine kitschige Floskel, sondern etwas, das erkämpft werden muss: mit Worten, mit Mut und mit dem Schwert.

Aoi bleibt dabei die starke und glaubwürdige Hauptfigur, die mich schon im ersten Teil überzeugt hat. Ihre Entwicklung ist auch im zweiten Band nachvollziehbar und konsequent weitergeführt. Ich fand es unglaublich berührend, wie Aoi ihre Mentorin ehrt und ihre Ideale weiterträgt. Himari ist nicht einfach „weg“, sie lebt in der Rebellion, in den Ideen und Träumen derer weiter, die sich nicht unterwerfen wollen. Und Christian Gerhard gelingt es hervorragend, genau das spürbar zu machen.

Alles kulminiert schließlich in einer finalen Schlacht, die es wirklich in sich hat. Ohne zu viel spoilern zu wollen: Das Finale ist filmreif. Spannend, emotional, voller Konsequenzen und dennoch nicht in dem Sinne „episch“, wie man es vielleicht erwarten würde. Was Christian Gerhard hier erschaffen hat, ist wirklich bemerkenswert. Man spürt in jeder Zeile, wie viel Herzblut, Recherche und Leidenschaft in diesem Projekt steckt. Ich muss ehrlich sagen: Vor Band 1 war japanische Literatur für mich absolutes Neuland. Aber Shinwa hat mir Lust auf mehr gemacht.

Eine Geschichte, die bleibt. Danke an dieser Stelle an Christian Gerhard. Für mich eine glasklare 10 und eine ganz große Leseempfehlung.

Bewertung vom 22.08.2025
Eisfeldt, Carla

Lügen sind Rudeltiere


ausgezeichnet

Ich habe es neulich schon angedeutet: Krimis und ich, das war zuletzt eher eine schwierige Beziehung. Mord hier, Ermittler da, ein Twist, den man schon drei Kapitel vorher gerochen hat, irgendwann ist die Luft einfach raus. Umso überraschender, dass mich Lügen sind Rudeltiere von Carla Eisfeldt dann doch wieder gepackt hat.

Romy Sterneck ist keine Ermittlerin, keine Journalistin, keine Schnüfflerin, sondern PR-Beraterin. Heimlich besucht sie fremde Beerdigungen auf dem Frankfurter Hauptfriedhof, um einen eigenen Verlust zu verarbeiten. Das klingt makaber, ist aber originell, glaubwürdig und macht Romy sofort greifbar.

Natürlich stolpert sie trotzdem mitten in einen Mordfall. Aber weil sie eben keine Profiermittlerin ist, geht sie mit Bauchgefühl und Hartnäckigkeit ans Werk. Das macht die Handlung abwechslungsreich, manchmal unvorhersehbar und deutlich frischer als der übliche Krimi-Einheitsbrei. Besonders mochte ich Margit, Romys neugierige Nachbarin, die mit Kuchen und Witz Romys Liebesleben ankurbeln will. Solche Nebenfiguren lockern alles auf und bringen Menschlichkeit in ein Genre, das oft zu ernst daherkommt.

Eisfeldt hält die Spannung hoch, ohne überzogene Action oder Cliffhanger. Stattdessen überzeugt das Buch mit stimmiger Atmosphäre, gutem Flow und Figuren, die man gern begleitet. Einziger Kritikpunkt: Romys Verlust hätte für mich noch mehr Tiefe vertragen können. Aber vielleicht hebt sich die Autorin das auch für die nächsten Bände auf, Potenzial ist dafür ja reichlich vorhanden.

Carla Eisfeldt beweist mit ihrem Debüt, dass sie das Zeug hat, sich im Krimigenre einen Platz zu erobern. Nicht durch Einheitsbrei, sondern durch gute Ideen, glaubwürdige Figuren und eine Erzählweise, die sich nicht unbedingt an Genre-Konventionen klammert. Ich bin gespannt, ob es mit Romy weitergeht, verdient hätte sie es allemal. Und ich bin definitiv auch beim (möglichen) nächsten Band wieder mit dabei. Hoffen wir, dass meine Krimimüdigkeit bis dahin ad acta gelegt ist, denn Lügen sind Rudeltiere hat mir gezeigt: Es gibt sie noch, die Krimis, die anders sind.

9/10

Bewertung vom 20.08.2025
Hilsmann, Lars

Farben sind (nicht) für alle da. Life is a Story - story.one


ausgezeichnet

Lars Hilsmann ist farbenblind. Und doch ist er irgendwie der perfekte Tourguide durch eine Welt, die für viele bunt ist, für ihn aber ganz anders aussieht. In „Farben sind (nicht) für alle da“ nimmt er uns auf knapp 80 Seiten mit auf eine sehr persönliche Reise durch die Regenbogenwelt. Und obwohl er die Farben selbst kaum sehen kann, versteht er sie auf eine Art, die wirklich beeindruckt.

Jedes Kapitel ist einer Farbe gewidmet, samt Bedeutung für die queere Community und Lars’ ganz eigenen Gedanken dazu. Das klingt jetzt theoretisch, ist es aber überhaupt nicht. Statt Fachsimpelei gibt’s Anekdoten aus seinem echten Leben: z. B.: Warum er es damals bei Frauen nicht leicht hatte oder wieso Pink nicht nur was für Mädchen ist.

Das Ganze ist mit viel Charme und Herz erzählt, dass man gar nicht mehr aufhören will zu lesen. Lars schreibt ehrlich, nahbar, klug. Er stellt Fragen, die hängen bleiben, zum Beispiel: Warum braucht es eigentlich immer noch eine queere Bewegung? Und seine Antworten sind genauso stark wie passend.

Was ich besonders mochte: Trotz des ernsten Themas wirkt das Buch nie schwer. Im Gegenteil, es macht Hoffnung. Es zeigt, dass man auch mit Einschränkungen seinen Weg gehen kann. Und, dass es okay ist, anders zu sein. Oder wie Lars selbst sagt:

„Nur weil jemand ein Handicap hat, nur weil jemand eine andere Sexualität hat … darf er nicht benachteiligt werden.“

Besser kann man’s nicht sagen.

10/10

Bewertung vom 19.08.2025
Wala, Pia

Schöner Schein


sehr gut

„Schöner Schein“ von Pia Wala hat mich direkt nach Eggenburg katapultiert, ein kleines, charmantes Örtchen mit mittelalterlicher Kulisse und genau der richtigen Portion „Hier ist doch was faul“. Und ja, da ist auch was faul. Beim gemütlichen Mondscheinkino stirbt ein Arzt mitten im Film, und ehe man sich versieht, steckt Anna, Ex-Polizistin und jetzige Bäckerin mit Spürsinn, wieder mitten in einem Mordfall.

Ich bin hier ohne Vorkenntnisse in den zweiten Band eingestiegen, aber das hat super funktioniert. Die Autorin baut das Vorwissen dezent ein. Der Mix aus leichten Cozy-Crime-Vibes und düsterer Spannung funktioniert wunderbar. Anna backt morgens ihre Kipferl, aber nachmittags hängt sie schon in Ermittlungen drin, entdeckt Spuren, die kein Zufall sein können, und legt sich mit alten Kollegen an, die von ihrer „Ermittlung“ natürlich wenig begeistert sind.

Das Setting ist dabei besonders gelungen: Die Kleinstadt mit ihren netten Fassaden, aber tief sitzenden Geheimnissen, das ist treffend eingefangen. Wer selbst aus einem kleinen Ort kommt, weiß: Man grüßt freundlich, aber jeder weiß (fast) alles über jeden. Genau das bringt Pia Wala wunderbar rüber. Die Stimmung ist ruhig, der Kriminalfall solide gestrickt, logisch aufgebaut und spannend erzählt, auch wenn das Ende für mich jetzt keine komplette Überraschung war.

Nun kommt aber mein persönlicher Knackpunkt: Ich bin gerade etwas krimimüde. Vielleicht hat mir deshalb hier und da der gewisse Kick gefehlt, das Unerwartete, das, was einen nochmal richtig überrascht. Dafür folgt mir der Krimi einfach zu sehr den bekannten Pfaden. Das ist meckern auf hohem Niveau, klar, aber so richtig umgehauen hat es mich nicht.

Trotzdem: Wer Lust auf einen ruhigen, atmosphärischen Krimi mit kleinstädtischem Tiefgang hat, sollte sich „Schöner Schein“ definitiv mal näher anschauen.

8/10