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Nancy Frohberg
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Drage

Bewertungen

Insgesamt 81 Bewertungen
Bewertung vom 08.07.2022
Mrs Agatha Christie / Starke Frauen im Schatten der Weltgeschichte Bd.3
Benedict, Marie

Mrs Agatha Christie / Starke Frauen im Schatten der Weltgeschichte Bd.3


sehr gut

Die Autorin Marie Benedict ist für ihre Romane über besondere Frauen der Weltgeschichte bekannt. Bisher legte sie den Fokus dabei eher auf Frauen, deren Einfluss uns nicht sooo bewusst ist. Diesmal hat sie sich jedoch eine Dame ausgesucht, deren Einfluss unumstritten ist: Agatha Christie.

Agatha Christies Bücher wurden über zwei Milliarden mal verkauft, womit sie zu den erfolgreichsten Autoren und Autorinnen der Literaturgeschichte zählt. Ihre Krimis wurden mehrfach für Kino und Fernsehen verfilmt. Doch ein Geheimnis um Agatha Christie wurde nie gelüftet: Ihr elftägiges Verschwinden im Jahr 1926. Und genau diesem Verschwinden nimmt sich Marie Benedict in ihrem Roman an.

Die Autorin hat hierfür sehr gut recherchiert und nur ein Teil des Buchs entspringt ihrer Fantasie. Der Schreibstil von Marie Benedict war angenehm und fühlte sich für mich auch der Zeit angepasst an. Anfangs hatte ich deswegen etwas Schwierigkeit ins Buch hineinzufinden, außerdem musste ich die Personen und Geschehnisse erstmal einordnen. Ab dem zweiten Drittel des Buchs war dann aber nichts mehr von meinen Startschwierigkeiten zu spüren. Die Spannung nahm zu! Dass lag auch daran, weil das Buch in zwei verschiedenen Zeitebenen spielt, bei beiden schritten die Handlungen voran und man kam dem Geheimnis nach und nach näher. Ein Erzählstrang beschreibt Christies Leben ab dem Jahr 1912 als sie ihren zukünftigen Ehemann Archibald Christie kennenlernt. Die zweite Zeitebene beschreibt die Tage ihres Verschwindens. Dabei liegt der Fokus auf Archie und den polizeilichen Ermittlungen.

Besonders gekonnt fand ich, dass Benedict durch ihre Erzählweise teils den Stil von Agatha Christies Romanen adaptierte. Das Ende wartet nämlich mit einer Überraschung auf, die der Meisterin der Geheimnisse durchaus zuzutrauen wäre. Außerdem liegt die Originalität des Romans darin, dass die Autorin etwas fiktionalisiert, was durchaus hätte sein können, umgeben von allerhand recherchierten tatsächlich so passierten Ereignissen. Für mich hatte das durchaus einen gewissen Reiz.

Ich empfand das Buch zwar anfangs als etwas schwerere Kost als sonst. Aber eine tolle Mischung aus historischem Roman, Biographie, Fiktion und True Crime hat mich dann doch immer mehr abgeholt und überzeugen können. Für Fans von Agatha Christie oder Liebhabern von historischen Romanen ein absolutes Muss!

Bewertung vom 08.04.2022
Nebelopfer / Frida Paulsen und Bjarne Haverkorn Bd.5
Fölck, Romy

Nebelopfer / Frida Paulsen und Bjarne Haverkorn Bd.5


ausgezeichnet

Die Elbmarsch oder auch „das alte Land“ ist ein malerisches Stückchen Erde, in der Romy Fölck ihre Krimi-Reihe um Frida Paulsen und Bjarne Haverkorn beheimatet hat. In „Nebelopfer“ schickt sie die beiden bereits in ihren fünften Fall und das ist diesmal ein ganz besonders verzwickter.

Cord Johannsen soll vor 15 Jahre seine Frau und zwei seiner drei Söhne erschossen haben. Einziger Überlebender dieses Attentats war der kleine Thies, der sich damals in der Jauchegrube des Gehöfts flüchtete, aber über keinerlei Erinnerung an diesen Tag verfügt. Cord Johannsen wurde zu lebenslanger Haft verurteilt, obwohl er immer wieder seine Unschuld beteuerte. Als dann in der Geest ein Mann, erhangen an einem Galgenbaum gefunden wird, kommen Zweifel an der Schuld des damals Verurteilten auf. Der Tote trägt nämlich ein Schild um seine Hals, auf dem steht: „Ich gestehe im Prozess gegen Cord Johannsen falsch ausgesagt zu haben.“ Als plötzlich weitere Tote auftauchen, die in Verbindung zum Johannsen-Fall stehen, rollen Bjarne und Frida entgegen der Anweisungen ihres Chefs den alten Fall neu auf.

Wie in allen bisherigen Bänden von Romy Fölcks Elbmarsch-Reihe fühlt man sich sofort heimisch, wenn man in die Zeilen abtaucht. Es sind die Beschreibungen der Flora und Fauna, des Wetters, der Menschen und Häuser, die sofort ein wohliges Gefühl in mir auslösen. So war es auch diesmal. Wie immer präsentiert die Autorin hier einen ansprechenden Kriminalroman mit Wendungen und überraschendem Ende. Diesmal ist man sich allerdings nicht sicher, ob man es mit einem oder gar zwei Fällen zu tun hat. Stehen die Morde nur in Verbindung mit den Johannsen-Fall oder stellen sie tatsächlich den ganzen damaligen Prozess in Frage? Diese verzwickte Konstruktion gefiel mir sehr, denn ich tappte lange (gaaaanz lange) im Dunkeln. Je mehr ich las, umso weniger wusste ich gefühlt. Irgendwann hatte ich das Gefühl komplett von Verdächtigen umgeben zu sein und traute fast keiner der Figuren mehr über den Weg – selbst vor Polizeibeamten machte da mein Spürsinn kein Halt mehr.

Bewertung vom 08.04.2022
Das Loft
Geschke, Linus

Das Loft


ausgezeichnet

„Wenn man versucht, Dinge totzuschweigen, verschwinden sie nicht einfach. Sie führen dann ein Leben im Verborgenen, wo sie größer und mächtiger werden, bis sie einen irgendwann verschlingen.“ – Seite 101

„Das Loft“ hat mich bereits nach ein paar Sätzen gefesselt. Sätze, wie das oben stehende Zitat. Der eindringliche Schreibstil Geschkes zieht den Leser, bzw. die Leserin, sogartig in das Geschehen im Loft und gefiel mir ausgesprochen gut.

Der Autor hat sein neuestes Werk, das gleichzeitig sein erstes Stand-Alone ist, in fünf Teile gegliedert, die alle mit einem Zitat von Voltaire (einem Songwriter) beginnen und mit einem Cliffhanger enden. In den überwiegend angenehm kurz gehaltenen Kapiteln berichten abwechselnd Sarah und Marc aus ihrer Sicht über Erlebtes. Ihr Kennenlernen, ihre anschließende Beziehung, die Freundschaft und das Zusammenleben mit Henning und der gemeinsame Urlaub der drei in Nicaragua stehen hierbei im Mittelpunkt des Geschehens. Zwischendurch gibt es weitere Kapitel aus Sicht eines neutralen Erzählers, die die Polizeiarbeit näher darstellen ohne jedoch einen zu großen Raum einzunehmen. Sie geben der Handlung lediglich einen gewissen Rahmen, der allein durch Marcs und Sarahs Sichtweisen nicht gegeben wäre. Beide Hauptfiguren sprechen in ihren Kapiteln, die jeweils andere Hauptfigur direkt an. Ob es sich hierbei z.B. um bloße Gedanken oder Tagebucheinträge handelt, bleibt unklar.

Das Buch beginnt – wie oben schon geschrieben – spannend. Jedoch nicht nur aufgrund der Erzählweise. Man landet prompt in der Küche des Lofts. Einer Küche, in der ca. drei Liter vergossenes Blut darauf deuten, dass Henning, der Mitbewohner von Sarah und Marc, hier umgebracht wurde. Von der Leiche fehlt allerdings jede Spur. Sarah und Marc geben sich gegenseitig ein Alibi. Die ermittelnden Beamten gehen allerdings von Anfang an davon aus, dass mindestens einer der beiden lügt.

Die große Frage lautet: Wem kann man glauben? Als Leserin habe ich sehr schnell gemerkt, dass beide Charaktere etwas zu verbergen haben und durch ihre Schilderungen wird klar, dass auch Henning kein unbeschriebenes Blatt ist. Je weiter die Geschichte voranschritt, umso skeptischer wurde ich. Ich hatte das Gefühl etwas „Großes“ übersehen zu haben. Und das hatte ich vermutlich auch, denn das Ende kam überraschend. So überraschend, dass ich sogar ein paar Zeilen zurückzuspringen und diese noch einmal lesen musste, um sicher zu gehen, dass ich nichts verpasst hatte.

Bewertung vom 08.04.2022
Ancora
Hadler, Colin

Ancora


weniger gut

Die Idee der Geschichte fand ich grandios und auch der Beginn von „Ancora - Die Zeit ist gegen dich“ war wirklich fantastisch. Aber leider war die Umsetzung in meinen Augen nicht spannend genug. Die Story um Romy, Aurel und Jannis hatte so viel Potential, das einfach nicht ausgeschöpft wurde.

Aber bevor ich darauf weiter eingehe, möchte ich, zunächst den Schreibstil von Colin Hadler positiv hervorheben. Hadlers Stil liest sich angenehm und wenn man raten müsste, würde man wohl kaum auf einen zwanzigjährigen Schriftsteller tippen. Dafür wirkt Hadlers Ausdrucksweise einfach schon zu gereift.

Alles, was der Autor zu Beginn des Buchs toll umgesetzt hatte, verlor sich dann jedoch mit Fortgang der Geschichte. Die Story beginnt mit einer sehr packenden, unheimlichen Szene auf einer Landstraße, die mir wahrlich das Blut in den Adern gefrieren ließ, und auch die Beschreibung von Ancora und den Bewohnern wirkte auf mich vielversprechend und geheimnisvoll. Allerdings verlor sich dann der rote Faden des Plots und viele Ungereimtheiten schienen zunächst bedeutungslos. Das waren sie dann jedoch doch nicht. Mein Gefühl der Bedeutungslosigkeit entstand, da einfach etliche Fäden lose in der Luft hängen blieben, statt sich nach und nach zu einem größeren Strang zu verknüpfen. Für mich war das so, als hält man einem Hund ein Leckerli vor die Nase, gibt es ihm aber stundenlang nicht. Irgendwann interessiert sich der Hund gar nicht mehr für das Leckerli, weil er denkt, er bekommt es wohl eh nie zu fressen.

Bewertung vom 01.02.2022
Der fürsorgliche Mr Cave
Haig, Matt

Der fürsorgliche Mr Cave


gut

Nachdem ich letztes Jahr „Die Mitternachtsbibliothek“ für mich entdeckt hatte, habe ich mich sehr auf das neue Buch von Matt Haig gefreut. Der Anfang des Buchs wirkte dabei auch recht vielversprechend auf mich. Je länger ich allerdings las, umso mehr merkte ich bereits, dass „Der fürsorgliche Mr. Cave“ nicht da anknüpft, wo ich gehofft hatte.

Das Buch wird – bis auf eine einzige kleine Ausnahme, die ein toller schriftstellerischer Kniff war – komplett aus der Sicht von Terence Cave geschrieben und ich kann euch sagen, in seinem Kopf will man sich eigentlich nicht länger als nötig aufhalten. Terence hat das Schicksal hart getroffen: Seine Mutter hat den Freitod gewählt, seine Frau wurde bei einem Raubüberfall getötet und sein Sohn starb im Rahmen einer Mutprobe. Wer kann ihm da verdenken, dass er nicht mehr „normal“ handelt, wenn es um seine Tochter geht. Obwohl man sich da natürlich direkt die Frage stellt, was eigentlich ist „normal“? Naja, auf jeden Fall ist es für mich nicht normal seine Tochter zu oberservieren. Aber genau das tut Terence. Er hat sich in den Kopf gesetzt, dass er sein Mädchen beschützen muss – komme was wolle! Und im Notfall muss er sie, eben auch vor sich selbst schützen. Dass Teenager nun nicht gerade dazu neigen, alles zu tun, was man ihnen sagt, sollte uns allen klar sein. Wir waren ja auch mal Teenager und verbotene Früchte schmecken besser.

Bewertung vom 01.02.2022
Im Auge des Zebras / Olivia Holzmann Bd.1
Kliesch, Vincent

Im Auge des Zebras / Olivia Holzmann Bd.1


sehr gut

„Im Auge des Zebras“ ist in aller Munde und so kam auch ich nicht umhin, meine Neugier zu befriedigen und das neueste Buch von Vincent Kliesch zu lesen.

Bewertung vom 26.01.2022
The Inheritance Games Bd.1
Barnes, Jennifer Lynn

The Inheritance Games Bd.1


ausgezeichnet

Ich glaube, ich habe tatsächlich schon wieder ein Jahreshighlight gefunden!

Bewertung vom 12.01.2022
Perfect Day (eBook, ePUB)
Hausmann, Romy

Perfect Day (eBook, ePUB)


sehr gut

In Romy Hausmanns neuestem Werk begleitet der Leser Ann Lesniak durch eine sehr schwierige und emotionale Zeit. Ihr Vater Walter Lesniak wurde vor ihren Augen verhaftet. Der Vorwurf: Er ist der Schleifenmörder, der seit 14 Jahren in Berlin sein Unwesen treibt, kleine Mädchen entführt und tötet. Ann kann es nicht fassen. Ihr Vater ist doch kein Monster! Sie setzt alles daran, seine Unschuld zu beweisen.

Wie in den vorangegangenen Büchern der Autorin bedient sie sich auch hier verschiedener Erzählstränge und Perspektiven. Der Hauptteil des Buchs ist aus Anns Sicht geschildert und spielt in der Vergangenheit. In diesen Kapiteln kommen zusätzlich Gefühlsbeschreibungen hinzu, die Ann in ihrer Kindheit verfasst hat. Außerdem findet man die Aufnahme eines Interviews im Buch. Dabei unterhält sich eine dem Leser unbekannte Person mit dem vermeintlichen Täter. Parallel dazu gibt es einen Erzählstrang, der nur mit „WIR“ überschrieben ist und für mich die Täterperspektive darstellte.

Die unterschiedlichen Perspektiven, die Romy Hausmann auch hier wieder genutzt hat, mag ich beim Lesen sehr gern, da sie Abwechslung und Vielseitigkeit bedeuten. In „Perfect Day“ habe ich mich besonders über die Passagen gefreut, in denen der Täter befragt wurde. Ich hatte gehofft, durch die eine oder andere Aussage auf seine Identität schließen zu können #Pustekuchen Ich konnte anhand der Befragung keine Rückschlüsse ziehen. Ich fand es sehr schade, dass die Autorin ihren Plot diesmal so stark konstruiert hat, dass es (in meinen Augen) absolut unmöglich war, die Auflösung in Gänze zu erraten. (Einen Teil der Lösung hatte ich jedoch ca. 100 Seiten vorm Ende "emtschlüsselt".) Ich weiß: Beim diesem Thema scheiden sich die Geister. Es gibt sicherlich eine Vielzahl von Leserinnen und Lesern, die genau das lieben: Einen innovativen Plot, den sie so noch nirgends zuvor entdeckt hatten. Aber es gibt auch mich: Die überkonstruierte Stories nicht so lieben kann wie andere, die mehr aus dem Leben gegriffen sind oder sein könnten. Hier muss ich also leider sagen, hätte ich mir mehr Authentizität in der Handlung gewünscht. Versteht mich nicht falsch: „Perfect Day“ ist immer noch ein Pageturner! Aber der Plot war nicht wirklich nach meinem Geschmack. Für mich kommt das Buch da nicht an die beiden Vorgänger heran.

Dafür kann die Autorin aber mit etwas anderem punkten, dass vieles wettmacht und zwar mit Emotionen, jeder Menge Emotionen! Romy Hausmann hat für mich perfect (kleines Wortspiel) vermittelt, wie sich Ann fühlt. Ich habe wirklich mit ihr mitgelitten! Ann und ihre Gefühle wirken sehr authentisch und greifbar. In all ihrer Verzweiflung, Wut, Ohnmacht und Angst konnte ich sie verstehen. Ihre Sturheit hat mich hin und wieder zwar etwas genervt, aber wer kann es ihr in dieser Situation übelnehmen?! Die anderen Figuren im Buch bleiben tatsächlich überwiegend blass. Das ist jedoch nicht als Kritik zu verstehen. Als Leser nimmt man alles aus Anns Sicht wahr. Man weiß bei anderen Personen nicht in dem Umfang, was sie denken oder fühlen, wie man es bei Ann tut. Dadurch hat man jedoch genügend „Freiraum“ andere Figuren als Täter zu verdächtigen.

Die Spannung steigert sich in „Perfect Day“ langsam aber stetig. Einige gut gesetzte Twists haben mich wirklich überraschen können. Toll fand ich außerdem den Showdown, der wirklich einlud an den Fingernägeln zu knabbern. Der, „aus der Jackentasche gezogene Beweis“, wer der wahre Täter ist, hat mich allerdings wieder gar nicht überzeugt und fällt für mich wieder in die Kategorie „überkonstruiert“. (Ich kann hier leider nicht mehr schreiben, ohne zu spoilern.)

Was Romy Hausmann aber fabelhaft beherrscht und von dem ich nicht müde werde, es zu betonen, ist der Umgang mit unserer Sprache. Der Schreibstil ist so bildgewaltig und emotional. Hach, einfach brachial schön!

Es gab so viele weitere schöne Zeilen, die ich euch gern als Zitat aufgeführt hätte, aber ich möchte euch natürlich die Chance geben, diese tollen Zeile

Bewertung vom 26.12.2021
Reality Show
Freytag, Anne

Reality Show


weniger gut

Happymountainvor ein paar Sekunden

„Reality Show“ von Anne Freytag hat bei mir hohe Erwartungen erzeugt: Ein tolles Cover, das etwas an ein gestörtes Sendebild beim Fernsehen erinnert und ein Plot, der jede Menge Action und Spannung verspricht. Geschrieben ist das Buch überwiegend in der dritten Person, es gibt allerdings auch ein paar Passagen aus der Ich-Perspektive. Die Kapitel sind überwiegend kurz und knackig, genau wie ich es mag. Ort, Zeit und Perspektive variieren sehr häufig. Prinzipiell gefällt es mir, wenn ich etwas Abwechslung beim Lesen habe, hier jedoch war es einfach zu viel des Guten! Die ständigen Wechsel erschwerten die Orientierung im Buch ungemein. Außerdem konnte man zu keinem der Charaktere eine Bindung aufbauen. Das lag zum Beispiel daran, dass man manche Figuren nur ein einziges Kapitel lang begleitet hat und dass es tatsächlich keine (oder kaum) Charakterbeschreibungen gab (von einer -entwicklung ganz zu schweigen). Noch schlimmer fand ich jedoch, dass ich manchmal gar nicht mehr wusste, um welche Person es sich eigentlich handelt, was ich da gerade lese. Die Entführer haben nämlich während ihrer „Operation“ Decknamen, die sie nutzen. In den Kapiteln, die jedoch die Entstehung und Planung ihrer Mission erläutern, werden ihre Rufnamen verwendet – und das sind dann leider einfach eine Menge Namen, zu viele Namen! Die Namen der Entführungsopfer, ihrer Familienmitglieder, Freunde und ihr anwesendes Personal kommen dann auch noch namentlich hinzu und komplettieren das Chaos. Ach und natürlich gab es auch noch die Fernsehzuschauer! Lange Rede, kurzer Sinn: Ich hätte hier definitiv ein Personen-Decknamen-Namen- Funktionsregister gebraucht, um zu wissen, mit wem ich es in den jeweiligen Absätzen zu tun habe. Die Verwirrung und die fehlende Bindung zu den Charakteren hat mir tatsächlich jeglichen Spaß am Lesen genommen und erzeugte jede Menge Frust. Inhaltlich dauerte es auch bis die Reality Show startete, denn zunächst wurden ja alle Entführungen beschrieben - wie schon erwähnt, waren das eine Menge. Übrigens wurden wirklich alle Opfer vorgestellt, auch die, die für die spätere Handlung keine Bedeutung mehr hatten, denn der spannende Teil, die Verurteilungen durch die Zuschauer an den TV-Geräten, wurde nur für zwei oder drei Personen beschrieben… meines Erachtens hätte hier das Lektorat zuschlagen müssen. Wozu noch mehr Figuren, wenn sie danach nie wieder eine Rolle spielen?! Das Ende (ja, ich habe es echt zu Ende gelesen, keine Ahnung, was mich da geritten hat) gefiel mir übrigens auch nicht. Ich habe es teilweise gar nicht richtig verstanden (#Namensgedächtnis) und es war mir auch einfach viel zu offen. Ich bin ja kein großer Freund davon, wenn ich mir selbst denken soll, wie das Buch ausgeht. #Dankefürnichts Fazit: Sorry, aber das war leider gar nicht nach meinem Geschmack. Als Drehbuch für eine TV-Produktion könnte ich es mir gut vorstellen und sicher würde es als Film gut funktionieren. Immerhin weiß man dann anhand der Stimmen, Statur und des Aussehens der Figuren, mit wem man es zu tun hat. Im Buch hat das einfach nicht funktioniert. Von mir gibt es deswegen keine Leseempfehlung für euch.

Bewertung vom 23.07.2021
WATCH - Glaub nicht alles, was du siehst
Meisheit, Michael

WATCH - Glaub nicht alles, was du siehst


gut

„WATCH – Glaub nicht alles, was du siehst“ lässt mich ziemlich zwiegespalten zurück. Zunächst startet das Buch mit einem überraschenden Prolog: Die Villa der Taffas, einer türkischen Clan-Familie, wird von einem Sondereinsatzkommando überrannt. Dabei kommt es zu einem tödlichen Schuss. Danach geht es spannend weiter: Die Blaulichtreporterin Tina wird von einem BMW mit niederländischem Kennzeichen verfolgt. Von der Fahrerin des Wagens erhält sie kurz darauf ein verlockendes Job-Angebot: Sie bekommt 50.000 €, wenn sie ihr komplettes Leben für ein paar Wochen hinter sich lässt und in einer Londoner Luxus-Wohnung verbringt. Sie darf Sightseeing betreiben, shoppen gehen… alles kein Problem. Aber jeglicher Kontakt zu Familie und Freunden darf nicht stattfinden.
Klingt bis hierhin doch super, oder? Fand ich auch! Aber kurze Zeit später war ich kurz davor das Buch abzubrechen. Zu viele Figuren und deren Bedeutung konnte ich einfach nicht einordnen. Ob das Spannung erzeugen sollte? Vielleicht. Bei mir hat es zu Frust geführt. Langatmige Kapitel über den Europol-Ermittler Nael setzten dem Ganzen die Krone auf. Außerdem kam es zu belanglosen, völlig überflüssigen Sexszenen, die ich in Thrillern eh fast immer als störend empfinde. Allerdings war ich doch neugierig, was es mit diesem Jobangebot auf sich hatte und was die Clanfamilie da plant. Denn entgegen meiner Vermutung, dass ich es hier mit einem Hightech-Thriller zu tun bekomme, ist „WATCH“ in meinen Augen doch eher ein actionreicher Gangster-Roman/Politthriller. Das sind übrigens zwei Sachen, um die ich normalerweise in Büchern einen großen Bogen mache: Clans und Politik!
Die Grundidee von „WATCH“ ist trotzdem spannend. Denn „WATCH“ ist eine hoch entwickelte Gesichtserkennungssoftware, die Zugriff auf alle öffentlichen Kameras weltweit hat und somit Menschen in Rekordzeit orten kann. WATCH kann auch Bewegungsprotokolle erstellen und Unregelmäßigkeiten melden. Eine spannende und tolle Sache, wenn die Software nicht von den falschen Leuten und für die falschen Zwecke genutzt wird. Ihr ahnt worauf es hinausläuft? Ja, richtig. Hier im Buch ist beides der Fall. Leider konnte mich die Grundidee des Thrillers lange Zeit nicht überzeugen. Erwartet hatte ich nach dem Klappentext nämlich eine gruselige Story in einem Londoner Luxus-Appartement, in dem allerhand mysteriöse Dinge vorfallen und die Protagonistin in den Wahnsinn treiben. Schlussendlich konnte ich mich dann aber von der Handlung im Buch doch noch packen lassen. Das lag aber auch daran, dass die Story irgendwann wirklich Tempo aufnahm und man von Seite zu Seite gehetzt wurde. Schlag auf Schlag passierten immer wieder unerwartete Dinge und ließen der Protagonistin Tina und den Lesern keinerlei Zeit zum Luft holen und plötzlich fand ich mich inmitten eines Actionfilms… nur dass ich mit meinem Buch auf der Couch saß! Mit der Hauptfigur Tina konnte ich übrigens gut mitfiebern, aber alle anderen Figuren, hatten keine besondere Wirkung auf mich. Sie blieben zu blass und unnahbar.
Was soll ich euch zusammenfassend sagen? „WATCH“ ist kein schlechtes Buch, wenn man sich auf das Thema einlässt und Action mag. Vielleicht konnte ich den einen oder anderen hier neugierig darauf machen. Ich selber hatte nur aufgrund meiner komplett gegensätzlichen Erwartungshaltung Startschwierigkeiten. Natürlich ist das Buch kein literarischer Diamant, aber es ist durchaus ein schmackhafter Lesesnack für zwischendurch. Ich empfehle das Buch weiter, wenn ihr gern Action lest und Politthriller mögt. Alle, die das eher abschreckt, seien hiermit gewarnt, dass das Buch etwas anders ist als der Klappentext vermuten lässt.