Benutzer
Benutzername: 
knightlyart
Wohnort: 
Hamburg

Bewertungen

Insgesamt 41 Bewertungen
Bewertung vom 12.09.2025
Kuhl, Nikolas;Sandrock, Stefan

Bittere Nacht / LKA Hamburg Bd.2


ausgezeichnet

Spannung pur mit einem Ermittlerduo zum Mitfiebern

Auch wer den ersten Band nicht kennt, findet hier sofort einen guten Einstieg und lernt das Ermittlerduo Juha und Lux schnell schätzen. Dieses Mal stehen die beiden vor einem besonders verzwickten Fall: Erst wird ein Mann tot aufgefunden, wenig später stirbt auch sein Geschäftspartner auf rätselhafte Weise. Juha und Lux stürzen sich mit voller Energie in die Ermittlungen, doch jede Spur verläuft ins Leere und das Umfeld der Opfer scheint mehr zu verschweigen als preiszugeben.
Besonders gelungen finde ich, dass nicht nur der Kriminalfall im Mittelpunkt steht, sondern auch die persönlichen Seiten der Kommissare beleuchtet werden. Ihre privaten Herausforderungen und die Belastung ihrer Beziehung verleihen den Figuren Tiefe und machen sie sehr authentisch.
„Bittere Nacht“ ist damit nicht nur ein spannender Krimi, sondern auch eine Charakterstudie, die zeigt, wie nah Erfolg und Zweifel beieinanderliegen können.
Fazit:
Ein packender Krimi mit authentischen Figuren, der auch ohne Band 1 sofort fesselt. Rätselhaft bis zum Schluss und unbedingt lesenswert!

P.S.: Kleiner Hinweis: Der Treffpunkt der Kommissare heißt „Alsterperle“ – nicht „Strandperle“.
Die Strandperle befindet sich am Elbstrand in Övelgönne und die Alsterperle direkt an der Alster.

Bewertung vom 07.09.2025
Rupflin, Alexander

Protokoll eines Verschwindens


ausgezeichnet

Ein „Protokoll“ des Unbegreiflichen

Gabriel ist von Rio zu seiner Schwester nach Deutschland gezogen, sie ist Medizinerin, er arbeitet bei der IT. Alles ist gut, bis Gabriel spurlos verschwindet...

Alexander Rupflins „Protokoll eines Verschwindens“ ist weit mehr als ein Roman – es ist die literarische Aufarbeitung eines Hamburger True-Crime-Falls, der die Stadt und darüber hinaus erschüttert hat. Mit dokumentarischer Genauigkeit und erzählerischer Wucht gelingt es Rupflin, die Grenzen zwischen Fiktion und Realität zum Schwingen zu bringen.

Besonders eindrücklich ist die Gesprächsszene mit dem mutmaßlichen Täter Fabio auf Seite 82: „Ihn fragen, was denn seiner Meinung nach in jener Nacht passiert sei, wenn er doch unschuldig sei. Denn Fakt war nun mal: Am Morgen danach hatte ein junger Mann tot in Fabios Wohnung gelegen.“
Dieser Satz legt wie ein Brennglas die Kälte und Zerrissenheit frei, die diesen Fall so unbegreiflich machen.

Rupflin gelingt es, nicht nur die äußeren Abläufe zu schildern, sondern auch die innere Zersetzung aller Beteiligten spürbar zu machen. Die Handlung zieht den Leser in einen Strudel aus Fragen nach Schuld, Schweigen und Wahrheitssuche – und zwingt dazu, die eigenen Gewissheiten zu hinterfragen.

Die Geschichte entfaltet sich im Privaten und wirkt gerade deshalb so verstörend.

Es gibt Bücher, die bleiben schockiert und traurig unvergesslich – und *Protokoll eines Verschwindens* ist genau so eines.

Bewertung vom 30.08.2025
Keßler, Verena

Gym


ausgezeichnet

Zwischen Gym-Humor und Abgrund

Verena Kesslers Gym beginnt überraschend leicht und humorvoll: Der Fitnesskult mit Proteinshakes, Selfies und absurden Ritualen wird genüsslich auf die Schippe genommen. Doch nach und nach kippt die Stimmung. Die namenlose Ich-Erzählerin steigert sich immer weiter in ihren Ehrgeiz hinein, bis das Training keinen Spaß mehr, sondern nur noch Zwang bedeutet.
In drastischen Sätzen (wie auf Seite 137) beschreibt sie ihre Kämpfe gegen den eigenen Körper:
„Ich stemmte, drückte, zog und zerrte. Ich akzeptierte kein Nein, kein Es-geht-nicht, kein Unmöglich. Ich zwang mich, zwang meinen Körper, brach meinen eigenen Widerstand. Schmerz in jeder Zelle. Reißen, Knirschen, Knacken.“
Hier wird klar: Es geht nicht um Körperkult, sondern um den Wunsch nach Anerkennung – und darum, was passiert, wenn man diesen ungebremst zulässt.
So wandelt sich der zunächst satirische Blick auf Fitnessstudios zu einer beklemmenden Studie über Ehrgeiz, Selbstoptimierung und die gefährliche Grenze zur Selbstzerstörung. Gym ist ein schlanker, intensiver Roman, der trifft wie ein Schlag in die Magengrube.

Bewertung vom 17.08.2025
June, Joana

Bestie


ausgezeichnet

„Wenn die Bestie zur Bestie wird“


Der Pola-Verlag macht hauptsächlich Bücher für junge Frauen, aber Bestie hat mich auch als 60-Jährige begeistert. Dieses Debüt ist mehr als ein Coming-of-Age-Roman oder eine Freundschaftsgeschichte – es ist ein intensiver, vielschichtiger Text, der gesellschaftliche Fragen mit psychologischer Tiefe verbindet.
Besonders eindrucksvoll fand ich die literarische Verschränkung mit Klassikern. So wird in Bestie auf Seite 229 ein Zitat aus Anton Tschechows Die Möwe rezitiert:

„Wenn du einmal mein Leben brauchen solltest, so komm und nimm es.“

Genau in diesem Satz finde ich viele Parallelen zwischen Die Möwe und Bestie. Denn auch bei Joana June geht es um Beziehungen, die zwischen Hingabe und Selbstaufgabe schwanken, um dieses gefährliche Versprechen, sich ganz hinzugeben – sei es aus Liebe, aus Loyalität oder aus dem Wunsch, gesehen zu werden. In Bestie hat dieses Motiv jedoch eine dunklere, modernere Färbung: Die Grenzen zwischen Zuneigung, Abhängigkeit und Machtspiel verschwimmen, und aus einem Angebot der Nähe kann rasch eine Einladung zur Selbstzerstörung werden.
Vor allem hat mir aber die gesellschaftskritische Seite des Romans gefallen. So geht es unter anderem um den Einfluss von Social Media, um Fragen nach Echtheit und Zugehörigkeit, um die Problematik von Schönheitsstandards, die gerade jungen Mädchen vermittelt werden, und um die zerstörerische Dynamik toxischer Beziehungen.
Fazit:
Bestie ist ein starkes Debüt, das inhaltlich wie sprachlich überzeugt. Es fordert, berührt und hallt nach – unabhängig vom Alter der Lesenden. Für mich ein Roman, der zeigt, wie aktuell und relevant Literatur sein kann, wenn sie sich traut, Grenzen zu überschreiten.

Bewertung vom 25.07.2025
Schoeters, Gaea

Das Geschenk


sehr gut

Satire mit Stoßzähnen

In ihrem Roman Das Geschenk erzählt Gaea Schoeters eine satirische Geschichte, in der der Präsident Botswanas Deutschland 20.000 Elefanten schenkt – als politische Reaktion auf ein Importverbot für Jagdtrophäen. Die Tiere tauchen plötzlich in deutschen Städten auf und stellen das Land vor ein absurdes, aber tiefgründiges Dilemma.
Schoeters verknüpft postkoloniale Kritik, Umweltpolitik und globale Machtverhältnisse mit feinem Sarkasmus und präziser Sprache. Der Roman ist ein kluges, unterhaltsames Gedankenexperiment mit hohem gesellschaftspolitischem Anspruch.

Mit nur 144 Seiten bleibt die Geschichte kompakt, aber eindrucksvoll. Ein kreativer, geistreich satirischer Roman, der Politik, Klima- und Globalisierungsdiskurse mit Witz und Fantasie neu beleuchtet.
Eine empfehlenswerte Lektüre für alle, die originelle politische Literatur mit satirischem Unterton schätzen.

Bewertung vom 19.06.2025
Sauer, Anne

Im Leben nebenan


ausgezeichnet

Bewegend, poetisch, wahrhaftig

Anne Sauers Debütroman Im Leben nebenan erzählt von Toni, die sich plötzlich in einer alternativen Version ihres Lebens wiederfindet – mit Kind, Haus und Partner, an einem Ort, den sie eigentlich hinter sich lassen wollte. Es ist eine Geschichte über die großen „Was wäre wenn“-Fragen des Lebens und darüber, wie entscheidend einzelne Weggabelungen sein können.
Für mich ist dieses Buch viel mehr als eine kluge Idee – es ist ein Werk voller Poesie, Empathie und Liebe. Es zeigt, was Leben ist und was es ausmacht: Zweifel, Entscheidungen, verpasste Chancen und neue Möglichkeiten. Anne Sauer schreibt einfühlsam, mit feinem Gespür für Zwischentöne und ehrliche Emotionen.
Im Leben nebenan ist ein Buch, das bewegt – leise, tief und nachhaltig. Für mich ist es ein ganz großes Buch.

P.S. Auch sollte das wunderschöne Buchcover nicht unerwähnt bleiben - poetisch und feinfühlig – ein Cover, das Poesie und Innenschau ankündigt und zur Geschichte perfekt passt.

Bewertung vom 19.06.2025
Grandl, Peter

Reset


ausgezeichnet

End of Time?

In Reset beschreibt Peter Grandl eine bedrückend realistische Gegenwart: Eine Medienlandschaft, die zunehmend gesteuert wird, eine Gesellschaft am Rande der Spaltung – und im Zentrum ein Tech-Konzern, der mithilfe künstlicher Intelligenz Wahrheit manipuliert und Demokratie unterwandert.

Der Thriller wirft drängende Fragen auf: Wem gehört die Wahrheit? Wer kontrolliert die Information? Und wie wehrhaft ist unsere Gesellschaft noch?
Ein Schlüsselmoment findet sich auf Seite 146: „Hannibal ad portas – der Feind steht direkt vor den Toren“ – ein düsterer Hinweis darauf, dass die Bedrohung nicht irgendwo in der Zukunft lauert, sondern längst da ist.

Grandl erzählt spannend, kritisch und erschreckend nah an der Realität. Ein Buch, das nicht nur unterhält, sondern zum Nachdenken zwingt.

Fazit: Hochaktueller Politthriller mit gesellschaftlicher Sprengkraft – lesenswert und beunruhigend zugleich.

Bewertung vom 25.05.2025
Dunlay, Emily

Teddy


ausgezeichnet

„Teddy – Stark, verletzlich, unvergessen“

Emily Dunlays Teddy ist ein eindringliches Porträt einer Frau, die am Ende der 1960er-Jahre den Versuch unternimmt, sich aus den Fesseln gesellschaftlicher Erwartungen und patriarchaler Zwänge zu befreien. Teddy, die Hauptfigur, lebt in einer Zeit, in der Frauen ohne Erlaubnis ihres Ehemanns weder arbeiten noch ein eigenes Bankkonto eröffnen dürfen. Doch Teddy ist nicht bereit, sich mit dieser Rolle zufriedenzugeben.
Als sie mit ihrem Mann David – einem Diplomaten – von Texas nach Rom zieht, findet sie sich plötzlich in der glamourösen, aber oberflächlichen Welt der Schickeria wieder. Hier kämpft sie um Anerkennung, während sie gleichzeitig nach einem Weg sucht, ihre eigene Identität jenseits von Status und Ansehen zu finden. Dabei wird sie immer wieder mit den Grenzen konfrontiert, die die Gesellschaft ihr setzt – und die sie sich teilweise selbst auferlegt hat.
Dunlay zeichnet Teddy als eine widersprüchliche, aber ungemein lebendige Figur. Ihre Naivität und ihr scharfer Verstand, ihr Bedürfnis nach Liebe und ihr Wunsch nach Unabhängigkeit stehen in einem ständigen Spannungsverhältnis. „Ich kann schrecklich naiv sein für eine geübte Lügnerin“, gesteht Teddy auf Seite 45 – ein Satz, der ihre Zerrissenheit zwischen Anpassung und Rebellion treffend beschreibt. Auch ihr Bedürfnis nach Harmonie und Zugehörigkeit schimmert immer wieder durch: „Ich fand es in Ordnung, Ziel des Spotts zu sein. Hauptsache, David lachte und war nicht mehr wütend auf mich“ (S. 83).
Mit großer Einfühlsamkeit und präzisem Blick für Details lässt Emily Dunlay das Rom der 1960er-Jahre lebendig werden: die Salons und Dinnerpartys, die Abgründe hinter der Fassade der High Society und die Ohnmacht einer Frau, die mehr vom Leben will als nur die Rolle der schmückenden Begleiterin. Der Roman ist nicht nur ein Zeitporträt, sondern auch eine kluge, melancholische Reflexion über das Ringen um Selbstbestimmung – in einer Ära, die für Frauen noch weitaus größere Hürden bereithielt.
Teddy ist ein leises, aber intensives Buch, das sowohl inhaltlich als auch sprachlich überzeugt. Es lässt uns mit einer Hauptfigur zurück, die uns trotz – oder gerade wegen – ihrer Widersprüche nahegeht. Ein unbedingt lesenswerter Roman, der klug, einfühlsam und zutiefst menschlich ist.

Bewertung vom 15.05.2025
Martin, Nicola

The Island - Auf der Flucht


gut

Mehr Sonne als Spannung

The Island – Auf der Flucht verspricht auf den ersten Blick einen spannungsgeladenen Thriller vor exotischer Kulisse – leider bleibt die Geschichte hinter diesen Erwartungen zurück. Zwar sorgt das Setting auf einer abgelegenen Insel durchaus für Urlaubsflair, doch echte Spannung will sich über weite Strecken nicht aufbauen.
Die Handlung plätschert oft vorhersehbar dahin, und obwohl das Potenzial für Nervenkitzel vorhanden wäre, fehlt es an überraschenden Wendungen oder echten Thrill-Momenten. Der Schreibstil ist schlicht und eher einfach gehalten – für manche Leser angenehm leicht, für andere jedoch zu platt und wenig fesselnd.
Trotzdem liest sich der Roman zügig und eignet sich gut als kurzweilige Lektüre für zwischendurch, besonders für alle, die keine zu komplexen Geschichten suchen und einfach in eine sonnige Szenerie eintauchen möchten.
Fazit: Kein Highlight im Thriller-Genre, aber solide Urlaubsunterhaltung ohne große Ansprüche.

Bewertung vom 06.05.2025
Deitch, Hannah

Killer Potential


gut

Starker Start, schwacher Atem

„Killer Potential" von Hannah Deitch startet mit einem Knalleffekt und verspricht einen spannenden Thriller. Doch schon bald wandelt sich die Handlung zu einem Roadmovie, das zunehmend an Tempo verliert. Viele Szenen wirken repetitiv, Spannung baut sich kaum auf, und die Figuren bleiben emotional distanziert und schwer greifbar. Stilistisch ist der Roman solide, doch inhaltlich fehlt es leider oft an Entwicklung. Ein später Twist bringt kurzzeitig eine neue Dynamik, doch das rettet das zähe Erzähltempo nicht mehr wirklich. Einige Passagen ziehen sich spürbar in die Länge. Kein wirklich schlechtes Buch, aber auch nicht der packende Thriller, den man nach dem furiosen Einstieg erwartet hätte. Vielversprechend, aber unausgereift.
"Killer Potential" brachte vielversprechende Ansätze mit - doch leider wurden diese weitgehend ungenutzt gelassen.