Benutzer
Top-Rezensenten Übersicht

Benutzername: 
Velvet
Wohnort: 
Nürnberg

Bewertungen

Insgesamt 2 Bewertungen
Bewertung vom 09.01.2011
Die Tränen der Königin
Gortner, C. W.

Die Tränen der Königin


ausgezeichnet

C. W. Gortner hat hier einen wunderbaren Roman über eine starke und außergewöhnliche Persönlichkeit geschrieben. Selten hat mich ein Buch so berührt und hat so viele Emotionen in mir ausgelöst. Der Autor wählt die 'Ich-Form', lässt also Johanna selbst ihre Geschichte erzählen. Für mich die richtige Entscheidung, dadurch hat die Geschichte noch an Tiefe gewonnen. Viele geschichtliche Fakten hat der Autor hier mit seiner eigenen Version über die damaligen Ereignisse verwoben. Sehr glaubhaft, ich hatte immer das Gefühl, genau so könnte es damals gewesen sein. Die größte Überraschung für mich war, wie ungemein einfühlsam als Mann, Gortner diese Geschichte erzählt. Da merkt man in jeder Zeile, dass er wohl viel Zeit in Recherchearbeiten investiert hat (6 Jahre, wie in einem Nachwort erwähnt wird), sonst wäre es ihm sicherlich nicht möglich gewesen, sich dermaßen gut in diese Frau hinein zu versetzen.

"La Loca d'amor" - die Wahnsinnige aus Liebe - nennt der spanische Volksmund die rechtmäßige Königin von Kastilien. Bis heute sind sich wohl die Historiker noch nicht einig, ob sie diesen Titel zu Recht erhalten hat. Ich persönlich habe hier ziemlich viele Vorbehalte und schließe mich da eher der Version des Autors an. Man müsste zudem noch wissen, wie damals der Begriff Wahnsinn überhaupt definiert wurde.
Es stand für ihre Gegner einfach zuviel auf dem Spiel und diente daher sicherlich als Vorwand, ihr nicht nur die rechtmäßige Herrschaft vorzuenthalten, sondern auch, sie von der Welt zu isolieren. Es ist einfach unglaublich was diese Frau für Nackenschläge wegstecken musste. Johanna hat sich trotzdem nicht verbiegen lassen, durch ihre Standhaftigkeit konnte schließlich ihr Sohn Karl ein Weltreich errichten. Aber wie hat man es ihr gedankt! Ganz tragisch finde ich, dass sie ausgerechnet von den Menschen verraten und missbraucht wird, die ihr besonders nahe stehen. Daher würde es mich nicht wundern, wenn sie irgendwann später von Depressionen heimgesucht wurde.

Ansonsten scheinen die Kindern von Isabella und Ferdinand, nicht gerade vom Glück begünstigt gewesen zu sein. Entweder sie starben frühzeitig oder hatten jede Menge Leid zu ertragen. Ich denke da auch an Johannas jüngere Schwester, Katharina von Aragon, die ja eine gewisse Berühmtheit durch ihre Ehe mit Heinrich VIII erlangt hat. Sie findet auch in dieser Geschichte Erwähnung.

In einem Nachwort gibt es noch Erläuterungen von C. W. Gortner, er erklärt auch warum und weshalb er sich an einigen Stellen nicht ganz korrekt an geschichtlichen Daten gehalten hat.

1 von 1 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.

Bewertung vom 09.01.2011
The Saffron Gate
Holeman, Linda

The Saffron Gate


sehr gut

Die Geschichte beginnt mit der Reise von Sidonie O'Shea, die sich von Albany/USA aufmacht, um in Marokko nach ihren unter mysteriösen Umständen verschwundenen Verlobten zu suchen. Dabei erfährt der Leser in Rückblenden immer mehr aus Sidonies Vergangenheit. Sie ist sehr naiv und weltfremd und ich habe mich anfangs gewundert, dass sie es so problemlos überhaupt nach Marokko geschafft hat. Aber so nach und erfährt man immer mehr aus ihrer Vergangenheit und kann gut nachvollziehen, warum sie so naiv und weltfremd ist.
Als Kind wurde sie von der Kinderlähmung heimgesucht, da sie sich als Krüppel fühlt, kapselt sie sich immer mehr ab. Die einzigen Menschen, die sie um sich duldet, sind ihre Eltern. Als sie durch einen weiteren Schicksalsschlag ganz alleine dasteht, lernt sie den Arzt Etienne Duverger kennen. Er verkörpert alle ihre geheimen Sehnsüchte, mit ihm ist sie glücklich, bis er dann eines Tages sang- und klanglos verschwindet.

Ich muss gestehen, am Anfang hatte ich ein paar Schwierigkeiten, mich in dieser Geschichte so richtig heimisch zu fühlen. Ich musste da sofort an Holmans letztes Buch denken, das doch eine längere Zeit zäh zu lesen war. Etwas Geduld lohnt hier aber auf jeden Fall, es ist zwar weiterhin kein aktionsreiches Buch, mehr eines der leiseren Tonart, aber die Autorin schafft es unglaublich gut, Menschen und Stimmungen dieser Zeit einzufangen. Wir schreiben das Jahr 1930, Marokko ist inzwischen französische Kolonie. Die Konflikte die dadurch bei beiden Völkern entstehen, werden sehr anschaulich dargestellt.
Aber auch die Hauptfigur Sidonie, entwickelt sich stetig weiter. Der Leser erlebt, wie sie immer selbstbewusster wird und auch immer besser mit ihrer Behinderung umgehen lernt. Alle Nebencharaktere sind sehr gut gezeichnet, natürlich gibt es auch hier eine Figur, die vielleicht in ihrer Bösartigkeit doch etwas zu eindimensional geraten ist. Darüber konnte ich aber gut hinwegsehen.
Fazit: Ein atmosphärisch dichter Roman, über Liebe und Einsamkeit, Verrat und Erlösung. Aber auch über Assimilation, aber vor allen Dingen über Marokko und seine Kultur. Linda Holeman schreibt sich in der 2. Hälfte des Buches regelrecht frei. Spätestens ab diesen Zeitpunkt, konnte ich das Buch nicht mehr zur Seite legen.