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Benutzername: 
Ulrike Blatter
Wohnort: 
Baden Württemberg

Bewertungen

Bewertung vom 19.07.2012
Mama, Mia und das Schleuderprogramm
Tilly, Christiane;Offermann, Anja;Merten, Anika

Mama, Mia und das Schleuderprogramm


ausgezeichnet

Mama Mia! – Ein Schreckensruf, wenn es knüppeldick kommt. Augenzwinkernd ergänzt um den Begriff des Schleuderprogramms ist er der Titel des Büchleins von Christiane Tilly und Anja Offermann. Ein Buch über die kleine Mia, deren Mama am Borderline-Syndrom leidet. Was soll das? Wer soll das lesen? – Eigentlich wir alle. Und zwar gemeinsam mit den Kindern - und nicht nur mit den eigenen. Ausdrücklich werden als Zielgruppe PädagogInnen und BeraterInnen genannt. Vorstellbar wäre es auch im Wartezimmer einer Kinderarztpraxis. Aber last but not least ist es auch wertvolle Lektüre für Eltern, die ahnen, dass es bei der besten Freundin der Tochter daheim nicht rund läuft, dass da vielleicht mehr ist, als ‚nur‘ ein normales Problem. ‚Rund‘ läuft bei Mia nämlich fast gar nichts: ihre Mutter kann trotz ihrer Liebe, der kleinen Tochter vieles nicht geben, was für andere Familien selbstverständlich ist: Schutz, zuverlässige Tagesabläufe, Empathie. Manchmal passieren auch richtig schlimme Sachen. Die Mutter verletzt sich und Mia versteht im tiefsten Sinne dieses Wortes die Welt nicht mehr. Dann schaltet ihr Leben in den ‚Schleudergang, wird chaotisch und trostlos.
Aber da sind ja auch noch Mias beste Freundin und deren Mutter, die Kioskbesitzerin und die nette Ärztin. Menschen, die nicht wegschauen. Ohne den abgedroschenen Begriff des Netzwerkes zu kennen, erfährt Mia, wie toll es ist, aufgefangen zu werden. Ganz konkret. Im Alltag. Mitmenschen als Tankstellen für die Seele, nicht nur wenn es ganz schlimm wird, sondern auch mal einfach so. Weil Mia es wert ist. Weil Mia verstehen will, was um sie herum vorgeht. Aber kann man über ein so schwieriges Thema wie ein psychiatrische Erkrankung eines Elternteils überhaupt mit einem Kind sprechen? Und ob! Wenn man es ihr altersgerecht erklärt, versteht Mia nämlich einiges – sie ist ja nicht dumm und muss sowieso schon (viel zu) viele Pflichten übernehmen. Und Schritt für Schritt erhält das Schleuderprogramm ihres Lebens, in dem Gefühle unkontrolliert durcheinander wirbeln, wieder verlässliche Rhythmen. Und dann wird auch noch Mias größter Wunsch erfüllt – und zwar nicht als krönender Abschluss, sondern als hoffnungsfroher Neubeginn.

2 von 2 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.