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Cabriofahrerin

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Insgesamt 13 Bewertungen
12
Bewertung vom 20.12.2009
Totenpfad / Ruth Galloway Bd.1
Griffiths, Elly

Totenpfad / Ruth Galloway Bd.1


sehr gut

Da birst das Moor, ein Seufzer geht hervor aus der tiefen Höhle ...

Ruth Galloway, 40 Jahre alt, unverheiratet, ist Archäologie-Dozentin an der University of North Norfolk, Spezialgebiet Forensik. Zusammen mit zwei Katzen bewohnt sie eines von drei kleinen Häusern am Rand des Salzmoors. Sie fühlt sich wohl, ja geradezu hingezogen zu dieser unerbittlichen, trostlosen Landschaft.
Zwei kleine Mädchen, Lucy Downey und Scarlet Henderson, sind innerhalb von zehn Jahren verschwunden. Detective Chief Inspector Harry Nelson arbeitet mit vollem Einsatz an den Fällen. Als er dann noch zwölf rätselhafte anonyme Briefe erhält, wendet er sich an Ruth. Kann sie vielleicht einige Teile deuten (wir erfahren in diesem Zusammenhang viel über nordische Mythologie) und Hinweise zu den verschwundenen Kindern finden?
Detective Nelson und Ruth fahren ins Salzmoor zum Ort des Knochenfundes - dabei handelt es sich um einen "schmalen Arm mit einem Taufarmband". Sind das die Reste eines Säuglings? Ist es eine Moorleiche, oder sind es die Überreste der vermissten Lucy? Der Horror ... Was mag noch alles zum Vorschein kommen?
Die Autorin beobachtet Handlungsorte und Personen mit scharfem Auge. Ruths einsames Haus, ihren Arbeitsplatz an der Uni, ihre Beziehung zu Eltern und Kollegen kann sich der Leser gut vorstellen. Die Novemberstimmung im Moor ( "ein gottverlassenes, unwirtliches Sumpfland") und die ihm eigene typische Flora und Fauna fängt die Autorin mit ihrer einfühlsamen Beschreibung sehr gut ein und spricht dabei alle unsere Sinne an: Wir spüren förmlich die Nässe, das Undurchsichtige, und die leise wahrgenommenen Geräusche klingen wie verstärkt. Unser Schaudern, Frösteln und Gruseln erreicht seinen Höhepunkt, wenn wir erfahren, dass sich an dieser Stelle ein henge befindet - ein steinzeitlicher kreisförmiger Erdwall, der als Kultstätte für Gaben und Opferhandlungen schon in der Eisenzeit diente. Eine perfekte Kulisse für einen spannenden forensischen Thriller.

0 von 1 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.

Bewertung vom 22.11.2009
Das München-Komplott / Georg Dengler Bd.5
Schorlau, Wolfgang

Das München-Komplott / Georg Dengler Bd.5


ausgezeichnet

Was geschah wirklich am 26.9.1980?

2009: Der jetzige Präsident des BKA wendet sich an den ehemaligen Zielfahnder Georg Dengler, der nach 10-jähriger Tätigkeit seinen Dienst frustriert verlassen hat. Dengler soll die Akten zum größten Attentat in der Geschichte der BRD, den Bombenanschlag vom 26. 9. 1980 auf dem Münchner Oktoberfest, noch einmal untersuchen. Er erhält Einsicht in alle Akten, und mit Hilfe seines Freundes, des Journalisten Leopold Harder, kann er auch in Zeitungsartikeln aus dem Jahr 1980 recherchieren. Doch je mehr Informationen er sammelt, desto undurchdringlicher werden die Geschehnisse. Dengler fragt sich, warum man ausgerechnet ihm den Fall anvertraut hat, und warum ausgerechnet jetzt? Der Fall war doch eigentlich schon abgeschlossen und in der Versenkung verschwunden.
Wie brisant das Attentat ist, wird Dengler immer bewusster. Was geschah da 1980 auf den nationalen und internationalen Ebenen der Politik? Konnte der Anschlag etwa für manchen Politiker oder manche Partei Gewinn bringend sein?
Hinter Denglers Rücken laufen unfassbare Aktionen, von denen er selbst nichts ahnt - hier sind wir als Leser im Vorteil.
Der Verfassungsschutz bildet ein Arbeitsteam.
Gleichzeitig fühlt sich die parlamentarische Staatssekretärin Charlotte von Schmolke - dank ihres bedeutungsschweren Namens konnte sie die Karriereleiter nur herauffallen - unter Druck. Die Wahlen stehen vor der Tür. Öffentlichkeitsheischend, gleichzeitig total frustriert von ihrer Arbeit (denn man hat sie wie eine "Puppe" benutzt und ihr alles vorgekaut) muss und will sie etwas ändern ...
Das Buch ist in vielen kurzen Textsequenzen strukturiert. Orte und Personen ändern sich; dennoch verliert der Leser nie den Handlungsfaden, weil der Autor mit seinem klaren, direkten, nüchternen Schreibstil immer wieder Anknüpfungspunkte bietet. Der journalistisch berichtende Handlungsverlauf, der zeitnahe Geschehnisse wie Weltwirtschaftskrise, die Wahl Barack Obamas, ja sogar die Schweinegrippe mit einbezieht, bewirkt, dass der Leser immer mittendrin ist. Was Wolfgang Schorlau schreibt, ist präzise dokumentiert: Das kann alles nur wahr sein (also: Fiktion vom Feinsten).
Und es ist unfassbar. Denn internationale Machenschaften, die gegenseitige Infiltration von Politik, Geheimdienst und globaler Wirtschaft haben nur das eine Ziel: Jeder will seine eigenen Interessen durchsetzen, und dazu ist jedem jedes Mittel recht.
Ein beeindruckender POLIT-THRILLER: Absolut lesenswert, spannungsgeladen von der ersten bis zur letzten Zeile. TOP!

Bewertung vom 25.10.2009
Die Lebküchnerin
Schrödter, Sybille

Die Lebküchnerin


sehr gut

Lebkuchen zur Adventszeit

Nürnberg 1387: Agnes und Benedicta leben unfreiwillig im Kloster Engelthal, dem der Ruf voran eilt, ein Ort der wahrhaftigen Engel zu sein. Gebete, Gebote, Verbote, Demut und Unterwerfung werden von den Nonnen verlangt. Beide sehnen sich nach der Welt außerhalb der Klostermauern.
Julian, der Neffe der Priorin, begegnet bei seinen häufigen Besuchen im Kloster Benedicta, und beide empfinden sofort gegenseitige Zuneigung. Nun ist es um Benedicta geschehen. Sie will raus aus diesem Gefängnis. Doch sie ist Nonne, sie hat einen heiligen Eid geschworen ...
Alljährlich zur Fastenzeit backt das Nürnberger Predigerkloster Pfefferkuchen. Da aber das gesamte Küchenpersonal erkrankt ist, soll nun das Kloster Engelthal einspringen.
Hier kommt die große Chance für Benedicta und Agnes: Sie kennen ein Lebkuchenrezept. Damit gewinnen sie allgemeine Anerkennung.
Julian und Benedicta gestehen ihre Liebe der Priorin. Sie hilft ihnen zu einem neuen Leben außerhalb der Klostermauern. Doch leicht ist das Leben wahrhaftig nicht. Viele unerwartete Ereignisse brechen über Benedicta und Agnes herein ...
Für den Leser entwickelt sich das alles fesselnd und unterhaltsam zugleich.
Die Erzählweise ist locker, klar und leicht verständlich. Manche Passagen sind amüsant und humorvoll. Worte aus dem Mittelalter, z. B. "Zelter" für "Pferd", vermitteln dem Leser den Zeitgeist. Der Handlungsverlauf fließt schnell. Immer neue, z. T. völlig unerwartete Handlungsperspektiven spulen sich ab. Langatmige detaillierte Ortsbeschreibungen fehlen völlig. Die vielen Dialoge - manche sind spitz und schnippisch - treiben das Geschehen vorwärts. Man will dran bleiben. Zusätzlich hat die Autorin Sybille Schrödter manchen Personen einen Schleier unausgesprochener Geheimnisse übergeworfen. Die Neugierde ist geweckt.
"Die Lebküchnerin" ist ein ansprechender, netter, unterhaltsamer Roman - ganz passend zur Vorweihnachtszeit.

Bewertung vom 24.09.2009
Der Seher des Pharao
Gedge, Pauline

Der Seher des Pharao


weniger gut

Zu wenig Spannung - zu viel Philosophie

Ägypten zur Zeit Thutmosis III.:
Der vierjährige Huy, Sohn einfacher Bauern, darf die Tempelschule in Iunu besuchen, um Schreiben und Lesen zu lernen. Sein reicher Onkel Ker übernimmt großzügig die Kosten.
Über sein anfängliches Heimweh kommt er schnell hinweg, da er Thutmosis, Sohn des Fürsten Nacht als vertrauensvollen guten Freund kennenlernt. Zu Fest- und Feiertagen wird er in der Adelsfamilie mit Mutter und zwei Töchtern wie ein Sohn des Hauses gastfreundlich aufgenommen.
Huy ist ein intelligenter Bursche mit guter Auffassungsgabe. Er wird sowohl von den Priestern als auch von den Mitschülern geschätzt. Bis auf einen: Senefer, ebenfalls Sohn eines Adelgeschlechts. Er ist neidisch auf Huy und mobbt ihn, wann immer er eine Gelegenheit dazu findet. Einmal provoziert er Huy dermaßen - er schimpft ihn einen Sumpfbewohner -, dass es zu einem handfesten Streit kommt und Senefer Huy tödlich verletzt.
Huy wird in seine Heimatstadt ins Haus der Toten gebracht. Als die Priester den Leichnam untersuchen und für die Bestattung vorbereiten wollen, erwacht Huy zu neuem Leben. Während seiner Zeit des "Komas" hat er eine Wandlung "durchlebt". Er ist der "Auserwählte" der Götter, die ihm Gaben mitgegeben haben, die ihn zu Höherem befähigen.
Seine Familie, die eher glaubt, er sei von Dämonen besessen, distanziert sich von ihm. Huy kehrt sehr bald in die Tempelschule zurück und darf nun, als Auserwählter, die bedeutenden fünf Bücher Thots studieren.
Bis zu diesem Ereignis hat mir das Buch sehr gefallen. Die Handlung war fesselnd, die Stimmung von Alltagssituationen atmosphärisch dicht beschrieben. Der Speiseplan lockte zum Probieren.
Und das außergewöhnliche Ereignis - die Auferstehung Huys von den Toten zurück zu den Lebenden - ist glaubhaft und überzeugend dargestellt: kein fauler Zauber oder Mystik.
Doch dann folgen ewig lange Seiten philosophischer Gedankengänge. Ein sehr komplexer Text, den ich trotz wiederholten Lesens kaum verstanden habe. Selbst Huy sagt, dass er "keinen Schimmer von Verstehen" hat und ein "wirres Durcheinander in seinem Geist" herrscht.
Schade, ich bin leider mit einer anderen Erwartungshaltung an dieses Buch heran gegangen und wurde letztlich enttäuscht ...

Bewertung vom 06.09.2009
Wo die Zitronen blühen
Carlotto, Massimo; Videtta, Marco

Wo die Zitronen blühen


gut

Wo blühen die Zitronen??

Als Italienfan habe ich mich sehr auf den Krimi von Massimo Carlotto und Marco Videtta gefreut.
Den Inhalt des ersten Drittels empfand ich als atmosphärisch und inhaltlich überfüllt mit typischen Italien-Klischees: Zwei priviligierte Familien, die des Avvocato Antonio Visentin und die der Contessa Selvaggia Calchi Renier werden vorgestellt. Sie nutzen ihre Stellung aus, um für sich Gewinn und Vorteile zu erzielen. Ihre beiden Söhne lieben Giovanna Barovier. Filippo, der Sohn der Contessa, hatte eine Affäre mit Giovanna, und er liebt sie immer noch. Sie verlobt sich aber mit Francesco, Sohn des Avvocato. Am Vorabend ihrer Hochzeit mit Francesco wird sie ermordet.
Im Dorf und in den Familien liegt vieles im Argen, und so läuft die Suche nach Giovannas Mörder in alle Richtungen: Kriminalität im Drogen- und Prostituiertenmilieu, ein von Giovanna aufgedeckter Giftmüllskandal (die Camorra ist mit im Geschäft), Korruption, Ausländerfeindlichkeit, Globalisierung (die Chinesen kommen, Unternehmen sollen nach Rumänien ausgelagert werden) - all dies und noch mehr packen die Autoren in ihr Buch. Wäre weniger mehr gewesen?
Als völlig überraschend eine vermisste Person wieder auftaucht, bekommt der Roman Schwung, und neue Themen, die zur Aufklärung des Mordfalls dienen können, geraten ins Blickfeld.
Das Autorenduo hat mit seinem Buch ein schäbiges, schmutziges Bild von Italien gezeichnet. Nirgendwo darin habe ich meine eigenen vielfach erlebten Eindrücke eines nicht ganz so hoffnungslos verkommenen Landes finden können.
Insgesamt ist dieses Buch durchaus lesenswert, aber meiner Meinung nach ist es eher ein gesellschaftskritischer Roman denn ein Krimi. Jedenfalls sollten Krimi-Fans ihre Erwartungen an einen fesselnden, spannungsgeladenen Krimi nicht zu hoch stecken.

Bewertung vom 28.08.2009
Verbrechen. Ausgezeichnet mit dem Kleist-Preis 2010
Schirach, Ferdinand von

Verbrechen. Ausgezeichnet mit dem Kleist-Preis 2010


sehr gut

"Stories" - Geschichten, die das Leben schreibt

Ferdinand von Schirach hat ein Buch mit elf Geschichten veröffentlicht, die er selbst erlebt hat - als Verteidiger in Strafprozessen. Gebunden an seine Schweigepflicht, wird er die Ereignisse verändert haben, um den Schutz der realen Personen zu wahren. Als Verteidiger ist er parteiisch und steht auf der Seite seines Mandanten. Als Erzähler ist er frei.
Von Schirach hat mit seiner Auswahl für den Leser ein Kaleidoskop unterschiedlichster Straffälle ausgewählt. Wir lesen von einer Ehe mit tödlichem Ende, von dem Diebstahl einer wertvollen Teeschale, einem Kannibalen, Kriminalität im Drogen- und Prostituiertenmilieu und anderen Taten.
Gemeinsamkeiten aller dargestellten Fälle sind ihre absolut unerwarteten Verläufe, die psychischen Veränderungen der handelnden Personen und eine unbeschreibliche Brutalität.
Manche Fälle verlaufen "im Sande". So entlastet ein Mann seinen angeklagten kriminellen Mitbruder durch eine geschickte Zeugenaussage. Ein anderer Mann mit eindeutigem Hang zum Kannibalismus entzieht von Schirach sein Mandat.
Während man die meisten Geschichten mit Distanz lesen kann, sind andere dabei, denen man sich gefühlsmäßig nicht entziehen kann. Das Leid ist manchmal so stark, dass man es selbst spüren kann.
Wir erleben die nach außen hin intakte Ehe eines anerkannten Mediziners, der nach 48 Jahren physischer und psychischer Demütigung seinen Lebenszustand nicht mehr aushält und seine "geliebte" Ingrid umbringt. Da von Schirach gemächlich und präsise beschreibt, wie es zu der Tat kommen konnte, wird sie zu einer zwingenden, nicht mehr abwendbaren Konsequenz. Auch diese überzeugende Erzählweise ist allen beschriebenen Fällen zu eigen.
Furchtbar zu lesen ist, wie zwei Kinder in einer mutterlosen Familie aufwachsen: Ein liebloser, strenger Vater verlangt von ihnen bedingungslose Disziplin und Verzicht. Obwohl Vermögen vorhanden ist, müssen die Kinder sich ihr Taschengeld erarbeiten, z. B. indem sie Löwenzahn ausstechen.
An manchen Stellen klärt von Schirach den Leser sehr kurz, aber ausreichend informativ über das deutsche Rechtssystem, insbesondere den Prozessverlauf auf.
Auch die immer wieder diskutierte Frage nach dem Sinn von "Strafe" spricht er an und erörtert das rechtsphilosophische Problem (vgl. S. 17).
Das Buch liest sich sehr schnell. Von Schirachs Sprachstil ist klar; seine Sätze sind meist kurz und einfach.
Sicher lesen wir tagtäglich von neuen kriminellen Geschehnissen, aber so stark, wie von Schirach seine Erzählungen aufbereitet hat, indem er uns ins Innerste der Handelnden schauen lässt, bleibt Nachdenkenswertes hängen. Sind wir parteiisch geworden? Stehen wir mehr auf der Seite des Kriminellen als auf der der Opfer?
Bilden Sie sich selbst ein Urteil, indem Sie dieses Buch lesen.

3 von 5 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.

Bewertung vom 17.04.2009
Rückflug zu verschenken
Hauptmann, Gaby

Rückflug zu verschenken


schlecht

Bruchlandung ohne Verletzte

Gaby Hauptmanns neuestes Buch "Rückflug zu verschenken" hat ein schönes Sommercover: Sandstrand, Liegestühle, blaues Meer und blauer Himmel - eine schöne Postkartenidylle, leider ohne Sonne und leider nicht in Hochglanz - das wär's gewesen.
Auf dem Cover ist doch tatsächlich ein Aufkleber "Bestseller". Dies hat mich einen Moment innehalten lassen, aber dann war mir klar, dass diese Auszeichnung kein Gütesiegel für literarische Qualität ist.
Gaby Hauptmans Schreibstil ist locker, flockig, aber auch seicht und hohl.
Clara, betrogen von ihrem Lebensabschnittsgefährten, erhält von ihrer Mutter eine Mallorcareise geschenkt: Hier soll sie entspannen und über ihre Zukunft nachdenken. In kürzester Zeit lernt sie vier Frauen kennen; mit ihnen erlebt sie wie auf einer Achterbahnfahrt die tollsten Abenteuer. Natürlich lernt Clara einen Millionär kennen (obwohl ich schon seit vielen Jahren nach einem suche, war mir bislang noch kein solcher Erfolg beschieden).
Sie stellt sich bei einem Hausverkäufer vor - zwecks Job. Auch die neureichen Russen dürfen in diesem Buch nicht fehlen. Eine Erpressungsgeschichte bringt noch ein bisschen Spannung ins Handlungeschehen ...
Charaktere und Handlungen sind oberflächlich und austauschbar. Ein Klischee folgt auf das nächste. Man gewinnt den Eindruck, dass Gaby Hauptmann mit Textbausteinen arbeitet: neue Personen, neue Handlungsorte, Liebesprobleme, harmloser Schluss - das ganze heftig gemixt, und - flupp - ist ein neues Buch entstanden ...
Das Buch lässt sich schnell lesen, da man oft ahnt, wie die Handlung weitergeht.
Dieses Buch ist für mich wegen seiner inhaltlichen Leere, wegen seiner Klischeehaftigkeit, wegen seiner völlig fehlenden Aussage fast ein Kulturschock. Aber sicher mögen viele andere Leserinnen dieses Buch, und es sei ihnen gegönnt.
Da von diesem Buch keine Gefahr für die Menschheit ausgeht, schicke ich es auf die Reise: nach Mallorca und anderen Reisezielen ...

4 von 5 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.

Bewertung vom 28.03.2009
Tee mit Buddha
Vieser, Michaela

Tee mit Buddha


sehr gut

"Dem Leben näher kommen"

Michaela Vieser hat einen herzerfrischenden Roman über ihren einjährigen - sicherlich außergewöhnlichen Aufenthalt in einem japanischen Kloster geschrieben.
Sie hat den Roman aus ihrer Perspektive (Ich-Form) geschrieben, allerdings nicht in der zeitlichen Abfolge ihres Aufenthaltes, sondern nach den Erlebnissen, die während des ganzen Jahres zu ihrem Alltag gehörten.
Ihr Schreibstil ist flüssig, mit viel indirekter Rede und handlungsorientierten Beschreibungen. Diese sind klar und gut verständlich.
Ihre Darstellungen der für sie völlig unbekannten Menschen in ihrem Umfeld, das eigene Verhalten und Einleben in diesen Lebenskreis sind sehr feinfühlig,oft sogar mit einem kleinen Augenzwinkern beschrieben. Das erheitert den Leser.
Gleichzeitig gewinnt er den Eindruck, dass Michaela selber mit dem ehrfürchtigen, respektvollen Verhalten, das stets von ihr eingefordert wurde, entspannt umgeht. Sie selber ergreift oft die Initiative und möchte Lehren des Buddhismus kennenlernen und typische Rituale einüben. Dabei bringt sie sich selber auch ein, indem sie z. B. Englischunterricht für die japanischen Kinder des Klosters anbietet.
Gut vorbereitet durch Sprach- und Kulturstudium reist Michaela nach Japan. Doch sie stellt sehr schnell fest, dass es an sprachlichen Feinheiten fehlt. Das führt zu Missverständnissen. So fragt sie z. B. nach der Toilette und wird zum Tempel geschickt.
Im Kloster selbst leben nur vier Mönche (drei mit Familie), ansonsten Männer, Frauen und Kinder, die hier dem Glauben näher sein möchten. Sie leben im Einklang mit Gebet und Arbeit innerhalb eines festen Tagesablaufs, der natürlich auch für Michaela gilt.
Ein Besuch im Klosterbüro, in dem Wado, einer der Mönche, seiner Arbeit nachgeht, rückt auch ihr Bild von Rückständigkeit zurecht. Die Mönche sind mit allen modernen Arbeitmaterialien ausgerüstet. Wado stehen Computer, Internet, Fax etc. zur Verfügung.
Kalligraphie, Schwertkampf, Teezeremonie, Ikebana u. a. sind Michaela völlig neu, und sie erarbeitet sich, mit Unterstützung der japanischen Meister, mühselig ein kleines Wissen. Besonders reizvoll sind die Reisen, die ihr die Mönche ermöglichen. So besucht sie andere Kloster in Kyoto und Tokio.
Der Höhepunkt ihres Aufenthaltes ist sicher die Begegnung mit dem Zen-Meister, der sie in die Meditation einführt.
Die Erkenntnisse, Erfahrungen und eigenen Verhaltensänderungen, die Michaela aus ihrem Japan-Jahr mit nach Hause nimmt, vermittelt sie dem Leser sehr gut: Alles dient dem Ziel, eine Gesellschaft auf der Basis von Demokratie, Gleichheit und Frieden zu schaffen.
Äußere Lebensziele sind unwichtig; dagegen sind Dankbarkeit, Harmonie, Respekt und Mitgefühl von großer Bedeutung. Diese Tugenden hält ja nicht nur der Buddhismus hoch, sondern sie gehören auch zu den Grundwerten des Christentums.
Die Lektüre dieses Buches halte ich für sehr lohnend, öffnet sie uns doch auch die Augen angesichts des westlichen Werteverfalls.

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