Benutzer
Top-Rezensenten Übersicht

Benutzername: 
linus63

Bewertungen

Insgesamt 28 Bewertungen
Bewertung vom 30.10.2023
Wie Sterben geht
Pflüger, Andreas

Wie Sterben geht


ausgezeichnet

Nina Winter, eine junge Datenanalystin im Dienst des BND, wird im Eilverfahren zur Agentin ausgebildet, weil ein wichtiger KGB-Agent namens Pilger explizit sie als Verbindungsführerin ausgewählt hat. Jahre später, nachdem ihr Einsatz längst beendet ist, soll es an der Glienicker Brücke zu einem Agentenaustausch kommen - Pilger soll in den Westen geholt werden. Da sie die Einzige ist, die ihn identifizieren kann, ist ihre Anwesenheit unbedingt erforderlich. Doch während des Austauschs kommt es zu einem Inferno ….

Nach einem überaus spannenden Einstieg tat ich mich überraschenderweise über längere Zeit zunächst schwer mit der Lektüre. Viele mir nicht geläufige russische Namen und Bezeichnungen in Verbindung mit Pflügers kompaktem, aber dennoch sehr detailliertem, anschaulichem Schreibstil sorgen zwar für eine dichte und atemraubende Atmosphäre, vermindern jedoch mein sonstiges Lesetempo und ziehen trotz des unbestritten vorhandenen Spannungsbogens die Vorgeschichte zu den Ereignissen an der Brücke etwas in die Länge. Doch dann ist Action angesagt. Zunehmendes Tempo, unvorhergesehene Wendungen und explosive Szenarien vor der sehr realistisch inszenierten Kulisse des kalten Krieges ziehen mich als Leser vollkommen in den Bann und lassen mich das Buch kaum noch weglegen.

Auch die Protagonisten sind anschaulich und greifbar, allen voran natürlich Nina Winter. Trotz ihrer Unerfahrenheit ist sie mit allen Fertigkeiten ausgestattet, die ein Superagent zum Überleben benötigt, der „Plot Armor“, wie ich mir sagen ließ, ist durchgehend aktiv. Dennoch ist die Lektüre absolut fesselnd und unterhaltsam, unter anderem auch, weil Nina Winter nicht nur im übertragenen Sinne schlagfertig ist, sondern auch viele Wortwechsel bzw. Wortgefechte souverän für sich entscheidet, was die Lektüre ein wenig auflockert und mich stellenweise schmunzeln lässt. Der Zuschauer ist nah an den Geschehnissen, leidet und hofft mit den Figuren und ist erleichtert, wenn eine brenzlige Situation wieder einmal -wenn auch nur knapp- überlebt wurde.

„Wortgewaltig“ wird die Geschichte auf dem Cover des Buches selbstbewusst angekündigt, was ich nach der Lektüre so nur unterstreichen kann. Als einfaches Beispiel duscht Nina Winter nicht nur heiß, sondern brüllend heiß, was einerseits in dieser Form, aber auch häufig durch gehobene sprachliche Ausdrucksweisen auffällt. Anschauliche Vergleiche und Pflügers eigener Sprachstil, bei dem größtenteils überflüssige Worte aus den Sätzen entfernt wurden und Beschreibungen häufig fast wie Aufzählungen wirken, tragen zu diesem Eindruck bei, womit die Handlung noch etwas intensiver wird.

Insgesamt fand ich das Buch klasse. Fesselnd, spannend, ungewöhnlich aber schlüssig und immer wieder unerwartet - bis zum Ende. Sehr empfehlenswert!

Bewertung vom 09.10.2017
Herzmuscheln (eBook, ePUB)
Winter, Elaine

Herzmuscheln (eBook, ePUB)


sehr gut

Nachdem Kyla ihren Freund und Chef in flagranti mit ihrer besten Freundin erwischt hat, ist in ihrem Leben nichts mehr wie es war. Sie nutzt ihre Situation jedoch als Chance, und erfüllt sich mit Hilfe eines kleinen Erbes einen langgehegten Lebenstraum, nämlich ein kleines „Guesthouse“ am Meer zu führen. Mit ihrem alten Auto, in das all ihre Habseligkeiten hineinpassen, lässt sie Dublin hinter sich und zieht nach Loonhill in Connemara, wo sie ihr frisch erworbenes Heim renovieren und neu eröffnen möchte. Doch schon bei ihrer Ankunft erlebt sie einige Überraschungen …

Der Einstieg in das Buch gelingt leicht, der anschauliche Schreibstil ist flüssig zu lesen und schon nach wenigen Seiten ist die irische Atmosphäre spürbar. Ein atemberaubender Ausblick auf den Atlantik, das „Guesthouse“ mit Zugang zum Strand und die unterschiedlichsten Gäste sorgen neben abwechslungsreicher Unterhaltung unterschwellig für ein wenig Urlaubsfeeling. Entsprechend der Erwartung an die Lektüre tauchen im Laufe der Zeit größere und kleinere Probleme auf, die zu aller Zufriedenheit gelöst werden, jedoch ohne größeren Tiefgang bleiben. Ebenso verläuft die Liebesgeschichte zwischen Kyla und dem geheimnisvollen Schriftsteller Ryan recht vorhersehbar, wobei die Autorin hier jedoch recht kreativ ist und einige amüsante und ungewöhnliche Begebenheiten einbaut, die mir gut gefallen. Umso enttäuschter war ich, dass sie bei der natürlich unumgänglichen Unterbrechung der Beziehung vor dem Happy End auf das viel verwendete und sehr einfache Schema zurückgreift, bei dem, kurz zusammengefasst, einer dem anderen einfach erklärt, dass das, was geschehen ist, nichts zu bedeuten hat – hier hätte ich nach dem Verlauf der Handlung doch etwas mehr erwartet. Die Figuren sind liebevoll gezeichnet, allen voran natürlich die Protagonisten Kyla und Ryan, aber auch dessen liebenswerte Großmutter Emily. Besonders ans Herz gewachsen ist mir jedoch der schrullige alte Rupert, der bei Kylas Eintreffen bereits in ihrem neuen Heim wohnt und sich beharrlich weigert auszuziehen, und der immer wieder für eine Überraschung gut ist.

Fazit:
Unterm Strich ist „Herzmuscheln“ eine leichte, romantische Frauenlektüre mit erwartetem Ausgang, die mit einigen kreativen Impulsen punkten kann, aber auch auf einige beliebte Klischees und gängige Schemata zurückgreift. Sie bietet einige Stunden entspanntes Lesevergnügen mit Urlaubsfeeling, konnte jedoch keinen dauerhaften Eindruck hinterlassen.

Bewertung vom 09.10.2017
Wildeule / Gesine Cordes Bd.3
Wieners, Annette

Wildeule / Gesine Cordes Bd.3


sehr gut

Während einer Bestattung verrutscht der Deckel des Sarges. Bei der Untersuchung, wie dies passieren konnte, wird festgestellt, dass im Sarg anstatt der erwarteten Frauenleiche die Leiche des Bestatters liegt. Die Friedhofsgärtnerin und frühere Kriminalkommissarin Gesine Cordes informiert sofort die Polizei, da sie ein Tötungsdelikt vermutet. Die Ermittlungen beginnen …

Das Buch beginnt fesselnd, beeindruckt von Anfang an mit einer intensiven Atmosphäre, die insbesondere durch den flüssigen Schreibstil und die anschaulichen Schilderungen der bizarren Ereignisse auf dem Friedhof erzeugt wird, und mich vollkommen in die Geschichte hinein zieht. Auch wenn man das Buch ohne Kenntnis der beiden Vorgängerbände lesen kann war ich froh, die Protagonisten Gesine Cordes, die Kommissarin Marina Olbert und den Bestatter Hannes van Deest bereits zu kennen, da die Autorin vorherige Ereignisse nur sehr knapp streift, und die Vorgeschichte der Protagonisten und ihre teilweise etwas komplizierte Beziehung untereinander im Laufe des vorliegenden Falles eine nicht unerhebliche Rolle spielen und ihr Handeln maßgelblich bestimmen. Gleichzeitig ist dies die Basis für das Besondere an diesem Band - die enge Verbindung und die nahtlose Verflechtung zwischen Verbrechen und Privatem, meiner Meinung nach ein wichtiger Aspekt eines guten Kriminalromans.

Die Geschichte verläuft unspektakulär, ist über lange Strecken eher fesselnd als spannend und kommt mit einer überschaubaren Anzahl handelnder Personen aus. Auf der Suche nach Mörder und Motiv stehen weniger atemberaubende Ermittlungen und spektakuläre Wendungen im Vordergrund, als Misstrauen untereinander und Beziehungschaos - wer traut wem, wer ist verdächtig, wer wird gerade instrumentalisiert und wer hält Informationen zurück. Die Charaktere sind liebevoll gezeichnet und nehmen schnell Gestalt an. Allen voran steht hier natürlich die Friedhofsgärtnerin, die mit ihrem wachen Verstand häufig die richtigen Schlüsse zieht und aus ihrer aktiven Zeit im Polizeidienst noch über Instinkt und eine gewisse Erfahrung verfügt. Gekonnt in die Handlung integriert und durch den Verlauf der Ereignisse mit bedingt, scheint sie nun endlich auch bereit, sich ihr durch Schuldgefühle bestimmtes Verhaltensmuster anzusehen und Änderungen in ihrem Leben in Erwägung zu ziehen. Doch auch die anderen, teilweise etwas schrägen Figuren haben Unterhaltungswert und wissen zu überzeugen. Letztendlich mündet die Geschichte schlüssig in einem spannenden Finale und ebnet den Weg für einen weiteren Band.

Fazit:
„Wildeule“ ist ein weiterer fesselnder und unterhaltsamer Kriminalroman um Gesine Cordes, der sich insbesondere durch eine intensive Atmosphäre und eine starke Verflechtung zwischen Ermittlungen und Privatem hervorhebt. Meiner Meinung nach sollte man aber die ersten beiden Bände zuerst lesen, um die Beziehungen der Protagonisten untereinander und ihre daraus resultierende Handlungsweise vollständig zu verstehen.

Bewertung vom 25.05.2017
Glaube Liebe Tod / Martin Bauer Bd.1
Gallert, Peter;Reiter, Jörg

Glaube Liebe Tod / Martin Bauer Bd.1


ausgezeichnet

Dem evangelischen Polizeiseelsorger Martin Bauer gelingt es in letzter Minute, einen Polizisten davon abzuhalten, Selbstmord zu begehen. Doch einige Stunden später wird der Polizist nach einem Sturz von einem Parkhausdeck tot aufgefunden. War es wirklich Selbstmord? Während es für alle anderen klar ist, hat Martin Bauer seine Zweifel - und beginnt, Nachforschungen anzustellen ….

Der Einstieg in „Glaube Liebe Tod“ gelingt leicht und bietet Kopfkino vom Feinsten: Die anschauliche Schilderung einer spektakulären Situation sowie ihres unerwarteten Verlaufes lassen ab der ersten Seite Bilder im Kopf aufsteigen, die durch schlagfertige Dialoge und ein wenig Situationskomik eine Atmosphäre mit einem unterhaltsamen und amüsanten Beigeschmack schaffen, die mich sofort für dieses Buch einnehmen. Doch schon nach wenigen weiteren Seiten zeigt sich eine tiefergehende und ernste Thematik mit zum Teil recht brutalem Vorgehen, die einen interessanten Kontrast zur bisherigen „Leichtigkeit“ bildet, was aber lediglich einen Vorgeschmack auf die kommenden gewalttätigen Machenschaften und organisierte Kriminalität gibt. Das Tempo ist flott, die Handlung ereignisreich, fesselnd und spannend, und ein Höhepunkt jagt den nächsten, wobei zwar einige momentan beliebte Klischees bedient werden, die Geschichte jedoch insgesamt recht abwechslungsreich und wenig vorhersehbar verläuft. Die plastische Erzählweise bietet Raum für eigene Bilder, die durch eine spürbare Atmosphäre, detaillierte Schilderungen und nachvollziehbare Emotionen greifbar werden.

Herausragende Figuren sind natürlich der Seelsorger Martin Bauer, aber auch der Sohn des toten Polizisten, der fünfzehnjährige Tilo, der nicht nur von seinem Umfeld im Stich gelassen wurde und emotional wegzubrechen droht, sondern ungewollt in die aktuellen, kriminellen Machenschaften hineingezogen und tiefer darin verstrickt wird, als ihm lieb ist. Sein Frust, seine Verzweiflung, sein Misstrauen gegenüber anderen, aber auch sein „guter Kern“, seine Hilfsbereitschaft gegenüber Menschen in Not und sein Unrechtsbewusstsein sind trotz, bzw. gerade in seiner Misere gut dargestellt und durchgängig spürbar. Martin Bauer hingegen ist ein Seelsorger, wie man ihn sich wünscht - sein Beruf ist Berufung, er steht mit beiden Füßen fest im Leben, hat ein intuitives Gespür für heikle Situationen und fast immer eine Lösung parat - zielorientiert, häufig ungewöhnlich, manchmal spektakulär, doch meistens effektiv. Seine Handlungen und sein Gespür werden gestützt durch seinen Glauben, was im Buch durch viele Bibelzitate immer wieder untermauert wird, wobei ihn sein zeitweiliges Hadern mit Gott und sein vereinzeltes Zweifeln an seinem Instinkt ihn menschlich und authentisch machen. Mir persönlich hat diese Figur sehr imponiert, die für einen Kriminalroman eine ganz andere Seite der Polizeiarbeit präsentiert, gleichzeitig aber auch sehr gut die Zerrissenheit seines Berufsstandes bezüglich Pflichtbewusstseins und Loyalität gegenüber seinen Kollegen auf der einen Seite, bzw. seiner Familie auf der anderen Seite darstellt.

Das Buch endet schlüssig und so wie es begonnen hat - mit einem Paukenschlag, ein für meine Begriffe etwas überzogenes Showdown, das sicherlich ein wenig der bisherigen Laufbahn der beiden Schriftsteller als Drehbuchautoren geschuldet ist, aber dem Kopfkino ein letztes Highlight beschert.

Fazit:
„Glaube Liebe Tod“ ist der gelungene Auftakt der neuen Krimireihe um den engagierten Polizeiseelsorger Martin Bauer, der mich durchgehend fesseln konnte, und den ich innerhalb von 24 Stunden zu Ende gelesen habe. Insbesondere die Figur des Seelsorgers und die anschauliche Darstellungsweise haben mir sehr gut gefallen - ich freue mich auf den nächsten Band, der im Mai 2018 erscheinen soll ….

Bewertung vom 25.05.2017
Die unbekannte Schwester / Carlotta Fiore Bd.3
Prammer, Theresa

Die unbekannte Schwester / Carlotta Fiore Bd.3


ausgezeichnet

Die Krimiserie um die Ermittlerin Lotta Fiore war mir bisher unbekannt, und obwohl ich die ersten beiden Bände dieser Serie noch nicht kenne, konnte ich dem vorliegenden dritten Band gut folgen. Der Einstieg gelingt leicht, der Schreibstil ist anschaulich, flüssig und gut zu lesen, von Anfang an ist Schwung im Geschehen und zieht mich einfach mit. Auch dieser Krimi steht und fällt mit der Ermittlerin, mit Lotta Fiore, einer außergewöhnlich komplexen Persönlichkeit, die ohne Ausbildung bei der Polizei eingestellt und direkt zur Kripo abgeordnet wurde, was bei den Kollegen natürlich für Zündstoff sorgt. Das Tempo ist flott, weniger, weil die Ermittlungen so rasant verlaufen, sondern weil Lotta an allen Fronten zu kämpfen hat - mit dem Neid der Kollegen, mit dem eigentlichen Mordfall und ihrem persönlichen Bezug dazu, ihren gut gehüteten Geheimnissen ihres privaten Umfeldes, sowie ihren eigenen Traumata aus ihrer Kindheit, weswegen sie Hilfe bei einer Therapeutin sucht. Zeit zum Luftholen bleibt ihr nicht. Die Handlung ist unvorhersehbar und ungewöhnlich, insbesondere deshalb, weil alle Komponenten ineinander greifen und so miteinander verzahnt sind, dass es fast schon ein wenig chaotisch wirkt. So ist zum Beispiel eine Panikattacke, die sich in ihrer Freizeit im privaten Umfeld ereignet hat, Thema bei ihrer Therapeutin, gleichzeitig hat sie aber auch einen Bezug zu ihren Geheimnissen, und im weiteren Sinne auch Auswirkung auf den aktuellen Fall. Trotz dieser vielen Verwicklungen wird nach und nach alles stimmig zusammengeführt und das Buch endet schlüssig.

Von Beginn an fasziniert die - wie im Klappentext versprochen - schillernde Persönlichkeit Lotta, die mit ihren ungewöhnlichen Methoden und sicherem Instinkt die Geschichte bestimmt. Ihre Bereitschaft, sich weiterzuentwickeln, ist in der Handlung deutlich sichtbar und spricht ebenfalls für sie. Doch auch die Details in den aktuellen Ermittlungen finde ich nach gelungen - die Autorin Theresa Prammer muss nicht auf besonders blutige und grausame Morde zurückgreifen, vielmehr besticht sie durch einfache, raffinierte Methoden, die sehr geschickt umgesetzt werden, was ich auf jeden Fall bevorzuge. Als einzigen Kritikpunkt sehe ich die Fülle der Probleme, die in dieser Menge etwas konstruiert und unglaubwürdig wirken und die Atmosphäre etwas chaotisch werden lässt. So musste ich am Ende tatsächlich ein Detail im vorderen Teil des Buches nachschlagen, das mir unlogisch vorkam, das jedoch letztendlich bei mir in den vielen Szenen einfach untergegangen war. Dennoch haben mich diese vielfältigen Aspekte gleichzeitig an das Buch gefesselt, und es mich innerhalb von 24 Stunden zu Ende lesen lassen.

Fazit:
„Die unbekannte Schwester" ist ein schwungvoller und erfrischend anderer Kriminalroman um eine außergewöhnliche Ermittlerin. Ich werde auf jeden Fall noch die ersten beiden Bände lesen …

Bewertung vom 25.05.2017
Kleine Lügen erhalten die Familie
Weber, Katia

Kleine Lügen erhalten die Familie


gut

Ihr Mann ist ausgezogen, drei lebhafte Kinder, eine permanent präsente Mutter, die immer das letzte Wort hat, und natürlich Hund Werner, der ständig ausbüxt und immer mal wieder für eine Überraschung gut ist, fordern täglich ihre Aufmerksamkeit - Franziskas Alltag ist vollgepackt und überhaupt nicht langweilig. Doch plötzlich drängen Geheimnisse ans Tageslicht, unglaubliche Dinge, die niemand geahnt oder auch nur für möglich gehalten hätte ...

Der Einstieg in das Buch gestaltet sich für den Leser leicht und munter, die Protagonisten in einer angenehm überschaubaren Anzahl wirken authentisch, sind durch die Bank sympathisch, bleiben jedoch insgesamt etwas oberflächlich. Der Schreibstil ist einfach und flüssig zu lesen, stellenweise aber etwas spröde - für das Tempo der Handlung und die Fülle der Ereignisse hätte er etwas schwungvoller sein können. Die Handlung ist turbulent, und die anschaulich geschilderten Szenen zaubern gerade zu Beginn des Buches immer mal wieder ein amüsiertes Lächeln auf mein Gesicht. Dies nimmt jedoch mit fortschreitender Geschichte immer mehr ab, da einerseits die Ereignisse um die fast gleichzeitig zutage tretenden Geheimnisse so geballt sind, dass die Handlung unglaubwürdig wird, und darüber hinaus auch (fast) jede Nebenfigur mit einer eigenen Rolle ausgestattet ist, die am Ende alle auf unglaubliche Weise wie Zahnräder ineinander greifen und zu einem komplexen Ganzen werden. Dies wirkt dann leider konstruiert und unrealistisch, sodass der Spaß am Lesen und vor allem die dabei anfangs verspürte Leichtigkeit und Belustigung im Laufe des Geschehens irgendwann weitestgehend auf der Strecke bleiben. Mit am besten gefiel mir die Rolle von Werner, dem Hund, der seinen Part überzeugend spielte und mit seinem Geheimnis nicht wenige Figuren auf Trab brachte.

Fazit:
„Kleine Lügen erhalten die Familie“ ist ein leichter, unterhaltsamer Familienroman, der vielversprechend beginnt, mich aufgrund seiner etwas überfrachteten familiären Verwirrungen letztendlich aber nicht ganz überzeugen konnte - hier wäre meiner Meinung nach weniger mehr gewesen. Nichtsdestotrotz bietet er einige Stunden unbeschwerte Unterhaltung mit einigen amüsanten Vorfällen, die mir aus dem eigenen Alltag seltsam vertraut scheinen und mir ein Schmunzeln entlockten :)

Bewertung vom 25.05.2017
Die Sehnsucht der Inselärztin (eBook, ePUB)
Deckner, Anni

Die Sehnsucht der Inselärztin (eBook, ePUB)


gut

Die Ärztin Thordis Südermann kehrt nach einer gescheiterten Ehe und der Entführung ihres Sohnes durch ihren Exmann in die Türkei auf ihre Heimatinsel Norderney zurück und übernimmt die Praxis eines in den Ruhestand gegangenen Kollegen. Als plötzlich ihre Jugendliebe Boie auf der Insel auftaucht und die dortige Zahnarztpraxis übernimmt, brechen ihre verdrängten Gefühle für ihn mit aller Macht wieder an die Oberfläche. Auch die Sehnsucht nach ihrem Sohn lässt sie nicht los - sie plant, ihn wieder zu sich zu nehmen …

Nach einem ersten Kapitel in der Vergangenheit, aus dem die Hintergründe hervorgehen, beginnt die eigentliche Handlung. Einfache und kurze Sätze schildern insgesamt recht knapp das Geschehen und lassen die Seiten nur so verfliegen. Die Protagonisten sind anschaulich und gefällig, doch sogar die Hauptfiguren bleiben insgesamt recht flach und es gelingt mir nicht, trotz aller Dramatik Nähe zu ihnen aufzubauen, um mitfühlen zu können. Die Atmosphäre bleibt etwas im Hintergrund und wird hauptsächlich durch Landschaftsbeschreibungen erzeugt.

Die Geschichte selbst hat viele gute und interessante Ansätze für einen sehr abwechslungsreichen und emotionalen Roman, Potential, das - vorweg genommen - Anni Deckner meiner Meinung nach leider nicht wirklich ausgeschöpft hat. Zwar enden alle Probleme wie erwartet, doch sie werden insgesamt, und dies betrifft insbesondere die Rettungsaktion für Thordis Sohn, sehr kurz, sehr schnell und dadurch - sogar in Anbetracht einer leichten Lektüre - auch sehr oberflächlich abgehandelt und zu einfach aufgelöst, und wurden damit ihrer dahinter stehenden Dramatik nicht gerecht. Mit ein paar Nebenschauplätzen weniger und einer dafür etwas ausführlicheren Darstellung der Hauptthemen hätte der Roman deutlich gewonnen.

Fazit:
Unterhaltsame, aber doch recht oberflächliche Lektüre mit ostfriesischem Flair, die ich schnell gelesen hatte, jedoch bald wieder vergessen haben werde.

Bewertung vom 07.05.2017
Sie werden dich finden
Rayburn, James

Sie werden dich finden


gut

Nach der Ermordung ihres geliebten Ehemanns durch die CIA enthüllt die selbst im Dienst der CIA stehende Kate Swift deren korrupte Machenschaften und taucht zusammen mit ihrer kleinen Tochter unter. Wenige Jahre später wird sie durch einen Zufall enttarnt - doch sie war auf diesen Tag vorbereitet und ihnen gelingt die Flucht. Ihr Ziel ist es, ihren ehemaligen Mentor zu finden, der den Ruf hat, Unmögliches möglich zu machen und erhofft, zusammen mit ihm einen Weg zu finden, ihre Tochter trotz ihres Verrates in den USA aufwachsen zu lassen. Die Jagd beginnt …

Das Buch beginnt actionreich, fesselnd und spannend. Entgegen gängiger CIA-Agententhriller findet dieses Mal die Jagd ausschließlich in den eigenen Reihen statt, zwischen Aktiven, Ehemaligen, Verrätern und unehrenhaft Entlassenen, sowie deren Helfershelfern. Die Handlung hat keinen tieferen Hintergrund, da es lediglich darum geht, ob und wie Kate ihr Ziel erreicht und wie ihre Gegenspieler agieren. Das Geschehen gestaltet sich blutig, brutal und ebenso wie der Schreibstil stellenweise auch recht derb. Kurze Kapitel unterstützen das hohe Tempo. Die Geschichte spielt ausschließlich mit einer Reihe recht oberflächlich und überzogen dargestellter Protagonisten, wobei der Rest der Welt nahezu vollständig ausgeblendet wird, was dazu führt, dass mich die durchgehend rasante, abwechslungsreiche und unvorhersehbare, aber doch sehr realitätsferne Geschichte zwar fesselt, ich das Geschehen aber immer mit einer gewissen Distanz beobachte und nicht wirklich mit Kate mitfiebern kann. Sehr schön dargestellt hingegen ist, wie gezielt Informationen lanciert werden, was vorhersehbare Reaktionen bei der Gegenseite provozieren soll - ein Szenario, das sicherlich auch in der Realität bisweilen praktiziert wird.

Fazit:
Unterm Strich ist „Sie werden dich finden“ ein abwechslungsreicher, temporeicher, jedoch recht einfacher und unrealistischer Actionthriller. Ich war zwar gefesselt und hatte ihn im Nu gelesen - doch einen bleibenden Eindruck hat er nicht hinterlassen.

Bewertung vom 18.04.2017
Spreewaldtod / Klaudia Wagner Bd.2
Dieckerhoff, Christiane

Spreewaldtod / Klaudia Wagner Bd.2


sehr gut

Ein rumänischer Erntehelfer wird tot in einem Fließ gefunden. Die Polizei steht vor einem Rätsel. Gibt es einen ausländerfeindlichen Hintergrund? Klaudia Wagner übernimmt den Fall - und muss aufgrund eines personellen Engpasses ausgerechnet mit ihrem verhassten Kollegen Peter Demel zusammenarbeiten. Auch hier liegt Spannung in der Luft …

Das gut 330 starke Buch ist schnell und flüssig zu lesen, und Christiane Dieckerhoffs eingängiger Schreibstil zieht mich in Verbindung mit ihren anschaulichen Schilderungen schnell in das Geschehen hinein. Die Figuren sind anschaulich, die Geschichte realistisch, die Atmosphäre spürbar, doch was mir gerade zu Beginn des Buches missfällt, sind häufige Anspielungen auf Klaudias Zustand sowie ihre Gedanken und Reaktionen, die sich auf ein Ereignis im Frühjahr beziehen - da ich den ersten Band dieser Reihe nicht kenne, kann ich hiermit wenig anfangen und lediglich das ein oder andere im Laufe der Zeit erahnen.

Dennoch stelle ich fest, das mich genau das, was mich zu Anfang gestört hat, mich mit fortschreitender Geschichte immer mehr fesselt. Zwar ist das Verbrechen schlüssig und wird in dieser Geschichte vollständig abgeschlossen, doch es ist insgesamt recht ruhig und unspektakulär und mutiert zur Nebensache, während mich die Persönlichkeiten und das Geschehen rund um die Protagonisten bei der Polizei mehr und mehr in ihren Bann ziehen. Christiane Dieckerhoff versteht es, Figuren zu zeichnen und sie greifbar darzustellen, sie dabei aber etwas undurchsichtig zu lassen, was sie in gewisser Weise interessant macht. Gekonnt webt sie diese Aspekte in die Aufklärung des Mordes mit ein, klärt vergangene Dinge, stellt zeitgleich jedoch neue Sachverhalte in den Raum, die sicher in einem weiteren Band wieder aufgegriffen werden. Ebenso bleiben einige, für dieses Verbrechen nicht relevante Ereignisse offen, die im Zusammenhang betrachtet Ausgangspunkt für einen weiteren Kriminalfall darstellen könnten.

Fazit:
Unterm Strich hat mir „Spreewaldtod“ gut gefallen und mich so gefesselt, dass ich das Buch in einem Tag zu Ende gelesen habe. Nicht ganz überzeugen konnte mich das Verbrechen, was das Geschehen rund um die Ermittler jedoch weitestgehend wieder wettgemacht hat. Doch ich empfehle, den Vorgängerband „Spreewaldgrab“ zuerst zu lesen.

Bewertung vom 02.04.2017
Under Your Skin. Halt mich fest / Under your skin Bd.1
Cole, Scarlett

Under Your Skin. Halt mich fest / Under your skin Bd.1


sehr gut

Nach einer schrecklichen Misshandlung durch ihren Exfreund beginnt Harper Connelly ein neues Leben in Miami Beach. Um endgültig mit diesem Erlebnis abschließen zu können, möchte sie sich ihre Narben auf dem Rücken übertätowierten lassen. Trent Andrews ist ein begnadeter Tätowierer und scheint genau der Richtige für diese Aufgabe zu sein. Doch es kostet sie große Überwindung, diesen Schritt zu wagen …

Der gut 440 Seiten starke Roman lässt sich leicht und flüssig lesen, und zieht mich gleich zu Beginn in seinen Bann. Einfühlsam führt Scarlett Cole ihre beiden Protagonisten Harper und Trent ein, die mich faszinieren und schon schnell greifbar werden. Beide sind starke Charaktere - Harper, misshandelt, traumatisiert und unsicher, jedoch mutig und fest entschlossen, sich nicht von ihren Ängsten beherrschen zu lassen und Trent, ein begabter Tätowierer und Frauenheld, der aber gleichsam mit einer sensiblen Ader ausgestattet ist. Von ihrem ersten Zusammentreffen an spüren beide, dass zwischen ihnen eine besondere Chemie herrscht, doch ebenso wissen sie, dass der Weg zueinander nicht leicht sein wird - eine berührende Geschichte mit Potential, von der ich mir - vorweg genommen - jedoch etwas mehr Tiefe versprochen hatte.

Die Handlung verläuft recht vorhersehbar, behutsam nähern sich die beiden an. Der Leser erlebt das Geschehen abwechselnd aus Trents und Harpers Sicht, erhält so Einblicke in die jeweiligen Gefühle und Gedanken und ist damit nahe am Geschehen. Wie erwartet ergeben sich bis zum Happy-End viele Höhen und Tiefen, immer wieder stellt sich die Frage nach dem Vertrauen in den anderen, alles eingebettet in Romantik, Erotik und einen - eigentlich - spannenden Hintergrund zur Geschichte. Doch die in der Kurzbeschreibung angekündigten, geheimnisvollen SMS von Harpers Ex lassen lange auf sich warten, und die Handlung längt sich etwas in der Mitte des Buches. Erst auf den letzten 30 Seiten kommt es schließlich zum erwarteten Showdown, der dann zwar dramatisch, aber recht kurz und knapp abgehandelt wird.

Fazit:
"Under your Skin" ist eine berührende Liebesgeschichte mit greifbaren Protagonisten, die sich wunderbar mal zwischendurch wegschmökern lässt.