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Benutzername: 
Peter B.
Wohnort: 
Black Forest

Bewertungen

Insgesamt 14 Bewertungen
12
Bewertung vom 02.03.2023
Die marmornen Träume
Grangé, Jean-Christophe

Die marmornen Träume


ausgezeichnet

Erschütternder Thriller im Umfeld des zweiten Weltkriegs

Der Name Jean-Christophe Grangé dürfte Thriller-Freunden durchaus geläufig sein, insbesondere durch sein in Deutschland vielleicht bekanntestes Werk „Die purpurnen Flüsse“, welches auch sehr erfolgreich verfilmt wurde.
Neu erschienen ist nun ein „großer historischer Berlin-Thriller“, wie der Verlag auf dem meiner Meinung nach durchaus gelungenen Cover schreibt. Unter dem Titel „Die marmornen Träume“ kann man sich zunächst nicht wirklich etwas Konkretes vorstellen, dennoch wird eine gewisse Neugier geweckt.
Die Printausgabe hat gut 680 Seite und ist somit kein kurzes Werk. Dennoch und durch die Unterteilung in viele kurze Kapitel ist es gut durchlesbar. Dazu trägt natürlich auch die spannende Geschichte bei, womit wir beim Inhalt wären:

Im Berlin unmittelbar vor Beginn des zweiten Weltkriegs lernen wir die drei Protagonisten des Romans kennen. Den Analytiker, Traumdeuter und Gigolo Simon Kraus, der einerseits als Traumdeuter für die höhere Gesellschaft agiert, genauer gesagt meist für den weiblichen Teil dieser Gesellschaft, wobei er als lukratives Geschäftsmodell nebenher seine Patientinnen verführt und anschließend erpresst.
Zu ihm gesellt sich der SS-Offizier Franz Beewen, der den Auftrag hat, den Mord an einer Dame aus dem elitären Wilhelmklub aufzuklären, die eben auch Patientin von Simon Kraus ist.
Vervollständigt wird das Ermittler-Trio von Minna von Hassel, einer adligen (und alkoholabhängigen) Ärztin, die eine psychiatrische Klinik leitet, in der auch Beewens Vater Patient ist.
Es mag konstruiert klingen, dass sich ein solches Trio zu einer gemeinsamen Mordermittlung zusammenfindet, aber dem Autor gelingt es meisterhaft, die Geschichte so zu erzählen, dass man nicht den Eindruck hat, es wäre alles völlig unlogisch und an den Haaren herbeigezogen.
Vielmehr wirkt alles logisch und hätte sich durchaus genau so in der damaligen Zeit abspielen können. Das ganze ist spannend und bildhaft geschrieben, so dass man gerne nochmal ein oder mehrere der kurzen Kapitel weiterliest, wo man vielleicht schon anderes tun wollte.
Geschickt legt Grangé falsche Fährten, um den Leser dann mit einem unerwarteten Täter zu überraschen, ohne dass es völlig unglaubwürdig und abstrus wirken würde.

Eine leichte Kost ist das Buch nicht. Ausführlich beschreibt der Autor die Gräueltaten, die sich im Krieg und in der Nazidiktatur vor dem Krieg ereignet haben und die offenbar ganz normal waren, seien es grausame Gewalttaten oder ein ständiges gegenseitiges Bespitzeln.
Für die meisten Leser, die zum Glück keinen Krieg selbst miterleben mussten, dürfte das sehr erschütternd sein.

Insbesondere die Figur des Ernst Mengerhäusen spielt eine besondere Rolle bei den im Buch geschilderten Grausamkeiten dieser Zeit. In einem Wahn werden ihm Gräueltaten zugeschrieben, welche die menschliche Vorstellungskraft fast übersteigen und die den Leser sicher an der einen oder andren Stelle wütend und fassungslos zurücklassen.
Wenn der Leser hier Parallelen zum SS-Lagerarzt Josef Mengele zieht, dürfte er sicher nicht ganz falsch liegen. Alleine die Namensgebung der Figur des Romans ist wohl eher kein Zufall.

Fazit:
Ein spannendes Buch. Die erschütternde Zeit wird dank der bildhaften Sprache des Autors vor dem inneren Auge des Lesers lebendig. Allerdings ist es nichts für zart besaitete Personen, die sonst möglicherweise auch von „marmornen Träumen“ aufgesucht werden.

Bewertung vom 04.10.2021
Der Tod und das dunkle Meer
Turton, Stuart

Der Tod und das dunkle Meer


ausgezeichnet

Onkel Tom treibt sein Unwesen

Mit „Der Tod und das Dunkle Meer“ legt der englische Journalist und Autor nach seinem gefeierten Debüt „Die sieben Tode der Evelyn Hardcastle“ nun seinen zweiten Roman vor.

Story:
Die Geschichte spielt auf einer Ostindienseereise im Jahr 1634. Mit dabei der Detektiv Samuel Pipps mit seinem Gehilfen Arent Hayes, der Generalgouvaneur Jan Haan mit seiner Frau Sara und Tochter Lia, die Witwe Creesje Jens mit ihren Söhnen sowie eine ganzen Schar weiterer illustrer Persönlichkeiten aus Gästen und Besatzung.
Sie alle treten in Batavia unter dem Kommando von Kapitän Crauwels die achtmonatige Reise auf der „Saardam“ von Batavia Richtung Amsterdam an.
Bereits unter normalen Umständen ist eine solche Reise ein von allerlei Unabwägbarkeiten geprägtes Unterfangen, bei dem nicht sicher ist, ob das Schiff sein Ziel tatsächlich erreicht.
Von normalen Umständen kann allerdings im Fall der „Saardam“ keine Rede sein.
Bereit vor dem Auslaufen des Schiffes gibt es einen ersten Zwischenfall als Omen dafür, dass die Reise unter keinem guten Stern steht. Dabei taucht erstmals das Symbol des „alten Tom“ auf, eines Dämons, der bereits in der Vergangenheit für furchtbare Ereignisse verantwortlich gemacht wurde, der aber nie greifbar scheint. Die Serie von Zwischenfällen setzt sich an Bord während der Fahrt fort, und immer wieder taucht dabei das Symbol des alten Tom auf.
Nun wäre mit Samuel Pipps ein Meisterdetektiv an Bord, der in der Vergangenheit schon viele Fälle gelöst hat. Allerdings sind ihm hier im wahrsten Sinne des Wortes die Hände gebunden, denn Pipps reist als Gefangener auf der Saardam und soll nach Ankunft in Amsterdam hingerichtet werden. So muss sein Assistent Artent mehr oder weniger auf sich allein gestellt, aber mit tatkräftiger Hilfe von Sara und Creesje versuchen, Licht in die dunklen Machenschaften zu bringen. Ein schwieriges Unterfangen, da jeder der Reisenden seine eigenen Motive zu verfolgen scheint, die nicht leicht zu durchschauen sind.
So segelt die Saardam immer mehr dem scheinbaren Verderben entgegen, und allen Passagieren droht der Tod.

Fazit:
Der Autor selbst weist in seinem Nachwort darauf hin, dass die Geschichte schwer in ein Genre einzuordnen sein wird, da sämtliche geläufigen Bezeichnungen nur bedingt auf das Buch zutreffen. Viele beschriebene Dinge passen nicht ganz in die damalige Zeit, so dass sich das Ganze nie so abgespielt haben kann. Das sei allerdings auch nicht der Anspruch des Buches. Vielmehr soll das Ganze als „historische Fiktion“ in erster Linie unterhalten.
Dies ist Stuart Turton meiner Meinung nach auch vorzüglich gelungen. Die Charaktere sind vortrefflich beschrieben und die Sprache so bildhaft, dass man sofort in die Geschichte eintauchen kann und beim Lesen fast schon das Rauschen der Wellen zu hören meint. Ein sehr kurzweiliges Lesevergnügen bis zum überraschenden, aber keineswegs unlogischen Ende.
Während ich beim vorherigen Werk des Autors doch fast schon Schwierigkeiten hatte, der Geschichte zu folgen, ist mir das beim Lesen dieses Buches deutlich leichter gefallen.
In meinen Augen also eine klare Leseempfehlung!

Bewertung vom 25.08.2021
Waldeskälte
Krüger, Martin

Waldeskälte


ausgezeichnet

Entführung in die Finsternis der Schweizer Berge

Mit „Waldeskälte“ legt Martin Krüger den ersten Teil einer Reihe um die Ermittlerin Valeria Ravelli vor. Bereits das Cover des Buches ist sehr gelungen und bereitet den Leser auf die düstere Grundstimmung des Buches vor.

Inhalt:
Valeria Ravelli, ihres Zeichens Sonderermittlerin gegen das Organisierte Verbrechen, wird von ihrem Jugendfreund Elias kontaktiert und um Hilfe gebeten, da seine Nichte Nora spurlos verschwunden ist. Er geht von einer Entführung aus, so wie 21 Jahre zuvor bereits drei Mädchen aus dem kleinen Örtchen Eigerswald entführt wurden. Von den damals Entführten überlebte nur ein Mädchen, nämlich niemand anderes als Valeria.
Die Ermittlerin kann den Wunsch ihres Freundes nicht abschlagen und begibt sich zurück auf eine Reise zu ihrem Heimatort und somit auch in ihre eigene Vergangenheit. An das Verbrechen von damals hat sie keine Erinnerung. Diese kehrt allerdings im Laufe der Ermittlungen in kleinen Portionen, kaum greifbar, in Form von Albträumen zurück.
Gemeinsam mit dem Ermittler Birkner, der für die lokale Polizeibehörde an dem Fall arbeitet und Choe Muston, die bereits am alten Ermittlungsfall mitgearbeitet hatte, setzt Valeria nach und nach die Puzzleteilchen zusammen, um dem Täter, der sehr wahrscheinlich aus dem kleinen Dorf selbst stammt, auf die Spur zu kommen. Auch vermeintliche Freunde und Verwandte können nicht von Vornherein als Täter ausgeschlossen werden.
Dass das kleine Ermittlerteam dabei selbst in höchste Gefahr gerät versteht sich fast von selbst. Ein Wettlauf mit der Zeit und ein Kampf ums Überleben sowohl der Entführten als auch der Ermittler beginnt und spitzt sich immer mehr zu.

Meine Meinung:
Mir hat das Buch sehr gut gefallen. Der Schreibstil ist flüssig und die Geschichte entwickelt nach und nach einen richtigen Sog, der einem immer tiefer hineinzieht in die düstere Landschaft der winterlichen Schweizer Berge. Man erwartet stellenweise fast beim Lesen, einen kalten Windhauch zu spüren und seltsame Geräusche zu vernehmen.
Stellenweise sind die beschriebenen Situationen fast schon mysteriös und der Leser weiß ebenso wenig wie die Protagonistin, wo die Realität aufhört und die Albträume beginnen.
Die Auflösung ist nicht unbedingt vorhersehbar und durchaus schlüssig.

Fazit:
Absolut lesenswert, ich freue mich auf den nächsten Teil!

Bewertung vom 27.04.2021
Schwarzwälder Morde / Schwarzwald-Krimi Bd.2
Graze, Linda

Schwarzwälder Morde / Schwarzwald-Krimi Bd.2


gut

Schwarzwälder Morde

Schnapsbrenner und Moorleiche…

… ob oder was der eine mit der anderen zu tun hat, erfährt man in „Schwarzwälder Morde“, dem zweiten Band um Kommissar Justin Schmälzle, den Linda Graze im beschaulichen Bad Wildbad ermitteln lässt.

Gemeinsam mit seinem Kollegen Harald Scholz und der Putzfrau des Wildbader Polizeipostens hat er es gleich mit verschiedenen Vorkommnissen zu tun, die zunächst gar nichts miteinander zu tun zu haben scheinen.

Da wäre zum einen der Bau einer großen Ferienanlage im nahegelegenen Nonnenmiss, was allerdings offenbar nicht jedem gefällt. So tauchen Drohbriefe aus, es werden Autoreifen zerstochen und schließlich fallen sogar Schüsse.

Hinzu kommt schließlich der Fund einer Moorleiche, dies sich bei genauem Hinsehen als Mordopfer herausstellt. Da hier jedoch der Täter wohl beinahe ebenso lang wie das Opfer bereits nicht mehr unter den Lebenden weilt, scheint der Fall weniger dringlich, zumindest was den Polizeipostenleiter Scholz angeht. Kollege Schmälzle lässt jedoch auch hier nicht locker.

Meine Meinung:
Ich fand es ganz nett zu lesen, da ich zwar kein gebürtiger Schwabe oder gar Wildbader bin, jedoch nun schon eine ganze Weile in der Gegend im Nordschwarzwald lebe. Der Lokalkolorit kommt hier definitiv nicht zu kurz und es macht Spaß, die beschriebenen Schauplätze zu kennen und das eine oder andere Mal erwischt man sich dabei, zustimmend zu nicken, wenn man an einen Ort denkt oder wenn die Charaktere ihre typisch schwäbischen Ausdrücke zum Besten geben.

Was die Story selbst angeht, die in zwei Handlungssträngen erzählt wird – Gegenwart und Rückblick in Form von Tagebucheinträgen aus dem 19. Jahrhundert – so ist diese doch teilweise etwas verwirrend und nicht immer hochspannend. So fesselnd, dass man das Buch am liebsten nicht mehr aus der Hand legen möchte, wird es leider nicht.

Fazit:
Ganz nett vor allem für jene, die Bad Wildbad und Umgebung als Wohn- oder Urlaubsort kennen und mögen. Alle anderen werden vielleicht mit anderer Krimilektüre glücklicher. Ich vergebe 3 Sterne.

Bewertung vom 06.04.2021
Unter Wasser Nacht
Hauff, Kristina

Unter Wasser Nacht


ausgezeichnet

Gefühlvolles Familiendrama

„Unter Wasser Nacht“ von Kristina Hauff erzählt die Geschichte zweier Paare, die gemeinsam auf einem Hof in den Elbauen im Wendland leben. Von der einst engen Freundschaft von Thies und Sophie einerseits und Bodo und Inga andererseits ist nicht mehr viel übrig, seit ein Jahr zuvor Aaron, dem Sohn von Thies und Sophie, unter ungeklärten Umständen ums Leben gekommen ist. Zu schwer ist es für Sophie und Thies, die Idylle der vermeintlich perfekten Familie der Nachbarn mit deren Kindern Jella und Lasse Tag für Tag vor Augen zu haben.
Da taucht plötzlich die geheimnisvolle Mara auf und durch den einen oder anderen Zufall lernt sie unsere Protagonisten etwas besser kennen. Auf unsere beiden Ehepaare und die Kinder von Bodo und Inga übt Mara eine geheimnisvolle Anziehungskraft aus, wobei jeder etwas anders in Mara sieht. Die Anwesenheit von Mara führt dazu, dass die Paare sich wieder einander annähern.
Nach und nach kristallisiert sich heraus, dass Maras Geschichte doch in gewisser Weise verwoben ist mit dem Leben der beiden Familien. Und auch mit dem Leben von Edith und Ulrich, Ingas Eltern. Seinen Ursprung genommen hat das Ganze bei Anti-Atomkraft-Protesten viele Jahre zuvor.
So wird nach und nach manches Geheimnis der Beteiligten gelüftet und nebenbei kommt auch noch etwas Licht in die Umstände von Aarons Tod.

Meine Meinung:
Das Buch ist schön geschrieben. In jedem der angenehm kurzen Kapitel steht eine der Hauptpersonen im Mittelpunkt und es wird jeweils erzählt, wie sich die Handlung aus deren Perspektive entwickelt. Auch gibt es ausführliche Einblicke in die Gefühls- und Gedankenwelt der Protagonisten, so dass sich der Leser in die Figuren hineinversetzen kann. Das Buch baut seine Spannung recht subtil auf und weiß mit immer neuen Wendungen zu überraschen.
Das ganze liest sich sehr flüssig, so dass man recht schnell am Ende der 288 Seiten angelangt ist.

Fazit:
Ein gefühlvoll geschriebenes absolut lesenswertes Familiendrama.

1 von 1 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.

Bewertung vom 22.03.2021
Das Flüstern der Bienen
Segovia, Sofía

Das Flüstern der Bienen


ausgezeichnet

Die Geschichte vom Bienenjungen

„Das Flüstern der Bienen“ erzählt die Geschichte der Familie Morales und spielt in der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts in der Stadt Linares in Mexiko.
Es beginnt mit dem Fund eines ausgesetzten Kindes – entstellt und von einem Schwarm Bienen begleitet. Dieses Kind, Simonopio genannt, ist zwar stumm, verfügt aber über ganz besondere Fähigkeiten, wie sich im Laufe des Buches herausstellt. Zu viel soll an dieser Stelle jedoch darüber nicht verraten werden.
Die Familie Morales nimmt den Jungen bei sich auf und behandelt ihn wie ihr eigenes Kind.
Im Laufe der Geschichte taucht man nun ein in die mexikanische Welt dieser Zeit, zu der die spanische Grippe gewütet hat und es auch politische Umbrüche und Unruhen gegeben hat.
Dabei wird der Zeitraum von etwas mehr als einer Generation geschildert, unter anderem die Geburt eines spät geborenen Sohns der Familie Morales, der ein besonderes Verhältnis zum Bienenjungen hat.

Bemerkenswert ist die Erzählperspektive des Buches. Hier gibt es immer wieder Wechsel zwischen einem Ich-Erzähler, von dem sich nach und nach herauskristallisiert, dass es der oben bereits erwähnte junge Sohn der Familie Morales, der „kleine Francisco“, inzwischen selbst ein alter Mann, ist, und einer auktorialen Erzählperspektive. An dieser Stelle möchte ich auch eine Empfehlung für das Hörbuch aussprechen, wo durch zwei verschiedene Sprecher, Uve Teschner und Reinhard Kuhnert, dieser Perspektivenwechsel schön zur Geltung kommt. Beide haben auch eine Art des Lesens, die ich sehr passend finde zum Erzählstil und der Sprache des Romans.
Das Buch liest sich sehr flüssig und leicht, Charaktere und Handlung sind schön beschrieben, die Sprache bildhaft und stellenweise poetisch, so dass man richtig Eintauchen kann in die Welt des Buches. Manchmal muss man schmunzeln, an anderen Stellen macht sich vielleicht eine gewisse Traurigkeit breit, da den Protagonisten leider nicht nur Gutes widerfährt.

Mein Fazit:
Ein gelungenes modernes Märchen über Freude und Leid einer Familie, mit teilweise geschichtlich-politischem Hintergrund über das Mexiko des 20. Jahrhunderts, welches ich gerne weiterempfehle.

Bewertung vom 11.03.2021
Sommer der Träumer
Samson, Polly

Sommer der Träumer


weniger gut

Hippies auf Hydra

Erica Hart ist erst 17, als sie mit dem Tod ihrer Mutter ein schwerer Schicksalsschlag ereilt. Das Verhältnis zum Vater ist angespannt, daher kommt die Einladung von Charmian Clift, einer ehemaligen Nachbarin und Freundin der Mutter, sie auf der griechischen Insel Hydra zu besuchen, gerade recht. Gemeinsam mit einer Gruppe weiterer junger Leute macht sie sich auf den Weg nach Griechenland, wo sie als Teil einer Künstlergemeinschaft einige Zeit verbringt.
Am Ende des Buches erfährt der Leser die Fortsetzung des Lebenswegs einiger Beteiligter und es wird nochmal deutlich, wie toll die Zeit auf der Insel war.

Meine Meinung:
Sprachlich ist es stellenweise tatsächlich ein Genuss, was Polly Samson zu Papier gebracht hat. Die Beschreibung von Landschaft, Insel, der Begebenheiten ist wirklich sehr gelungen und erfreut das Herz des Lesers.
Was das Buch allerdings für mich doch recht anstrengend gemacht hat, war zum einen die Fülle an Personen. Die Idee, dass die Protagonistin auf der Insel durchaus prominente Persönlichkeiten trifft wie Leonard Cohen, Axel Jensen oder Marianne Ihlen, hat durchaus ihren Charme. Aber zusammen mit den vielen Einheimischen inclusive kompletter Familien sieht man sich mit einem Sammelsurium von Namen konfrontiert, bei dem man leicht den Überblick verliert. Zumal die Personen teilweise wie aus dem Nichts auftauchen und der Auftritt nach einigen Absätzen im Buch auch schon wieder vorbei ist, ohne dass sie zur Handlung beigetragen hätten.
Wobei Handlung schon fast übertrieben ist, was das nächste ist, was mir an dem Buch nicht gefallen hat. Es gibt eine Handlung nur in homöopathischen Dosen und man läuft auch noch Gefahr, sie zu überlesen, wenn man der Versuchung erliegt, bei der Beschreibung der ganzen Gelage, die bis ins kleinste Detail wiedergegeben werden, ein wenig quer zu lesen.

Fazit:
So schön die Sprache und all die Beschreibungen des Lebens auf Hydra sind, so hätte meiner Meinung nach ein wenig Handlung dem Buch gut getan. Ich musste mich letztlich schon fast quälen, das Buch zu Ende zu lesen.

Bewertung vom 17.02.2021
Die Erfindung der Sprache
Baumheier, Anja

Die Erfindung der Sprache


ausgezeichnet

Wunderbare Geschichte

Der neue Roman von Anja Baumheier erzählt die die Geschichte von Adam Riese. Nicht etwa dem Mathematiker (der auch Erwähnung im Buch findet), sondern einem Sprachwissenschaftler, den es von der Insel Platteoog über Berlin auf eine Reise über den halben Kontinent verschlägt, um etwas über seine Familie zu erfahren und schließlich auch neue Seiten von sich selbst zu entdecken.

Zum Inhalt:
Geboren auf der Insel Platteoog ereilt Adam mit 13 Jahren das Schicksal, als sein Vater plötzlich spurlos verschwindet. Die Mutter spricht fortan kein Wort mehr in ihrer Trauer. Eines Tages fällt beiden ein Buch mit dem Titel „Die Erfindung der Sprache“ in die Hände, welches Hinweise enthält, dass Adams Vater noch am Leben sein könnte. Während sich durch diese Entdeckung der Zustand von Adams Mutter noch weiter verschlechtert, macht Adam sich gemeinsam mit der Autorin dieses Buches auf die Suche, welche über Bad Kissingen und Prag bis in die Bretagne führt.

Meine Meinung:
Mir hat die Geschichte gut gefallen. Die etwas kauzigen Charaktere sind sehr schön herausgearbeitet und wuchsen mir schnell ans Herz. Nicht nur Adam selbst, auch seine aus Tschechien stammende Großeltern, ein japanischer Arzt und die anderen Inselbewohner von Platteoog.
Die Erzählung wechselt immer wieder von der Vergangenheit mit Adams Geburt, seinem Aufwachsen und schließlich dem Verschwinden seines Vaters zur Gegenwart und somit zu Adams Heldenreise, wie seine Suche im Buch bezeichnet wird.
Das Buch empfinde ich als sprachlich sehr gelungen, auch wenn durch viele fremdsprachliche Einschübe mit entsprechender Übersetzung in Fußnoten der Lesefluss manchmal etwas gehemmt wird. Zu nennen wäre z. B. die ihr eigene Grammatik und das deutsch-tschechisch von Adams Großmutter, was aber einfach passend erscheint und die ganze Figur lebendiger werden lässt.

Also von meiner Seite eine klare Leseempfehlung, ich selbst werde auch noch vorherige (und künftige) Bücher der Autorin lesen.

Bewertung vom 04.02.2021
Der Solist
Seghers, Jan

Der Solist


ausgezeichnet

Im vorliegende Buch, einem politischer Thriller, führt der Autor einen neuen Ermittler ein, den Frankfurter BKA-Mann Neuhaus. Das Ende des Buches lässt vermuten, dass wir es hier nicht mit dem letzten Fall dieses Mannes zu tun haben.

Inhalt:
Jener bereits erwähnte BKA-Ermittler stößt in Berlin auf eine neu gegründete Sondereinheit zur Terrorabwehr, wo er mit seinen dortigen Kolleginnen und Kollegen zunächst einen, im Verlauf des Falles aber noch weitere Morde aufklären soll.
Die Wahl der Opfer, zunächst ein homosexueller jüdischer Aktivist, dann eine muslimische Anwältin, sowie an den Tatort gefundene Bekennerschreiben lassen einen terroristischen Hintergrund vermuten.

Der eher eigenbrötlerische und wenig teamfähige Neuhaus macht sich daran, die Zusammenhänge zu enthüllen. Zur Seite steht ihm seine Kollegin Suna-Marie, genannt Grabowski, die von ihrer Art her eher dem Gegenteil von Neuhaus entspricht. Dennoch geben die beiden ein gutes Team ab und bauen auch im Laufe des Falles ein gewisses Vertrauen zueinander auf.
Die Ereignisse spitzen sich im Laufes des Falls schließlich immer weiter zu, wobei auch Neuhaus selbst in große Gefahr gerät.

Mein Fazit:
In kurzen prägnanten Sätzen schildert Jan Seghers die Geschichte, irgendwie passend zu seinem wortkargen Ermittler.
Mit weniger als 250 Seiten ist das Buch dann auch recht schnell ausgelesen, obwohl man als Leser gerne noch ein wenig mehr Zeit mit den Protagonisten verbracht hätte.
Mir hat es gut gefallen und ich bin gespannt, welche neuen Fälle noch auf Neuhaus zukommen werden und wie sich vielleicht auch sein Privatleben entwickelt.
Hier lässt sich der Autor noch größere Spielräume offen.

Bewertung vom 23.12.2020
Die Djurkovic und ihr Metzger
Raab, Thomas

Die Djurkovic und ihr Metzger


gut

Skurriler Krimi

Mit „Die Djurkovic und ihr Metzger“ liefert Thomas Raab bereits den achten Band um den Restaurator Willibald Adrian Metzger ab.
Für mich persönlich war das Buch die erste Begegnung sowohl mit Thomas Raab als Autor als auch mit dem Metzger als Hauptfigur.

Die Handlung:
Ein großer Tag im Leben von Willibald Metzger steht bevor: Er möchte seine Danjela heiraten. Doch dann kommt es ganz anders als erwartet, denn noch vor der Trauung lässt ihn die Holde sitzen oder vielmehr vorm Traualtar stehen und verschwindet mit einem Fremden im Auto.
Emotional angeschlagen versucht der Metzger herauszufinden, wie es dazu kommen konnte, und stößt dabei auf die Machenschaften eines Familienclans, in die seine Verlobte irgendwie verwickelt zu sein scheint.

Meine Meinung:
Die Figur des Metzgers finde ich mit all ihren Ecken und Kanten sympathisch und authentisch.
Die Handlung wird aus mehreren Perspektiven und teilweise in Rückblenden erzählt, was mitunter schon mal zu Verwirrung führen kann. Bis kurz vor Ende der Geschichte waren zumindest mir die Zusammenhänge nicht wirklich klar. Aber das ist ja kein schlechtes Zeichen für einen Krimi.
Die Sprache ist teilweise mit scharfsinnigem feinem Humor versehen, liest sich aber nicht ganz so flüssig wie es bei anderen Autoren teilweise der Fall war.
Man muss schon konzentriert bei der Sache sein beim Lesen.

Fazit:
Für mich persönlich fast etwas zu verwirrend, macht es bei mir doch noch Lust auf mehr, so dass ich wohl noch weitere Bände der Reihe lesen werde (dann chronologisch von Anfang an). Insgesamt ein ordentliches Werk, wenngleich kein herausragendes Highlight, sondern eher solide Krimikost etwas außerhalb des Mainstreams.

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