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Benutzername: 
Lamia
Wohnort: 
Hannover

Bewertungen

Insgesamt 2 Bewertungen
Bewertung vom 07.07.2010
Du findest mich am Ende der Welt
Barreau, Nicolas

Du findest mich am Ende der Welt


sehr gut

„mir [kam] nicht zum ersten Mal in diesen Tagen der Gedanke, daß das menschliche Auge […] nur die Oberfläche aller Dinge zu erfassen vermag. Unser Blick gleitet darüber hinweg, gesteuert von einer subjektiven Wahrnehmung, die uns die Dinge nur in einer sehr beschränkten Wirklichkeit sehen lässt […].
Sah man nicht die meisten Menschen, ohne sie zu sehen?“
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Jean-Luc führt ein unspektakuläres, aber lebenswertes Leben. Er ist erfolgreicher Galerist in Paris und hat hin und wieder mal kürzere, mal längere Beziehungen. Doch als er den Liebesbrief einer Unbekannten erhält, beginnt er seine Welt mit anderen Augen zu sehen.. Von ihrer Schlagfertigkeit beeindruckt, lässt er sich auf die Korrespondenz ein und erliegt immer mehr dem Sog der Geheimnisvollen. Wer ist diese seltsame Fremde, die ihn allein mit Worten verführt, die ihn trotz der physischen Distanz so sehr berührt, wie niemand zuvor?
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Das Buch gefällt mir. Es ist ein klasse Unterhaltungsroman. Die große Frage, die sich wie ein roter Faden durch das Buch zieht, ist natürlich: Wer ist die Unbekannte? Ein cleverer Schachzug vom Autor, denn so ist eine gewisse Grundspannung stets erhalten. Ein großer Pluspunkt ist ebenfalls der Hauptcharakter Jean-Luc. Der Autor nervt uns keineswegs mit einem Mr. Perfect, sondern mit einem zwar durchaus charmanten Mann, der aber menschliche Züge und Schwächen besitzt. Zudem entwickelt sich sein Charakter im Laufe der Geschichte oder viel mehr seine Wahrnehmung von seinen Mitmenschen. Er fängt an, sich über seine Umwelt Gedanken zu machen. Seine Erkenntnisse geben dem Buch Tiefgang. Der Autor will uns nicht einfach nur unterhalten, er will uns auch lehren. Ein sehr wichtiges Qualitätsmerkmal. Einziges Manko ist, dass das Ende sich zu glatt auflöst. Keine Konflikte. Nichts. Da hätte ich mehr erwartet, da der Autor ansonsten ein sensibles Händchen bewiesen hat.
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Fazit: Ein spannender Liebesroman mit Tiefgang vor einer (kuscheligen) französischen Kulisse

2 von 2 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.

Bewertung vom 07.07.2010
Gut gegen Nordwind
Glattauer, Daniel

Gut gegen Nordwind


ausgezeichnet

Kann man sich in Worte verlieben?
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"Liebe Emmi, ist Ihnen schon aufgefallen, dass wir absolut nichts voneinander wissen? […] Wir stellen Fragen, deren Reiz darin besteht, nicht beantwortet zu werden. Ja, wir machen uns einen Sport daraus, die Neugierde des anderen zu wecken und immer weiter zu schüren, indem wir sie kategorisch nicht befriedigen. […] Wir kommunizieren im luftleeren Raum. […] Es gibt keine anderen Menschen um uns. Wir wohnen nirgendwo. Wir haben kein Alter. Wir haben keine Gesichter. […] Wir leben in keiner Zeit.[...] Wir haben [nur] ein gemeinsames Hobby: Wir interessieren uns für eine jeweils völlig fremde Person."
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Alles beginnt mit einem Tippfehler: Unabsichtlicherweise schreibt Emmi Emails an Leo. Leo schreibt zurück. Emmi schreibt zurück. Sie können es nicht lassen. Auf einem schmalen Grad zwischen völliger Anonymität und absoluter Intimität kommen sie sich näher. Sie wissen alles und doch nichts voneinander. Sie verlieben sich in die Worte des anderen. Haben eine Illusion der Perfektion des anderen im Kopf. Und gleichzeitig wissen sie doch, dass diese Perfektion niemals der Realität standhalten kann. Dass ihre Liebe ihr ganzes Leben auf den Kopf stellen würde.
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Stell dir vor, zwei Menschen spielen Ping Pong. Beide sind gut. Sie spielen sich sozusagen den Ball mit einer unglaublichen Geschwindigkeit und Kraft um die Ohren. Du bist der begeisterte – nahezu fanatische - Zuschauer. Verfolgst den Ball zu jeder Zeit. Egal wie schnell er hin und her fliegt. Egal wie sehr dein Kopf schon dröhnt; denn du bist zu sehr in das Spiel vertieft. Bist längst in das Spiel hineingesogen worden. Genauso verhält es sich mit „Gut gegen Nordwind“. Der Leser wird nahezu süchtig. Glattauer besticht mit einem hervorragenden Wortwitz und brillanten Dialogen. Die Spannung treibt den Leser durchgehend voran und steigert sich dann zum Ende noch enorm. So wird es nahezu unmöglich, dass Buch nicht in eins durchzulesen.
Kurzum: Glattauer brilliert auf ganzer Linie. Mein Lieblingsbuch.

1 von 2 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.