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Schoko_und_buch
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Friedberg

Bewertungen

Insgesamt 47 Bewertungen
Bewertung vom 18.06.2025
Turton, Stuart

Der letzte Mord am Ende der Welt


sehr gut

Eine Insel umgeben von Nebel. Die Bewohner, 122 an der Zahl, gehen täglich einem geregelten Ablauf nach – Aufstehen, Essen, Arbeiten, Dienst an der Gemeinschaft und abends Feiern. Zu einer festen Zeit gehen alle schlafen. Lediglich den Ältesten wird eine etwas andere Rolle zuteil. Man weiß genau, wann man stirbt und wann neues Leben nachrückt. Für die Elternschaft muss man sich bewerben. Und jeder begleitet eine Tätigkeit, die der Gemeinde hilft, wenige Auserwählte können Entdecker werden. Nur Emory schlägt ein wenig aus der Art. Zweifel und Misstrauen lassen sie zu viele Fragen stellen. Als die Bewohner jedoch eines Tages erwachen und mehrere Bewohner tot auffinden, kommt Emory genau diese Eigenschaft zu gute. Sie kann Aufklären, was passiert ist.
Ich habe mich im ersten Moment schwer getan in das Buch hineinzufinden. Doch ich habe nicht bereut, mich durchgebissen zu haben. Eine dystopische Kulisse, die jedoch viele moralische und ethische Fragen der Menschheit aufgreift. Und das hat mich wirklich gepackt, da ich bei einigen Punkten absolut ins Nachdenken gekommen bin. Die „neue“ Welt wurde detailliert aufgebaut, manchmal etwas verworren. Aber da ich keine Erfahrungen mit Dystopien habe, ist sicherlich mein Eindruck kein Maßstab. Tolle Charaktere, Spannung und ein einnehmender Schreibstil. Ein interessantes Buch, welches ich sehr lesenswert fand.

Bewertung vom 18.06.2025
Kastner, Corinna

Fischland-Verschwörung


sehr gut

Kassandra und Paul ermitteln wieder, diesmal offiziell beauftragt. Doch irgendwas ist faul, denn Polizeichef Scheller ist seit dem Auftrag nicht auffindbar. Und auch Paul bringt sich selbst wieder in Gefahr. Diesmal geht es darum, dem Diamantenschmuggel in Wustrow aufzudecken. Wenn nur nicht jemand schneller gewesen wäre und sämtliche Beweise vernichtet hätte.
Ich liebe die Region, in der der Krimi spielt. Daher konnte ich mich direkt vor Ort fühlen. Spannung und Überraschungen kommen hier nicht zu kurz. Der Schreibstil ist angenehm zu lesen. Ich empfehle aber, weitere Bände vorab gelesen zu haben. Ich bin beim vorausgehenden Band eingestiegen und tue mich noch immer schwer, mit den vielfältigen Figuren und woher diese sich kennen. Für Krimifans eine tolle Krimireihe mit Ostsee-Flair.

Bewertung vom 18.06.2025
Zinn, Danielle

Glutrotes Erzgebirge


ausgezeichnet

Ein Mord, getarnt als Unfall. Ein weiterer, getarnt als Suizid. Dazu ein rätselhafter Brief, der den Hauptkommissar Berghaus erreicht und eine Witwe, die eiskalt reagiert. Berghaus ist voll im Einsatz und wird unterstützt von Kollegin Keller aus Dresden und einem Praktikanten. Doch obwohl sie einen ähnlichen Hintergrund haben, kommen die beiden gar nicht miteinander klar. Alle Hände voll zu tun für den Kommissar.
Wiederum ein gelungener Krimi, der mit einigen Überraschungen aufwartet. Spannend geschrieben mit einer richtig schönen Darstellung der Gegend. Man muss die vorausgegangenen Teile nicht gelesen haben, um auch hier schnell in die Handlung zu finden. Eventuell versteht man den privaten Hintergrund etwas besser oder freut sich sonst einfach darauf, alte Bekannte wieder zu treffen. In jedem Fall lesenswert für alle Krimi-Fans

Bewertung vom 18.06.2025
Müller, Melissa

Mit dir steht die Welt nicht still


ausgezeichnet

1951 – nur wenige Jahre nach dem Ende des 2. Weltkrieges trifft Nanne in London auf John. Die beiden verstehen sich auf Anhieb und können schon am ersten Abend stundenlang reden. Doch John steht kurz vor seiner Ausreise nach Brasilien und Nanne möchte dem nicht im Weg stehen. Also beginnen die beiden zu schreiben. Nanne, die nachdem sie ein Konzentrationslager überlebt hat, eine Scheu hat, ihr Glück zuzulassen, wird schnell liebevoll „the practical woman“ genannt. Doch bei ihr gewinnen die Gefühle nach zahlreichen Briefen irgendwann die Oberhand.
Am Anfang ist es ein Flattern, ein gutes Gefühl, ein Verliebtsein. Tiefe Liebe ist ein anderes Gefühl und entwickelt sich mit der Zeit. Durch die gefühlvollen Briefe können wir beim Lesen mitverfolgen, wie sich die Gefühle zwischen Nanne und John entwickelt haben. Lange Briefe, in denen die beiden über ihren Alltag schreiben, über Ängste, über Gefühle und nicht zuletzt auch die ein oder andere witzige Anekdote. Solche Briefe sind ein Vermächtnis und gerade in unseren Zeiten, in denen wir zwar ständig schriftlich kommunizieren, diese Nachrichten aber selten länger als verbale Schlagabtäusche sind, ist es einfach herrlich, diese Schriftstücke zu lesen. Zwischen den Briefen liegen teils Wochen und doch haben die beiden es geschafft über die Entfernung mehrerer tausend Kilometer sich zu verlieben und für ihre Liebe zu kämpfen. Zwischendurch erfahren wir beim Lesen zudem auch noch mehr über die Geschichte der beiden Familien von John und Nanne, die natürlich jede für sich noch vor dem Krieg begann. Ein wundervolles Werk, welches sofort tief berührt.

Bewertung vom 18.06.2025
Höflich, Sarah

Maikäferjahre


ausgezeichnet

„Maikäferjahre“ erzählt die Geschichte von den Zwillingen Anni und Tristan gegen Ende des 2. Weltkrieges. Anni erwartet ihr erstes Kind, während ihr Mann an der Front vermisst wird. Sie lebt mit ihren Eltern in Dresden. Ihr Vater wird von der Gestapo verhaftet wegen dem Verdacht, den jungen Juden Adam, ein Musikertalent, zu verstecken. Dies kostet ihn letztlich das Leben. Und kurz darauf verliert Anni auch ihre Mutter bei der Bombardierung Dresdens. Ausgerechnet in dieser Nacht trifft sie tatsächlich auf Adam, der ihr und der inzwischen geborenen Tochter Clara das Leben rettet und von diesem Moment an ihrer Seite bleibt. Die beiden schlagen sich bis Tirol durch zu Annis Familie. Die gemeinsamen Erfahrungen bringen sie näher zusammen.
Tief im Herzen spürt Anni, dass auch ihr Bruder Tristan noch lebt. Der Kampfpilot stürzt bei der Bombardierung Englands ab und fällt in die Hände der jungen Krankenschwester Rosalie. Sie pflegt ihn gesund und es entsteht eine Liebe, die nicht sein darf. Gemeinsam kämpfen sie gegen den Hass an.
Für beide Geschwister bringt somit das Ende Krieges auch Zuversicht und Glück mit sich. Auch wenn der Hass noch eine Zeit in den Herzen der Nationen verbleiben wird. Die Geschichte der beiden Geschwister ist wunderschön geschrieben. Das Schicksal hat mich gerührt und am Ende flossen Tränen. Ein wunderbarer Roman über Liebe, die eigentlich besser nicht sein darf oder besser gesagt, die ihrer Zeit ein wenig voraus ist. Der Schreibstil ist sehr angenehm zu lesen. Die Darstellung der Bombardierung richtig ergreifend und beengend. Abwechselnd wird Annis oder Tristans Perspektive erzählt. Die Geschichte spielt über mehrere Jahre. Bei jedem Jahreswechsel werden die wesentlichen globalen Ereignisse im Kriegsgeschehen kurz zusammengefasst vorangestellt. Für mich ein Highlight dieses Jahr.

Bewertung vom 11.06.2025
Clark, Polly

Ocean - Gefangen im Blau


gut

Helen ist Lehrerin an einer Schule in einem Problembezirk. Sie ist engagiert und setzt sich für ihre Klasse ein. Ein tragisches Unglück verändert jedoch ihr Leben von heute auf morgen. Ihr Leben hat sie dem Einsatz ihres Retters zu verdanken, der ihr seitdem nicht mehr aus dem Kopf geht. Dies nimmt teils fanatische Züge an und beeinflusst nach und nach ihre Ehe und den Familienalltag. Zur Rettung der Familie kaufen und restaurieren sie ein altes Segelboot, mit welchem die schönen Erinnerungen an die erste Zeit der Beziehung verbunden sind. Kurz vor der Abreise platzt Sindi, eine der ehemaligen Schülerinnen in das Leben der Familie. Die Reise wird nun zu viert angetreten. Zu viert bepackt mit all den Problemen allein auf hoher See… Ob die Reise die Familie retten wird?

„Ocean“ ist ein abwechslungsreiches Buch, weit spannender als ein Roman, teils mit Zügen eines Thrillers und dann doch wieder eher tragischer Familienroman. So ganz kann ich es nicht einordnen. Manche Stellen haben mich so gefesselt, dass ich die Seiten nur so weggelesen hatte. Doch dann muss ich leider zugeben hatte das Buch Elemente, mit denen ich nicht warm geworden bin. Ich konnte nicht nachvollziehen, wieso Helen so fanatisch an ihrem Retter festhielt und ihr Verhalten, welches damit einherging. Durchaus bewusst, dass nach einem solch tragischen Ereignis nicht jeder gleich wieder funktioniert, so konnte ich Helens Verhalten nicht einordnen und habe mich schwer getan damit. Es gab noch ein paar weitere Dinge in der Handlung, die leider dazu geführt haben, dass mich das Buch nicht vollständig überzeugen konnte, trotz der stellenweise wirklich fesselnden Abschnitte.

Bewertung vom 11.06.2025
Sukegawa, Durian

Kirschblüten und rote Bohnen


ausgezeichnet

Sentaro arbeitet in einem kleinen japanischen Laden, welcher nur Dorayaki (süßes Gebäck) verkauft. Eigentlich arbeitet er nur dort, um seine Schulden zu begleichen. Die Arbeit ist eintönig, er steckt nicht viel Herzblut rein. Eines Tages steht eine alte Frau in seinem Laden, Tokue. Mit über 70 Jahren und gebrechlichen Händen möchte sie bei ihm als Aushilfe arbeiten zu einem lächerlich niedrigen Preis. Zunächst skeptisch, stimmt er zu, unter der Bedingung, dass sie im Hintergrund bleibt. Tokue weiht Sentaro in die Kunst ein, An, die Bohnenpaste für das Gebäck, selbst herzustellen. Der Umsatz steigt und Tokue zeigt sich nun doch im Laden. Sie unterhält sich gern, insbesondere die Schulmädchen reden gern mit ihr. Doch dann kommt heraus, dass Tokue als Kind an Lepra erkrankt war. Die Kunden bleiben weg. Doch Sentaro werden dadurch die Augen geöffnet.
Und mehr möchte ich an der Stelle nicht verraten.

Die Geschichte hat mich zutiefst berührt. Dabei hat sie mich mitgenommen nach Japan und mir einen kleinen Einblick in das dortige Leben verschafft. Erschütternd, bewegend, zart und leise und doch voller Wucht hat mich diese Geschichte in den Bann gezogen. Wundervoll geschrieben. Es ist ein Buch, was mir hängen bleiben wird, weil es einfach auch ganz viel ausdrückt. Das einfache Leben, jeden Tag ein Leben lang nur eine Art von Gebäck herzustellen – und dabei aber einen Sinn zu empfinden, und sei es, Tokues Vermächtnis weiterleben zu lassen. Dagegen erscheint unsere „Höher, schneller, weiter“ Mentalität wie das komplette Gegenteil. Eine Geschichte, die mich beim Lesen nach Japan entführt hat.

Bewertung vom 03.06.2025
Lausen, Bettina

Neue Zeiten auf der Kö - Die Fotografin


ausgezeichnet

Krieg ist vorüber und mehr und mehr kehrt wieder Leben in die Städte ein. Die Jüdin Zuria konnte während des Krieges fliehen und sich in London ein Leben aufbauen. Ihre Hochzeit mit dem Modehausbesitzer Noam steht kurz bevor, als sie aus Deutschland die Nachricht erhält, dass ihre Schwester Jalda lebt. Zuria tritt somit die Reise in ihre alte Heimat an mit dem festen Ziel ihre Schwester zu sich zu holen. Doch während Zuria sich einst schwor, keinen Fuß mehr auf deutschen Boden zu setzen, geht Jalda anders mit der Vergangenheit um und bemüht sich ums Vergessen. Sie baut sich eine Karriere in der Düsseldorfer Modewelt auf. Stück für Stück rutscht auch Zuria während ihres Aufenthaltes in diese Branche, vor allem da sie sich fürs Fotografieren begeistert. Als ihre Jugendliebe Kurz plötzlich vor ihr steht, wirbelt dies Zurias Pläne komplett durcheinander.
Die Geschichte um die Schwestern Zuria und Jalda hat mich sofort in ihren Bann gezogen. Die Liebe zur Fotografie spricht aus den Zeilen und man kann sich wörtlich vorstellen, welch Kraft Fotos ausüben kann und welche Emotionen diese hervorrufen können. Die Suche nach der eigenen „Sprache“ und dem perfekten Motiv bringt Zuria dazu, sich auch auf Suche nach ihr selbst zu machen. Wunderbar geschrieben, lässt dieses Buch mitfiebern und mitleiden, mithoffen und mitfreuen. Zuria hat mich begeistert, vor allem wie sie in der schillernden Modewelt sich selbst treu bleiben kann und bodenständig ihren Weg geht. Eine starke Frau und eine starke Geschichte.

Bewertung vom 14.05.2025
Hofland, Tom

Nimms nicht persönlich


gut

Lute ist als Führungskraft der Firma verantwortlich, den Mitarbeitern beizubringen, dass die Abteilung geschlossen wird und die Mitarbeiter möglichst selbst kündigen, so dass keine weiteren Kosten anfallen. Doch Lute scheut dieses unangenehme Thema. Mehr oder weniger zufällig trifft er auf Lombard, der die Sache für ihn übernehmen möchte. Doch zunehmends reagieren die Mitarbeiter komisch, es passieren seltsame Dinge, Menschen sterben.
Ich weiß bei diesem Buch gar nicht wie ich anfangen soll. Ist es so abstrus, dass es schon wieder genial ist? Oder ist es einfach eine wortwörtliche Umsetzung des Themas „Über Leichen gehen“, welches im Zuge von Restrukturierungen durchaus gebraucht werden könnte? Ich habe für das Buch 2 Anläufe gebraucht. Lute erscheint mir ein loyaler Mitarbeiter, der selten gern Entscheidungen trifft, eher mitläuft und sich treiben lässt. Und Lombard ist eine Satire auf 2 Beinen. Kennt Ihr die Serie „The Consultant“ mit Christoph Waltz? Daran musste ich die ganze Zeit denken und dann konnte ich das Buch zu Ende lesen. Komisch und doch gleichzeitig todernst, leichtfüssig und sorgenfrei setzt Lombard einfach alles um. Hat Lute hier einfach seine Seele an den falschen verkauft? Gegen Ende wurde es mir dann doch etwas zu abstrus. Gleichzeitig greift das Buch aber durchaus Themen auf, die nicht von der Hand zu weisen sind. Langjährige Arbeitnehmerverhältnisse, Fachkompetenz, Erfahrung und Loyalität vs. Gewinnmaximierung, Effizienz, Kostendruck, Marktwert. Ohne einen kleinen Lombard sind das unvereinbare Ziele.

Bewertung vom 14.05.2025
Durgun, Tahsim

'Mama, bitte lern Deutsch'


ausgezeichnet

Ich kannte Tahsim Durgun bisher nicht. In seinem Buch „Mama, bitte lern Deutsch“ schreibt er über sein Leben in Deutschland. Seine Eltern leben bereits seit rund 30 Jahren hier, er selbst und seine Geschwister sind in Deutschland geboren. Tahsim erzählt von Begebenheiten in der Schule, begonnen in der Grundschule, wo er bereits erste Erfahrungen mit Rassismus macht. Die Familie lebt in einem Wohnblock, in offensichtlich nicht der besten Gegen von Oldenburg. Bereits 5 Gehminuten weiter betritt man aber schon die „andere“ Welt. Tahsim muss in der Familie oft übersetzen, von Rezepten, Aldi-Prospekten bis hin zu Ablehnungsbescheiden und Arztdiagnosen. Damit kommt er mit Themen in Berührung, die Kinder nicht unbedingt übernehmen sollten. Die Beispiele aus dem Alltag bohren zum Teil den Finger tief in die Wunde und zeigen Reaktionen, wie ich sie zum Teil nicht für möglich gehalten habe. Dabei geht Tahsim zum Teil auch mit der eigenen Kultur kritisch um (siehe Hochzeiten). Ich habe mich beim Lesen teilweise wie ein stilles Mäuschen in Tahsims Familie gefühlt, so direkt hat er geschrieben. Respekt den Älteren gegenüber, der Zusammenhalt in der Familie – dies sind durchaus Dinge, wo sich unsere Kulturen heftig unterscheiden, und wo wir gern etwas abgucken dürften. Die Sprache ist oftmals sehr direkt, auch in der Familie. Dennoch strahlt alles Liebe aus und Respekt. Mit den (Kraft)Ausdrücken habe ich mich beim Lesen schwergetan. Besonders gefallen hat mir eine Szene am Ende des Buches, in der Tahsim mit seiner Mama in ein Gespräch verwickelt seinen Geburtstag vorbereitet.
Das Buch erscheint völlig authentisch, ehrlich. Treffende Zitate, passende Wortwahl, Humor und Ironie – eine tolle Mischung und damit sehr gut und unterhaltsam zu lesen. Für mich ist es ein Impuls, öfter versuchen zu verstehen. Menschen und Kulturen sind unterschiedlich – alle. Bereichert es nicht eher, wenn man einerseits die Unterschiede einfach akzeptiert und andererseits eher voneinander lernt, statt die Welt in ein „Wir“ und „Ihr“ einzuteilen?