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dannylovesreading
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Hessen

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Insgesamt 44 Bewertungen
Bewertung vom 13.08.2025
Eschbach, Andreas

Die Auferstehung


ausgezeichnet

Reminiszenz an meine Jugend
Was für eine große Freude: Justus, Bob und Peter sind endlich erwachsen! Seit den 1960er Jahren und den ersten Fällen der drei Fragezeichen, sind sie in den Hörspielen kaum gealtert und ermitteln immer als Jugendliche/junge Erwachsenen. Umso mehr freut es mich, ihnen nun auch als Erwachsene begegnen zu können. Ich bin mit den Drei ??? großgeworden und höre ihre Abenteuer bis heute gerne zum Einschlafen. Da war es für mich klar, dass ich das neue Buch von Andreas Eschbach, Die Auferstehung, erschienen bei Kosmos im Juli 2025, lesen muss.

Eschbach hat ganze Arbeit geleistet und mich absolut überzeugt. Der Ton des Romans knüpft nahtlos an die klassischen Jugendkrimis an und erweitert das Universum stimmig um eine erwachsene Perspektive. Besonders spannend ist zu erleben, wie sich die drei Detektive entwickelt haben, welche Berufswege sie eingeschlagen haben und was aus ihnen geworden ist.

Die legendäre Visitenkarte der drei jungen Detektive hat als Relikt die Zeit überdauert und auch die Zentrale auf dem Schrottplatz in Rocky Beach existiert noch. Mittlerweile wird dieser jedoch nicht mehr von Onkel Titus betrieben, sondern von Justus selbst, der in die Fußstapfen seines Onkels getreten ist. Und auch Peter Shaw und Bob Andrews haben Lebenswege eingeschlagen, die sich aus ihren früheren Interessen und Rollen logisch ergeben

Der Fall selbst ist klassisch aufgebaut: Es gibt ein Rätsel, ein mysteriöses Ereignis, dass es zu lösen gilt, eine Auftraggeberin, erste Ermittlungen werden angestellt und Zeugen und Zeuginnen befragt, Verdächtige schnell gefunden und ebenso schnell wieder entlastet, es gibt falsche Fährten und natürlich die Wendung. Also alles, was das Herz von Drei ???-Fans höher schlagen lässt. Zufällig stolpern Justus, Bob und Peter unabhängig voneinander in den Fall. Sie haben über die Jahre den Kontakt verloren und entfremdet. Doch die mysteriöse Auferstehung führt die Wege der drei wieder zusammen.

Der Fall ist voller Rätsel und es gibt eine Reihe Hinweise und Verdächtige, die zu einer überraschenden Auflösung führen. Wie schon bei den Jugendkrimis wird auch hier die Handlung des Fall durch einen Zufall ausgelöst.

Bei lesen des Romans wurde ich immer wieder von nostalgische Gefühle erfasst. Das Buch richtet sich ganz klar an Fans der drei Fragezeichen – doch natürlich ist kein Vorwissen nötig, um in den Fall einzutauchen. Losgelöst von diesem Kosmos wirkt der Krimi etwas seichter, doch vor dem Hintergrund der Hörspiel- und Buchreihe ist es eine perfekte Adaption und eine gelungene und liebevolle Fortsetzung. Ich hatte jedenfalls große Freude an diesem Buch und gebe daher 5/5 Sternen - für echte Fans ein MUSS!

Bewertung vom 06.08.2025
Flix

Immerland - Die Stadt der Ewigkeit


ausgezeichnet

Phantasievoll, wendungsreich, spannend


Ein Buch wie ein Traum: poetisch, spannend, und mitreißend. Immerland – Die Stadt der Ewigkeit, erschienen im Hanser Verlag im Juli 2025, ist eines der berührendsten Jugendbücher, das ich seit Langem gelesen habe. Flix, bekannt als Cartoonist und Illustrator, gelingt es in seinem Debütroman meisterhaft, große Themen wie Leben und Tod, Freundschaft, Mut und Zukunft in eine phantasievolle und turbulente Geschichte zu verpacken.

Mika Thorwarth, ein schüchterner Außenseiter, ist 12 5/6 Jahre alt und wird in den Sommerferien zu seiner Großmutter geschickt. Sein Vater muss geschäftlich verreisen und seine Mutter lebt nicht mehr. Missmutig blickt er langweiligen Ferien entgegen, doch rasch findet er sich in einem rasanten Abenteuer wieder. Mika Reise führt ihn und seine Großmutter in eine fremde Stadt, in der alles anders ist. Hier findet er, wonach er sich am meisten sehr: Freundschaft, Anerkennung und ein Stück Zuhause. Doch all das scheint einen Haken zu haben, der immer deutlicher zum Vorschein tritt, je länger Mika in der Stadt ist. Die Spannung steigert sich von Seite zu Seite, unterstützt durch zahlreiche Wendungen.

Flix erzählt mit großem Feingefühl und sicherem Gespür für Emotionen und Dynamik. Mika ist ein sehr sympathischer Held, in den sich sicherlich viele Jugendliche hineinversetzen können. Zunächst mangelt es ihm an Selbstvertrauen, doch er wächst im Laufe der Geschichte über sich selbst hinaus. Die Geschichte ist poetisch, turbulent, humorvoll, an manchen Stellen sogar skurril und gerade dadurch so besonders.

Zu dieser Einschätzung tragen auch die liebevoll gestalteten Illustrationen bei, die alle paar Seiten die Handlung begleiten. Die Zeichnungen stammen laut Titelseite angeblich von Mika selbst, ein charmanter Kniff, der die Leser noch näher an den Protagonisten heranbringt. Das Buch ist sehr hochwertig gestaltet und mit spürbar viel Herzblut gemacht.

Immerland – Die Stadt der Ewigkeit ist nicht nur ein Buch für Kinder und Jugendliche, sondern auch ein Lesevergnügen für Erwachsene. Flix streut immer wieder kleine Anspielungen ein, die älteren LeserInnen besonders auffallen werden, ohne die kindliche Perspektive aus den Augen zu verlieren.

Mein Fazit: Das Buch hat alles, was ein gutes Jugendbuch ausmacht: Phantasie, Tiefe, Spannung und Herz. Es ist so poetisch erzählt, wundervoll illustriert und kommt mit einer Botschaft um die Ecke. Für mich ganz klar eine uneingeschränkte Leseempfehlung und 5 von 5 Sternen!

Bewertung vom 29.07.2025
Schoenwald, Sophie

Die großen Spiele im Zoo


ausgezeichnet

Ein Zoo voller Sieger
Sophie Schoenwald begeistert wieder mit einem herrlich charmanten und witzigen Kinderbuch rund um Zoodirektor Alfred Ungestüm, Iganz Pfefferminz Igel und die anderen tierischen Bewohner des Zoos. In “Die großen Spiele im Zoo”, erschienen im Baumhaus-Verlag im Juli 2025, geht es diesmal sportlich zu, denn die Tiere treten in unterschiedlichen Disziplinen gegeneinander an.

Beim 100-Meter-Lauf, Hochsprung, Kugelstoßen oder Schwimmen zeigen die Tiere, was sie können, doch dabei schneiden in den unterschiedlichen Sportarten naturgemäß einige besser ab als andere. Schnell zeigt sich, dass nicht jeder automatisch in “seiner” Sportart am besten ist. Das sorgt, trotz des olympischen Gedanken, Dabeisein ist alles, für Frust. Doch rührige Zoodirektor hat eine Idee und erfindet die Regeln einfach neu. Plötzlich triumphieren auch die langsamen Tiere und Teamgeist macht alle zu Siegern.

Die Illustrationen von Günther Jakobs sind ein absolutes Highlight. Kindgerecht, bunt und detailreich stecken sie voller kleiner Überraschungen, bei denen es viel zu entdecken und zum Schmunzeln gibt.

Die Geschichte vermittelt spielerisch und ohne erhobenen Zeigefinger, dass jeder auf seine Art gewinnen kann. Ein absolut empfehlenswertes Kinderbuch voller Humor, Witz und liebenswerter Charaktere. Perfekt zum Vorlesen und Mitfiebern.

Bewertung vom 05.07.2025
Boese, Cornelia

Arche Boa


ausgezeichnet

Tierisch gute Reime mit ernster Botschaft
Das Kinderbuch Arche Boa von Cornelia Boese mit Illustrationen von Stefanie Jeschke, erschienen im Juli 2025 im Mixtvision Verlag, zeigt kindgerecht welche Folgen menschliches Handeln, getrieben von skrupellose Gier, Egoismus und Rücksichtslosigkeit, für die Tierwelt hat.
Zwölf Tiere, mit zwölf unterschiedlichen menschengemachten Problemen, suchen Schutz und Zuflucht auf der Arche Boa - etwa eine Fledermaus mit Wohnungsnot, ein überhitzter Eisbär, ein Hai, der in einem Aquarium leben muss oder eine Elefantendame, der Wilderer an die Stoßzähne wollen. Doch auch das Leben und der Lebensraum von Falter, Koala, Wal, Tiger, Pinguin, Biene, Frosch und Schwalbe sind betroffen. Schutz soll allerdings nicht einfach so gewährt werden: Alle Tiere müssen sich in einer Show um einen der heißbegehrten Plätze auf dem Luxusliner Arche Boa bewerben. Anschließend soll abgestimmter werden, wem es am schlechtesten geht und wer nun den QuarTIER beziehen darf. Am Ende gibt es zum Glück eine gute Wendung und alle die in Not sind, bekommen die Hilfe, die sie brauchen.
Die Illustrationen von Stefanie Jeschke passen wunderbar zu den kreativ gedichteten Zeilen von Cornelia Boese und machen viel Spaß. Bunt und heiter sind die Darstellungen, doch diese steht nicht im Widerspruch zu den Herausforderungen und lebensbedrohlichen Probleme, die dennoch sehr deutlich veranschaulicht sind. Die Zeichnungen und die Farbwahl gefallen mir sehr und bereichern die Text ungemein.
Die gereimten Texte lassen sind mit ihrem Rhythmus prima vorlesen, habe viel Witz und dennoch einen tieferen und ernsteren Hintergrund. Sie vermitteln kindgerecht, jedoch ohne erhobenen Zeigefinger, welche Konsequenzen Tiere rund um den Globus erleiden müssen. Die dicken Tränen der Elefantendame erzeugen ebenso viel Mitgefühl wie die Angst der Tigerin als Bettvorleger zu enden oder der kleine Frosch an Krücken – und das nicht nur bei Kindern.
Arche Boa ist ein großartiges Kinderbuch und ein Plädoyer für Mitgefühl und einen respektvollen Umgang mit unserer Umwelt und den Tieren dieser Erde. Mit Leichtigkeit und viel Sprachwitz wird das schwierige Thema greifbar ohne dabei zu überfordern oder etwas zu beschönigen. 5/5 Sternen!!

Bewertung vom 25.06.2025
Russ, Rebecca

Der Weg - Jeder Schritt könnte dein letzter sein


ausgezeichnet

Spannung von der ersten bis zur letzten Seite
“Der Weg – Jeder Schritt könnte Dein letzter sein”, ein Psychothriller der Salzburger Autorin Rebecca Russ, erschienen bei Rütten & Loening im Juni 2025, spielt vor der eindrucksvollen, herbstlichen Kulisse des schwedischen Fernwanderweg Kungsleden.

Im Mittelpunkt steht Julia, die sehr verliebt ist und sich auf ihre bevorstehende Hochzeit mit Lars freut. Ihre Freundin Nicki hat sich für den Junggesellinnenabschied etwas ganz Besonderes einfallen lassen und entführt Julia auf ein mehrtägiges Abenteuer. Schon zu Studienzeiten, als die beiden noch Mitbewohnerinnen waren, sind sie immer wieder wandern gegangen. Diesmal soll es, statt des klassischen Junggesellinnenabschiedes, auf den Kungsleden nach Schweden gehen. Mit Zelt, Rucksack und Proviant für mehrere Tage brechen sie auf. Zunächst schein alles in Ordnung zu sein, auch wenn Nicki in sich gekehrt und beinahe abweisend wirkt. Doch dann wach Julia morgens allein im Zelt auf und von Nicki ist keine Spur zu finden. Ohne die Möglichkeit Hilfe zu rufen, muss sie nun auf eigene Faust herausfinden, was passiert ist.

Die Geschichte wechselt immer wieder zwischen Julias Erlebnissesn auf dem Kungsleden und dem Kennenlernen mit Lars. Mir gefällt, sehr, dass diese beiden Handlungsstränge auch optisch unterschieden werden, denn die Erzählung über Lars ist kursiv gedruckt. Das macht das Lesen angenehm übersichtlich und strukturiert.

Die Gestaltung des Covers passt prima zur Handlung und halt mich gleich neugierig gemacht. Der schmaler werdende Pfad, der sich im Nebel des düsteren Waldes verliert, passt für mich ebenso, wie die Haptik des Buches und der Seiten.

Der Weg ist ein Psychothriller, der einen packt und bis zur letzten Seite nicht mehr loslässt. Das Buch überrascht mit unerwarteten Wendungen und hat mich beim Lesen in Atem anhalten lassen. Ich konnte das Buch gar nicht aus der Hand legen, weil ich unbedingt wissen musste, warum Julia sich plötzlich allein in der schwedischen Wildnis wiederfindet. Ich war zunächst auf der völlig falschen Fährte unterwegs und dachte, dass der Plot sich in eine komplett andere Richtung entwickeln würde. Von Anfang an hat man das Gefühl, dass etwas nicht in Ordnung ist, man kann nur nicht genau sagen, was das ist.

Für mich eine ganz klare Leseempfehlung – spannend, atmosphärisch dicht und überraschend bis zum Schluss: 5/5 Sternen!

Bewertung vom 18.06.2025
Kvensler, Ulf

Die Insel - einer kennt die ganze Wahrheit


ausgezeichnet

Familiendrama trifft Psychothriller

Der neue Thriller von Ulf Kvensler, Die Insel – einer kennt die ganze Wahrheit, erschienen bei Pinguin im Juni 2025, entführt die Leser auf die schwedische Ostseeinsel Gotland. Einen Ort, der so idyllisch wie geheimnisvoll ist und zur perfekten Kulisse für diese psychologisch dichten Spannungsroman wird.

Im Mittelpunkt steh Isak, ein junger Mann der ein bescheidenes und bodenständiges Leben in Småland führt. Dort arbeitet er in der häuslichen Pflege und lebt mit seiner Freundin Madde zusammen in einer kleinen Wohnung. Aufgewachsen ist er bei seinem Großvater Anders. Eines Tages wird Isaks Leben durch den Anruf seines Vaters Fredrik, einem der anerkanntesten und teuersten schwedischen Künstler, völlig auf den Kopf gestellt. Nach Jahren der Funkstille möchte der Vater wieder den Kontakt zu Isak herstellen. Dieser zögert kurz, doch schließlich bricht er gemeinsam mit Madde nach Gotland auf, wo Vater und Sohn sich nach vielen Jahren zum ersten Mal wieder treffen. Schnell wird jedoch klar, dass es um mehr geht als nur familiäre Versöhnung.

Kvensler verwebt geschickt unterschiedliche Handlungsebenen und -stränge. So wechseln die Zeitebenen immer wieder zwischen den Ereignissen auf Gotland, einem traumatischen Kindheitserlebnis und Isaks späterem Gefängnisaufenthalt hin und her. Diese Perspektivwechsel bringt zusätzliche Spannung in den ohnehin fesselnden Plot und bis zum Ende ist beispielsweise nicht klar, welchen Verbrechens Isak beschuldigt wird.

Die Insel ist ein fesselnder Pageturner, der nicht nur durch seine psychologische Tiefe überzeugt, sondern auch mit einem Hauch von Mystik und einem Gespür für die dunklen Seiten der menschlichen Seele. Eine klare Empfehlung für alle Thriller-Fans, die komplexe Figuren und atmosphärische Settings schätzen.

Bewertung vom 17.06.2025
Kessel, Carola von

Die Roboter / Wieso? Weshalb? Warum? Junior Bd.78


ausgezeichnet

Von Maschinenmenschen bis Arbeitsmaschinen
Roboter prägen unser modernes Leben. Ihre Einsatzmöglichkeiten sind schier unbegrenzt: Ob menschenähnliche Androiden, die im Pflegeheim für Unterhaltung sorgen, ultrastarke Maschinen, die in der Fertigung eingesetzt werden oder Saugroboter, die unser Zuhause sauber halten - in nahezu jedem Bereich unseres Alltags findet sich Technologie, die uns das Leben einfacher, komfortabler, effizienter und häufig sogar sicherer macht.
Umso wichtiger ist es, dass Carola von Kessel (Text) und Marion Kreimeyer-Visse (Illustrationen) diesem allgegenwärtigen Thema ein so schönes Buch in der Reihe Wieso? Weshalb? Warum? junior gewidmet haben. Das bunte Sachbuch für Kinder ab 2 Jahren erscheint am 1. Juli 2025 bei Ravensburger. Auf 16 Seiten werden Fragen beantwortet, wie beispielsweise was überhaupt Roboter sind, wie sie funktionieren oder wie stark sie sein können. Außerdem werden unterschiedlichste Einsatzmöglichkeiten erklärt. Besonders gut gefällt mir, dass am Ende auch ein kleiner Ausblick gegeben wird, in welchen Bereichen Maschinen uns in Zukunft das Leben noch einfacher oder sicherer machen könnten.
Die Texte orientieren sich am Alltagsleben von Kindern und zeigen Beispiele, mit denen auch Zweijährige schon etwas anfangen können. Die bunten und lustigen Illustrationen machen Spaß und regen zum Staunen und Entdecken an. Mit interaktiven Klappen, hinter denen sich Erstaunliches, Lustiges oder Interessantes verbirgt, wird die Aufmerksamkeit gesteigert.
Mit seiner Mischung aus interaktiven Elementen und altersgerechter Erklärung ist das Buch ein toller Begleiter für die Entdeckungsreise durch die Welt der Maschinen und Robotik. 5/5 Sternen

Bewertung vom 30.05.2025
Leciejewski, Barbara

Am Meer ist es schön


ausgezeichnet

Ein Roman, der bewegt

Barbara Leciejewskis neuer Roman, “Am Meer ist es schön” (erschienen bei List am 30.Mai 2025)) erzählt die tief berührende Geschichte von Susanne, die als Kind zur Kur in ein sogenanntes Verschickungsheim nach St. Peter-Ording geschickt wurde – ein Aufenthalt, der ihr Leben nachhaltig prägen sollte.

Die Erzählung erstreckt sich über zwei Zeitebenen: In der Gegenwart liegt Susannes Mutter Luise in einer Seniorenresidenz im Sterben. Am Sterbebett sitzen Susanne und ihre Tochter Julia, als Luise plötzlich um Entschuldigung bittet – dafür, dass sie ihrer Tochter damals nicht geglaubt hat, als diese von den schrecklichen Erfahrungen in der Kur berichtete. Diese unerwartete Reue eröffnet den Raum für Erinnerungen: Susanne beginnt, ihrer Familie die lange verdrängten traumatischen Erlebnisse aus dem Sommer 1969 zu schildern.

Manche Erlebnisse prägen und überschatten ein ganzes Leben. So auch für Susanne die Kinderverschickung nach St.Peter-Ording im Sommer 1969. Eindringlich schildert die Autorin, wie die Gefühle der kindlichen Protagonistin. Damals noch “Susi” durchlebt Angst und Verzweiflung, Resignation und Hoffnung. Die erlebt schlimme Ungerechtigkeit und muss mit ansehen, “Tanten” mit Willkür und Härte das Verschickungsheim führen. Die Schildungen sind erschütternd und tief berührend. Der Spannungsbogen bleibt durchweg hoch, denn man ahnt, dass die Geschichte auf eine zentrale Katastrophe hinsteuert.

Auch auf der Beziehungsebene hat der Roman einiges zu bieten: Die Zeit am Sterbebett führt nicht nur zu Versöhnung zwischen Mutter und Tochter, verdrängte Erinnerung und sorgsam gehütete Geheimnisse wieder zum Vorschein sondern bringt auch die seit Jahren entfremdeten Geschwister Susanne, Edith und Wolfgang wieder näher zusammen.

Diese Erzählung dauert über mehrere Tage und im Verlauf tauchen auch Susannes Geschwister Wolfgang und Edith auf. Die Geschwister haben sie sehr voneinander entfremdet, doch die Zeit am Sterbebett der Mutter und die Erzählung von Susanne lässt sie wieder näher zusammenrücken. So wird aus der persönlichen Aufarbeitung einer Kindheitstraumatisierung zugleich ein bewegender Familienroman über Zusammenhalt, Vergebung und die Kraft der Erinnerung.

Barbara Leciejewski verwebt die beiden Zeitebenen meisterhaft und mit großer Eleganz. Ihre Sprache ist dabei stets einfühlsam und dennoch kraftvoll. Die Charaktere sind authentisch und vielschichtig. Die Protagonistin überzeugt sowohl als erwachsene Susanne wie auch als kindliche Susi.

Ein zutiefst berührender Roman über ein lange tabuisiertes Kapitel deutscher Nachkriegsgeschichte, der mich emotional tief bewegt und zum Nachdenken gebracht hat. Ich konnte das Buch kaum aus der Hand legen und vergebe voller Überzeugung: 5 von 5 Sternen.

Bewertung vom 23.05.2025
Koppelstätter, Lenz

Was am Ufer lauert / Ermittlungen am Gardasee Bd.2


ausgezeichnet

Krimi trifft Familiengeschichte
“Was am Ufer lauert. Ein Fall für Gianna Pitti” von Lenz Koppelstätter, erschienen am 8. Mai 2025 bei Kiepenheuer & Witsch, ist nach “Was der See birgt” der zweite Kriminalroman um die Journalistin Gianna Pitti.

In diesem zweiten Band taucht Gianna Pittis Vater Arnaldo wieder auf – und bringt sie mit einem neuen Fall auf Trab. Eine Leiche im Gardasee, mysteriöse Hinweise auf Winston Churchill und ein Historiker mit gefährlichem Wissen führen Gianna und ihre Familie tief in ein Netz aus Vergangenheit, Politik und persönlichen Verstrickungen.

Die Geschichte lebt stark von ihren Figuren und dem familiären Geflecht, das mal charmant, mal überzeichnet wirkt. Der Kriminalfall entwickelt sich eher langsam, bietet aber interessante Wendungen und einen historischen Bezug, der neugierig macht. Wer einen klassisch aufgebauten Krimi erwartet, wird hier nicht ganz fündig – dafür punktet das Buch mit Atmosphäre, Lokalkolorit und einer originellen Erzählweise.

Das Cover ist stimmig und weckt die richtige Stimmung: Urlaubsflair trifft auf düstere Geheimnisse. Insgesamt eine unterhaltsame Lektüre, die eher durch Stil und Schauplatz als durch Hochspannung überzeugt. Wer Band 1 kennt, wird sich schneller zurechtfinden. Für Neueinsteiger empfehle ich, mit dem ersten Teil zu beginnen.

Bewertung vom 11.05.2025
Bell, Theresa

Sepia und die Verschwörung von Flohall / Sepia Bd.2


ausgezeichnet

Zurück in Flohall – spannender, magischer, reifer
„Sepia und die Verschwörung von Flohall“, erschienen im März 2025 im Thienemann Verlag, ist der zweite Band der Phantasy-Abenteuer-Trilogie rund um das Waisenmädchen Sepia und ihre Freunde Niki und Sanzio. Nach dem gelungenen Auftakt „Sepia und das Erwachen der Tintenmagie“ knüpft dieser Band nahtlos an die Ereignisse an und steht seinem Vorgänger in Spannung und Ideenreichtum in nichts nach.
Wir kehren zurück in die geheimnisvolle Stadt Flohall, in der Handwerksgilden die täglichen Geschicke lenken. Sepa hat sich dort inzwischen gut eingelebt und die Freundschaft zu Niki und Sanzio ist noch enger geworden - die Drei bilden eine eingeschworene Gemeinschaft. Doch natürlich warten auch diesmal wieder Tintenwesen und unheimliche Kreaturen auf sie. Zusätzlich steht die erste Lehrlingsprüfung an und dafür muss natürlich schwer gebüffelt werden. Dennoch versuchen Sepia, Niki und Sanzio dem Geheimnis des „Herzens von Flohall“ auf die Spur zu kommen, um herauszufinden, was es mit dem alten und geheimnisvollen Buch auf sich hat.
Mein Lieblingszitat aus dem Buch stammt von einem Gardisten der sagt: „Na gut sie [die Meister] sind vielleicht Alchemisten, aber ganz ehrlich, fast jeder hat doch irgendwann mal Alchemie in der Familie. Was ist denn schon dabei?“ (Seite 328). Dieser beiläufige Kommentar steht sinnbildlich für die tolerante Grundhaltung, die vielen Figuren eigen ist. Die Selbstverständlichkeit, mit der der junge Gardist Andersartigkeit akzeptiert, hat mich besonders berührt.
Der Schreibstil von Theres Bell ist spannend und mitreißend. Auch wenn Sie in Ihrer Danksagung gesteht, dass Ihr dieser Band besonders schwer gefallen sein, hat sich Ihre Mühe allemal gelohnt. Der Roman ist fantasievoll, kurzweilig und liebevoll gestaltet. Zwar lassen sich gelegentlich Parallelen zu bekannten Genrewerken wie Harry Potter erkennen, doch das ist vermutlich unvermeidbar und hat mich auch nicht gestört.
Besonders hervorheben möchte ich die gelungene Gestaltung des Buches mit Illustrationen von Eva Schöffmann-Davidov. Einband und Cover passen in Farbe und Ausgestaltung ausgezeichnet zum ersten Band und machen sich daher auch gut im Regal. Zu Beginn eines jeden Kapitels gibt es wieder eine kleine schwarz-weiß-Illustration, die eine Szene aus dem bevorstehenden Kapitel illustriert. Die Art der Darstellungen und die Ausführungen passen sehr gut in die Welt von Flohall.
Die ersten beide Bände der Trilogie sind eine echte Leseempfehlung für Fans des Genres – nicht nur für Kinder ab 10 Jahren. Ich bin gespannt und freue mich schon jetzt auf das große Finale im dritten Band.