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Benni
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Erfurt

Bewertungen

Insgesamt 47 Bewertungen
Bewertung vom 29.11.2025
Schäfer, Stephan

Jetzt gerade ist alles gut


sehr gut

Gute Botschaft, schwache Hauptfigur

Eine kleine Verletzung am Finger hätte dem Erzähler beinahe das Leben gekostet. Die Entzündung führte zur Sepsis und man stand kurz vor der Amputation. Dem jungen Mann hat diese Erfahrung sehr zugesetzt und zu einem Umdenken in seinem Alltag geführt.

"Jetzt gerade ist alles gut" hebt die kleinen Momente im Leben hervor, die man sonst als unwichtig, normal und alltäglich abtun würde. Dabei hat der Erzähler erfahren dürfen, dass auch solche Augenblicke es wert sind, sie mehr zu schätzen. Diese Botschaft ist gut und wichtig, aber die Hauptfigur ist mir bei alldem trotzdem zu unnahbar und vage geblieben. Es mangelte an Spannung und ich habe in jedem Kapitel auf ein Ereignis oder eine ungeahnte Wendung gewartet, die dem ganzen mehr Esprit gegeben hätte. Nichtsdestotrotz war das Buch schnell ausgelesen und gibt einen Anreiz für das eigene Leben mit.

Bewertung vom 12.11.2025
Keweritsch, Katja

Das Flüstern der Marsch


ausgezeichnet

Atmosphärisch

Monas Oma ist verschwunden. Diese Tatsache ist für Annemie ansich schon untypisch, ebenso aber auch, dass Ehemann Karl nichts über ihren Verbleib weiß oder nichts wissen will. Dabei hat Mona selber mit neuer Arbeitsstelle und einer ungewollten Schwangerschaft genügend eigene Probleme. Und auch die weiteren Familienmitglieder sind keine große Hilfe bei der Suche nach Annemie.

Dieses Buch besticht mit seiner detailreichen Erzählweise, ohne dabei zu erdrücken oder sich in Nichtigkeiten zu verlieren. Atmosphärisch wird über das Leben in der Marsch berichtet, das gesellschaftliche Gefüge gezeichnet und Familiebverhältnisse erklärt. Dreh- und Angelpunkt ist dabei immer wieder die Natur. Erzählt wird aus verschiedenen Perspektiven. Die Protagonisten sind in ihrem Verhalten schlüssig und lebensecht dargestellt. Dieses Buch berührt, regt zum Nachdenken an und macht einfach nur Freude, es zu lesen.

Bewertung vom 12.11.2025
Foenkinos, David

Das glückliche Leben


sehr gut

Positive Überraschung

Auf einer Geschäftsreise in Südkorea macht Éric erstmals Bekanntschaft mit dem ungewöhnlichen Brauch, seine eigene Beerdigung bewusst zu erleben. Überrumpelt von seinen Emotionen, lässt er alle Termine sausen und stellt sein eigenes Leben komplett auf den Kopf.

Seit langem konnte mich ein Buch mal wieder derart überraschen. Anhand des Klappentextes hatte ich mir etwas anderes vorgestellt. Bekommen habe ich eine kurzweilige Geschichte, die sich flüssig lesen ließ und große Spannung bieten konnte. Dabei hat mich das Ritual der Fake-Beerdigungen weniger berührt, sondern mich mehr die Entwicklung der Hauptfigur am Ball gehalten. Man möchte einfach wissen, wie es mit Éric weitergeht.
Einziger Kritikpunkt für mich ist, dass die Figuren für mich wenig greifbar waren. Ich konnte mich wenig einfühlen, aber der rote Faden hat mich durch die Geschichte gezogen und mitgerissen. Dabei ist die Botschaft des Buches so klar wie simpel: man sollte mit sich selbst und seinem Leben im Reinen sein und kann damit erst die Ziele erreichen und diese Ziele jederzeit an die eigenen Erkenntnisse anpassen.

Bewertung vom 12.11.2025
Lühmann, Hannah

Heimat


sehr gut

Ohne Partei zu ergreifen

Raus aufs Land ziehen, den Kinder mehr Raum bieten, eine bessere Work-Life-Balance finden - das war für Jana und Noah die Idee hinter ihrem Umzug von der Stadt in einen kleinen Ort. Während Noah weiter in der Stadt arbeitet, ist Jana erst mal Hausfrau und wieder schwanger. Auf dem Spielplatz lernt sie Karo kennen. Charismatisch und unerschrocken, vereinnahmt sie Jana sehr schnell und drückt ihr ihre Ideologie auf.

"Heimat" begibt sich auf ein kritisches Terrain. Hier stehen sich zwei Seiten gegenüber: Jana, die unzufrieden ist, gutgläubig, ja fast naiv und Karo, die für Stärke, Perfektionismus und Überlegenheit steht. Bei beiden im Mittelpunkt: die Großfamilie und das Miteinander, aber auf zwei unterschiedliche Arten. Dieses Buch trifft den Nerv. Es greift ein alltägliches Phänomen auf, ohne zu sehr für eine Seite Partei zu ergreifen, zu werten oder zu urteilen. Die Verantwortung aus dieser Geschichte etwas zu machen, liegt einzig beim Leser. Diese Tatsache, aber auch Sprache und Stil haben mir sehr gefallen. Ein Buch, das Platz für Kontroverse und angeregte Diskussionen bietet.

Bewertung vom 14.10.2025
Huth, Peter

Aufsteiger


sehr gut

Ideologien

Christian Berg ist mit einem Klamotten-Label reich geworden, das großen Anklang in der rechten Szene gefunden hat. Allerdings hat er sich vok jeglichen Ideologien losgesagt und agiert als Verleger des bundesweit bekannten "Magazins". Trotzdem haftet ihm seine Vergangenheit an. Als es zu einem Wechsel des Chefredakteurs kommt, wird nicht Karrierist Felix Licht der Neue, sondern Berg entscheidet sich für Zoe Rauch. Sie gilt als jung, liberal und ist mit Migrationshintergrund das komplette Gegenteil von allem was man Berg bisher nachgesagt hatte.

Zentraler Punkt dieses Buchs ist das Gewinnen und Verlieren. Sei es Geld, Macht, Karriere, Liebe, Familie oder Anerkennung. Es ist ihnen allen gemein - Christian Berg, Felix Licht und Zoe Rauch - während die einen auf der Gewinnerseite sind, verlieren die anderen und umgekehrt. Am Ende der Geschichte, die mich gut unterhalten konnte, stellt man sich zwangsläufig die Frage, ob dieses andauernde Streben sich lohnt oder warum man sich Karriere und Stress antut?
Eine Antwort wird man freilich in diesem Buch nicht bekommen, das sich im wesentlichen leicht lesen lässt, aber auch gerade die mittleren Passagen sehr in die Länge zieht. Das Ende hätte dafür etwas mehr Erklärungen vertragen können, so schien es mir ein wenig unrealistisch.

Bewertung vom 14.10.2025
Rosa, Maya

Moscow Mule


sehr gut

Rauskommen

Zwei Freundinnen, das Moskauer Nachtleben, ein Studium und große Ambitionen. Das könnte die Kurzfassung für das Leben von Karina und Tonya sein. Ausgeschmückt bedeutet es aber neben vielen durchzechten und durchtanzten Nächten auch jede Menge Tränen, Entbehrungen und Enttäuschungen.

All das gibt Autorin Maya Rosa in "Moscow Mule" bildlich und detailreich wider. Während Tonya sich eher geschlagen gibt und mit Fleiß und Arbeit versucht in Moskau weiterzukommen, gibt Karina nicht auf. Sie greift nach jedem noch so irrwitzigen Strohhalm, denn ihr Ziel ist rauskommen - raus aus Russland, raus aus der Armut und raus aus dem Kleinhalten durch ihre Mutter. Neben dem politischen Gefüge in Russland schwingt hier auch sehr viel enttäuschte Tochterliebe mit. Diese Geschichte stimmt traurig, wenn man auch versucht dies mit aufgesetzter Fröhlichkeit zu verstecken.

Bewertung vom 14.10.2025
Hauff, Kristina

Schattengrünes Tal


sehr gut

Holpriger Start

Lisa arbeitet neben ihrem regulären Job im Familienhotel ihres Vaters. Hier checkt eines Tages Daniela ein. Die Fremde ist freundlich, interessiert, hilfsbereit, aber auch verschlossen und geheimnisvoll. Subtil schleicht sie sich nach und nach überall ein und macht sich unabkömmlich. Scheinbar kommt das nur Lisa komisch vor. Einzig für ihren Mann Simon ist Daniela keine Unbekannte.

Auf den ersten Blick könnte "Schattengrünes Tal" von Kristina Hauff auch ein Heimatroman sein. Es braucht eine Weile, bis man die unscheinbare Fassade durchblickt und das Unheil dahinter erahnen kann. Unter diesen Anlaufschwierigkeiten leidet die Spannung zunächst etwas. Dafür ist die Botschaft dahinter mit Danielas manipulativen Fähigkeiten umso größer. Es entsteht eine Art Dreiecksbeziehung, bei der Daniela versucht Lisa und Simon gegeneinander auszuspielen. Das Ende des Buches nimmt dann in puncto Spannung richtig Fahrt auf und entschädigt für den holprigen Start.

Bewertung vom 14.10.2025
Maschik, Anna

Wenn du es heimlich machen willst, musst du die Schafe töten


ausgezeichnet

Klare Botschaft

Was lernt man aus den Ängsten und Sorgen der Generationen vor uns? Und wie oft wird sich die Geschichte wiederholen? Ähnlich wie ein Koch- oder Tagebuch führt Anna Maschik uns durch die Chronologie einer Familie. Dieser Schreibstil, bei dem kurze prosaische Texte sich auch einfach nur mal mit Aufzählungslisten oder Ein-Wort-Absätzen abwechseln, war für mich das außergewöhnlichste an diesem Buch. Die Botschaft dahinter ist trotzdem klar rüber gekommen: wir schleppen die Probleme und Schatten unserer Vorfahren mit, verarbeiten sie weiter und spucken sie auf unbekannte Weise wieder aus. Es dauert hier ein bisschen bis man erkennt, dass Erzählerin Alma hier die jüngste im Bunde ist, dass sie diejenige ist, die die Bürden der vorangegangenen Familienmitglieder trägt. Von einer spannenden Erzählweise kann man hier sicher nicht sprechen, aber es ist allemal spannenden diesen besonderen Stil zu verfolgen und mitzuerleben wie er sein Ziel doch nicht verfehlt.

Bewertung vom 25.09.2025
Sußebach, Henning

Anna oder: Was von einem Leben bleibt


ausgezeichnet

Mehrere Blickwinkel

Ein junges Mädchen, dem die Welt noch offen steht. So würde man aus heutiger Sicht vielleicht die Anfang zwanzig jährige Anna bezeichnen. Ende des neunzehnten Jahrhunderts bedeutet dies allerdings noch minderjährig und für unverheiratete Frauen eine Herausforderung zu sein. Dieser stellt sich Anna aber und geht als Lehrerin ins sauerländische Dörfchen Cobbenrode. Dort wächst sie zu einer geachteten und nicht ganz unumstrittenen Frau heran, die einen außergewöhnlichen Weg geht.

"Anna oder: was von einem Leben bleibt" ist die wahre Geschichte der Anna Raesfeld, erzählt von Henning Sussebach, einem ihrer Nachfahren. Auf geschickte Art werden Zeitzeugnisse und Vermutungen miteinander versponnen und verschiedene Versionen der möglichen Wahrheit aufgestellt. Mir hat der Bezug zur Realität sehr gut gefallen. Die Recherche zu Anna erscheint nachhaltig und gewissenhaft. Mehrere Blickwinkel werden zugelassen und nichts einfach nur beschönigt. Ein Buch wie ein Besuch im Heimatmuseum!

Bewertung vom 24.09.2025
Hennig, Markus

Die Sekundenochs


ausgezeichnet

Comic-Stil

Im Leben der Sekundenochs hat man Zeit, vor allem Zeit fürs Trödeln. Doch Tjörge wird das auf einmal zu langweilig und landet im Leben von Smilla. Für die läuft der Tag nicht so entspannt ab, immer ermahnt ihre Mutter sie zur Eile. Gemeinsam probieren Smilla und Tjörge die Angewohnheiten des anderen aus und stellen fest, dass das alles gar nicht so einfach ist.

"Die Sekundenochs" ist ein liebevolles Kinderbuch zum Vorlesen und selbst entdecken, dass auf spielerische Art den Umgang mit der Zeit vermittelt. Besonders positiv sind mir die doppelseitigen Illustrationen aufgefallen. Hierbei wechseln sich großflächige Szenen mit Abschnitten im Comic-Stil ab und ergeben damit eine tolle Mischung für kleine und größere Kinder.
Neben dem Lerneffekt zwischen den Zeilen gibt es somit auch jede Menge Unterhaltung und Zeit zum Schmunzeln. Für mich ein rundum gelungenes Kinderbuch.