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Pusteblümchen

Bewertungen

Insgesamt 59 Bewertungen
Bewertung vom 12.08.2025
Brickley, Holly

Deep Cuts


sehr gut

Musik ein Lebensgefühl

In diesem Roman geht es um Musik, um die Musik der 1990er und 2000er Jahre, eine Zeit, in der ich selbst permanent Musik gehört habe.
Die Protagonistin Percy spielt weder ein Instrument noch singt sie, aber sie liebt Musik, beschäftigt sich mit ihr, indem sie die Texte und Akkorde zerlegt und durchleuchtet.
Joe schreibt Songs und möchte dazu ein Feedback von Percy, da er schnell merkt, welches Talent in ihr steckt. Ihr Blick auf die Musik, die Bedeutungen und Emotionen, die dahinter stecken in Worte zu fassen, ist beeindruckend. Die Beziehung zwischen Percy und Joe ist von Anfang an kompliziert und basiert auf ihrer gemeinsamen Leidenschaft für die Musik. Neben Percy und Joe lernen wir u.a. noch Zoe, Joes Freundin, kennen, die immer mit dabei ist.
Die Gespräche über die einzelnen Songs sind interessant, teilweise auch ausgesprochen witzig. So habe ich mir bekannte Musik von einer anderen Seite kennengelernt. Percys Begeisterung für Musik wird richtig spürbar und ist ansteckend. Schon während des Lesens habe ich permanent Musik gehört und nehme sie auch nun noch mit anderen Ohren war als zuvor.

Bewertung vom 08.08.2025
Laabs, Laura

Adlergestell


ausgezeichnet

Ostberliner Kindheit

Die Ich-Erzählerin wird 1990 gemeinsam mit Lenka und Chaline in Berlin eingeschult. Es ist die Zeit des Umbruchs, alles verändert sich. Dabei ist der Blick der jungen Protagonistin auf die Ereignisse ausgesprochen interessant. Diese rückblickende Sicht aus Kinderaugen ist ungewöhnlich, wird hier aber gut umgesetzt. Durch weitere Perspektiven ergibt sich ein rundes Bild der damaligen Zeit, der Stimmung unter den Menschen und der Atmosphäre im Land.
Die Zeitebenen wechseln, die Charaktere haben sich in unterschiedliche Richtungen weiterentwickelt. Ich habe diese Entwicklung gerne verfolgt.
Obwohl die Handlung eher ruhig ist, bleibt es spannend das Aufwachsen in der Nachwendezeit und wie diese das Leben der Menschen geprägt hat, mitzuerleben.

Da ich diese Zeit miterlebt habe und diese parallel zu meiner Kindheit und dem Erwachsenwerden lag, kam es mir vor als ob ich ein Stück Geschichte, einen Teil meines Lebens erneut erlebe.

Bewertung vom 08.08.2025
Völler, Eva

Der Sommer am Ende der Welt


ausgezeichnet

Unfassbare Schicksale

Ich lese sehr gerne historische Romane, bin aber immer wieder erschüttert über das, was in der Vergangenheit passiert ist. In diesem Buch geht es um ein Stück Zeitgeschichte, über das ich bisher nur wenig wusste, das zeitlich nach dem Zweiten Weltkrieg angesiedelt ist und das sich mit dem Schicksal der Verschickungskinder befasst.
Die Mutter der Journalistin Hanna ist 1963 zu einer Kinderkur nach Borkum geschickt worden und hat dort Schreckliches erlebt. Hanna möchte mehr darüber erfahren und begibt sich zum Nachforschen nach Borkum. Dort hilft ihr der Inselarzt Ole in den sich Hanna prompt verliebt und dessen Familie eine dunkle Vergangenheit hat.
Das Schicksal der Kinder, die damals zur Kur nach Borkum kamen, ist einfach schrecklich. Ich musste beim Lesen mehrfach pausieren, da mich die Ereignisse so mitgenommen haben. Durch die Liebesgeschichte in der Gegenwart werden die heftigen Ereignisse der Vergangenheit dankenswerterweise ein wenig abgemildert.

Das Buch hat mich wirklich mitgenommen und war alles andere als leichte Kost. Dennoch finde ich es wichtig, dass es gelesen wird, damit diese Ereignisse nicht in Vergessenheit geraten.

Bewertung vom 04.08.2025
Hewitt, Seán

Öffnet sich der Himmel


ausgezeichnet

Schmerzhaft und voller Poesie

James ist sechzehn, lebt auf dem Land und möchte das ewig gleiche Dorfleben nur noch hinter sich lassen. Er fühlt sich fremd, ist unsicher und wird von seinen Mitschülern ausgegrenzt. Als der siebzehnjährige Luke in sein Leben tritt, wächst in ihm eine unglaubliche nie dagewesene Sehnsucht.

Die Ereignisse werden aus der Ich-Perspektive von James erzählt. Dadurch wird seine Verletzlichkeit, sein Gefühl der Verlorenheit so greifbar, dass es beim Lesen schmerzt. Die Beziehung zwischen ihm und Luke steckt voller Spannungen. Eine unerfüllte Liebe, ein schwierige Freundschaft, Annäherung, die immer durch Distanz gekennzeichnet ist, da die beiden einfach zu unterschiedlich sind.

Ich war tief beeindruckt von der poetischen Sprache, der empathischen Erzählung, die mich berührt und ganz für sich gefangen genommen hat.

Das ist für mich der beste Coming-of-Age-Roman gewesen, den ich bisher gelesen habe und das sowohl inhaltlich als auch literarisch.

Bewertung vom 29.07.2025
Doughty, Louise

Deckname: Bird


ausgezeichnet

Auf der Flucht!

Die gesamte Handlung dreht sich um Heather Berriman genannt Bird. Sie arbeitet für eine Abteilung des britischen Geheimdienstes. Völlig unerwartet gerät sie während einer Besprechung in die Rolle der Verdächtigen. Dank ihrer jahrelangen beruflichen Erfahrung weiß sie, was das bedeutet. Sie muss weg, jetzt und sofort. Ihre Flucht liest sich wie eine Reise durch unterschiedliche Länder. Dabei muss sie immer wieder neue Rollen einnehmen.
Es ist ein spannender Thriller, der weniger von Action, sondern mehr von seiner atmosphärischen, stets leicht beklemmenden Stimmung lebt und der mit Tiefgang brillant geschrieben ist.
Der Schreibstil ist ruhig und beobachtend, aber stets voller Spannung, eine Kombination, die mich beeindruckt hat. So war ich von der ersten bis zur letzten Seite gefesselt.
Für mich war es das erste Buch von Louise Doughty, aber nun bin ich durchaus gespannt auf weitere Werke von ihr.

Bewertung vom 26.07.2025
Schoeters, Gaea

Das Geschenk


ausgezeichnet

Elefanten, überall Elefanten
Als plötzlich überall in Berlin Elefanten auftauchen ist das Chaos perfekt. Sie sind ein Geschenk des Präsidenten von Botswana an Deutschland, da die deutsche Regierung ein Einfuhrverbot von Jagdtrophäen erlassen hat. Durch Bundeskanzler Winkler wird eiligst eine Krisenstab einberufen. Deutschland steht vor einer enormen Herausforderung.
Das Buch hat gerade mal etwas über 140 Seiten, ist aber gehaltvoller als so manch dicker Wälzer.
Wie schon in ihrem Buch „Die Trophäe“ gelingt es Gaea Schoeters eine ungewohnte Perspektive einzunehmen, um ihren Lesern die Augen zu öffnen.

Natürlich ist der Schutz der Tiere wichtig, aber nicht durch ein einfaches Importverbot von Jagdtrophäen zu erreichen. Die Autorin macht hier auf die weitreichenden Folgen aufmerksam.
Es werden viele aktuelle politische und gesellschaftlich relevante Themen angesprochen wie Globalisierung, ökologische Stabilität, Natur- und Klimaschutz. Obwohl alles einen ernsthaften und wichtigen Hintergrund hat, gelingt es der Autorin dank der skurrilen Situation und ihres satirischen Untertons, mich immer wieder zum Lachen zu bringen.
Für mich ist es ein unbequemes aber gleichzeitig auch unfassbar gutes Buch.

Bewertung vom 23.07.2025
Kelly, Julia R.

Das Geschenk des Meeres


ausgezeichnet

Verlust und Heilung

Der Fischer Joseph rettet nach einen Sturm einen Jungen, der am Strand angespült wird. Er bringt ihn zum Pfarrhaus. Dort kann der Junge nicht bleiben und so kommt es, dass Dorothy, die vor zwanzig Jahren in einer Sturmnacht ihren Jungen an das Meer verloren hat, diesen zu sich nimmt. Kurioserweise sieht das fremde Kind aus wie ihr Sohn. Das bleibt auch im Dorf nicht unbemerkt und führt dazu, dass die Vergangenheit wieder lebendig wird.
Die Geschichte handelt auf zwei Zeitebenen „Damals“ und „Jetzt“ und auch die Perspektive wechselt immer wieder. Dadurch ergibt sich ein umfassendes Bild der Dorfbewohner, der eingeschworenen Gemeinschaft, in der geklatscht und getratscht wird.

Es geht um verpasste Chancen, Trauer, Verlust und Neubeginn. Durch den angespülten Jungen werden in Dorothy Erinnerungen wach und sie beginnt damit, das was sie über Jahrzehnte verdrängt hat, zu verarbeiten. Aber es geht nicht nur um Dorothy, sondern um das Leben eines ganzen Dorfes, in dem es Dorothy als Fremde nicht leicht hatte.
Der kleine Junge ist in mehrfacher Hinsicht ein Geschenk. Durch ihn ändert sich die Dynamik im Dorf und sein Auftauchen sorgt dafür, dass die Vergangenheit aufleben kann, um im Anschluss für Heilung zu sorgen.

Bewertung vom 16.07.2025
Fonthes, Christina

Wohin du auch gehst


ausgezeichnet

Auf der Suche nach Zugehörigkeit

Mira und Bijoux haben ihren Ursprung im Kongo.
In den 1980er Jahren verliebt sich Mira gegen den Willen ihrer Eltern und zieht nach Europa. Im Jahr 2004 folgt ihr ihre Nichte Bijoux, die ihre Tante als verschlossene und strenggläubige Frau kennenlernt. Bijoux verliebt sich in eine Frau, versucht dies vor Mira zu verbergen, aber nicht nur sie hat Geheimnisse auch ihre Tante hat viel alleine und mit sich ausgemacht.

Der Roman ist bewegend, mitreißend und lebendig zugleich. Ich war total gefesselt von dem kraftvollen, regelrecht lautem Schreibstil der Autorin. Sie nimmt kein Blatt vor dem Mund. Beschreibt komplexe Lebenswege, schreckt ihre Leser auf und macht auf Missstände aufmerksam.
Es sind zwei Leben, unterschiedliche Lebenswege, die aber dennoch miteinander verbunden sind.

Christina Fonthes Erzählstimme hat etwas Einzigartiges. Sie ist schwungvoll und fesselnd, so dass sie dafür gesorgt hat, dass ich trotz der schweren Thematik das Buch nicht aus der Hand legen wollte.

Bewertung vom 14.07.2025
Koelle-Wolken, Patricia

Der Garten der kleinen Wunder


ausgezeichnet

Blütenduft und Sommerluft

Zwischen Blumenbeeten und Obstbäumen hat Toja ihre Heimat und zu sich selbst gefunden. Ihr Garten ist ein ganz besonderer Garten, ein Garten, in dem man Kraft tanken kann. Als die vierzehnjährige Vica an ihrem Gartenzaun auftaucht, entdeckt sie in dem introvertierten Mädchen sich selbst wieder und möchte für sie einen Ort schaffen, an dem sie sich sicher und wohlfühlen kann.
Neben Vica und Toja gibt es weitere Charaktere, von denen jeder sein eigenes Schicksal trägt und liebevoll gezeichnet ist. Es sind Menschen, die es keineswegs immer leicht im Leben hatten, die man aber einfach mögen muss.
Neben wundervollen Beschreibungen des Gartens, steckt das Buch voller kleiner Weisheiten. Ich musste mich beim Lesen immer wieder bremsen, damit ich diese nicht überlese, da die Autorin sehr emotional schreibt und die Seiten nur so dahin fliegen.
Diese bezaubernde Geschichte, in der es um Selbstfindung und Heilung geht, hat mich sehr berührt und ist weitaus tiefgreifender als ich es vermutet hatte.

Bewertung vom 01.07.2025
Zwickau, Dora

Gesellschaftsspiel


ausgezeichnet

Anders als erwartet, aber richtig gut

Im Mittelpunkt stehen die Schwestern Isabelle und Annika sowie deren Tante Dagmar. Die drei Frauen haben nicht viel gemeinsam und treffen am Sterbebett ihrer Mutter bzw. Schwester aufeinander.

Gleichzeitig hat ein Tech-Milliardär eine neue App entworfen, die der Demokratie ein Update verpassen soll und wodurch es zu einem interessanten Gedankenspiel kommt.

Das alles findet im historisch / politisch bedeutsamen Weimar statt, was ich als sehr treffend gewählt empfinde.

Dora Zwickau wechselt in ihrer Erzählweise zwischen fließenden Texten, Mails, Dialogen und Chats, was gut in den Handlungsverlauf passt.

Die Kombination aus Familiengeschichte und politischen Fragen wird hier gut kombiniert, so dass der Roman in unsere Zeit passt und zum Nachdenken anregt.
Mich hat das Buch durch seine Aktualität, Vielzahl an Themen und die Tiefe der Charaktere positiv überrascht.