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cosmea
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Witten

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Insgesamt 54 Bewertungen
Bewertung vom 20.11.2025
Meyer, Kai

Das Antiquariat am alten Friedhof


sehr gut

Neues aus dem Graphischen Viertel
Kai Meyers neuer Roman spielt auf zwei Zeitebenen - 1930 und 1945. In der Bücherstadt Leipzig gründen vier junge Leute 1930 den „Club Casaubon“. Felix, Vadim, Julius und Eddie stammten aus vermögenden Familien und teilen die Leidenschaft für Bücher. Dann beginnen sie, wertvolle Bücher zu stehlen. Mit dem Erlös aus dem Verkauf unterstützen sie Vadim, der mit seinem Antiquariat in finanzielle Schwierigkeiten geraten ist. Eines Tages schließt sich Eddies Schwester Eva der Gruppe an. Felix verliebt sich in die attraktive junge Frau, doch er hat in Vadim einen Rivalen. Felix wandert in die USA aus. 1945 wird er von den Amerikanern beauftragt, bei der Katalogisierung von Millionen geraubter Bücher mitzuhelfen. Sein erster Einsatz ist auf Patmos, wo er die Vernichtung eines wertvollen Buchbestandes in einem Kloster verhindern soll. Sein nächster Auftrag führt ihn in das zerstörte Leipzig, wo er die Freunde von früher und Eva sucht, die angeblich tot ist. Hier ist das Leben gefährlich. Die Invasion der Russen droht, und gefährliche Spione und Gangster sind überall aktiv.
Die Geschichte hat umfangreiches Personal und viele Handlungselemente, deren Verknüpfung man aufmerksam verfolgen muss. Da ist die Liebesgeschichte zwischen Eva und Felix vor historischem Hintergrund, aber auch ein mysteriöses Manuskript und Okkultismus spielen eine Rolle. Felix gerät in gefährliche Situationen und versucht zu überleben. Er muss sich entscheiden, ob er nach Beendigung seiner Mission in Europa bleibt oder in die USA zurückkehrt.
Ich habe auch den neuen Roman des Autors trotz einiger Längen und einer ungeheuren Detailfülle gern gelesen, aber für mich ist es nicht das beste Buch aus der Serie um das Graphische Viertel. “Die Bücher, der Junge und die Nacht“ hat mir von allen am besten gefallen.

Bewertung vom 15.11.2025
Borrmann, Mechtild

Lebensbande


ausgezeichnet

Ein dunkles Kapitel deutscher Geschichte
Im Mittelpunkt von Mechtild Borrmanns neuem Roman “Lebensbande“ stehen drei Frauen - Lene, Nora und Lotte - deren Leben über einen Zeitraum von mehr als 60 Jahren geschildert wird. Erzählt wird auf zwei Zeitebenen, den 30er Jahren bis nach Kriegsende und den 90er Jahren nach dem Mauerfall. Lene und Nora sind Kusinen, die sich erst spät kennenlernen, Nora trifft Lotte bei ihrer Arbeit als Krankenschwester und wird nach dem Krieg mit ihr für acht Jahre in einem sowjetischen Arbeitslager eingesperrt. Es sind schwierige Zeiten mit schlimmen Ereignissen, die zu ertragen viel Mut und Kraft kostet. Lene hat einen kleinen behinderten Sohn, den man ihr wegnehmen will, weil er als Reichsausschusskind betrachtet wird. Die Freundinnen ahnen, was mit diesen Kindern in den speziellen Einrichtungen passiert, wo erstaunlich viele schon bald angeblich an Lungenentzündung sterben. Nora hilft Lene, den kleinen Leo zu retten und geht dabei ein hohes Risiko ein. Bei der Aktion gibt es einen Zwischenfall, der Noras Leben für immer prägen wird.
Lange rätselt der Leser, aus wessen Perspektive die zugleich berührende und bedrückende Geschichte erzählt wird. Eine der drei Frauen schreibt dann sozusagen als Vermächtnis auf, was damals wirklich geschehen ist und beantwortet damit offene Fragen. Mir hat Borrmanns neuer Roman wieder sehr gut gefallen, vor allem das Porträt der drei mutigen Frauen, die einander tatsächlich lebenslang verbunden bleiben und anderen helfen, selbst wenn ihr eigenes Leben auf dem Spiel steht: „Es sind die Dinge, die man nicht getan hat, die einen ein Leben lang beschämen.“ (S. 158) Ein sehr lohnender Roman, den ich verschlungen habe.

Bewertung vom 13.11.2025
Knight, Eliza

Bernadette Swifts Gespür für Bücher


sehr gut

Eine entschlossene junge Frau kämpft um den beruflichen Aufstieg
Die Handlung des neuen Romans von Eliza Knight spielt Anfang der 60er Jahre in New York. Die junge Bernadette Swift arbeitet als Juniorlektorin bei dem renommierten Verlag Lenox & Park Publishing. Sie träumt davon, als erste Frau Verlagschefin zu werden, aber bis dahin ist es ein langer Weg. Gleich zu Beginn des Romans beauftragt sie ihr unsympathischer Chef Wall mit einem Botengang. Sie soll sein bekleckertes Hemd in die Reinigung bringen und wieder abholen. In der Folge erfährt der Leser, dass Bernadette auf vielfältige Weise benachteiligt und schikaniert wird. Sie muss nicht nur mehr Manuskripte bearbeiten als ihre drei männlichen Kollegen zusammen, sondern verdient auch erheblich weniger als sie. Auch die Sekretärin Sarah beteiligt sich an Sabotageakten und begegnet ihr äußerst unfreundlich. Zum Glück gibt es den sympathischen Kollegen Graham aus einer anderen Abteilung, der sie im Laufe der Geschichte mehrfach unterstützt. Irgendwann beschließt Bernadette, sich nicht unterkriegen zu lassen, sondern sich zu wehren und ihr großes Ziel nicht aus den Augen zu verlieren. Als sie sich einem feministischen Buchclub anschließt, findet sie Freundinnen, die sie auch unterstützen, als sie eine Demo und eine Arbeitsniederlegung organisiert. In diesem Zusammenhang gerät sie in sehr bedrohliche Situationen, als protestierende Männer sehr aggressiv auf ihre Aktionen reagieren. Zum Glück hat sie ihre geliebte Dogge Frank als Partner und kommt Graham immer näher.
Die Autorin macht mit historischer Genauigkeit sichtbar, wie es damals in der Arbeitswelt zuging, vor allem in der männerdominierten Verlagswelt. Sie zeigt, wie wichtig es ist, dass Frauen in einer solchen Situation nicht aufgeben, dass sie sich solidarisch verhalten und Strategien entwickeln, um inakzeptable Bedingungen abzuschaffen. Das geschieht mit viel Witz, wozu auch die aus der Perspektive des empathiefähigen Hundes Frank erzählten Kapitel entscheidend beitragen. Mir hat der Roman insgesamt trotz des unrealistischen Ausgangs der Handlung gefallen, wo sich sämtliche beruflichen und privaten Probleme blitzschnell in Wohlgefallen auflösen und alles gut wird für Bernadette und alle, die ihr nahestehen. Keine große Literatur, aber eine charmante Geschichte, die Mut macht.

Bewertung vom 09.11.2025
Henn, Carsten Sebastian

Sonnenaufgang Nr. 5


sehr gut

Vom Erinnern und Verdrängen
Der 19jährige Jonas Engelbaum hat sein Germanistikstudium abgebrochen und möchte als Ghostwriter die Lebensgeschichte anderer Leute aufschreiben, obwohl sein Vater in seinem Restaurant dringend die Hilfe des Sohnes gebrauchen könnte. Die ehemalige Diva Stella Dor sieht seine Anzeige und engagiert ihn. Sie lebt in einem herunterbekommenen Strandpavillon. Jonas mietet ein Zimmer bei den Schwestern Britta und Imke Roose, die große Bewunderer der Diva sind. In Stellas Haus gibt es eine Unmenge von Biografien und Hunderte von Notizzetteln, auf denen sie Ereignisse aus ihrem Leben notiert hat. Die Zusammenarbeit von Stella und Jonas gestaltet sich anfangs schwierig, weil Stella nur das mitteilt, was sie preisgeben will und keine Rückfragen zulässt. Schon bald merkt Jonas, dass sie ihm eine geschönte Version ihres Lebens mitteilt. Als er später mit Menschen aus ihrem Umfeld spricht, z.B. mit ihrem Mann Philip oder einer ehemaligen Kollegin, zeigt sich, dass sie ihm über viele Dinge in ihrem Leben die Unwahrheit sagt. Diese Erkenntnis führt dazu, dass Jonas zwei Biografien schreibt, die Version der Diva von einem durchweg glücklichen erfolgreichen Leben und die andere, die er auf der Basis seiner Recherchen verfasst, in der es auch um Tod und Trauer und andere sehr schlimme Erfahrungen geht.
Neben Stella Dors Lebensgeschichte spielen noch andere Begegnungen vor Ort eine Rolle, z.B. mit der jungen Nessa, mit Stellas Verehrer Paul und seinem treuen Hund Guter Junge, mit dem Maler Geraldo und der Witwe Bentje von der Bushaltestelle, der Jonas freundschaftlich begegnet. Im Lauf der Geschichte zeigt sich, dass es im Leben eines jeden - auch in dem von Jonas - schmerzliche Erfahrungen von Verlust und Trauer gibt, die verdrängt werden, weil sich die Menschen ihnen nicht stellen wollen. Hinzukommt, dass Erinnerungen unzuverlässig sind, weil man sich jeweils an die vorige Erinnerung erinnert und nicht an das eigentliche Ereignis. Nur wenn man sich der Vergangenheit stellt, kann man ein sinnvolles und sogar glückliches Leben führen.
Mir hat diese warmherzige, mit viel Empathie erzählte Geschichte gut gefallen. Am Ende könnte man sich fragen, wie man selbst sein Leben erzählen würde.

Bewertung vom 28.10.2025
Hertmans, Stefan

Dius


sehr gut

Eine ungewöhnliche Freundschaft
Anton ist Kunstprofessor, Aegidius de Blaeser genannt Dius ein ungewöhnlich talentierter Student. Eines Tages steht Dius vor seiner Tür und bittet ihn um seine Freundschaft. Er bietet ihm an, in seinem Dorfhaus in Ganzevliet in den Poldern im nördlichen Teil Belgiens in Ruhe an seiner Dissertation zu arbeiten. Anton geht auf den Vorschlag ein. Es entsteht eine ungewöhnliche Freundschaft zwischen Anton, Anfang 30 und dem etwa 10 Jahre jüngeren Dius. Sie arbeiten im Dorfhaus, machen lange Spaziergänge in der wunderschönen Natur und diskutieren über Kunst, Philosophie und Musik. Anton verliebt sich in die verheiratete Fotografin Lys, doch eine Lüge von Dius zerstört für lange Zeit die Beziehung mit Antons großer Liebe und die Freundschaft der beiden Männer.
Erzählt wird die Geschichte über einen Zeitraum von mehr als 30 Jahren auf zwei Zeitebenen. Anton blickt von der Erzählgegenwart zurück auf vergangene Ereignisse. Es geht um Liebe und Freundschaft, um die Wirkung großer Kunst auf den Betrachter, um die Wirkung klassischer Musik auf den Zuhörer, aber auch um die Zerstörung der Natur durch den Menschen. Antons Einsicht, dass die Jahre mit Dius seine glücklichsten waren und er es – anders als Dius – nie geschafft hat, seine Wünsche und Vorstellungen aktiv in die Tat umzusetzen, kommt spät. Wird er es schaffen, über den schmerzlichen Verlust seines Freundes hinwegzukommen und ein neues, glücklicheres Leben zu beginnen?
Mir hat der Roman gut gefallen, auch wenn die detailverliebten Ausführungen über Kunst, Philosophie und Musik und die daraus resultierende Handlungsarmut für mich etwas gewöhnungsbedürftig waren. Dennoch sehr empfehlenswert.

Bewertung vom 28.10.2025
Tidhar, Lavie

Adama


sehr gut

Die blutige Geschichte Israels
Im Mittelpunkt von “Adama“ steht die Zionistin Ruth, der es gelang, aus Budapest zu entkommen und sich in Palästina ein neues Leben aufzubauen, während die meisten Mitglieder ihrer Familie verraten wurden und in Vernichtungslagern ums Leben kamen. Ruth baut den Kibbuz Trashim auf. Er wird zu ihrer Lebensaufgabe. Lavie Tidhar erzählt die Familiengeschichte über vier Generationen von 1945-2009 und zugleich die Geschichte des Staates Israel nach dem Ende des britischen Protektorats. Es ist eine ungeschönte Geschichte über Liebe und Verrat, Gewalt und Tod. Immer wieder gibt es kriegerische Auseinandersetzungen und Bedrohungen aller Art. Wir erfahren jedoch nicht nur historische Fakten, sondern erhalten detaillierte Informationen über das Leben im Kibbuz, wo die Gemeinschaft wichtiger ist als der Einzelne und Kinder ihren Familien weitgehend entzogen werden zugunsten eines Lebens in den Einrichtungen des Kibbuz.
Der Roman, der kein typischer Thriller ist, sondern allenfalls ein Politthriller kombiniert mit einer Familiengeschichte und in Teilen ein Sachbuch, liest sich nicht mühelos, was nicht nur an dieser ungewöhnlichen Mischung liegt, sondern auch daran, dass nicht durchweg chronologisch erzählt wird. Es gibt Zeitsprünge und eine beachtliche Personenvielfalt, bei der man schon mal den Überblick verliert. Mich hat das Buch gefesselt. Die Gewaltgeschichte Israels ohne jede mythologische Verklärung ist angesichts der aktuellen Ereignisse auf jeden Fall von besonderem Interesse. Eine empfehlenswerte Lektüre.

Bewertung vom 04.10.2025
Hodgkinson, Mark

Inside Alcaraz - Die erste Biografie zum kommenden Superstar im Herrentennis


sehr gut

Happy Tennis
In “Inside Alcaraz“ zeichnet Mark Hodgkinson ein Porträt von Carlos Alcaraz, der jüngsten Nummer 1 der Weltrangliste im Herrentennis. Carlos stammt aus El Palmar, einem Ort in der südspanischen Region Murcia. Schon der Großvater und der Vater spielten Tennis und erkannten und förderten schon sehr früh das Talent des Jungen, der mit drei Jahren zum ersten Mal einen Tennisschläger in die Hand nahm. Carlos wurde in zwei Tennisakademien ausgebildet und hatte schon frühzeitig psychologische Unterstützung. Auch gab es Unternehmer, die die Karriere des jungen Talents großzügig förderten. Die Familie hätte solche Summen nicht aufbringen können.
Hodgkinson beschreibt das familiäre und kulturelle Umfeld, aber auch wichtige Spiele – Siege und Niederlagen – seiner Karriere und lässt die Leser durch Interviews mit seinem Umfeld an dem steilen Aufstieg teilhaben. Es geht auch immer wieder um die großen drei: Nadal, Federer und Djokovic, die ebenfalls in Zitaten zu Wort kommen. Wichtig sind nicht nur Carlos´ technischen Fähigkeiten, sondern auch seine sympathische Ausstrahlung, sein berühmtes Lächeln. Das ist nicht aufgesetzt, sondern zeigt, wie wichtig die Freude am Tennis für den Spieler ist. “Carlitos“ verliert sein Ziel nie aus den Augen und hat tatsächlich gute Chancen, der beste Spieler aller Zeiten zu werden. Der Tennisspieler, der am meisten verdient, war er bereits mit 21 Jahren, denn da verdiente er schon über 750.000 US-Dollar pro Woche.
Ich habe dieses interessante Porträt gern gelesen und werde sicherlich die nächsten Übertragungen von Turnieren mir Carlos Alcaraz im Fernsehen verfolgen. Was mir an diesem Buch nicht gefällt, ist die Qualität der Übersetzung. Das Buch hätte ein sorgfältiges Lektorat verdient, um eine große Zahl von sprachlichen Mängeln und Fehlern zu vermeiden.

Bewertung vom 28.09.2025
Becker, Boris

Inside


sehr gut

Der tiefe Fall einer Tennislegende
In seinem autobiografischen Buch “Inside“ gewährt Boris Becker dem Leser Einblick in sein Inneres und das Leben in zwei berüchtigten englischen Gefängnissen. Angeklagt war Becker in 24 Punkten, verurteilt wurde er letztlich wegen vier Insolvenzvergehen zu 30 Monaten Gefängnis. Im schlimmsten Fall hätten es sieben Jahre werden können. Nach sieben Monaten wurde seinem Antrag auf Abschiebung stattgegeben. Im Gefängnis hat er Zeit genug, sich mit seiner Vergangenheit auseinanderzusetzen, sich einzugestehen, dass er Fehler gemacht und auf schlechte Berater gehört hat. Er weiß, dass er nicht anderen die Schuld an dem geben kann, was passiert ist. Alles begann am 7. Juli 1985, als der 17jährige Boris als jüngster Spieler aller Zeiten Wimbledon gewann. Er wurde zu früh berühmt und sehr reich. Als er insolvent wurde, hatte er stolze 60 Millionen Schulden.
Becker beschreibt, wie er im Gefängnis überlebt, neue Freunde gewinnt und nach einiger Zeit im Fitnessraum trainieren und am Stoizismus-Kurs teilnehmen darf. Er betreut zum Schluss sogar selbst Häftlinge und gibt ihnen Ratschläge für ihr gegenwärtiges und künftiges Leben. Er zeigt Resilienz genauso wie die Entschlossenheit, nach der Entlassung einen radikalen Neubeginn zu wagen. Eine große Hilfe war ihm seine Familie, vor allem seine Söhne aus der Ehe mit Barbara Becker sowie seine Partnerin Lilian, die seine dritte Ehefrau wird. Seine Schilderung enthält ausführliche Beschreibungen von berühmten Matches, unterbrochen von Briefen seiner Fans und Freunden. Einige Seiten mit Fotos aus seinem Leben ergänzen die Darstellung.
Mir hat “Inside“ gut gefallen. Ich habe damals Beckers Karriere in der Presse und im Fernsehen verfolgt und zum Beispiel auch die Übertragung seines ersten Wimbledonsieges im Fernsehen gesehen. Sein Buch ist eine lesenswerte Geschichte vom Überleben nach einem tiefen Fall.

Bewertung vom 28.09.2025
Dische, Irene

Prinzessin Alice


sehr gut

Familie, Familie, Familie
In ihrem neuen Buch “Prinzessin Alice“ erzählt Irene Dische einen Ausschnitt aus dem Leben der Adligen Alice von Battenberg/Alice Mountbatten, überwiegend mit Alice als Ich-Erzählerin. Sie war die Mutter von Prinz Philip und damit die Schwiegermutter von Queen Elizabeth II. und die Großmutter von König Charles III. Sie war eine ungewöhnliche junge Frau, von großer Schönheit, aber von Geburt an taub. Sie lernte jedoch das Lippenlesen in fünf Sprachen. Verheiratet war sie mit Prinz Andreas, mit dem sie fünf Kinder hatte, vier renitente Töchter und Philip, den geliebten Jüngsten. Ihr Mann verließ sie und lebte in Monaco, wo er auch starb. Die Prinzessin liebte Gott und geriet beim Beten regelrecht in Ektase. Ihre Familie hielt sie für wahnsinnig und ließ sie in der Psychiatrie unterbringen, wo schmerzhafte Therapien an ihr ausprobiert wurden und sie praktisch ein Jahr lang sediert vor sich hinvegetierte. Hinter dieser Maßnahme steckte vor allem ihre Schwägerin Marie Bonaparte, die in Freud verliebt war und sich lange Zeit von ihm therapieren ließ. Später gelang Alice mit Hilfe ihrer reichen Schwägerin Edwina die Flucht nach Griechenland, wo sie – finanziell unterstützt von Edwina – im alten Palast der Familie lebte. Prinzessin Alice betrieb dort zeitweise eine Suppenküche für die Armen und galt als Heilerin.
Dische zeichnet ein sympathisches Porträt einer unkonventionell lebenden Adligen, deren nicht rollenkonformes Verhalten bei ihrem Umfeld nicht gut ankam. Ich habe den Roman zügig gelesen, war aber mit der Personenvielfalt etwas überfordert. Hier waren fast alle irgendwie miteinander verwandt, zumal junge Prinzessinnen gern ihre Cousins ersten Grades heirateten. Da verliert man ein wenig den Überblick. Dennoch halte ich den neuen Roman auch sprachlich für gelungen.

Bewertung vom 21.09.2025
Boyle, T. C.

No Way Home (deutschsprachige Ausgabe)


sehr gut

Eine toxische Dreiecksbeziehung
Der 31jährige Terence Tully genannt Terry arbeitet als Assistenzarzt in einem Krankenhaus in Los Angeles. Dann stirbt seine Mutter, und er hält sich vorübergehend in ihrem Haus in Boulder City, Nevada auf, um die Erbangelegenheiten zu regeln. In einer Bar lernt er die attraktive Bethany kennen, die sich gerade von ihrem Freund Jesse getrennt hat und seitdem wohnungslos und mit geringem Einkommen ist, sodass sie in Terry einen Retter aus ihrer Notlage sieht. Sie quartiert sich nach seiner Abreise heimlich in dem leerstehenden Haus ein und nimmt zudem noch ihre Freundin Lutie auf. Terry ist damit nicht einverstanden. Bethany ist jedoch stärker als er, und er wird sie nicht wieder los. Er hat sich in die schöne junge Frau verliebt und will sie eigentlich auch gar nicht verlieren. Dann taucht ihr Ex Jesse auf, wird zum Stalker und verletzt Terry schwer genauso wie einige Zeit später auch seinen geliebten Hund Daisy. Auch Bethany wird Opfer seiner Gewalttätigkeit. Als Terry dies herausfindet, rächt er sich an Jesse. Es entwickelt sich eine Spirale der Gewalt, und eigentlich will er an der Beziehung nicht länger festhalten, weil Bethany offensichtlich immer noch Gefühle für Jesse hat, egal was dieser tut. Ist er stark genug, sich endgültig von Bethany zu trennen?
Mir hat das Buch gefallen, obwohl es anders ist als die Romane von T.C. Boyle, die ich bisher gelesen habe. Keine der Figuren ist wirklich sympathisch, mit keiner kann ich mich als Leserin identifizieren, aber ich finde das psychologische Kammerspiel schon sehr faszinierend. Auch sprachlich ist Boyles neuer Roman wieder sehr gelungen.