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Ceodaz

Bewertungen

Insgesamt 57 Bewertungen
Bewertung vom 31.12.2025
Wowes, Marie

Anatomy of a Broken Heart / Second Department Bd.1


sehr gut

Zwischen Abschied und Neubeginn - Wenn das Blaulicht den Weg zurück ins Leben weist

Nach dem Unfalltod ihrer großen Liebe Flynn hat Gracie nur noch ein Ziel: Leben retten, um den eigenen Verlust irgendwie zu bewältigen. Als angehende Notfallsanitäterin absolviert sie ihr Praxissemester auf einer Rettungswache und trifft dort ausgerechnet Holden wieder, Flynns früheren besten Freund. Zwischen Einsätzen, alten Wunden und unausgesprochenen Schuldgefühlen entsteht langsam eine neue Nähe, die beide vor die Frage stellt, ob Liebe nach so viel Schmerz überhaupt möglich ist.

Schon äußerlich hat mich Anatomy of a Broken Heart sofort angesprochen. Das Cover mit der DNA-Doppelhelix ist wunderschön gestaltet und passt perfekt zum medizinischen Thema sowie zur emotionalen Tiefe der Geschichte.

Als großer Fan von Serien wie Emergency Room oder Grey’s Anatomy hat mich vor allem das Setting auf der Rettungswache begeistert. Die Einsätze, der Arbeitsalltag und das Zusammenspiel des Teams werden sehr bildhaft und authentisch geschildert. Man fühlt sich mitten ins Geschehen versetzt, spürt die Anspannung der Notfälle und die besondere Dynamik innerhalb der Wache – das hat mich vollkommen abgeholt.

Die Geschichte wird aus zwei Perspektiven erzählt, was mir sehr gefallen hat. Dadurch entsteht ein tieferes Verständnis für die Figuren, ihre Gedanken und ihre Verletzlichkeit. Gerade bei einem so sensiblen Thema wie Trauer und Schuldgefühlen ist dieser Perspektivwechsel besonders wertvoll.

Mit Gracie als Protagonistin bin ich allerdings nicht sofort warm geworden. Ihre Motivation und ihre Gedankengänge sind nachvollziehbar, und ihr Wunsch, Leben zu retten, ergibt sich logisch aus ihrer Vergangenheit. Dennoch fehlte mir ein gewisses Maß an emotionaler Nähe, um mich ihr wirklich verbunden zu fühlen. Holden hingegen ist für mich ein sehr starker, einfühlsamer Charakter. Umso schade fand ich, dass seine Kapitel oft recht kurz gehalten sind. Gerade sein Umgang mit dem Verlust seines besten Freundes hätte aus meiner Sicht noch mehr Raum verdient. Hier bleibt meiner Meinung nach spürbares Potenzial ungenutzt.

Die Liebesgeschichte zwischen Gracie und Holden empfand ich insgesamt als sehr stimmig. Ihre Annäherung ist vorsichtig, von Zurückhaltung und inneren Konflikten geprägt, aber die Spannung zwischen ihnen ist jederzeit spürbar. Nichts wirkt überstürzt, sondern dem emotionalen Hintergrund der beiden angemessen.

Besonders gelungen fand ich das Ende des Buches. Der kleine Schockmoment ist gut eingebaut und unterstreicht die zentrale Botschaft der Geschichte: Trauma braucht Zeit, Auseinandersetzung und manchmal auch professionelle Hilfe. Dass dieser Aspekt ernst genommen wird, verleiht dem Roman Tiefe und sorgt für einen stimmigen, hoffnungsvollen Abschluss.

Fazit:
Anatomy of a Broken Heart erzählt sensibel von Verlust, Schuld und dem langsamen Weg zurück ins Leben. Es ist eine emotionale Romance mit starkem medizinischem Setting, authentischen Einsätzen und der wichtigen Botschaft, dass Trauer ihren Platz haben darf, aber nicht das Ende der eigenen Geschichte ist. Für mich ein gelungener Auftakt, der Vorfreude auf Band zwei weckt.

Bewertung vom 26.12.2025
Hewlett, Rosie

Medea


ausgezeichnet

Ein Schicksal, gewebt aus Liebe und Schmerz

Medea wächst ausgegrenzt und gefürchtet am Hof von Kolchis auf. Wegen ihrer Hexenkraft wird sie gemieden, misshandelt und kontrolliert. Als Jason erscheint, um das Goldene Vlies zu erlangen, erkennt Medea darin eine Chance, ihrem grausamen Zuhause zu entkommen. Doch der Weg in die Freiheit fordert einen hohen Preis: Loyalität, Liebe und letztlich Entscheidungen, die alles verändern und unwiderruflich zerstören können.

Medea – Die Hexe von Kolchis hat mich von der ersten Seite an vollkommen in seinen Bann gezogen. Die Geschichte und die mythologische Grundlage sind so intensiv erzählt, dass ich das Buch kaum aus der Hand legen konnte. Tragisch, schön, spannend und zutiefst herzzerreißend – all diese Gefühle greifen hier ineinander und machen den Roman zu einem echten Leseerlebnis.

Rosie Hewlett gelingt etwas Besonderes: Sie erschafft eine tiefe, schmerzhafte Verbundenheit zur Protagonistin. Medea ist keine ferne Sagengestalt, sondern eine greifbare, verletzliche und zugleich unglaublich starke Frau. Man fühlt mit ihr, leidet mit ihr und ist innerlich zerrissen angesichts der Entscheidungen, die sie trifft. Ihre Handlungen sind nicht immer leicht zu ertragen, aber sie sind teilweise nachvollziehbar, menschlich und konsequent aus der Situation heraus erzählt. Und genau darin liegt die große Stärke des Romans.

Besonders beeindruckt hat mich, wie Hewlett Medeas innere Konflikte darstellt. Die Zerrissenheit zwischen Loyalität und Selbstbestimmung, Liebe und Verrat, Hoffnung und Verzweiflung ist jederzeit spürbar. Medeas Geschichte ist nicht einfach nur eine Neuerzählung eines Mythos, sondern eine intensive Charakterstudie über Macht, Ohnmacht und die Grenzen dessen, was ein Mensch ertragen kann.

Der Schreibstil ist flüssig, bildhaft und unglaublich packend. Die Sprache trägt die Emotionen mühelos und erzeugt eine dichte Atmosphäre, die sowohl die Magie als auch die Grausamkeit dieser Welt greifbar macht. Man fliegt durch die Seiten, ohne dass die Tiefe oder Schwere der Geschichte verloren geht.

Fazit:
Medea – Die Hexe von Kolchis ist eine tragische, kraftvolle und emotional aufwühlende Neuerzählung eines bekannten Mythos. Rosie Hewlett schenkt Medea eine Stimme, die lange nachhallt, und erzählt eine Geschichte über Liebe, Verrat, Schmerz und Selbstbestimmung, die unter die Haut geht. Für mich ein absolutes Highlight zum Jahresende!

Bewertung vom 16.12.2025
Groh, Kyra

The Pumpkin Spice Latte Disaster (Lower Whilby 1) (MP3-Download)


sehr gut

Kann ein Pumpkin Spice Latte zwei Herzen näherbringen?

Jude kehrt widerwillig in ihr englisches Heimatdorf zurück, um an der Hochzeit ihrer Schwester teilzunehmen. Dort trifft sie auf James, einen zurückhaltenden Barista mit berühmter Herkunft, der wenig Interesse daran hat, Teil ihres Musikpodcasts zu werden. Als Jude vorübergehend in seinem Café arbeitet, kommen sich die beiden näher. Dabei wird Jude mit der Frage konfrontiert, ob sie weiterhin vor Nähe und Gefühlen davonlaufen will oder ob sie bereit ist, sich auf einen Neuanfang einzulassen.

Als Hörbuch hat mir The Pumpkin Spice Latte Disaster richtig gut gefallen, vor allem wegen der gelungenen Sprecherwahl. Dass Judes Kapitel von einer Sprecherin und James’ Perspektive von einem männlichen Sprecher gelesen werden, empfand ich als sehr passend und authentisch. Die Stimmen haben den Figuren Leben eingehaucht und erleichtern den Perspektivwechsel, wodurch die Figuren an Tiefe gewinnen.

Besonders überzeugt hat mich die realistische Entwicklung der Beziehung zwischen Jude und James. Statt schneller Romantik erleben wir zwei Erwachsene, die sich zueinander hingezogen fühlen und sich schrittweise näherkommen. Dieses natürliche Tempo macht die Liebesgeschichte glaubwürdig und angenehm zu hören.

Weniger überzeugt haben mich James’ innere Gedanken, die stellenweise eine sexistische Sicht auf Jude widerspiegeln. Zwar wird thematisiert, dass sie für ihn zunächst „tabu“ ist und gerade dadurch eine besondere Anziehung ausübt, dennoch hätte ich mir gewünscht, dass er sie stärker als Persönlichkeit wahrnimmt und nicht überwiegend als Objekt seiner Begierde.

Besonders sensibel ist Judes Hintergrundgeschichte, die schwere Erfahrungen aus ihrer Vergangenheit aufgreift. Die Art und Weise, wie dieses Thema im Buch behandelt wird, empfand ich als problematisch. Traumatische Erlebnisse werden zwar benannt, jedoch fehlt es an einer reflektierten Aufarbeitung oder dem Hinweis auf mögliche Unterstützung. Für manche Hörer*innen könnte dieser Aspekt belastend sein.

Stellenweise verliert die Geschichte etwas an Spannung und zieht sich in die Länge, was dem Hörfluss gelegentlich schadet.
Was jedoch wunderbar gelungen ist, ist das Setting. Das englische Kleinstadtleben, das Café mit seinen Stammgästen, das Herbstfest sowie James’ Familie sind liebevoll ausgearbeitet und schaffen eine warme, stimmige Atmosphäre, die der Geschichte ihren besonderen Charme verleiht.

Fazit:
Als Hörbuch überzeugt The Pumpkin Spice Latte Disaster mit sehr guten Sprecherleistungen, einer glaubwürdig entwickelten Liebesgeschichte und einem stimmungsvollen Kleinstadtsetting. Weniger gelungen ist jedoch die Verarbeitung von Judes belastender Vergangenheit, die weder ausreichend reflektiert noch sensibel eingeordnet wird. Trotz dieses Kritikpunkts bleibt das Hörbuch eine unterhaltsame, herbstliche Romanze mit charmanten und auch spicy Momenten.

Bewertung vom 29.11.2025
Garvey, Rea

Before I met Supergirl


sehr gut

Woher wir kommen – und wer wir werden

Rea Garvey blickt in diesem Buch auf seine irische Herkunft zurück und erzählt von einer Kindheit voller Chaos, Herzlichkeit und Humor, von Jugendjahren zwischen Rebellion und Selbstfindung, von Verlust, Aufbruch und der Kraft der Musik. Seine Erinnerungen reichen von turbulenten Familienmomenten bis zu wilden Nächten in Belfast. Ehrlich, mal schmerzhaft, mal komisch, aber immer geprägt von irischem Herz und unverwechselbarem Charme. Gleichzeitig lädt er dazu ein, über die eigene Herkunft nachzudenken und darüber, was uns wirklich formt.

Before I Met Supergirl ist eine warmherzige, humorvolle und zugleich bewegende Biografie, die vor allem durch ihre Ehrlichkeit überzeugt. Rea Garvey nimmt einen mit zurück nach Irland, in ein Land voller Gegensätze, in dem Regen, Licht, Freiheit, Tradition, Nähe und Zweifel ständig miteinander verflochten sind. Dabei erzählt er nicht nur von prägenden Momenten, sondern lässt einen tief in sein Familienleben eintauchen.

Besonders die Anekdoten über seine Eltern und seine sieben Schwestern haben mir unglaublich gut gefallen. Diese Szenen sind lebendig, chaotisch und voller Wärme, oft so witzig geschildert, dass man automatisch schmunzeln muss. Aber auch seine Zeit als Student in Dublin und die frühen Begegnungen mit der Musik sorgen für spannende Einblicke. Irland ist dabei immer präsent, mit all seinen Eigenheiten, Traditionen und dem typischen Charme, den Garvey so liebevoll beschreibt.

Ein echtes Highlight sind die privaten Fotos im Mittelteil. Sie machen das Buch noch persönlicher und zeigen einen Rea Garvey, der weit über seine Bühnenpersona hinausgeht. Auch die Ogham-Zeichen fand ich besonders spannend. Sie spiegeln seine Verbundenheit zu Irland wider und verleihen dem Buch eine zusätzliche kulturelle Tiefe.

Sein Schreibstil ist flüssig, humorvoll und gleichzeitig ernst, wenn es darauf ankommt. Diese Mischung sorgt dafür, dass seine Geschichte authentisch wirkt. Besonders beeindruckt hat mich das Zitat auf Seite 208: „Niemand ist perfekt. Wir alle sind fehlerhaft. Und genau das macht uns zu Menschen.“ Ein Satz, der viel von Garveys Haltung und Offenheit widerspiegelt.

Ein kleiner Kritikpunkt bleibt für mich: Der Titel lässt vermuten, dass die Begegnung mit seinem „Supergirl", also seiner Frau, ein zentrales Element des Endes sein würde. Dieser Moment bleibt jedoch aus, was mich ein wenig enttäuscht zurückgelassen hat. Zumindest die Beschriebung der ersten Begegnung hätte für mich die Geschichte noch runder gemacht.

Fazit:
Eine sehr persönliche, humorvolle und zugleich berührende Lebensreise, die Irland mit all seinen Facetten lebendig macht. Rea Garvey schreibt ehrlich, nahbar und mit viel Herz. Trotz meiner Kritik am Ende des Buches, ist Before I Met Supergirl eine wunderbare Lektüre für alle, die Biografien lieben, sich für Irland begeistern oder einfach neugierig sind, was den Musiker geprägt hat.

Bewertung vom 16.11.2025
Lewis, Caryl

Wilder Honig


sehr gut

Kann ein Obstgarten Herzen heilen?

Hannah, ihre Schwester Sadie und Megan stehen jeweils an einem Wendepunkt in ihrem Leben. Der Verlust von Hannahs Mann John, ein lange verborgenes Geheimnis und elf hinterlassene Briefe bringen sie dazu, sich mit ihrer Vergangenheit auseinanderzusetzen. Inmitten der walisischen Natur finden sie langsam Orientierung, Trost und neue Verbindungen.

„Wilder Honig“ ist ein stilles, nachklingendes Buch, das weniger durch große Ereignisse überzeugt, sondern durch die leisen Botschaften zwischen den Zeilen. Die Geschichte beginnt schwer und traurig, fast drückend – der Tod, der Verlust und die tiefe Einsamkeit, die Hannah nach Johns Tod empfindet, prägen die ersten Kapitel. Doch gerade diese behutsame, langsame Annäherung an die Trauerbewältigung hat mich berührt. Schritt für Schritt darf man miterleben, wie die Figuren ihre Lasten sortieren, alte Wunden betrachten und nach und nach Frieden finden. Am Ende liegt eine spürbare Leichtigkeit über der Geschichte, die wie ein sanfter Wind durch den Obstgarten weht.

Besonders Johns elf Briefe haben mich fasziniert. Immer wieder stellt sich die Frage, ob er darin tatsächlich nur über die Bienen spricht oder ob er ihr Verhalten als Spiegel seines eigenen Lebens nutzt. Die Metaphern über das Bienenvolk werden zu einer behutsamen Reflexion über seine Beziehung zu Hannah. In ihnen öffnet er sich auf eine Weise, die ihm zu Lebzeiten schwerfiel. Dieses Ungesagte, das nun ans Licht kommt, zählt zu den berührendsten Aspekten des Romans.

Die Handlung an sich ist eher ruhig, stellenweise vorhersehbar, aber ich glaube, genau das beabsichtigte die Autorin. Hier geht es nicht um Spannung oder große Twists, sondern um Melancholie, Enttäuschung, Einsamkeit – und um die subtile Heilung, die aus solchen Gefühlen entstehen kann.

Im Zentrum stehen Hannah, Sadie und Megan. Obwohl sie sehr unterschiedlich sind und gut miteinander harmonieren, blieben sie mir emotional etwas fern. Oft werden ihre Gedanken und Gefühle nur angedeutet, sodass mir die Nähe zu ihnen fehlte. Vielleicht ist diese Distanz aber bewusst gewählt, denn auch innerhalb der Geschichte begegnen sie einander nicht immer offen oder vertraut.

Wunderschön ist der starke Naturbezug, der das gesamte Buch prägt. Der Obstgarten, die Bienen und die walisische Landschaft wirken lebendig und echt, fast so, als stünde man selbst zwischen den Bäumen. Die naturkundlichen Details und das ruhige Erzähltempo schaffen eine meditative Atmosphäre. Besonders gelungen fand ich den Aufbau entlang der Jahreszeiten, die sich im Leben der Bienen und im Wandel der Obstbäume widerspiegeln. Das verleiht dem Roman eine poetische, stimmige Symbolik.

Fazit:
"Wilder Honig" ist ein ruhiger Roman voller leiser Töne. Seine Stärke liegt nicht in der Handlung, sondern in Themen wie Trauer, Heilung, Natur und zwischenmenschlichen Beziehungen. Auch wenn mir die emotionale Nähe zu den Figuren teilweise gefehlt hat, hat mich die besondere Atmosphäre sehr berührt. Eine Empfehlung für alle, die stille, tiefgründige Geschichten mögen.

Bewertung vom 12.11.2025
Popp, Isabelle

Sweeter Than Pumpkin Spice


gut

Charmant, herbstlich und divers – aber mit zu wenig Tiefe hinter dem Pumpkin Spice Flair

Sadie Fox hat einen Plan: Um endlich die Anerkennung ihres mürrischen Vaters zu gewinnen, will sie ihn während der Kürbisernte vertreten und den Wettbewerb auf der Indiana State Fair gewinnen. Dafür verlässt sie ihre geliebte Großstadt L.A. und kehrt zurück in ihr verschlafenes Heimatstädtchen Pea Blossom. Doch schon zu Beginn scheitert ihr Vorhaben, denn Wildschweine zerstören das Kürbisfeld. Hilfe bekommt sie ausgerechnet von Nachbar Josh, einem fröhlichen Tech-Millionär mit eigenem Kürbisprojekt. Als ein Tornado die Farm verwüstet und Sadie bei ihm Unterschlupf findet, steht sie nicht nur vor einem Neuanfang, sondern auch vor großen Gefühlen.

Isabelle Popp überzeugt mit einem angenehm leichten und atmosphärischen Schreibstil, bei dem sofort Herbststimmung aufkommt. Beim Lesen meint man, den Duft von Gewürzen und frisch gekochten Kürbisgerichten förmlich zu riechen. Besonders gelungen ist, wie natürlich Diversität und Body Positivity in die Handlung eingebettet sind: Sadie ist keine makellose Heldin, sondern eine Frau mit Kurven und kleinen Macken – echt, selbstbewusst und dennoch attraktiv. Auch ihre Bisexualität wird beiläufig und selbstverständlich thematisiert, ohne Klischees oder übertriebene Betonung, was angenehm authentisch wirkt.

Sadie ist eine vielschichtige Figur: bissig und zynisch, aber gleichzeitig verletzlich und loyal. Ihre kreative Leidenschaft als Weberin und der Wunsch, die angespannte Beziehung zu ihrem Vater zu heilen, verleihen der Geschichte emotionales Potenzial, das jedoch nicht vollständig genutzt wird. Einige Themen, wie der Familienkonflikt oder der Kürbis-Wettbewerb, werden angerissen, verlieren aber schnell an Tiefe. So blieb mir Sadie bis zum Ende ein Stück weit fremd, obwohl sie so viele interessante Facetten besitzt.

Josh wirkt mit seiner offenen, optimistischen Art zunächst wie das perfekte Gegenstück zu Sadie. Er ist charmant, großzügig und grundsympathisch. Für mich jedoch einfach viel zu glatt und zu sehr auf Harmonie bedacht. Die körperliche Nähe entsteht schnell, doch die inneren Gefühle kommen zu kurz, wodurch die Chemie zwischen ihnen stellenweise unausgewogen wirkt. Einige intime Szenen fügen sich nicht stimmig in die Charakterzeichnung ein und nehmen der Beziehung etwas von ihrer Glaubwürdigkeit.

Trotzdem hat mir das Buch insgesamt ganz gut gefallen: Die humorvollen Dialoge, die kleinen Wohlfühlmomente und die herbstliche Stimmung machen es zu einer angenehmen Lektüre für zwischendurch. Perfekt für alle, die eine charmante, unkomplizierte Rom-Com mit Kleinstadtflair suchen.

Fazit:
„Sweeter Than Pumpkin Spice“ ist eine angenehm, leichte Liebesgeschichte mit sympathischer Grundidee, starker Diversität und liebevollem Setting. Leider bleibt sie erzählerisch etwas oberflächlich und verschenkt emotionales Potenzial.

Bewertung vom 03.11.2025
Elser, Manuela

City of Storm and Thunder


sehr gut

Zwischen Blitzen und Rebellion – ein Fantasyabenteuer mit Licht und Schatten

Rain lebt in Ravenport, einer Stadt, in der Magie verboten ist und dennoch wagt sie es, die Kraft der Blitze zu sammeln, um sich und ihren Bruder am Leben zu halten. Als ihr Bruder verhaftet wird, schließt sich Rain einer Gruppe von Rebellen an, um ihn zu retten. An ihrer Seite kämpft Kite, ein geheimnisvoller Nebelkämpfer, der sie mit seiner ruhigen Stärke fasziniert. Doch bald gerät alles außer Kontrolle: Die Rettungsmission wird zu einer Rebellion, und Rain muss erkennen, dass Freund und Feind in diesem Sturm nicht leicht zu unterscheiden sind.

Die Grundidee der Geschichte hat großes Potenzial: düstere Atmosphäre, Rebellion, Magie, eine moralisch zerrissene Heldin – all das verspricht Spannung und Emotion. Doch leider ist der Einstieg recht holprig: Es fehlt an Orientierung, sowohl was die Welt als auch das Magiesystem betrifft. Weder politische Zusammenhänge noch die Regeln der Magie werden zu Beginn klar erklärt, sodass man sich als LeserIn erst mühsam zurechtfinden muss. Ein kurzer Prolog oder ein erklärendes Kapitel hätte hier viel geholfen. Auch der im Buch verlinkte Glossar bietet zwar nette Zusatzinfos, kann aber die anfängliche Verwirrung nicht ausgleichen.

Die Figuren, besonders Rain und Kite, haben interessante Ansätze, bleiben jedoch oberflächlich gezeichnet. Ihre Beziehung entwickelt sich zwar nachvollziehbar, doch es fehlt an emotionaler Tiefe. Ein paar mehr Einblicke in ihre Gedanken und Gefühle hätten geholfen, ihre Entscheidungen und Sorgen besser nachzuvollziehen. Mir hat es gefehlt, mit ihnen mitzufiebern, mit ihnen zu leiden und für das einzustehen, was sie mit ihrem Leben verteidigen möchten.

Ab der zweiten Hälfte ändert sich das jedoch deutlich: Die Handlung nimmt spürbar Fahrt auf, die Rebellion wird spannend und intensiver, und viele Fragen aus dem Anfang klären sich endlich. Gerade hier zeigt sich, welches Potenzial die Geschichte hat. Das Setting wirkt greifbarer, die Konflikte stärker, und der Plot gewinnt deutlich an Dynamik. Besonders die Wendung am Ende ist überraschend und gut durchdacht, auch wenn sie für meinen Geschmack noch etwas detailreicher hätte ausgearbeitet werden können.

Fazit:
„City of Storm and Thunder“ ist ein atmosphärischer Fantasyroman mit viel Potenzial, interessanten Ideen und einer spannenden zweiten Hälfte. Leider wird dieses Potenzial durch den unklaren Einstieg, den Mangel an Details sowie die fehlende emotionale Tiefe etwas ausgebremst. Wer sich jedoch durch die ersten Kapitel kämpft, wird mit einer packenden, stürmischen Geschichte belohnt, die neugierig auf mehr macht.

Bewertung vom 26.10.2025
Ahern, Cecelia

Dem Sturm entgegen


sehr gut

Ein leiser, nachdenklicher Roman über Verlust, Selbstfindung und die heilende Kraft der Natur

In einer regennassen Nacht leistet die Ärztin Enya erste Hilfe bei einem Jungen, der Opfer eines Unfalls mit Fahrerflucht wurde. Doch in dem verletzten Kind erkennt sie schmerzhaft ihren eigenen Sohn wieder, den Sohn, zu dem sie längst den Kontakt verloren hat. Die Begegnung weckt Erinnerungen an eine weitere Tragödie: den Tod ihrer Mutter, die in einer stürmischen Nacht im Meer ertrank. Von Schuldgefühlen und innerer Erschöpfung gequält, verlässt Enya schließlich ihre Familie und zieht sich aufs Land zurück. Zwischen Regen, Wind und der stillen Weite der Natur versucht sie, Frieden zu finden, mit sich selbst, mit ihrer Vergangenheit und mit den Menschen, die sie liebt.

Cecelia Ahern erzählt diese Geschichte mit der für sie typischen Mischung aus poetischer Tiefe und emotionaler Ehrlichkeit. Ihr Schreibstil ist flüssig, bildhaft und von einer melancholischen Schönheit, die besonders in den Naturbeschreibungen zur Geltung kommt. Man spürt den Wind, das Rauschen des Meeres und die Kraft der Elemente, die Enyas inneren Zustand widerspiegeln.

Enya ist eine vielschichtige, gebrochene Figur. Stark in ihrem Beruf, aber verletzlich in ihrer Seele. Ahern zeichnet sie mit großem psychologischem Feingefühl: als Frau zwischen Pflichtgefühl, Schuld und Sehnsucht nach Freiheit. Besonders berührend sind die Passagen, in denen Enya den Spuren ihrer Mutter folgt und langsam lernt, die Welt wieder mit offenem Herzen zu betrachten.

Der Roman lebt weniger von Handlung als von Atmosphäre und innerer Entwicklung. Manche Szenen wirken dadurch sehr ruhig oder introspektiv, fast meditativ. Wer hier eine klassische, spannungsgeladene Geschichte erwartet, könnte das Tempo als etwas zäh empfinden. Doch wer sich auf den ruhigen Ton einlässt, wird mit einer intensiven, emotional ehrlichen Reise belohnt.

Fazit:
„Dem Sturm entgegen“ ist ein tiefgründiger, atmosphärischer Roman über Schuld, Verlust und die Suche nach innerem Frieden. Cecelia Ahern verbindet emotionale Stärke mit poetischer Sprache und schenkt ihrer Leserschaft ein Buch, das tröstet, berührt und zum Innehalten einlädt.

Bewertung vom 26.10.2025
Sünderhauf, Tim

Die Wölfe unter uns


ausgezeichnet

Düster, packend und sprachlich brillant – ein historischer Roman, der unter die Haut geht

Fichtelgebirge, 1630: Inmitten der Wirren des Dreißigjährigen Krieges versucht die calvinistische Familie des jungen Johann, in einem abgelegenen Dorf ein neues Leben zu beginnen. Doch das Dorf wird von Angst beherrscht. Zwei Kinder wurden tot aufgefunden, andere sind spurlos verschwunden. Die Dorfbewohner flüstern von einer unheimlichen Gestalt im Wald, dem „Wilden Jäger“, einem Wolfsmann, der nachts sein Unwesen treibt. Als der wortkarge Wildhüter Hildner, ein ehemaliger Söldner, im Auftrag des Markgrafen auftaucht, kreuzen sich seine Wege mit Johann. Gemeinsam wagen sie sich in die dunklen Wälder und stoßen auf eine Wahrheit, die grausamer ist als jede Legende.

Tim Sünderhauf gelingt mit „Die Wölfe unter uns“ ein außergewöhnlicher Roman, der Historie, Aberglaube und Psychologie meisterhaft miteinander verwebt. Schon der Einstieg fesselt, die Atmosphäre ist dicht, unheimlich und von einer fast greifbaren Kälte durchzogen. Man spürt das Knacken des Waldes, das Heulen des Windes, die Enge der Dörfer, in denen Misstrauen und Angst regieren.

Die Sprache ist kraftvoll, poetisch und doch präzise. Sünderhauf schreibt mit der Intensität eines Historikers und der Sensibilität eines Literaten. Seine Sätze sind bildreich, ohne überladen zu wirken, und erschaffen eine beklemmende Stimmung, die bis zur letzten Seite trägt.

Die Figuren sind komplex und vielschichtig: Johann mit seiner kindlichen Neugier und dem Drang, die Wahrheit zu verstehen, und Hildner, der grimmige Ex-Söldner mit inneren Narben, bilden ein ungewöhnliches, aber fesselndes Duo. Ihre gemeinsame Suche ist nicht nur ein Kampf gegen ein mystisches Wesen, sondern auch ein Abstieg in menschliche Abgründe – in Schuld, Gier und Angst.

Besonders beeindruckend ist, wie der Autor das Mystische und das Historische miteinander verschmelzen lässt. Der „Wilde Jäger“ steht dabei sinnbildlich für die Finsternis in den Menschen selbst. Diese erzählerische Vielschichtigkeit hebt den Roman weit über das Genre hinaus. Es ist nicht nur ein historischer Thriller, sondern ein literarisches Erlebnis.

Fazit:
„Die Wölfe unter uns“ ist ein herausragender, atmosphärisch dichter Roman, der Geschichte, Mythos und Menschlichkeit zu einem packenden Ganzen verbindet. Düster, klug und eindringlich erzählt – ein Buch, das lange nachhallt und beweist, dass das wahre Grauen oft in uns selbst lauert.

Bewertung vom 26.10.2025
Jäger, Fritzi

Die Blumentochter


sehr gut

Spannend, atmosphärisch und tiefgründig – ein Krimi, der unter die Haut geht

1984: Ein Landwirt entdeckt auf seinem Acker ein kleines Beet aus Blumen – kunstvoll gepflanzt, fast zärtlich arrangiert. Doch als er die Pflanzen herausziehen will, stößt er auf etwas Grauenvolles: die Leiche eines jungen Mädchens. Über dreißig Jahre später erschüttert ein ähnlicher Fund die Gemeinde Emsfeld erneut. Wieder wird am Rand eines Feldes ein Grab entdeckt, diesmal geschmückt mit Blumen vom nahegelegenen Selbstpflückerfeld.
Kommissarin Johanna Eckstein, die damals als junges Mädchen in Emsfeld lebte und sich gut an den alten Fall erinnert, kehrt in ihre Heimat zurück. Zwischen beruflicher Pflicht und persönlicher Erinnerung muss sie sich nicht nur den Schatten eines alten Verbrechens stellen, sondern auch ihrer eigenen Vergangenheit.

Fritzi Jäger gelingt mit „Die Blumentochter“ ein Kriminalroman, der weit über ein klassisches Ermittlungsdrama hinausgeht. Die Geschichte verbindet Spannung mit psychologischer Tiefe und zeichnet ein eindrucksvolles Bild einer Kleinstadt, in der jeder jeden kennt und niemand wirklich sicher ist. Die Autorin versteht es, mit wenigen Worten Atmosphäre zu schaffen: das Nebellicht über den Feldern, der Geruch von Erde und feuchtem Gras, die unterschwellige Unruhe, die in der Luft liegt.

Die Ermittlerin Johanna Eckstein ist eine überzeugende Hauptfigur: klug, empathisch und verletzlich. Ihre Rückkehr nach Emsfeld bringt nicht nur berufliche Herausforderungen, sondern auch emotionale Konflikte mit sich. Die Auseinandersetzung mit ihrer Vergangenheit verleiht der Geschichte eine zusätzliche Tiefe, die sie von vielen typischen Krimis abhebt.

Der Spannungsbogen ist gut aufgebaut, auch wenn das Erzähltempo stellenweise etwas ruhig ist. Statt auf reine Action setzt die Autorin auf stille, intensive Spannung und präzise Beobachtungen. Besonders stark sind die Passagen, in denen sich Vergangenheit und Gegenwart verweben und langsam ein bedrückendes Gesamtbild entsteht.

Fazit:
„Die Blumentochter“ ist ein atmosphärischer, feinfühlig geschriebener Kriminalroman, der mit psychologischer Raffinesse, starken Figuren und einer berührenden Tiefe überzeugt. Kein rasanter Pageturner, aber ein kluger, fesselnder Krimi, der nachhallt – leise, eindringlich und voller Gefühl.