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Ceodaz

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Insgesamt 50 Bewertungen
Bewertung vom 26.10.2025
Ahern, Cecelia

Dem Sturm entgegen


sehr gut

Ein leiser, nachdenklicher Roman über Verlust, Selbstfindung und die heilende Kraft der Natur

In einer regennassen Nacht leistet die Ärztin Enya erste Hilfe bei einem Jungen, der Opfer eines Unfalls mit Fahrerflucht wurde. Doch in dem verletzten Kind erkennt sie schmerzhaft ihren eigenen Sohn wieder, den Sohn, zu dem sie längst den Kontakt verloren hat. Die Begegnung weckt Erinnerungen an eine weitere Tragödie: den Tod ihrer Mutter, die in einer stürmischen Nacht im Meer ertrank. Von Schuldgefühlen und innerer Erschöpfung gequält, verlässt Enya schließlich ihre Familie und zieht sich aufs Land zurück. Zwischen Regen, Wind und der stillen Weite der Natur versucht sie, Frieden zu finden, mit sich selbst, mit ihrer Vergangenheit und mit den Menschen, die sie liebt.

Cecelia Ahern erzählt diese Geschichte mit der für sie typischen Mischung aus poetischer Tiefe und emotionaler Ehrlichkeit. Ihr Schreibstil ist flüssig, bildhaft und von einer melancholischen Schönheit, die besonders in den Naturbeschreibungen zur Geltung kommt. Man spürt den Wind, das Rauschen des Meeres und die Kraft der Elemente, die Enyas inneren Zustand widerspiegeln.

Enya ist eine vielschichtige, gebrochene Figur. Stark in ihrem Beruf, aber verletzlich in ihrer Seele. Ahern zeichnet sie mit großem psychologischem Feingefühl: als Frau zwischen Pflichtgefühl, Schuld und Sehnsucht nach Freiheit. Besonders berührend sind die Passagen, in denen Enya den Spuren ihrer Mutter folgt und langsam lernt, die Welt wieder mit offenem Herzen zu betrachten.

Der Roman lebt weniger von Handlung als von Atmosphäre und innerer Entwicklung. Manche Szenen wirken dadurch sehr ruhig oder introspektiv, fast meditativ. Wer hier eine klassische, spannungsgeladene Geschichte erwartet, könnte das Tempo als etwas zäh empfinden. Doch wer sich auf den ruhigen Ton einlässt, wird mit einer intensiven, emotional ehrlichen Reise belohnt.

Fazit:
„Dem Sturm entgegen“ ist ein tiefgründiger, atmosphärischer Roman über Schuld, Verlust und die Suche nach innerem Frieden. Cecelia Ahern verbindet emotionale Stärke mit poetischer Sprache und schenkt ihrer Leserschaft ein Buch, das tröstet, berührt und zum Innehalten einlädt.

Bewertung vom 26.10.2025
Sünderhauf, Tim

Die Wölfe unter uns


ausgezeichnet

Düster, packend und sprachlich brillant – ein historischer Roman, der unter die Haut geht

Fichtelgebirge, 1630: Inmitten der Wirren des Dreißigjährigen Krieges versucht die calvinistische Familie des jungen Johann, in einem abgelegenen Dorf ein neues Leben zu beginnen. Doch das Dorf wird von Angst beherrscht. Zwei Kinder wurden tot aufgefunden, andere sind spurlos verschwunden. Die Dorfbewohner flüstern von einer unheimlichen Gestalt im Wald, dem „Wilden Jäger“, einem Wolfsmann, der nachts sein Unwesen treibt. Als der wortkarge Wildhüter Hildner, ein ehemaliger Söldner, im Auftrag des Markgrafen auftaucht, kreuzen sich seine Wege mit Johann. Gemeinsam wagen sie sich in die dunklen Wälder und stoßen auf eine Wahrheit, die grausamer ist als jede Legende.

Tim Sünderhauf gelingt mit „Die Wölfe unter uns“ ein außergewöhnlicher Roman, der Historie, Aberglaube und Psychologie meisterhaft miteinander verwebt. Schon der Einstieg fesselt, die Atmosphäre ist dicht, unheimlich und von einer fast greifbaren Kälte durchzogen. Man spürt das Knacken des Waldes, das Heulen des Windes, die Enge der Dörfer, in denen Misstrauen und Angst regieren.

Die Sprache ist kraftvoll, poetisch und doch präzise. Sünderhauf schreibt mit der Intensität eines Historikers und der Sensibilität eines Literaten. Seine Sätze sind bildreich, ohne überladen zu wirken, und erschaffen eine beklemmende Stimmung, die bis zur letzten Seite trägt.

Die Figuren sind komplex und vielschichtig: Johann mit seiner kindlichen Neugier und dem Drang, die Wahrheit zu verstehen, und Hildner, der grimmige Ex-Söldner mit inneren Narben, bilden ein ungewöhnliches, aber fesselndes Duo. Ihre gemeinsame Suche ist nicht nur ein Kampf gegen ein mystisches Wesen, sondern auch ein Abstieg in menschliche Abgründe – in Schuld, Gier und Angst.

Besonders beeindruckend ist, wie der Autor das Mystische und das Historische miteinander verschmelzen lässt. Der „Wilde Jäger“ steht dabei sinnbildlich für die Finsternis in den Menschen selbst. Diese erzählerische Vielschichtigkeit hebt den Roman weit über das Genre hinaus. Es ist nicht nur ein historischer Thriller, sondern ein literarisches Erlebnis.

Fazit:
„Die Wölfe unter uns“ ist ein herausragender, atmosphärisch dichter Roman, der Geschichte, Mythos und Menschlichkeit zu einem packenden Ganzen verbindet. Düster, klug und eindringlich erzählt – ein Buch, das lange nachhallt und beweist, dass das wahre Grauen oft in uns selbst lauert.

Bewertung vom 26.10.2025
Jäger, Fritzi

Die Blumentochter


sehr gut

Spannend, atmosphärisch und tiefgründig – ein Krimi, der unter die Haut geht

1984: Ein Landwirt entdeckt auf seinem Acker ein kleines Beet aus Blumen – kunstvoll gepflanzt, fast zärtlich arrangiert. Doch als er die Pflanzen herausziehen will, stößt er auf etwas Grauenvolles: die Leiche eines jungen Mädchens. Über dreißig Jahre später erschüttert ein ähnlicher Fund die Gemeinde Emsfeld erneut. Wieder wird am Rand eines Feldes ein Grab entdeckt, diesmal geschmückt mit Blumen vom nahegelegenen Selbstpflückerfeld.
Kommissarin Johanna Eckstein, die damals als junges Mädchen in Emsfeld lebte und sich gut an den alten Fall erinnert, kehrt in ihre Heimat zurück. Zwischen beruflicher Pflicht und persönlicher Erinnerung muss sie sich nicht nur den Schatten eines alten Verbrechens stellen, sondern auch ihrer eigenen Vergangenheit.

Fritzi Jäger gelingt mit „Die Blumentochter“ ein Kriminalroman, der weit über ein klassisches Ermittlungsdrama hinausgeht. Die Geschichte verbindet Spannung mit psychologischer Tiefe und zeichnet ein eindrucksvolles Bild einer Kleinstadt, in der jeder jeden kennt und niemand wirklich sicher ist. Die Autorin versteht es, mit wenigen Worten Atmosphäre zu schaffen: das Nebellicht über den Feldern, der Geruch von Erde und feuchtem Gras, die unterschwellige Unruhe, die in der Luft liegt.

Die Ermittlerin Johanna Eckstein ist eine überzeugende Hauptfigur: klug, empathisch und verletzlich. Ihre Rückkehr nach Emsfeld bringt nicht nur berufliche Herausforderungen, sondern auch emotionale Konflikte mit sich. Die Auseinandersetzung mit ihrer Vergangenheit verleiht der Geschichte eine zusätzliche Tiefe, die sie von vielen typischen Krimis abhebt.

Der Spannungsbogen ist gut aufgebaut, auch wenn das Erzähltempo stellenweise etwas ruhig ist. Statt auf reine Action setzt die Autorin auf stille, intensive Spannung und präzise Beobachtungen. Besonders stark sind die Passagen, in denen sich Vergangenheit und Gegenwart verweben und langsam ein bedrückendes Gesamtbild entsteht.

Fazit:
„Die Blumentochter“ ist ein atmosphärischer, feinfühlig geschriebener Kriminalroman, der mit psychologischer Raffinesse, starken Figuren und einer berührenden Tiefe überzeugt. Kein rasanter Pageturner, aber ein kluger, fesselnder Krimi, der nachhallt – leise, eindringlich und voller Gefühl.

Bewertung vom 26.10.2025
Kampmann, Anja

Die Wut ist ein heller Stern


sehr gut

Sprachgewaltig, atmosphärisch und eindringlich – ein Roman über Mut, Freiheit und weibliche Stärke in dunklen Zeiten

Hedda hat sich in den 1930er Jahren ihren Traum erfüllt: Sie steht als Artistin im berühmten Varieté „Alkazar“ auf der Reeperbahn. Doch die schillernde Welt des Varietés verliert ihren Glanz, als die politischen Schatten immer dunkler werden. Uniformen füllen die Zuschauerreihen, Kontrolle und Angst nehmen zu und auch für die Frauen auf der Bühne wird das Leben gefährlich. Während Hedda versucht, sich und ihren kleinen Bruder Pauli zu schützen, begibt sich ihr Bruder Jaan als Harpunenschmied auf einen Walfänger in die Antarktis. Eine Flucht, die ebenso verzweifelt wie hoffnungsvoll wirkt.
In einer Welt, in der die Freiräume schwinden, sucht Hedda nach einem Weg, sich selbst und ihre Würde zu bewahren.

Anja Kampmann erzählt diese Geschichte in einer sprachlich beeindruckenden, poetischen und zugleich präzisen Weise. Jede Zeile ist durchdacht, jede Beschreibung trägt Atmosphäre. Ihre Sprache hat eine fast musikalische Qualität: dicht, bildhaft und zugleich voller Zwischentöne. Man spürt die Enge der Zeit, den Geruch von Schminke, Rauch und Angst, aber auch den leisen Trotz, der Heddas Handeln antreibt.

Besonders stark ist die Darstellung der weiblichen Perspektive in einer Zeit, in der Frauen kaum eigene Wege gehen durften. Hedda ist eine faszinierende Figur, die mutig, verletzlich und voller innerer Spannung ist. Sie steht für Selbstbehauptung, aber auch für die Zerbrechlichkeit jener, die im falschen Moment zu sichtbar sind.

Manchmal jedoch wirkt der Roman etwas distanziert, die poetische Sprache schafft zwar Tiefe, kann aber emotional auf Distanz halten. Einige Passagen sind sehr ruhig, fast fragmentarisch, was das Lesen stellenweise anspruchsvoll macht. Doch gerade diese sprachliche Eigenwilligkeit macht den Roman auch besonders. Er verlangt Aufmerksamkeit, aber er schenkt einem dafür eindrucksvolle Bilder und nachhallende Gedanken.

Fazit:
„Die Wut ist ein heller Stern“ ist ein intensiver, klug komponierter Roman über Freiheit, Angst und Selbstbehauptung in einer gefährlichen Zeit. Anja Kampmann verbindet literarische Sprache mit emotionaler Tiefe und schafft so ein Werk, das lange nachwirkt: ruhig, fordernd und wunderschön zugleich.

Bewertung vom 26.10.2025
Lester, George

In all seinen Farben


sehr gut

Lebendig, bunt und emotional – eine Geschichte über Selbstfindung, Mut und die Kraft, man selbst zu sein

Robin Cooper steckt mitten im Chaos des Erwachsenwerdens: Während seine Freunde schon feste Zukunftspläne haben, häufen sich bei ihm nur Absagen von Schauspielschulen. Sein großer Traum scheint zu zerplatzen, und Robin fühlt sich plötzlich orientierungslos. Ohne Plan, ohne Ziel. Auch in der Liebe läuft es nicht rund: Sein Freund Connor will ihre Beziehung geheim halten, und das verletzt Robin zutiefst. Doch als seine Clique ihn an seinem 18. Geburtstag zu einer Drag Show mitnimmt, verändert sich alles. Zum ersten Mal entdeckt Robin eine Welt, in der er wirklich er selbst sein darf: schrill, ehrlich, verletzlich und stark zugleich.

George Lester erzählt Robins Geschichte mit viel Herz, Witz und Energie. Der Schreibstil ist flüssig, humorvoll und emotional, dabei immer authentisch und nah an der Gefühlswelt eines jungen Erwachsenen. Besonders gelungen ist, wie der Autor ernste Themen, wie Selbstzweifel, gesellschaftlichen Druck und queere Identität mit Leichtigkeit und Lebensfreude verbindet. Das Buch ist nicht nur unterhaltsam, sondern auch empowernd und tröstend zugleich.

Robin ist eine wunderbar lebendige Hauptfigur: sensibel, chaotisch, selbstkritisch, aber auch unglaublich liebenswert. Man leidet, lacht und wächst mit ihm. Auch die Nebenfiguren, vor allem seine Freunde, bringen Vielfalt, Unterstützung und Humor in die Geschichte und zeigen, wie wichtig Akzeptanz und Zusammenhalt sind.

Ein kleiner Kritikpunkt: Manche Szenen ziehen sich etwas oder wirken leicht überdreht, und der Spannungsbogen flacht in der Mitte kurz ab. Dennoch überwiegt das Positive deutlich. Vor allem die starke Botschaft, dass jeder Mensch das Recht hat, in all seinen Farben zu leuchten.

Fazit:
„In all seinen Farben“ ist ein gefühlvolles, lebensbejahendes Jugendbuch über Träume, Selbstfindung und queere Identität. Es zeigt, dass es okay ist, nicht alle Antworten zu haben – solange man sich selbst treu bleibt. Ein herzerwärmender Roman voller Mut, Glitzer und echter Emotionen.

Bewertung vom 26.10.2025
Römer, Lotte

Das verstoßene Mädchen


ausgezeichnet

Bewegend, authentisch und voller Herz – eine Geschichte über Mut, Verlust und Neuanfang

Innsbruck, 1881: Fannerl führt als Kaufmannstochter ein behütetes Leben und steht kurz vor der Hochzeit mit ihrer großen Liebe Johann. Doch nach dem plötzlichen Tod ihres Vaters bricht ihre Welt auseinander. Ihre Mutter will rasch wieder heiraten, doch der neue Mann hat eine grausame Bedingung – Fannerl muss das Haus verlassen, weil er sie wegen ihrer ungewöhnlich hellen Haare und der blassen Haut für ein Unglück hält.
Verstoßen und allein wird Fannerl zu der Wäscherin Franza ins abgelegene Sellraintal geschickt. Dort, zwischen harter Arbeit im eiskalten Gletscherwasser und entbehrungsreichem Leben, muss sie lernen, sich selbst zu behaupten. Langsam findet sie neue Stärke, neue Hoffnung – und vielleicht auch einen Weg zurück zu sich selbst.

Lotte Römer erzählt diese Geschichte mit einfühlsamem Stil und großer historischer Authentizität. Schon nach wenigen Seiten ist man mitten im Tirol des 19. Jahrhunderts, spürt den Frost der Berge, den Geruch von Seife und das raue Leben der einfachen Leute. Der Schreibstil ist flüssig, bildhaft und atmosphärisch, ohne jemals kitschig zu werden.

Fannerl ist eine beeindruckende Protagonistin: zart, verletzlich und gleichzeitig unglaublich stark. Ihre Entwicklung vom verwöhnten Kaufmannstöchterchen zur selbstbewussten jungen Frau ist glaubwürdig und berührend. Besonders schön gelingt es der Autorin, ihre innere Wandlung mit der Natur und Umgebung zu verweben. Das raue Tal wird zu einem Spiegel ihrer eigenen Widerstandskraft.

Auch die Nebenfiguren, wie die herzliche, aber strenge Franza, sind lebendig und facettenreich gezeichnet. Man spürt in jeder Begegnung, wie sehr Lotte Römer ihre Figuren liebt und ihnen Tiefe gibt. Die emotionale Spannung zwischen Fannerl und Johann verleiht dem Roman zudem eine zarte, hoffnungsvolle Note, ohne die Hauptgeschichte zu überlagern.

Fazit:
„Das verstoßene Mädchen“ ist ein wunderbar geschriebener, emotionaler historischer Roman über Verlust, Mut und Selbstfindung. Lotte Römer schafft es, Geschichte lebendig werden zu lassen, mit starken Gefühlen, glaubwürdigen Charakteren und einer Atmosphäre, die lange nachhallt. Ein Buch, das zu Herzen geht und noch lange im Gedächtnis bleibt.

Bewertung vom 26.10.2025
Segal, Francesca

Entscheidungen auf Tuga


sehr gut

Ein gefühlvoller Roman über Familie, Freiheit und den Mut, seinen eigenen Weg zu gehen

Nach der schmerzhaften Enthüllung, wer ihr leiblicher Vater ist, bleibt Charlotte länger als geplant auf der idyllischen Insel Tuga. Trotz der Spannungen mit ihm hat sie dort ein neues Zuhause gefunden – in der Schönheit der Natur, in der Herzlichkeit der Inselbewohner und in ihrer Beziehung zu Levi. Auf Tuga spürt sie zum ersten Mal Freiheit und Leichtigkeit, weit entfernt vom streng kontrollierten Leben in London. Doch ihre Vergangenheit lässt sich nicht so einfach abschütteln: Als ihre Mutter Lucinda, eine ehrgeizige Anwältin, auf der Insel auftaucht, prallen zwei Welten aufeinander. Charlotte muss sich fragen, was sie wirklich will und wohin ihr Weg sie führt.

Francesca Segal schreibt mit viel Feingefühl und einem wunderbaren Gespür für Zwischentöne. Ihr Stil ist flüssig, ruhig und atmosphärisch, perfekt geeignet, um die besondere Stimmung der Insel einzufangen. Man spürt die Sonne, das Meer, den Wind und gleichzeitig die innere Zerrissenheit der Hauptfigur. Besonders die Beziehung zwischen Charlotte und ihrer Mutter ist überzeugend und emotional nachvollziehbar. Segal zeigt mit leiser Intensität, wie kompliziert, aber auch heilsam familiäre Bindungen sein können.

Die Figuren wirken echt und vielschichtig. Charlotte ist keine Heldin im klassischen Sinn, sondern eine junge Frau, die lernen muss, auf ihre innere Stimme zu hören. Lucinda ist einerseits fordernd und kühl, andererseits tief verletzt und unsicher, was sie sehr menschlich macht.

Der Roman punktet mit wunderbarer Atmosphäre und emotionaler Tiefe, verliert aber stellenweise etwas an Tempo. Einige Passagen sind sehr ruhig, fast schon kontemplativ, was zwar gut zur Inselstimmung passt, aber zwischendurch etwas langatmig wirken kann.

Fazit:
„Entscheidungen auf Tuga“ ist ein sensibler, lebensnaher Roman über Selbstfindung, familiäre Erwartungen und die Suche nach dem eigenen Glück. Mal leise, mal berührend, immer authentisch. Ein Buch, das zum Nachdenken anregt und mit Hoffnung zurücklässt.

Bewertung vom 26.10.2025
Johannsen, Anna

Die Toten auf Föhr


ausgezeichnet

Spannend, atmosphärisch und emotional – ein Krimi mit Tiefgang

Auf der idyllischen Nordseeinsel Föhr wird die scheinbare Ruhe jäh zerstört: Eine Mutter und ihre beiden Kinder werden tot in ihrem Haus aufgefunden. Die Polizei geht zunächst von einem Familiendrama aus – ein erweiterter Suizid. Doch als der einflussreiche Vater der Toten eine Obduktion verlangt, kommen Zweifel auf. Schnell zeigt sich, dass dieser Fall alles andere als eindeutig ist. Inselkommissarin Lena Lorenzen übernimmt die Ermittlungen und stößt gemeinsam mit ihren Kollegen Johann und Naya auf ein Netz aus Geheimnissen, Geld und Verrat. Der Ehemann der Toten rückt in den Fokus – doch trotz seiner fragwürdigen Geschäfte hat er ein scheinbar perfektes Alibi. Erst ein unerwarteter Hinweis bringt Bewegung in die Ermittlungen und führt zu einer überraschenden Wendung.

Anna Johannsen gelingt es erneut, Spannung und Atmosphäre meisterhaft zu verbinden. Ihr Schreibstil ist präzise, flüssig und zugleich eindringlich, sodass man von der ersten Seite an in die Geschichte eintaucht. Besonders beeindruckend ist, wie authentisch sie das Inselsetting einfängt – das raue Wetter, die enge Gemeinschaft, das Gefühl von Isolation und Weite zugleich. Föhr wird nicht nur Schauplatz, sondern fast zu einem eigenen Charakter in der Geschichte.

Auch die Figuren überzeugen auf ganzer Linie. Lena Lorenzen ist sympathisch, klug und menschlich – eine Ermittlerin mit Ecken und Kanten, die man sofort ins Herz schließt. Ihre Zusammenarbeit mit Johann und Naya wirkt eingespielt und glaubwürdig, und die kleinen Einblicke in ihr Privatleben sorgen für eine angenehme Balance zwischen Spannung und Menschlichkeit.

Die Handlung ist clever konstruiert, mit genau der richtigen Mischung aus psychologischem Feingefühl und kriminalistischem Tempo. Immer wieder gibt es falsche Fährten, neue Erkenntnisse und Wendungen, die man so nicht erwartet. Dabei verliert die Autorin nie den roten Faden – alles fügt sich am Ende logisch und zufriedenstellend zusammen.

Fazit:
„Die Toten auf Föhr“ ist ein atmosphärisch dichter, hervorragend erzählter Inselkrimi mit starken Charakteren und einer spannenden, emotional berührenden Handlung. Ein echtes Highlight für alle, die kluge Krimis mit Tiefe und nordischem Flair lieben.

Bewertung vom 26.10.2025
Schweigkofler, Mirjam

Himbeerduft im Limettenkleid


sehr gut

Gefühlvoll, ehrlich und mit einer Prise Sommermelancholie

Helia reist an den Gardasee, um im Haus ihrer verstorbenen Großmutter zur Ruhe zu kommen – und um ihre Depressionen zu überwinden. Doch statt Frieden findet sie dort ihre Vergangenheit wieder: Frederik, ihre erste große Liebe, steht plötzlich wieder vor ihr. Zehn Jahre sind seit ihrer schmerzhaften Trennung vergangen, und doch brechen alle Gefühle und Erinnerungen erneut auf. Als Frederik ihr seine Liebe gesteht und verspricht, sie nie wieder zu verletzen, ist Helia hin- und hergerissen zwischen Herz und Verstand – besonders, als eine unbekannte Frau mit einem Kind auftaucht und neue Fragen aufwirft.

Mirjam Schweigkofler erzählt diese Geschichte mit viel Feingefühl und einer beeindruckenden emotionalen Tiefe. Ihr Schreibstil ist flüssig, bildhaft und atmosphärisch – man spürt die Wärme des Gardasees, den Duft von Sommer, Früchten und Erinnerungen. Besonders gelungen ist, wie die Autorin ernste Themen wie Verlust, Depression und Selbstfindung mit Leichtigkeit, aber nie oberflächlich behandelt.

Helia ist eine authentische, greifbare Protagonistin: verletzlich, reflektiert und gleichzeitig stark. Man leidet, hofft und zweifelt mit ihr. Auch Frederik ist vielschichtiger, als man anfangs denkt – seine Entwicklung und die Enthüllungen im Verlauf der Geschichte geben der Liebesgeschichte Tiefe und Glaubwürdigkeit.

Der Roman überzeugt durch Emotion und Atmosphäre, auch wenn sich manche Szenen etwas in die Länge ziehen und das Tempo stellenweise abflacht. Dennoch bleibt die Geschichte berührend und hinterlässt ein Gefühl von Wärme, Hoffnung und zweiter Chancen.

Fazit:
„Himbeerduft im Limettenkleid“ ist eine gefühlvolle Liebesgeschichte über Verlust, Heilung und den Mut, der eigenen Vergangenheit zu begegnen. Ein ruhiger, aber emotionaler Roman, der mit seiner Sommerstimmung, glaubwürdigen Figuren und leisen Zwischentönen überzeugt.

Bewertung vom 26.10.2025
Lüftner, Kai

Ronny, das Pony, und Gerd, das Pferd


ausgezeichnet

Ronny zeigt, dass wahre Größe von innen kommt

Schon auf den ersten Blick hat mich „Ronny, das Pony, und Gerd, das Pferd“ sofort angesprochen. Die Illustrationen sind einfach so ansprechend – farbenfroh, detailreich und mit so viel Ausdruck gestaltet, dass Ronny und Gerd direkt lebendig werden. Man erkennt auf Anhieb ihre Unterschiede: Ronny ist klein, dick, zottelig, tollpatschig und ein bisschen faul, während Gerd anmutig, sportlich, groß, trainiert und elegant wirkt.

Nachdem die beiden mit all ihren Eigenheiten vorgestellt werden, erzählt das Buch von einem gemeinsamen Erlebnis, das sie für immer verbindet. Und genau da zeigt sich, was die Geschichte so besonders macht: Ronny beweist auf heldenhafte Weise, dass man nicht groß, stark oder perfekt sein muss, um wahre Größe zu zeigen. Egal, wie klein oder träge man ist – in jedem steckt Mut, Freundschaft und ein kleines Stück weit Heldentum.

Kai Lüftner erzählt die Geschichte in Reimform: Sie ist leicht, rhythmisch und witzig. Die Verse fließen wunderbar, machen das Vorlesen zu einem Vergnügen und sorgen bei Kindern wie Erwachsenen für viele Lacher. Besonders schön ist, wie charmant und klug die Reime gestaltet sind. Sie klingen nie gezwungen, sondern lebendig und humorvoll.

Auf warmherzige Weise vermittelt das Buch eine wichtige Botschaft: Jeder hat seine eigenen Stärken und manchmal steckt der größte Mut in denjenigen, von denen man es am wenigsten erwartet.

Fazit:
Ein rundum gelungenes Bilderbuch voller Herz, Humor und Mut. Ronny und Gerd zeigen, dass Freundschaft keine Größe kennt und in jedem von uns ein kleiner Held steckt. Ein echtes Highlight zum Vorlesen, Lachen und Staunen – für Kinder und Erwachsene gleichermaßen.