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Benutzername: 
reimon
Wohnort: 
Vorarlberg

Bewertungen

Insgesamt 22 Bewertungen
Bewertung vom 15.03.2024
Nature Guide Vögel
Nibbenhagen, Kalle

Nature Guide Vögel


ausgezeichnet

Raus in die Natur!

Nicht mein erstes Vogelbeobachtungs- und -bestimmungsbuch - aber das bisher praxistauglichste. Außerdem gefällt mir die Gestaltung sehr gut: fröhlich, schöne Fotos, auch mit Blick auf Details - und überhaupt ein sehr gelungenes Layout mit praktischen Farbcodes!
Die kompakten Informationen helfen mir, dranzubleiben an der Erweiterung meiner Vogel-Kenntnisse, ganz nach dem Motto: Man schätzt und schützt, was man kennt. Die geografischen Angaben und die vorgestellten Vögel gelten für Deutschland, aber die allermeisten Vogelarten sind sicher auch in Österreich zu entdecken.
Ein wunderbarer Bonus sind die Links zu verschiedenen kostenlosen Apps, in denen man auch Filme ansehen und Vogelstimmen anhören kann. Was mir jetzt noch fehlt, ist ein gutes Fernglas.
Ein tolles Buch für EinsteigerInnen und bereits begeisterte VogelkennerInnen!

Bewertung vom 16.02.2024
Wir sitzen im Dickicht und weinen
Prokopetz, Felicitas

Wir sitzen im Dickicht und weinen


gut

Traurig-schön

Bis zur Mitte des Romans bin ich bisher gekommen - und ich komme nicht in einen Lesefluss.
Der traurige Titel hat mich vorerst angesprochen - da ist es mir ergangen wie Elke Heidenreich in ihrer Empfehlung im Spiegel-Interview. Vordergründiges Thema ist die schwierige Mutter-Tochter-Beziehung zwischen Valerie und ihrer Mutter Christina. Deren Mutter, also Valeries Großmutter, hat ihre Kinder völlig abgelehnt.
Valerie muss sich als alleinerziehende Mutter eines 16-Jährigen um ihre schwierige krebskranke Mutter kümmern. Die wirkt sehr fordernd und eher unsympathisch. Und der Sohn, ist der so geworden, weil er zu viel Mutter- und zu wenig Vaterliebe erfahren hat?
Wie wir alle entkommt auch Valerie der genetischen Prägung durch die Vorfahren nicht.
Heidenreich findet es „tröstlich, dass andere Menschen den gleichen Mist erleben wie wir“.
Die vielen Namen finde ich verwirrend - die unterschiedlichen Erzählebenen schaffen Unklarheit.
Für einen Debütroman hat die Autorin schon einen sehr reflektierten Zugang zu ihrer Geschichte. Vielleicht lese ich das Buch doch noch fertig.

Bewertung vom 16.01.2024
Eine halbe Ewigkeit
Kürthy, Ildikó von

Eine halbe Ewigkeit


ausgezeichnet

Angenehm leichte Lektüre mit Tiefgang

Die Autorin gibt sehr gekonnt Einblick in den Werdegang einer Frau „in den besten Jahren“ - so würde es zumindest bei einem Mann genannt. Der Satz aus dem Klappentext: „Ich bin frei, und der Rest meines Lebens kann endlich beginnen!“ sagt schon viel über das Buch aus. Es erzählt von Frauenleben - und es wäre schön, wenn es auch viele Männer zu lesen bekämen.
Als die Kinder aus dem Haus sind und ihre Ehe mürbe geworden ist, fragt sich Cora - vielen noch bekannt aus „Mondscheintarif“ - wie ihr Leben weitergehen soll und was sie mit ihren Erinnerungen und mit ihrer „Schuld“ anfangen kann. So nimmt sie uns mit, immer weiter zurück in ihre Vergangenheit. Die Wechseljahre mit all ihren Widrigkeiten werden durch diese Reflexion auch für sie zur Chance auf erfreuliche Veränderungen.

Das Cover lässt mich an Urlaub am Meer denken. Das eine offene neben mehreren noch abgedunkelten Fenstern passt wunderbar zur Geschichte.

Bewertung vom 10.11.2023
Eigentum
Haas, Wolf

Eigentum


ausgezeichnet

Ein typisches Haas-Buch und doch so ganz anders als die Brenner-Krimis. Auch hier kommen die bekannten - und von manchen verachteten - verkürzten Sätze vor, die meist der gesprochenen Sprache entsprechen, mit Einsprengseln im Pinzgauer Dialekt.
Das schmale Büchlein will sorgfältig gelesen werden, damit die sprachlichen Kostbarkeiten auch wirklich ankommen: 
Dann ist die Inflation gekommen und das Geld war hin. In etlichen Varianten kommt das vor.
Oder: Wer kennt die „rhetorische Trias“: waschen putzen bügeln; Arbeit Arbeit Arbeit; sparen sparen sparen
Der Autor/Sohn philosophiert über „Seufzen als vielfältige vorsprachliche Äußerung“.
Aus dem bekannten Lied Besame mucho (Küss mich oft) macht Haas den köstlichen Text Bes auf mi, Mutti?
Mein Lieblingssatz: Mutter erzählte häufig, wie sie schon als Kind die Stutzen der Bauernsöhne ausbessern und nachstricken musste. „Dafür muss ich jetzt ihr Leben nachstricken.“
Wie immer bei Wolf Haas weiß man nicht, wieviel von der erzählten Familiengeschichte wahr ist. Ist auch egal. Auf jeden Fall ist es eine Auseinandersetzung mit der sterbenden Mutter.
Der Titel wird verständlich, wenn von der „tobenden Geldentwertung“ erzählt wird: Immer wieder kommt es zu Grundverkäufen des Großvaters, um einen größeren zu kaufen. Plötzlich ist das Geld wertlos. Auch die Mutter ist immer wieder beim Sparen hinterher, nie kommt sie zu eigenem Besitz - das Grab mit seinen 2 m2 wird ihr erstes „Eigentum“.

Bewertung vom 10.09.2023
Das Pferd im Brunnen
Tscheplanowa, Valery

Das Pferd im Brunnen


sehr gut

Frauenleben zwischen den Welten

Gar nicht so weit weg, und doch ein fremder Kulturkreis. Wie nebenbei wird beim Lesen ein Teil der Geschichte der Sowjetunion lebendig.
Die autobiographisch beeinflusste Hauptgeschichte ist die zwischen der erzählenden Enkelin Walja und ihrer Großmutter Nina. Als sich Walja auf die Suche nach ihrer Herkunft macht, erfährt sie nach und nach vom schweren Schicksal ihrer Großmutter, über das diese nie gesprochen hat. Beiden Frauen geht ihre Unabhängigkeit über alles. Die langsam entstehende Freundschaft der beiden hat einen schönen Höhepunkt im Satz der Großmutter: „Auch wenn du nicht meine Enkelin wärst, sondern eine Fremde, ich würde dich mögen.“
Ein bisschen verwirrend sind immer wieder die Beziehungen der verschiedenen Frauen in der Geschichte zueinander, weil häufig zwischen den Generationen bis zur Urgroßmutter gewechselt wird.
Es ist mir ein bisschen schwer gefallen, mich auf Tscheplanowas Sprache einzulassen. Bildstark, wie im Klappentext bezeichnet, ist sie allerdings.

Bewertung vom 02.08.2023
Eine vollständige Liste aller Dinge, die ich vergessen habe
Knecht, Doris

Eine vollständige Liste aller Dinge, die ich vergessen habe


ausgezeichnet

Sperrig wie der Titel

Die Kolumnen von Doris Knecht lese ich immer wieder sehr gern, vor allem im „Falter“. Mit ihren Büchern hab ich’s nicht so leicht. Auch mit diesem Buch mit dem sperrigen Titel geht’s mir so.
Die Lebensphase, in der sich die Protagonistin - und wohl auch die Autorin - gerade befindet, ist mir sehr vertraut. Die Kinder sind erwachsen und verlassen die elterliche Wohnung. Da die Mutter vom Vater der Kinder getrennt ist, wird ihr diese Bleibe zu groß und vor allem auch zu teuer. So beschließt sie nach einigem Hin und Her, in ihr kleines ehemaliges Rückzugsrefugium zu ziehen. Das bedeutet natürlich, sich von vielen Dingen zu verabschieden, die dann einfach keinen Platz mehr haben werden. Nicht ganz allerdings, denn es gibt auch noch das kleine, alte Häuschen auf dem Land.
Sich von Besitz zu trennen, der auch meist mit Erinnerungen verbunden ist, das fällt wohl niemandem leicht. Ich habe den Roman allerdings über weite Strecken als „Sudern“ erlebt. Erst am Schluss kommt Hoffnung auf, dass die Ich-Erzählerin in ihrem neuen Leben gut ankommen kann und sich nicht mehr ständig mit ihren scheinbar so perfekten Schwestern vergleichen muss.

Bewertung vom 08.07.2023
Elternhaus
Mank, Ute

Elternhaus


sehr gut

Nur ein Haus?
Das Elternhaus ist mehr als ein Haus: Erinnerungen, Erfahrungen, Werte, … so vieles ist damit verbunden.
Ute Mank erzählt von drei Schwestern in einer typischen Konstellation: Eine ist die fürsorgliche „große Schwester“, die auf sich selbst vergisst; eine lebt entfernt als Single mit Affäre; eine ist die eher unscheinbare „normale“.
Sanne, die große, überredet die alten Eltern, aus ihrem selbst gebauten Häuschen mit dem wunderbar weitläufigen Garten in eine „praktische“ Wohnung zu ziehen. Welches Motiv hat sie für ihre egozentrische Fürsorge? Vielleicht Ablenkung vom eigenen Unglücklichsein?
Die Eltern arrangieren sich unerwartet gut mit der neuen Umgebung. Der Vater kehrt aber heimlich immer wieder zurück in sein Haus. Das gehört mittlerweile der Ältesten und Sanne will es verkaufen. Aber so einfach ist das nicht. Es ist zwar aus aktueller Sicht unzulänglich, weil sparsam und eigenhändig erbaut. Aber schließlich hängt für die ganze Familie viel dran.
Die Geschichte zieht sich zeitweise etwas dahin - das kann als Gelegenheit für die eigene Reflexion zum Umgang mit dem Altwerden betrachtet werden.

Bewertung vom 22.05.2023
Solange wir leben
Safier, David

Solange wir leben


ausgezeichnet

Ein Pflichtbuch

Gleich vorneweg: Das ist eines der besten Bücher, die ich jemals gelesen habe!
Safier kennt man von „Mieses Karma“ … und den köstlichen „Miss Merkel“-Büchern. Auch die erste Seite der Familiengeschichte der Safiers ist noch amüsant - und dabei bleibt mir schon das Lachen im Hals stecken.
Die Familienkonstellation ist mir am Anfang etwas unübersichtlich erschienen. Das hat sich aber gelegt, viele der Menschen werden mir im Verlauf der Geschichte sehr vertraut.
Und damit wird die Erzählung besonders erschütternd – fast die gesamte Großfamilie des Vaters wurde im Holocaust ermordet.

Die beiden Familienstränge sind durch unterschiedliche Schriften deutlich gemacht: die österreichisch-jüdische Familie von Vater Joschi und die deutsche Familie von Mutter Waltraut.
Sehr spannend und mit oft trockenem Humor erzählt Safier die Liebesgeschichte seiner Eltern – Joschi ist um 20 Jahre älter als seine spätere Frau. Über all dem sind stets auch die unterschiedlich gelebten Belastungen und Folgen aus den dramatischen Erfahrungen gedemütigter und vernichteter Familienmitglieder für die Überlebenden zu spüren.

Immer wieder denke ich beim Lesen an „Trotzdem ja zum Leben sagen“ von Viktor Frankl.
Hier wird ebenfalls sehr persönlich, vor allem aber als Familiengeschichte erzählt. Das spricht auch Menschen wie mich besonders an, die lieber Romane als Sachbücher lesen.

Bewertung vom 26.03.2023
Melody
Suter, Martin

Melody


ausgezeichnet

Große Leseempfehlung!
Ein echter Suter! Am Anfang plätschert die Geschichte etwas dahin. Das dient aber vor allem dazu, die beteiligten Figuren – außer den zentralen Dr. Stotz – gut kennen zu lernen. Letzterer entpuppt sich als genialer, fantasievoller Erzähler seiner Lebens- und Liebesgeschichte zu Melody.
Seinen bezahlten Zuhörer, Tom Elmer, hat er offiziell engagiert, um seine umfangreichen Dokumente, Erinnerungen, ... zu ordnen und Wesentliches aufzubewahren. Es stellt sich aber immer mehr heraus, dass Tom vor allem die erzählten Erinnerungen sammeln soll. Doch wie weit kann man seinen Erinnerungen trauen? Bewahren wir nicht alle die Vergangenheit so, wie wir sie gerne gehabt hätten?
Suter schlägt Haken beim Erzählen. Wenn man glaubt, endlich zu wissen, was die „Wahrheit“ ist, schafft er wieder eine erstaunliche Wendung. So bleibt die Geschichte bis zum Schluss spannend und dabei sehr berührend.

Bewertung vom 23.03.2023
Wovon wir leben
Birnbacher, Birgit

Wovon wir leben


sehr gut

Ausatmen
Das Cover des Buchs hat mich sofort angesprochen. Möglicherweise durchzieht dessen Poesie auch die Geschichte, die mich trotz ihrer Sperrigkeit bis zum Schluss in den Bann gezogen hat. Julia, die gekündigte Krankenschwester, die wieder zurück zu ihrem schwierigen Vater ins Heimatdorf geht, irritiert mich manchmal mit ihrer nüchternen Sprache. Wenn sie ihren neu gewonnenen Freund Oskar bis zum Schluss als „Städter“ bezeichnet, zum Beispiel. Mag sein, dass da die Soziologin in Birnbacher spricht. Zur Charakterisierung der Dörfler, der „Abgehängten“, passt die Sprache sehr gut.
Sehr berührend sind die Szenen, in denen sich Julia mit ihrem behinderten Bruder beschäftigt. Von denen geht für mich Wärme im Buch aus. Und vom Ende der Geschichte.
Den Titel finde ich spannend, aber er erschließt sich mir nicht. Vielleicht ist damit auch das Ausatmen gemeint, das Loslassen?