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reimon
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Vorarlberg

Bewertungen

Insgesamt 29 Bewertungen
Bewertung vom 03.08.2025
Evans, Virginia

Die Briefeschreiberin


sehr gut

Wer schreibt heute noch Briefe?
Sie, Sybil van Antwerp, und wie!
Die kurze Einleitung gibt ein hilfreiches „Bild“ von der Schreiberin, die sich keinesfalls als Schriftstellerin sehen will. Dieses Bild wird durch ihre Schreiben immer bunter. Ist sie eine Besserwisserin? Auf jeden Fall ist sie selbstkritisch und nimmt sich viel Zeit für ihre Formulierungen. Sie schreibt, was sie denkt und bringt ihre Lebenserfahrung mit ein.
Die Sprünge zwischen den verschiedenen AdressatInnen sind manchmal verwirrend, das mag gewollt sein. Viele unterschiedliche Menschentypen und Lebensgeschichten werden zunehmend vertraut — macht der Umgang mit dieser Vielfalt erst einen Menschen aus?
Das Lesen erfordert Konzentration und ist gleichzeitig so spannend, dass ich das Buch kaum weglegen mag. Besonders neugierig macht die Identität der lange unbekannten Empfängerin/des Empfängers des nicht abgeschickten Briefs.
Dieses gelungene Debüt schafft Vorfreude auf weitere Werke von Virginia Evans.
Das Personenverzeichnis am Ende ist sehr notwendig — für das raschere Auffinden wäre ein Lesebändchen (und eins als Lesezeichen) hilfreich.

Bewertung vom 19.07.2025
Knecht, Doris

Ja, nein, vielleicht


sehr gut

Interessanter Titel
Ist die Erzählerin so eine unentschlossene Person? Ja, im Moment der Wiederbegegnung mit dem einst faszinierenden Mann. Nein, sie nimmt sich nach vielen unterschiedlichen Erfahrungen Zeit für ihre Entscheidung; hat gelernt, auf ihr Gefühl zu achten. Vielleicht ein bisschen unentschlossen, das ist in Liebesdingen ja recht verbreitet.

Eine Frau mit einiger Lebenserfahrung (bei einem Mann hieße es hier wahrscheinlich „in den besten Jahren“) beginnt, auch angeregt durch die Wiederbegegnung (s.o.), ihr Leben, ihr Frausein, ihre Zeit mit den heranwachsenden Kindern, die als Partnerin — ihre Entwicklung also — aus der momentanen Sicht zu betrachten.

Der unangenehme Besuch bei der Zahnärztin gleich zu Beginn, die beunruhigende Situation ihrer Schwester, auch diese Schilderungen gehören dazu. Manchmal wirkt die Geschichte dadurch etwas sprunghaft, dann wieder sehr flüssig erzählt. Doris Knecht hat ein anregendes Buch geschrieben, das zur Auseinandersetzung mit der eigenen Entwicklung anregt.

Bewertung vom 12.03.2025
Haas, Wolf

Wackelkontakt


ausgezeichnet

Haas - gehört gelesen

Bei dieser Geschichte lohnt es sich ganz besonders, sie öfter als einmal zu lesen. Und das nicht nur, weil sie so raffiniert gewunden und verdreht ist wie die berühmten Escher-Bilder. Es handelt sich um eine Geschichte in der Geschichte — und doch nicht.
Im zweiten Teil vermischen sich die Erzählungen zunehmend — vorher sind sie immerhin durch neue Absätze getrennt. Besonders spannend ist das, wenn man sie vom Autor bei einer Lesung hört.
Wolf Haas vergnügt mit gewohnt genialen Wortschöpfungen wie dem Ursprung des Namens „Ala“. Er ist ein sehr genauer Beobachter und beschreibt höchst anschaulich, als Beispiel: Dialekt, wie nach einer Zahnoperation mit betäubtem Mund. Als neuen „Schmäh“, nach der berühmten Haas-Sprache in den Brenner-Krimis, gibt es hier unterbrochene Wörter, die erst nach einigen Zeilen vervollständigt werden. Und die Idee mit dem Klingelton von Georg Danzer!
Haas hat offensichtlich auch ein unglaubliches Wissen über Puzzles, vor allem mit Motiven bekannter Kunstwerke, und beachtliche mathematische Fähigkeiten.
Die Handlung entwickelt einen starken Sog und zieht am Ende stark an. Die Wechsel zwischen den beiden Handlungssträngen erfolgen immer rascher, bis zum unglaublichen Finale. Unbedingt lesen!

Bewertung vom 27.12.2024

Disney - Malen nach Zahlen: Classics


weniger gut

Ausmalen für Geduldige

Das Buch verspricht „Kreativität und Entspannung“. Das hat mich auf die falsche Fährte geführt, weil ich an eine Art Mandalas dachte. Dabei geht es aber um „Malen nach Zahlen“, das hat meiner Meinung nach wenig mit Kreativität zu tun. Spannend ist allerdings, dass man die 100 Motive aus bekannten Disney-Filmen „leer“ wirklich nicht erkennen kann.
Zu jedem Bild gibt es einen Farbcode mit Zahlen und Buchstaben. Leider gelten aber gleiche Zahlen/Buchstaben nicht bei jedem Bild für die immer gleichen Farbnuancen - und von denen werden viele benötigt. Im Buch finde ich keinen Hinweis darauf, welche Farben (Marke) man dazu am besten verwendet. So wird wohl eine mühsame Suche im Fachhandel notwendig werden, bevor es ans Malvergnügen gehen kann. Von der bekannten Firma Ravensburger habe ich mir mehr erwartet. Daher habe ich dorthin auch eine Anfrage geschickt und hoffe auf baldige Aufklärung.
Die Ausmalfelder sind zum Teil winzig, erfordern also sehr viel Geduld und eine ruhige Hand (und die richtigen Stifte!). Am Ende des Buches gibt es für jedes Bild die farbige „Auflösung“ mit Angabe des Filmtitels und -erscheinungsjahres.

Bewertung vom 02.10.2024
Klenk, Florian

Über Leben und Tod


ausgezeichnet

Makaber und lehrreich

Allein das Zitat „Ich wüsste, wie der perfekte Mord geht, werde mich aber hüten, es jemandem zu verraten“ (Christian Reiter, Gerichtsmediziner) sagt schon fast alles über dieses gelungene Buch.
Klenk und Reiter, ersterer Jurist und Chefredakteur des Wiener „Falter“, sind in Österreich schon für ihren sehr originellen, informativen und manchmal schaurig-schönen Podcast „Klenk+Reiter“ bekannt und beliebt. Dabei geht es um mehr oder weniger spektakuläre und zum Teil auch berühmte Todesfälle, die Reiter im Lauf seines Berufslebens aufklären konnte. Im Buch erfährt man auch einiges über den Werdegang, die Sicht aufs Leben und das breit gefächerte Allgemeinwissen des „Universalgelehrten“ Reiter. Florian Klenk recherchiert sehr gewissenhaft und kann die Ergebnisse in gut verständlicher Sprache sehr empathisch wiedergeben. Das freundliche Bild der beiden Spezialisten auf dem Cover passt wunderbar zum Inhalt - eine ganz große Leseempfehlung!

Bewertung vom 02.10.2024
Peters, Caroline

Ein anderes Leben


gut

Mutter-Tochter – eine ungewöhnliche Beziehung

Dieses Buch hab ich mir gewünscht, weil ich Caroline Peters als Schauspielerin (u.a. Mord mit Aussicht, Burgtheater Wien, Jedermann Salzburg) sehr schätze. Auch das schöne Cover hat mein Interesse geweckt. Trotzdem hat das Buch dann nicht meinen Erwartungen entsprochen. Eine Mutter-Tochter-Geschichte, noch dazu ungewöhnlich – das hat mich angesprochen. Leider bin ich nicht in einen Lesefluss gekommen. Zu sprunghaft und verwirrend wegen der vorgestellten Personen ist für mich die Geschichte, so habe ich sie nach einer Weile beiseite gelegt.
Es wäre interessant, ob die Geschichte autobiografisch ist. Der Versuch der Autorin, die Beziehung "vom Ende her" zu verstehen, lässt mich darauf schließen. Dann wäre auch plausibel, dass mir die Verarbeitung noch nicht gelungen scheint.
Kann sein, dass es mich zu einem späteren Zeitpunkt packt, ich werde es noch einmal versuchen.

Bewertung vom 31.07.2024
Kitz, Volker

Alte Eltern


sehr gut

Über das Kümmern und die Zeit, die uns bleibt (Zitat Kitz)

Das Buch kann und soll nicht als Roman, sondern als „literarischer Essay“ gelesen werden. Es ist eine persönliche Auseinandersetzung mit der familiären Verantwortung, wenn ein Elternteil in die Demenz „abtaucht“ — ein wichtiges Thema, das die meisten von uns irgendwann betreffen wird.
Der Autor bezieht sich immer wieder auf den Bestseller aus dem Jahr 2011 „Der alte König in seinem Exil“, in dem sich Arno Geiger virtuos mit dem derzeit sehr aktuellen Thema Demenz und deren Auswirkungen auf die/den Betroffenen und deren Familie beschäftigt. Auch Kitz erzählt von der Verzweiflung des erkrankten Vaters. Er tut dies allerdings viel nüchterner als Geiger. So ähnelt das Buch auch mehr einem „Sachbuch aus persönlicher Betroffenheit“. Immer wieder werden ExpertInnen und andere SchriftstellerInnen zum Thema zitiert. Das reißt mich aus dem Fluss des Miterlebens.
Dass im Alter die Eltern wieder zu Kindern werden, sich also die Betreuungssituation umkehrt, wird zurecht schon von Geiger als beschönigend bezeichnet. Die Entwicklung von Kindern führt schließlich aufwärts.
Kitz möchte Vaters Welt ergründen, um darin einzutauchen, und er tut das sehr intensiv und empathisch.
Der Vater übersiedelt in ein gut geführtes Pflegeheim, das allerdings immer wieder mit finanziellen Schwierigkeiten zu kämpfen hat. Auch die verheerenden Auswirkungen der Corona-Pandemie werden erwähnt.
Für alle, die sich intensiver mit dem Thema auseinandersetzen möchten, führt Kitz eine sehr ausführliche Literaturliste an.

1 von 2 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.

Bewertung vom 15.03.2024
Nibbenhagen, Kalle

Nature Guide Vögel


ausgezeichnet

Raus in die Natur!

Nicht mein erstes Vogelbeobachtungs- und -bestimmungsbuch - aber das bisher praxistauglichste. Außerdem gefällt mir die Gestaltung sehr gut: fröhlich, schöne Fotos, auch mit Blick auf Details - und überhaupt ein sehr gelungenes Layout mit praktischen Farbcodes!
Die kompakten Informationen helfen mir, dranzubleiben an der Erweiterung meiner Vogel-Kenntnisse, ganz nach dem Motto: Man schätzt und schützt, was man kennt. Die geografischen Angaben und die vorgestellten Vögel gelten für Deutschland, aber die allermeisten Vogelarten sind sicher auch in Österreich zu entdecken.
Ein wunderbarer Bonus sind die Links zu verschiedenen kostenlosen Apps, in denen man auch Filme ansehen und Vogelstimmen anhören kann. Was mir jetzt noch fehlt, ist ein gutes Fernglas.
Ein tolles Buch für EinsteigerInnen und bereits begeisterte VogelkennerInnen!

Bewertung vom 16.02.2024
Prokopetz, Felicitas

Wir sitzen im Dickicht und weinen


gut

Traurig-schön

Bis zur Mitte des Romans bin ich bisher gekommen - und ich komme nicht in einen Lesefluss.
Der traurige Titel hat mich vorerst angesprochen - da ist es mir ergangen wie Elke Heidenreich in ihrer Empfehlung im Spiegel-Interview. Vordergründiges Thema ist die schwierige Mutter-Tochter-Beziehung zwischen Valerie und ihrer Mutter Christina. Deren Mutter, also Valeries Großmutter, hat ihre Kinder völlig abgelehnt.
Valerie muss sich als alleinerziehende Mutter eines 16-Jährigen um ihre schwierige krebskranke Mutter kümmern. Die wirkt sehr fordernd und eher unsympathisch. Und der Sohn, ist der so geworden, weil er zu viel Mutter- und zu wenig Vaterliebe erfahren hat?
Wie wir alle entkommt auch Valerie der genetischen Prägung durch die Vorfahren nicht.
Heidenreich findet es „tröstlich, dass andere Menschen den gleichen Mist erleben wie wir“.
Die vielen Namen finde ich verwirrend - die unterschiedlichen Erzählebenen schaffen Unklarheit.
Für einen Debütroman hat die Autorin schon einen sehr reflektierten Zugang zu ihrer Geschichte. Vielleicht lese ich das Buch doch noch fertig.

Bewertung vom 16.01.2024
Kürthy, Ildikó von

Eine halbe Ewigkeit


ausgezeichnet

Angenehm leichte Lektüre mit Tiefgang

Die Autorin gibt sehr gekonnt Einblick in den Werdegang einer Frau „in den besten Jahren“ - so würde es zumindest bei einem Mann genannt. Der Satz aus dem Klappentext: „Ich bin frei, und der Rest meines Lebens kann endlich beginnen!“ sagt schon viel über das Buch aus. Es erzählt von Frauenleben - und es wäre schön, wenn es auch viele Männer zu lesen bekämen.
Als die Kinder aus dem Haus sind und ihre Ehe mürbe geworden ist, fragt sich Cora - vielen noch bekannt aus „Mondscheintarif“ - wie ihr Leben weitergehen soll und was sie mit ihren Erinnerungen und mit ihrer „Schuld“ anfangen kann. So nimmt sie uns mit, immer weiter zurück in ihre Vergangenheit. Die Wechseljahre mit all ihren Widrigkeiten werden durch diese Reflexion auch für sie zur Chance auf erfreuliche Veränderungen.

Das Cover lässt mich an Urlaub am Meer denken. Das eine offene neben mehreren noch abgedunkelten Fenstern passt wunderbar zur Geschichte.