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thirteentwoseven
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Münster

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Insgesamt 12 Bewertungen
Bewertung vom 31.08.2025
Drvenkar, Zoran

Asa (eBook, ePUB)


sehr gut

EIN 5-STERNE-THRILLEREin 5-Sterne Thriller: Achtung! Dieses Buch ist „schockgefährlich“
Der Einstieg in den Thriller „Asa“ von Zoran Drvenkar lässt einem den Atem stocken. Unter einer Eisschicht in einem eiskalten See, sich von kleinen Luftblasen am Leben haltend holt die vierzehnjährige, titelgebende Asa zum Schlag aus. Von der Beute wird sie zur Jägerin, eiskalt und berechnend. Sie scheint unbezwingbar. Doch ihre bestandene Prüfung ist „nur“ der Leseeinstieg in eine von Grausamkeiten und Schicksalsschlägen geprägte Familiengeschichte, die für den Leser immer wieder wahre Schockmomente bereit hält.

Größten Schmerz und größtes Leid mussten bereits die Großeltern ertragen. Eine Expedition des Großvaters ins Nordmeer überlebt dieser nur knapp und mit einem Arm weniger. Sein Körper konnte heilen, doch seine Seele und Psyche bleibt ein Leben lang verkrüppelt. Aus Sorge, dass seine Kinder feindlichen Einflüssen nicht standhalten können, beginnt er sie zu „stählen“ und legt damit den Grundstein für „die Prüfung“, die im Laufe der Zeit zu einer grausamen und mörderischen Tradition wird. Wer damit bricht, stirbt. Asas Vater stirbt. Asa entkommt und ein kaltblütiger Rachefeldzug beginnt.

Der Autor wechselt in dem knapp 700 Seiten starken Thriller immer wieder die Erzählperspektive und die Zeiten. Sogar ein Toter trägt im Zwiegespräch mit den Lebenden zur Geschichte bei. Auf diese Weise ergibt sich nach und nach aus vielen Puzzleteilen ein Gesamtbild der Abläufe und Geschehnisse. Schier unmenschliches und unverständliches Handeln wird dadurch einordenbar , nicht entschuldigt. In der „Prüfung“ gibt es nur Jäger und Opfer. Im Roman sind die Menschen oft beides zugleich: Opfer und Täter und Täter und Opfer. Doch letztlich entscheidet ihr innerster Kern, wozu sie sich entwickeln. Aus unschuldigen Kindern werden Massenmörder. Aus Opfern Racheengel. So ist der Mensch. Ambivalent.

Die Kategorisierung des Buches als Thriller ist mehr als berechtigt. Eine schockierende Szene jagt die nächste und man meint, es ist keine Steigerung mehr möglich, doch es geht weiter. …Und man liest gebannt und entsetzt weiter. Das Buch ist aber auch viel mehr als ein Thriller, es ist eine über ein Jahrhundert währende Familiengeschichte, es hat historischen Hintergrund und verbirgt viele Wahrheiten über uns: die Menschen. Es ist definitiv anders als die blutrünstigen und brutalen Thriller, wo ein Sadist seine Opfer quält. Es ist mindestens genauso blutrünstig und brutal, aber es hat mehr Gehalt. Und es lässt nachdenken: wer bin ich: Opfer oder Täter?

Das Cover macht dem Thriller alle Ehre.

Fazit: Dieses Buch ist nichts für Leute mit schwachen Nerven und Zartbeseitete. Dieses Buch lässt einen fassungslos und gleichzeitig fasziniert zurück. Es ist wie von Suhrkamp versprochen ein gewaltiger Schocker und Pageturner! Und sogar noch mehr: Dieser Thriller hat Gehalt. Besser kann ein Thriller nicht sein: deshalb 5 Sterne.

Bewertung vom 15.08.2025
Lagerlöf, Ulrika

Wo die Moltebeeren leuchten (Die Norrland-Saga, Bd. 1) (eBook, ePUB)


gut

Wunderschön gestaltete Sommerlektüre für alle, die (schwedische) Familiensagas lieben.

Ich gestehe, das Buch "Wo die Moltebeeren leuchten" von Ulrika Lagerlof ist wunderschön gestaltet und hat dadurch mein Interesse geweckt. Eine schwedische Familiensaga gehört sonst nicht in mein Beuteschema.
Bei der Gestaltung stimmt alles. Das impressionistische Titelbild mit einem jungen blonden Mädchen (wahrscheinlich Siv, eine der weiblichen Hauptfiguren) und der bedruckte Buchschnitt zeigen eine Liebe zum Buch, die mir auf Anhieb gefallen hat.

Der Inhalt ist unterhaltsam, hat krimihaft spannende und romantische Momente und ist nicht zuletzt lehrsam. Man erfährt viel über die Sami, die Waldlappen, ihre Geschichte und die Natur ihrer Wälder.
In dem Roman wird eine Familiensaga von zwei Seiten aufgerollt. Da ist die 17-jähre Siv, die 1938 ihren ersten Job in einer einsamen Waldhütte als Köchin für 10 Holzfäller antritt. Und da ist Eva, die in der Jetztzeit als PR-Frau und Forstwirtin für ein Abholzungsunternehmen arbeitet. Beides sind starke Frauen, die ihren Mann stehen und so manche Hürde nehmen müssen. Ihr Schicksal wird im Wechsel kapitelweise erzählt. Je weiter man liest, desto klarer wird wie stark ihre Leben ineinander verwoben sind....
Fazit: Ein wunderschön gestaltetes Buch zum Schmökern und eine leichte Sommerlektüre für den Urlaub! Fortsetzungen sind bereits in Arbeit.

Bewertung vom 15.08.2025
Rosa, Maya

Moscow Mule


weniger gut

TRASH

Nach dem impulsanten Leseeinstieg wurden meine Erwartungen an "Moscow Mule" von Maya Rosa leider enttäuscht. Ich kann das Buch trotz einzelner gelungener Passagen insgesamt nur als "trash" bezeichnen.

In dem Roman geht es um die jungen Freundinnen Karina und Tonja, die in Moskau leben und von einem Studium im westlichen Ausland und dem Mann fürs Leben träumen. Nach dem flotten Einstieg häufen sich irrwitzige, pubertäre und niveaulos Situationen. Es geht um Männer, Alkohol und Luxusartikel und darum, wen man wie rum kriegt, um ein Visa ins Ausland zu bekommen.
Erzählt wird aus der Perspektive von Karina, die bitterarm ist und bis auf die Oma in einer lieblosen Familien aufgewachsen ist. Täglich kämpft sie ums Überleben und Chancen für ein besseres Leben. Hinter ihrem hübschen Äußern verbirgt sich ein kreativer und äußerst willensstarker Kern, der eisern seinen Weg geht....

Die Autorin schreibt wie der jungen Karina der Schnabel gewachsen ist, wild und grenzüberschreitend. Das Ganze überwürzt sie mit viel zu vielen Vergleichen. Diese sind zwar teilweise amüsant und witzig, aber irgendwann langweilen diese überkandidelten Bilder nur noch. Die Geschichte kommt nicht vom Fleck und wird langweilig. Am meisten ärgert mich aber, was die beiden Protagonistinnen so von sich geben. Das ist unterirdisch und nervig.

Fazit: Trotz einiger guter Ansätze und einer an für sich guten Story lohnt sich dieses Buch nicht. Es ist in den pubertären Kinderschuhen der Protagonistinen stecken geblieben. Ich kann es nicht empfehlen.

Bewertung vom 06.07.2025
Hermanson, Marie

Im Finsterwald


gut

EIN MENSCHELNDER SCHWEDENKRIMI: cosy und spannend

Wer mal einen nicht so düsteren und grausamen Skandinavienkrimi lesen möchte, der ist bei dem Cosy-Krimi "Im Finsterwald" von Marie Hermanson genau richtig.

Dieser Krimi bietet eine unheimliche Kulisse, viele Kinder, ein Kindermädchen, einen alkoholsüchigen Vater, eine geisteskranke Mutter, sehr merkwürdige Museumsangestellte und sehr menschliche Ermittler.

In dem Krimi ermitteln Hauptwachmeister Nils Gunnarsson und die Journalistin Ellen Grönblad in einem mysteriösen Fall. 1926 ist im Naturhistorischen Museum Göteborgs die neunjährige Alice spurlos verschwunden. Im Laufe ihrer Ermittlungen stößt das Duo nicht nur auf viele Ungereimtheiten, sondern auch auf gespenstische Vorgänge. Nachts scheinen tote Tiere zum Leben zu erwachen. Mensch-Tiergestalten werden gesehen. Unbewegliche Dinge bewegen sich und Naturdarstellungen sehen auf einmal verändert aus. Als Tore der ältere Bruder von Alice stock und steif behauptet, Alice sei im Museum in dem Waldraum mit den Elchen, beginnt eine akribische Durchsuchung des Museums. Doch von Alice keine Spur. Ein Wettlauf mit der Zeit beginnt.

Das Skanska Dagbladet bezeichnet die Bücher von Hermanson als "liebevoll gestaltete Märchen" und in der Tat enthält auch "Im Finsterwald" viele fantastische, fantasievolle und märchenhafte Elemente. Die Autorin liefert viele unerklärliche Rätsel und legt viele falsche Spuren. Die Auflösung: Lasst euch überraschen!

Sprache und Stil sind unkompliziert. Das Buch lässt sich flott weglesen.

Was ich anfänglich nicht wusste, es gibt bereits etliche Fälle, die Nils und Ellen gelöst haben. Man kann aber problemlos in das Buch einsteigen. Allein die private Beziehung von Nils und Ellen gibt etwas Rätsel auf. Sie sind ein bisschen wie die zwei Königskinder, die nicht zu einander finden...

Fazit: Dies ist ein spannender, historischer Cosykrimi mit märchen- und romanhaften Zügen. Erfrischend anders als der harte Schwedenkrimi, aber nicht minder spannend. Empfehlung für alle, die es nicht so düster und brutal wollen und offen für die märchenhaften Anklänge sind.

Von mir gibt es 4 Sterne.

Bewertung vom 16.04.2025
Ben Saoud, Amira

Schweben


ausgezeichnet

GUTER DYSTOPISCHER ROMAN
Warum dieses großartige Buch von Amira Ben Saoud „Schweben“ heißt, hat sich mir erst kurz vor Schluss erschlossen. Bis dahin hätte ich es „Begegnungen“ genannt. Doch es trägt seinen Titel zu Recht. Ich finde das Buch grandios. Es berührt ganz viele Fragen, die jeden Menschen betreffen.

Der Roman hat dystopische, science-fictionhafte, philosophische und feministische Züge. Es geht um eine Form menschlichen Zusammenlebens, seine Regeln und die Auswirkungen, die dieses „System“ für jeden einzelnen hat.
Im Mittelpunkt des Buches steht eine Namenlose (von mir weiterhin „Namenlos“ genannt, obwohl der Name sich am Ende enthüllt), die in einer fiktiven Siedlung, die nach einer großen Klimakatastrophe entstanden ist, lebt. Dort herrschen wenige, aber strikte Regeln:
• Kein Davor (keine Erinnerung, Auseinandersetzung mit der Vergangenheit),
• Kein Draußen (Anhäufung von Wissen über, Beschäftigung mit anderen Siedlungen )
• Keine Gewalt (Es gibt keine Gewalt. Wer Gewalt ausübt wird, exiliert)
• Kein Streben nach mehr

Namenlos fügt sich unauffällig und quasi unsichtbar in diese Lebensumstände ein. Auch scheint sie einen perfekten Beruf für sich gefunden zu haben: Sie spielt bzw. imitiert andere Frauen, die aus den verschiedensten Gründen aus ihrer Familie und ihrem Umfeld verschwunden sind und gestattet den Verbliebenen so ein scheinbares Weiterleben mit den Verschwundenen. Dies macht sie quasi bis zur Selbstaufgabe. Sie passt ihren Körper an, studiert die Gewohnheiten , Vorlieben , Abneigungen und Gesten der Frauen ein - bis sogar die Angehörigen glauben sie sei die vermisste Person. Sie verliert sich in der sogenannten „Begegnungsarbeit“ wie sie ihren Job nennt.

Namenlos geht es dabei nicht gut. Sie leidet unter großer Müdigkeit und Alpträumen. Auch die Welt, in der sie lebt, bekommt im wahrsten Sinne des Wortes Risse. Zuerst stellt Namenlos diese rein faktisch im städtischen Schwimmbad fest. Dort ist ein Becken gesperrt. Am Boden klafft ein Riß. Dennoch konzentriert sie sich auf ihren nächsten Auftrag: Das Imitieren von Emma, von der es heißt, dass sie die Siedlung verlassen hat. Auftraggeber ist ihr zurückgebliebener Gatte Gil. Dies soll ihr letzter Auftrag sein. Während die Siedlung immer mehr auseinander fällt, zweifelt „Namenlos“ zunehmend an sich selbst und ihren Wahrnehmungen…. Die Situation eskaliert.

Die Erzählweise von Ben Soud ist klar und kurz. Mit keinem Wort zu viel erzählt sie die Story in kurzen Kapiteln. Es gibt einen Vor- und Nachspann, die die Geschichte einordnen. Die Charaktere haben keine eigentliche Tiefe. „Namenlos“ , Gil, ihr letzter Auftraggeber, Ari und Juri ihre einzigen Bezugspersonen, sind nur knapp umschrieben. Sie erschließen und leben durch ihr Tun und Handeln. Ihre knappe Darstellung passt perfekt zum Stil des Buches.
Fazit: Dies ist ein Buch, das definitiv zum Nachdenken und Darübersprechen einlädt. Auch wenn eine Frau mit ihren Erlebnissen im Mittelpunkt steht, ist es auf keinen Fall ein reines „Frauenbuch“. Es ist für alle, die sich für dystopisch und philosophisch inspirierte Romane interessieren, eine absolute Leseempfehlung.

Bewertung vom 02.04.2025
Behm, Martina

Hier draußen


sehr gut

UNGESCHMINKT UND BERÜHREND: Ein Roman über das wahre LANDLEBEN
Ich schließe mich Max Moor auf der Rückseite des Covers an: Martina Behns "Hier draußen" ist ein "richtig gutes Buch".
Prall gefüllt mit Menschen, Lebensgeschichten und Schicksalen, die mit all ihren Unzulänglichkeiten, Fehlern und Umständen doch immer menschlich bleiben und ins Herz treffen. Jeder hat seine ganz eigene Geschichte und Sichtweise. Jeder wird dadurch verständlich. Was als Dorfroman betitelt wird,
zeigt wie ein Brennglas einen Ausschnitt unserer Gesellschaft mit allen Höhen und Tiefen.

Im Mittelpunkt des Buches steht die junge Familie aus Lara und Ingo mit den Kindern Erin und Eric. Sie verwirklichen den Traum vom Leben auf dem Land, kaufen den Resthof Reuserhof in Fehrdorf und versuchen dort ihren Traum zu leben. Ingo pendelt täglich nach Hamburg zu seinem Start up. Der weite Weg sowie der ständige Kampf um Sponsoren und Gelder höhlen ihn jedoch schon bald innerlich aus. Auch Lara wird immer unzufriedener. Als Teilzeitdesignerin, Mutter und jetzt auch Hofbesitzerin fühlt sie sich überfordert und von Ingo vernachlässigt. Die Arbeiten am Hof haben beide unterschätzt. Eines Tages fährt Ingo eine weiße Hirschkuh an. Sie muss erschossen werden. Zusammen mit Förster Uwe erschießt Ingo das Tier. Zusammen, damit sie einem alten Aberglauben entgehen, nachdem derjenige, der eine weiße Hirschkuh tötet innerhalb eines Jahres sterben muss.Obwohl Ingo nicht daran glaubt, passieren folgenschwere Dinge.
In ihrem Roman räumt Martina Behm rigoros mit Klischees und romantisierenden Vorstellungen vom Landleben auf, aber auch die schicken feinen Städter, die in Lofts mit ihren Startups Geld machen, kriegen ihr Fett ab. Und nicht nur das, auch der Lebenstraum einer Ökokommune zerbröselt. Mit Jutta und Armin sind nur noch 2 Mitglieder im Dorf, die anderen sind schon lange gegangen. Statt Batikkurs nimmt Jutta jetzt mit Schlachtkursen "Wie schlachte ich meinen Hahn und Geflügel" nötiges Geld ein. Ein Tiefschlag für alle Landidylleromantiker.
Längst stehen auch die Bauern unter ungeheuerem Druck, effektiv und kostengünstig zu produzieren. Ihr Leben hat sich in den letzten 50 Jahren radikal gewandelt. Statt Herr im eigenen Laden bzw. Hof sind auch sie oft nur Getriebene am Rande des Burnouts.
Harte Lebenserkenntnisse und - wahrheiten treffen in Martina Behns Roman auf ganz normale Menschen, die versuchen mit ihrem Schicksal zurecht zu kommen.
Ganz besonders berührt, hat mich neben Lara und Ingos Familie die Freundschaft zwischen dem wortkargen, schüchternen Förster und Einzelgänger Uwe und dem New-Worker und Städter Ingo. Ingo schätzt an Uwe, dass dieser keine Erwartungen an ihn stellt und er einfach er sein kann. Uwe mag Ingo, weil der ihn wirklich zu verstehen sucht wie bisher anscheinend noch kein anderer Mensch in seinem Leben.
Neben der vom Scheitern bedrohten Ehe von Lara und Ingo, stehen auf jedem Hof in Fehrdorf viele Schicksale vor einer Wende. Ende und Neuanfang liegen ganz nah nebeneinander. Über allem schwebt die weiße Hirschkuh als Omen für eine neue Zukunft.

Sprachlich musste ich mich an die Erzählweise von Martina Behn erst etwas gewöhnen. Zukunft, Gegenwart, Vergangenheit, Realität, Gedanken, Träume, Ängste - alles scheint ineinanderzufließen wie ein nicht enden wollender Strom. Nach einer kurzen Eingewöhnung habe ich mich aber in den Stil eingefunden und erkannt, dass er einen fast all umfassenden Einblick in die Figuren erlaubt inklusive Innen-und Außensicht. Das macht das Buch auf seine Weise ebenfalls einmalig und unverwechselbar.

Fazit: Dies ist ein wirklich tolles Buch und weit mehr als ein moderner Dorfroman. Es ist ein Spiegel der ländlichen Gesellschaft, aber auch unserer Wünsche und Sehnsüchte, ihrer Desillusionierung und Wiederauferstehung. Vom Ende, Wiederaufstehen und Neuanfang. Zum Glück kommt auch das Prinzip Hoffnung nicht zu kurz.

Bewertung vom 02.03.2025
Allingham, Margery

Tödliches Erbe / Campion Bd.1


sehr gut

BRITISCHER COSYKRIMI MIT VIEL HUMOR
Was ist denn da los? Das Buch "Campion - Tödliches Erbe" von der Mit-Queen of Crime, Margery Allingham ist rätselhaft, spannend, belustigend und unterhaltsam. Es hat mich sofort in seinen Bann gezogen. Der verarmte Esquier Gyrth findet in einem Park im Abfall einen Brief, der an ihn gerichtet ist. Er folgt der Spur und landet in einem abgehalfterten Wirtshaus, wird fast entführt und sitzt schließlich bei dem berühmtesten Detektiv Englands. Und das muss er gleich zweimal hören. Er wählt den langen Weg.
Einen langen, aber sehr spannenden und unterhaltsamen Weg braucht es auch bis Meisterdetektiv Albert Campion mit seinem schlitzohrigen Diener und Haudegen Lugg dem Täter und seinen Mithelfern auf die Spur kommt.
Neben der Leiche, der unbeliebten Tante Di des Esquier, und einem fast getöteten Meisterdetektiv gibt es nicht nur wilde Handgemenge und eine Entführung, sondern auch wahrlich Gruseliges und eine kleine Liebesgeschichte. Alles aber cosy und mit viel Humor erzählt.
Der Schreibstil des aus den 30ziger Jahrenden stammenden Buches ist zwar für die heutige Zeit etwas antiquiert, sorgt aber dafür für viele Extraschmunzler.

Fazit:
British, klassisch und doch ganz anders gut. Ein Wohlfühlkrimi für alle Sherlock- und Miss Marplefans. Ich finde, das Buch müsste verfilmt werden.

Bewertung vom 11.02.2025
Crouch, Sarah

Middletide - Was die Gezeiten verbergen


ausgezeichnet

Nette Unterhaltung für Zwischendurch
Wer eine nette Unterhaltung mit viel Natur, Liebe und Crime sucht, der ist hier richtig.

Elijah Leigh, ein gutaussehender, junger Mann, verlässt seine Jugendliebe Nakita und seine beschauliche Heimatstadt, um in Seattle Karriere als Schriftsteller zu machen. Über 10 Jahre später kommt er gescheitert zurück. Auch wenn es so scheint, als wenn ihm ein Neustart gelingt, spielt ihm das Schicksal übel mit. Am Ende geht es um alles: Sein Leben, seinen Ruf, seine Liebe und den Glauben an Gerechtigkeit.

Insgesamt ist das Buch ein guter Mix aus Spannung und Lovestory. Auch die Natur und die Rückbesinnung an sie kommen nicht zu kurz. Das Ende ist für geübte Leser jedoch schon ziemlich bald vorhersehbar. Elijha und Nakita sowie die meisten anderen Menschen sind mir ein bisschen zu viel "Gutmensch". Ein richtig böser Bube fehlt. Und dann noch das Klischee von der reinen Natur, verbunden mit dem Selbstversorgertrend. Das wirkt wie weichgespült.

Inhaltlich hat mich das Buch stark an "den Gesang der Flusskrebse" erinnert. Auch in "Middletide" geht es um eine unzugängliche Bucht, wo ein Mord geschieht und die Gezeiten eine wichtige Rolle spielen. Am Ende des Buches steht ein großer auflösender Gerichtsprozess. Doch an "den Gesang der Flusskrebse" kommt dieses Debüt bei Weitem nicht ran.

Fazit: Nette Unterhaltung für Zwischendurch oder die Sonnenliege, aber nicht mehr.

Bewertung vom 01.12.2024
Eckardt, Tilo

Gefährliche Betrachtungen


ausgezeichnet

Genreübergreifender Krimi: in jeder Hinsicht gelungen
Klappentext und Kurzbeschreibung des Buches stimmen. In meinen Augen ist das Buch "Gefährliche Betrachtungen" von Tilo Eckhardt aber noch viel mehr. Ein Krimi, ja. Eine Hommage an Thomas Mann, ja sehr wohl. Historisch und authentisch genau. Literarisch: yes of course. Aber auch spritzig, witzig, wortgewandt, und ungemein unterhaltend und nicht zuletzt sehr politisch und aktuell. Ein gelungener Krimi, der seine Genregrenzen sprengt und weit darüber hinausgeht.

Der Plot: Durch unglückliche Umstände kommen dem Erzähler, Zydrunas Miuleris, von Thomas Mann schlicht Müller genannt, sensible Aufzeichnungen des Nobelpreisträger abhanden. Sie dürfen auf keinen Fall in die Hände der Nazis fallen, denn sie richten sich gegen den Nationalsozialismus und gefährden damit die Existenz des Dichters. Mann und Müller werden ein Team und kommen dem Täter nach einigen, unterhaltsamen und aber-witzigen Umwegen auf die Spur.

Mir haben neben dem spannenden Geschehen, die genau gezeichneten Charaktere, die wunderbar antiquierte Sprache und die vielen Weisheiten und Gedankengänge des Buches sehr gut gefallen.

Hier ein paar Beispiele: "In seinem steinharten Gesicht kam etwas in Bewegung, als würden sich unter der straffen Haut seiner Stirn und seines Kiefer tektonische Platten verschieben." (S. 250)
Erlauben Sie mir, mich anheischig zu machen,.... (S. 251)
"Irreguläre Persönlichkeit" (S. 128)
"Pornographen sind keine Künstler, sondern Kapitalisten im Götzendienst niederer Instinkte. " (S. 110)

Sehr nachdenklich machend ein Zitat vonThomas Mann im Nachwort des Autoren am Ende des Buches: " Zivilisation, Freiheit, Vernunft, Demokratie, Frieden...., es ist damit allein kein Hund mehr vom Ofen zu locken. Sehr viele Menschen, und die dümmsten nicht, empfinden den ganzen Komplex von Idealen als farblos, fade und abgestanden."
Was für eine zeitenüberdauernde Weitsicht!

Fazit: Dieses Buch ist ein Lesegenuss.

Bewertung vom 06.10.2024
O'Mahony, Jacqueline

Sing, wilder Vogel, sing


ausgezeichnet

Fesselnd vom Anfang bis zum Ende
Der Roman „Sing, wilder Vogel, sing“ von Jacqueline O´Mahony startet gleich mitten der Geschichte. Honora, die kämpferische Irin und Hauptfigur, so erfahren wir, arbeitet in den Staaten in einem Bordell. Einer Ihrer Freier scheint echte Gefühle für sie zu haben.
Doch bevor man erfährt, ob aus den beiden ein Paar wird, geht es zurück in die Vergangenheit. Auf den fesselnden Einstieg folgt ein spannend geschriebener Rückblick auf die erschütternde Lebensgeschichte der jungen Heldin, die schließlich vor dem Hintergrund der großen Hungersnot in der Mitte des 19. Jahrhunderts Irland verlässt.
Die Autorin versteht es dabei, einen mitzunehmen. In all der erschütternden Not gibt es immer wieder kurze Lichtblicke von menschlichem Miteinander und Empathie. Alle Charaktere und Tatensind nachvollziehbar, selbst wo sich die Handelnden von Ihrer schlechtesten Seite zeigen, wirken sie authentisch und nicht überzeichnet. Durch innere Dialoge wird auch das manchmal ambivalent wirkende Handeln der Hauptfigur verständlich. Honora ist eine selbstbewusste, starke Frau und zugleich zerbrechliche Frau. Freiheit und Gerechtigkeit sind ihre großen Leitlinien.

Kleine zeitliche Sprünge und sich immer wieder neu entwickelnde prekäre Situationen lassen das Buch nie langatmig oder gar langweilig werden. Und die Autorin findet genau die richtige Balance zwischen Tragik und Zuversicht.
Insgesamt ist das Buch eine spannend geschriebene, authentisch wirkende Geschichte, die ich gerne weiter empfehle.