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m_comprehension
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Essen

Bewertungen

Insgesamt 3 Bewertungen
Bewertung vom 21.03.2010
Theater Theater
Jarzyna, Grzegorz;Nádas, Péter;Özdamar, Emine Sevgi

Theater Theater


ausgezeichnet

Stücke, die sich auf Odysseus beziehen. Manche über Krieg, manche über Wiedersehen von Mann und Frau. Manche mit Chor. Wie blutig ist die Welt heute verglichen mit der Belagerung Troias? Ich habe die Stücke in zufälliger Reihung gelesen. Alte Verse lasen sich maniriert, ob sie so auch auf der Bühne klingen? Walsh - Odyssee ohne Odysseus aber mit Männern am Rande des Nervenzusammenbruchs. Ransmayr - Odyssee als politisch korrekte Umerziehung des Söldners. Özdamar - Odyssee als Bahnfahrt Istabul Deutschland. Schmimmelpfeng - Odyssee als Textcollage mit dem Übersetzer des 19 Jahrhunderts, Voß. Nádas - Odyssee als Metaphysik der Odyssee. Jarzyna - Odyssee als Odyssee nur kürzer. Ich konnte mit Jarzyna und Özdamar etwas anfangen, Ransmayrs Idee auch, aber nicht der Belehrung.

Bewertung vom 23.02.2010
Termini
Dieckmann, Dorothea

Termini


sehr gut

Gutes Buch, finde ich. Mir war unklar, wer die Hauptperson ist von den drei, deren Wege durch Rom laenger verfolgt werden: der Deutsche aus Deutschland, die Deutsche aus Rom, der Deutsche aus Rom? Gekauft hatte ich mir das Buch, weil ich gelesen hatte, die Hauptperson sein ein Spiegel Journalist, der an seiner Aufgabe scheitert, weil er typisch fuer seine Generation keine Tiefe besitzt. Es kommt aber anders, jede Figur hat Tiefe, aber in unterschiedliche Richtungen, und der Spiegel ist nur am Rand Thema. Ich fand am interessantesten das, was die Deutsche ueber sich sagt, ueber ihren Aufstieg als Autorin und ihren Weg ins Verschwinden und Schweigen. Ich las, dass Dieckmann in einem anderen Buch untersucht, wie woertlich Ingeborg Bachmann wohl eine Gedichtzeile gemeint hat, in der sie ein Verstummen ankuendigte. Hier wird dies Thema in einem Roman entwickelt. Ich fand vieles gut, zum Beispiel die Wahl des Moments fuer die Geschichte - der Tag, an dem in Rom das Urteil in einem Mordprozess gegen einen deutschen SS-Offizier gesprochen wird. Manche Passagen lasen sich fuer mich praetentioes, aber ein laengeres Buch kann ruhig zeitweise verschiedene Tonarten anschlagen, wenn das Ganze durchschlagend wirkt.

Bewertung vom 22.02.2010
Der gebrauchte Jude
Biller, Maxim

Der gebrauchte Jude


sehr gut

Worüber redet Biller und worüber redet der nicht? Man könnte annehmen, dass in einer Selbstbiographie die Eltern aus der Sicht des sich selbst porträtierenden vorkommen. Tun sie aber nicht bei Biller, sondern das Leben der Eltern kommt vor in Sätzen, mit denen Biller Fragen anderer nach seinen Eltern beantwortet. Die Neugier auf seiner Person ist für seine Gegenüber also auch eine Neugier auf das Leben der Eltern, und da die Juden sind, auf die Geschichte des Überlebens der Verfolgungn der Juden durch die Nationalsozialisten. Die Neugier ist deshalb kränkend, oder nicht? Im Buch finden sich viele Dialoge in direkter Rede, aus denen die Schwierigkeit von Deutschen, mit einem Juden zu reden, spricht. Es sind keine intimen Gespräche, die wiedergegeben werden, sondern Wortwechsel wie auf dem Theater.Typisch für Billers Art, sich selbst zu porträtieren, scheint mir eine Denkfigur, in der er die Frage stellt und beantwortet, welche Worte eine Studentin, mit der er Germanistik studierte und der er ein Manuskript von sich gegeben hatte, wohl ihrem Vater gemacht haben könnte über ihn und den Text. Hier werden wieder Ideen zur Person Billers ausgesprochen, diesmal sind es hypothetische, wieder nicht von ihm, sondern wieder über ihn. Es fällt das Wort Nobelpreis. Bisher hat Biller den Nobelpreis nicht bekommen, und ich habe noch nicht gesehen, dass er als Anwärter gehandelt wurde, aber ich habe mich gefragt, wie es ist, den Wunsch nach dem Nobelpreis schon im ersten Manuskript getragen zu haben. Für mich ist Billers Porträt mehr ein Comic a la Satrapi als eine intimate grammar a la Grossman.

4 von 5 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.