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schmoekerstunde

Bewertungen

Insgesamt 176 Bewertungen
Bewertung vom 10.12.2025
Izquierdo, Andreas

Romeo und Romy


ausgezeichnet

Izquierdo erzählt mit feinem Gespür, großer Empathie und einem warmen Humor von Menschen, die längst aufgegeben schienen – und plötzlich wieder den Mut finden, zu träumen. Die Mischung aus dörflichem Durcheinander, liebenswert verschrobenen Figuren und der verbindenden Kraft des Theaters macht den Roman zu einer berührenden wie heiteren Lektüre.

Besonders eindrucksvoll ist die sensible Beobachtung dieser Charaktere: Menschen mit Ecken und Kanten, geprägt von Lebenserfahrung, Zweifeln und stillen Sehnsüchten.

Die Vorbereitungen für den Theaterbau und der gemeinschaftliche Elan beim Renovieren schenken der Erzählung zahlreiche rührende, oft auch wunderbar komische Momente.

Unvergesslich bleiben vor allem die Szenen, in denen Theateralltag und Dorfwirklichkeit aufeinandertreffen: Missverständnisse, Eitelkeiten und kleine, flüchtige Bündnisse verleihen der Geschichte eine lebendige, fast spielerische Dynamik.

Bewertung vom 09.12.2025
Kim Jiyun

Das Tagebuch im Waschsalon der lächelnden Träume


sehr gut

Im Herzen des Seouler Stadtteils Yeonnam-dong liegt ein kleiner Waschsalon, unscheinbar und doch voller Geschichten. Zwischen dem rhythmischen Surren der Maschinen und dem Duft frisch gewaschener Wäsche befindet sich ein grünes, gemeinsames Tagebuch. Jeder, der vorbeikommt, darf darin seine Sorgen, Ängste oder Erinnerungen hinterlassen – und erhält dafür Antworten von Fremden, die vielleicht nur für einen Augenblick im selben Raum verweilen.

Durch dieses Tagebuch knüpft sich ein feines Band zwischen fünf Menschen, die unterschiedlicher kaum sein könnten. Jeder trägt eigene Lasten, eigene Wünsche im Herzen. Und doch finden sie über die anonymen Worte auf den Seiten zueinander.

Kim Jiyun erzählt diese Begegnungen mit einer ruhigen, behutsamen Stimme, die ein Auge für jene kleinen Momente hat, die im Alltag leicht übersehen werden – und die doch mehr verändern, als man ahnt.

Statt großer Dramen entfaltet sich ein sanftes, tröstliches Buch über Gemeinschaft, über Einsamkeit und die Möglichkeit eines stillen Neubeginns.

Befremdlich wirkte auf mich allerdings der Umgang mit dem äußeren menschlichen Erscheinungsbild: dass Kinder Schönheitsoperationen geschenkt bekommen oder Erwachsene wegen eines kleinen Kratzers sofort zur Laserbehandlung greifen, bleibt mir fremd und schwer nachvollziehbar.

Trotzdem: ein ruhiger, berührender Wohlfühlroman, der lange nachklingt.

Bewertung vom 08.12.2025
Izquierdo, Andreas

Über die Toten nur Gutes / Ein Trauerredner ermittelt Bd.1


ausgezeichnet

Wer die Bücher von Andreas Izquierdo kennt, erwartet meist warmherzige Figuren und feinsinnige Beobachtungen. Ich liebe den Schreibstil und die Bücher des Autors. Umso überraschter war ich über diesen unerwarteten „Seitensprung“ des Autors, der einen völlig neuen Ton anschlägt: bitterböse, sarkastisch und mit rabenschwarzem Humor.

Der verschrobene Protagonist, der sich plötzlich mit Toten, Altlasten und allerlei skurrilen Situationen herumschlagen muss, ist gleichzeitig absurd, tragikomisch und überraschend ernsthaft.

Bei den makabren Wendungen und bissigen Dialogen ertappt man sich dabei zu lachen, obwohl man gar nicht sicher ist, ob man das eigentlich sollte.
Dieses Buch ist eine frische und fast freche Abzweigung seiner sonstigen Werke. Wer schwarzen Humor liebt, wird hier positiv überrascht.

Ein herrliches Buch des Autors, das einmal mehr zeigt, wie vielseitig der Autor schreiben kann: düster, überraschend witzig, aber unverkennbar Izquierdo.

Bewertung vom 08.12.2025
Gelfuso, Hayley

Das Buch der verlorenen Stunden


gut

„Das Buch der verlorenen Stunden“ ist ein mutiger Roman voller Magie, Geheimnisse und zwischenmenschlicher Spannungen und mit einer Idee, die fasziniert. Aber der Anspruch, Fantasy, Geschichte, Politik und Liebesgeschichte zu verbinden, führt nicht durchgehend zu einem stimmigen Ergebnis.

Mir fiel sofort die hohe Brutalität auf, die sich wie ein roter Faden durch die Handlung zieht.
Das mag Spannung erzeugen, doch es wirkt schnell übertrieben und unnötig drastisch. Anstatt über psychologische Tiefe zu fesseln, setzt der Roman auf Schockmomente.

Ein weiterer Punkt ist die ausufernde politische Ebene. Während politische Hintergründe in Fantasy ohnehin oft wichtig sind, wirken sie hier stellenweise erdrückend.

Der Mix aus Fantasy, historischem Hintergrund, Liebesgeschichte, Agenten/Spionage sowie magischem Setting wirkt bisweilen etwas aufgesetzt: Manchmal scheint das Buch zu viele Genre-Bausteine auf einmal verwenden zu wollen. Das kann den Eindruck erwecken, das Buch wolle zu viel auf einmal — und nehme dafür Tiefe in anderen Bereichen in Kauf.

Die Grundidee des Buches – die Verbindung von Magie mit persönlichen Verlusten und dem Umgang mit der Vergangenheit – ist spannend. Doch sie wird durch die Kombination aus Härte und politischer Komplexität überlagert.

Bewertung vom 20.11.2025
Hall, Clare Leslie

Wie Risse in der Erde


ausgezeichnet

„Wie Risse in der Erde“ ist für mich ein starker Roman, der es schafft, Herz und Verstand zu erreichen. Ich fand die Kombination aus sanfter Naturbeschreibung und knisternder, dunkler Spannung sehr wirkungsvoll. Beths Lebensgeschichte – von der unbeschwerten Jugendliebe bis zum Leben als Frau mit einer tragischen Vergangenheit – wirkt authentisch und mitreißend.

Manchmal wird es etwas dramatisch, und ja – die Liebesgeschichte ist nicht gänzlich ohne bekannte Motive. Etwas weniger hätte es auch getan. Dennoch überwiegt bei mir der Gewinn: Ich wurde emotional abgeholt, habe mitgefühlt, und war überrascht von der Wendung am Schluss – die Andeutung, wer wirklich Schuld trägt, ist bis fast zur letzten Seite gut verborgen.

Ich würde das Buch Lesern empfehlen, die gerne melancholische Liebesgeschichten lesen, die aber auch Krimi-Spannung und Familiendynamik mögen. Wer hingegen eher leichte, unbeschwerte Lektüre will, könnte das Gewicht der Gefühle und der Tragödie als zu schwer empfinden.

Leserinnen und Leser von „Der Gesang der Flusskrebse“ werden hier vermutlich ganz auf ihre Kosten kommen.

Bewertung vom 14.11.2025
Sandberg, Ellen

Rauhnächte


ausgezeichnet

Ellen Sandberg ist das Pseudonym der bekannten Krimiautorin Inge Löhnig, die mit ihren Romanen bereits viele Leser begeistert hat. Unter ihrem zweiten Namen zeigt sie eine ganz andere Seite: weniger Krimi, mehr Gefühl – Geschichten über Familie, Schuld, Geheimnisse und den langen Schatten der Vergangenheit. Rauhnächte ist dafür ein besonders schönes Beispiel.

Die Geschichte beginnt an Heiligabend, als Pia erfährt, dass sie mit 4 Jahren adoptiert wurde. Diese Nachricht bringt ihr ganzes Leben durcheinander.

Sie begibt sie sich auf eine Reise in ihre Vergangenheit und zugleich in sich selbst. Zwischen verschneiten Dörfern und den geheimnisvollen Bräuchen der sogenannten Rauhnächte entfaltet sich ein fesselndes Familiengeheimnis.

Im Anhang schreibt Ellen Sandberg, dass Rauhnächte ursprünglich bereits vor mehr als 10 Jahren als Jugendbuch erschienen ist. Für die aktuelle Ausgabe hat sie die Geschichte komplett überarbeitet und „erwachsen gemacht“ – sprachlich reifer, psychologisch intensiver und vielschichtiger. Trotzdem spürt man noch die jugendliche Neugier und das Abenteurliche des ursprünglichen Textes.

Mich hat vor allem die Atmosphäre begeistert: Diese winterliche Kälte, das geheimnisvolle Schweigen der Natur, das Gefühl, dass zwischen den Jahren etwas in der Luft liegt. Die alten Mythen und Bräuche der Rauhnächte sind nicht bloß Dekoration, sondern tragen die Stimmung und Bedeutung der Geschichte: Es geht um Übergänge, um das Loslassen und das Wiederfinden.

Die kleine Fuchs-Geschichte am Ende des Romans ist wie ein kleines Märchen. Der Fuchs wirkt wie ein Symbol für Freiheit, Wildheit und die Suche nach dem eigenen Weg. Ein wunderschöner Abschluss.

Bewertung vom 27.10.2025
Izquierdo, Andreas

Der Club der Traumtänzer


ausgezeichnet

„Der Club der Traumtänzer“ ist ein warmherziger, zugleich humorvoller Roman über die Macht zufälliger Begegnungen – und darüber, wie sie das Leben auf leise, aber tiefgreifende Weise verändern können.

Gabor Schöning, ein Mann von blendender Selbstsicherheit und gepflegter Arroganz, glaubt, alles unter Kontrolle zu haben – bis zu dem Tag, an dem er die Direktorin einer Sonderschule mit dem Auto anfährt. Um eine Anzeige und damit den drohenden Verlust seines Jobs zu vermeiden, lässt er sich widerwillig auf ihren ungewöhnlichen Vorschlag ein: Er soll fünf lernbehinderten Schülern das Tanzen beibringen.

Mit feinem Humor, großem Einfühlungsvermögen und spürbarer Menschlichkeit erzählt der Autor die Geschichte eines Mannes, der in der Begegnung mit außergewöhnlichen Menschen sich selbst wiederzufinden beginnt. Die Figuren sind liebevoll beschrieben, vielschichtig und oft wunderbar skurril – jede von ihnen trägt auf ihre Weise dazu bei, Gabor Schöning zu verändern.

Der Stil des Autors ist lebendig, pointiert und von stiller Poesie durchzogen. Man liest und spürt, dass es eine Geschichte ist, der man sich nicht entziehen kann.

Bewertung vom 19.10.2025
Slaughter, Karin

Dunkle Sühne / North Falls Bd.1


ausgezeichnet

Ein Buch voller Spannung, Schmerz und unauslöschlicher Wunden.
Als in North Falls zwei junge Mädchen spurlos verschwinden, wird Deputy Emmy Clifton in einen Albtraum gestoßen, der sie über Jahre verfolgt. Zwölf Jahre später kehrt die Dunkelheit zurück – und zwingt sie, sich ihren eigenen Dämonen zu stellen.
Emmy ist keine makellose Heldin, sondern ein zutiefst menschlicher Charakter – gezeichnet von Schuld, getrieben von der Suche nach Wahrheit.
Die Atmosphäre des Romans ist düster, dicht und emotional aufgeladen – eine stetige Spannung, die unter die Haut geht.

Ein intensiver, kraftvoller Thriller über die Abgründe hinter der makellosen Fassade einer Kleinstadt – und über die Geister, die nie vergessen.

Bewertung vom 09.10.2025
Koontz, Dean

After Death - Ein Thriller


schlecht

Selten habe ich mich durch ein Buch so gequält wie durch After Death. Dean Koontz scheint hier nicht das Ziel gehabt zu haben, den Leser zu fesseln – sondern ihn zu prüfen. Ganze Seiten sind mit endlosen Bandwurmsätzen gefüllt, die sich winden und schließlich in ihrem eigenen Geschwafel ersticken. Manche sind so überladen, dass man am Ende nicht mehr weiß, wo sie begonnen haben – geschweige denn, worum es überhaupt ging.

Nach rund 150 Seiten stellte sich nicht mehr die Frage, ob man weiterliest, sondern warum. Was wie ein Thriller beginnt, entpuppt sich als bleierne Ansammlung blutleerer Szenen, bevölkert von hölzernen Figuren, die bedeutungslose Dialoge austauschen, als würden sie selbst gern aus dieser Geschichte fliehen.

Wer Koontz frühere Werke kennt, fragt sich fassungslos, was von diesem Autor eigentlich übrig geblieben ist.

After Death ist kein Thriller, sondern ein sprachlicher Hindernislauf. Wer hier Spannung erwartet, bekommt nur ermüdende Wortakrobatik und hat das ungute Gefühl, seine Zeit an literarischen Schrott verschwendet zu haben.

Bewertung vom 22.09.2025
Winkelmann, Andreas

Wassermanns Zorn


ausgezeichnet

Ein Buch, das mich von der ersten bis zur letzten Seite gefesselt hat. Andreas Winkelmann versteht es hervorragend, mit kurzen Kapiteln, einem klaren, temporeichen Stil und pointiert gesetzten Cliffhangern einen Sog zu erzeugen, dem man sich kaum entziehen kann.

Besonders auffällig ist, dass viele Figuren nicht unbedingt Sympathieträger sind. Einige wirken kühl, berechnend oder schlicht unsympathisch – was beim Lesen zunächst irritieren mag, der Geschichte jedoch eine unerwartete Authentizität verleiht. Schließlich ist nicht jeder ein Held, und manche Entscheidungen entspringen nun einmal Egoismus oder innerer Kälte.

Für mich war Wassermanns Zorn ein echter Pageturner. Die düstere Atmosphäre, die spannungsgeladene Handlung und der flüssige Schreibstil haben mich durch die Seiten getragen – auch wenn ich mir von den Charakteren stellenweise mehr Nähe und Sympathie gewünscht hätte.

Alles in allem ist Wassermanns Zorn ein packender Thriller, der mit hohem Tempo und atmosphärischer Dichte überzeugt. Wer bereit ist, sich auf kantige, nicht immer angenehme Figuren einzulassen, wird mit einer Geschichte belohnt, die bis zum Schluss fesselt und nachwirkt.