Benutzer
Benutzername: 
schmoekerstunde

Bewertungen

Insgesamt 167 Bewertungen
Bewertung vom 22.09.2025
Winkelmann, Andreas

Wassermanns Zorn


ausgezeichnet

Ein Buch, das mich von der ersten bis zur letzten Seite gefesselt hat. Andreas Winkelmann versteht es hervorragend, mit kurzen Kapiteln, einem klaren, temporeichen Stil und pointiert gesetzten Cliffhangern einen Sog zu erzeugen, dem man sich kaum entziehen kann.

Besonders auffällig ist, dass viele Figuren nicht unbedingt Sympathieträger sind. Einige wirken kühl, berechnend oder schlicht unsympathisch – was beim Lesen zunächst irritieren mag, der Geschichte jedoch eine unerwartete Authentizität verleiht. Schließlich ist nicht jeder ein Held, und manche Entscheidungen entspringen nun einmal Egoismus oder innerer Kälte.

Für mich war Wassermanns Zorn ein echter Pageturner. Die düstere Atmosphäre, die spannungsgeladene Handlung und der flüssige Schreibstil haben mich durch die Seiten getragen – auch wenn ich mir von den Charakteren stellenweise mehr Nähe und Sympathie gewünscht hätte.

Alles in allem ist Wassermanns Zorn ein packender Thriller, der mit hohem Tempo und atmosphärischer Dichte überzeugt. Wer bereit ist, sich auf kantige, nicht immer angenehme Figuren einzulassen, wird mit einer Geschichte belohnt, die bis zum Schluss fesselt und nachwirkt.

Bewertung vom 16.09.2025
Hansen, Dörte

Altes Land


ausgezeichnet

Der Roman hat mir gut gefallen, auch wenn der Einstieg etwas ungewohnt war.
Es ist ein vielschichtiges Buch, mit einer Mischung aus feinem Humor, Melancholie und sprachlicher Eigenwilligkeit, und es erzählt die Geschichte zweier Frauen: Vera, die als Flüchtlingskind ins „Alte Land“ kam, und ihre Nichte Anne, die mit ihrem Sohn aus Hamburg in das alte Bauernhaus zieht.

Der Sprachstil ist besonders: sehr knapp, oft mit kurzen, fast abgehackten Sätzen. Am Anfang fand ich das etwas gewöhnungsbedürftig, aber mit der Zeit merkt man, wie gut das zur Geschichte und zur norddeutschen Atmosphäre passt. Gerade die spröde, klare Sprache macht das Buch authentisch und bringt die Eigenheiten der Figuren gut rüber.

Mir hat gefallen, dass die Geschichte ohne große Dramen auskommt und trotzdem berührt. Man erkennt vieles wieder – das Festhalten an Traditionen, das Misstrauen gegenüber Fremden, aber auch die Sehnsucht nach Geborgenheit.

Ein lesenswertes Buch, wenn man sich auf den besonderen Stil einlässt.

Bewertung vom 12.09.2025
Georg, Miriam

Die Verlorene


ausgezeichnet

Es gibt Bücher, die man liest – und es gibt jene, die einen mitnehmen, als würde man selbst Seite für Seite mitleben. Dieser Roman gehört für mich zu den Werken, die man nicht nur verschlingt, sondern durchlebt.

Miriam Georg erzählt das Schicksal einer Familie aus Schlesien, die in den Wirren des Zweiten Weltkriegs auseinandergerissen wird. Und doch endet die Geschichte nicht dort – sie zieht ihre Fäden bis in unsere Gegenwart, wo die Nachkommen noch immer den langen Schatten jener Zeit spüren.

Mit poetischem Gespür erzählt die Autorin von Verlust und Flucht, aber auch von Neubeginn und Hoffnung. Besonders die Frauen dieser Geschichte beeindrucken: Sie tragen eine stille, doch ungeheure Stärke in sich.

Berührend ist, wie Vergangenheit und Gegenwart sich durchdringen – wie das Ungesagte fortlebt, wie Fragen, die einst verschwiegen wurden, Jahrzehnte später an die Oberfläche drängen. Man leidet mit den Frauen, die alles verloren haben, und fühlt zugleich ihre unstillbare Sehnsucht nach Zugehörigkeit – eine Sehnsucht, die bis in die nächste Generation weiterreicht.

Dieser Roman ist mehr als eine Geschichte über Krieg und Schmerz. Er ist ein Zeugnis für die Macht der Erinnerung und Hoffnung, und er erinnert daran, dass die Vergangenheit nie ganz vergeht.

Bewertung vom 19.08.2025
Rode, Tibor

Animal


ausgezeichnet

Schon nach dem Prolog war für mich klar: Dieses Buch lässt einen nicht kalt. Und nach den ersten Seiten hatte ich keinen Appetit mehr auf Fleisch. So eindringlich und beklemmend beschreibt Tibor Rode die Situation der Tiere, dass man gar nicht anders kann, als sein eigenes Verhalten zu hinterfragen.

Die Geschichte selbst ist dann genauso fesselnd wie der Einstieg. Ein Schwein, das zum „Mandanten“ in einem Gerichtsverfahren wird, dazu die Forschung, die mithilfe von KI echte Kommunikation zwischen Mensch und Tier ermöglichen will. Ein origineller Plot, provokant und hochaktuell.

Besonders spannend sind die wissenschaftlichen Hintergründe zu KI und Sprachforschung. Alle Figuren wirken lebendig und dynamisch.

Mich hat sehr beeindruckt, dass Animal weit über den Thriller hinaus Fragen aufwirft: Was würde es bedeuten, wenn Tiere wirklich sprechen könnten? Wie sehr verdrängen wir die Realität in unserem Alltag? Und wären wir bereit, die Konsequenzen zu tragen?

Ein intelligenter, emotionaler Pageturner, der mich gleichzeitig gefesselt und zum Nachdenken gebracht hat – so sehr, dass er sogar mein Essverhalten beeinflusst hat.

Bewertung vom 18.08.2025
Rey, Christina

Der Duft der fernen Insel


ausgezeichnet

Die Autorin beschreibt die Landschaften und die Stimmungen so eindringlich, dass man sich beim Lesen sofort in ferne Welten getragen fühlt. Ihre Sprache ist reich an feinen Details und zugleich geprägt von Leichtigkeit, Wärme und Feinfühligkeit. Mir hat gefallen, wie beeindruckend sie ihre Figuren beschreibt.

Die Charaktere sind sorgfältig ausgearbeitet und wirken in all ihren Facetten glaubwürdig und lebendig. Durch die eindringliche Erzählweise entsteht eine Atmosphäre, die man nicht nur erfasst, sondern regelrecht durchlebt. Besonders bemerkenswert ist, dass die Autorin nicht allein die Schönheit Sansibars einfängt, sondern auch die dunklen Seiten jener Epoche sichtbar macht: die Grausamkeit der Sklaverei und die erschütternden Schicksale der Betroffenen.

Der Roman ist ein aussergewöhnliches Leseerlebnis.

Bewertung vom 25.07.2025
Gosling, Sharon

Der alte Apfelgarten


ausgezeichnet

„Der alte Apfelgarten“ war mein erster Roman von Sharon Gosling – und ich war auf Anhieb begeistert.
Schon das stimmungsvoll gestaltete Cover weckt Erwartungen an eine berührende Geschichte – und das Buch hält, was es verspricht.

Im Mittelpunkt stehen zwei sehr unterschiedliche Schwestern, die nach dem Tod ihres Vaters und der damit verbundenen Schulden gezwungen sind, sich wieder miteinander auseinanderzusetzen.

Der Schreibstil ist angenehm leicht und flüssig zu lesen, zugleich aber reich an emotionaler Tiefe.
Zwar ist die Handlung in weiten Teilen vorhersehbar, doch lebendige Dialoge, geschickt platzierte Geheimnisse und vielschichtige Figuren sorgen dafür, dass der Roman nie ins Oberflächliche abrutscht.

Besonders berührend ist der alte, verwilderte Apfelgarten – ein Ort voller Geschichte, Erinnerungen und leiser Magie. Er wird zum Symbol für alles, was verloren gegangen ist – und für das, was zwischen den Schwestern vielleicht wieder wachsen kann.

Ein melancholischer, leiser Wohlfühlroman, der von Verlust, Versöhnung und Neuanfang erzählt – und davon, dass es nie zu spät ist, die eigene Geschichte neu zu formen.

Bewertung vom 22.07.2025
Krohn, Henriette

Pinguine fliegen nur im Wasser


ausgezeichnet

In ihrem Roman „Pinguine fliegen nur im Wasser“ lässt Henriette Krohn zwei Menschen aufeinandertreffen, die gegensätzlicher kaum sein könnten.

Vincent, Mitte dreißig, verliert nach einem impulsiven Entschluss seinen Job – und damit den Halt in seinem Leben. Greta, einst Ärztin, fährt inzwischen Taxi. Sie begegnet der Welt mit schonungsloser Offenheit und versucht zugleich, den Lärm ihrer Vergangenheit auf Abstand zu halten. Als sich ihre Wege kreuzen, entsteht beim behutsamen Renovieren von Gretas geerbter Villa eine stille, doch tiefgehende Verbindung – geprägt von gegenseitigem Respekt, vorsichtigem Vertrauen und dem geteilten Wunsch nach einem Neubeginn.

Henriette Krohn erzählt diese Geschichte mit leiser Kraft und viel Feingefühl. Ihre Figuren sind authentisch beschrieben, die Dialoge glaubwürdig und ungekünstelt. Der Titel fungiert nicht nur als poetisches Bild, sondern spiegelt das zentrale Motiv des Romans wider: dass jeder Mensch auf seine eigene Weise „fliegen“ kann – sofern er den passenden Raum dafür findet.

Ein ruhiger, kluger Roman über das Scheitern, das Suchen und die zarten Wege zurück ins Leben. Warmherzig, nachdenklich und mit großem Gespür für Zwischentöne.

Mit „Pinguine fliegen nur im Wasser“ legt Henriette Krohn ein sensibles, ehrliches und literarisch überzeugendes Werk vor, das berührt und Hoffnung schenkt.

Bewertung vom 21.07.2025
Villard, Sophie

Der Glanz von Gold / Cartier Bd.2


ausgezeichnet

Schon das Cover des Buches zieht den Blick auf sich: In edlem Goldglanz schimmert der Titel, eingefasst in ein Design, das an die Eleganz und das Prestige des weltberühmten Schmuckhauses erinnert. Im Mittelpunkt steht Jeanne Toussaint, eine Frau, die mich wirklich beeindruckt hat. Elegant, mutig, kreativ – und das alles in einer Zeit, in der Frauen in der Schmuckbranche kaum etwas zu sagen hatten. Jeanne trotzt den Erwartungen, bringt frischen Wind ins Haus Cartier und wird zur treibenden Kraft hinter dem legendären Stil des Unternehmens.

Was mir besonders gefallen hat: Die fundierte historische Recherche, die sich durch den gesamten Roman zieht. Die Autorin schafft es, reale Persönlichkeiten und Ereignisse mit fiktiven Elementen so zu verbinden, dass man völlig in die Zeit eintaucht. Gerade das Nachwort zeigt, wie viel Sorgfalt und Hintergrundarbeit in der Geschichte steckt. Sophie Villard gibt hier Einblick in ihre Quellen und erklärt, welche Freiheiten sie sich beim Erzählen genommen hat.

Ich liebe historische Romane, wenn sie gut recherchiert und zugleich lebendig erzählt sind – und genau das gelingt Sophie Villard. Man erlebt den Glanz der Goldenen Zwanziger, spürt aber auch die politischen Umbrüche und persönlichen Herausforderungen, mit denen Jeanne konfrontiert ist.
Insgesamt ein glänzendes Leseerlebnis über starke Frauenfiguren.

Bewertung vom 17.07.2025
Izquierdo, Andreas

Das Glücksbüro


ausgezeichnet

Der Roman erzählt auf einfühlsame und berührende Weise von einem Menschen, der sich über Jahre hinweg dem Leben entzogen hat. Albert Glück ist ein stiller, beinahe farbloser Beamter – doch gerade in seiner Unscheinbarkeit liegt die Tiefe seiner Wandlung. Mit feiner Beobachtungsgabe und einem poetischen Stil beschreibt der Autor die leise, aber umso bewegendere Entwicklung einer Figur, die langsam den Weg zurück ins Leben findet.

Der Erzählton ist von zarter Ironie, liebevollen Details und einem bemerkenswerten Gespür für die leisen Sehnsüchte des Menschen durchzogen.

„Das Glücksbüro“ ist ein stiller, aber kraftvoller Roman, der zum Innehalten und Nachdenken einlädt. Er zeigt, dass es nie zu spät ist, sich dem Leben zuzuwenden – dass das wahre Glück nicht in großen Gesten liegt, sondern in kleinen Momenten, im Mut zur Veränderung und im Zulassen von Nähe.

Eine leise, aber eindringliche Liebeserklärung an das Leben – und ein ebenso zartes wie eindrucksvolles Plädoyer, es nicht ungelebt an sich vorüberziehen zu lassen.

Bewertung vom 14.07.2025
Stone, Kyla

Am Rande des Zusammenbruchs (MP3-Download)


ausgezeichnet

Ein spannenden Auftakt zu einer postapokalyptischen Thrillerreihe. Allerdings lässt sich nicht übersehen, dass das Buch sehr stark auf die Fortsetzung ausgerichtet ist. Die Geschichte endet nicht etwa mit einem abgerundeten Handlungsbogen oder zumindest einem vorläufigen Abschluss, sondern bricht nahezu abrupt ab.
Wichtige Entwicklungen werden nicht abgeschlossen, Konflikte bleiben offen. Es entsteht der Eindruck, dass der Roman zum Kauf der nächsten Bände gedacht ist.
Wer jedoch bereit ist, sich auf eine mehrteilige Geschichte einzulassen und Band um Band zu verschlingen, wird mit Spannung und Dramatik belohnt.
Insgesamt bietet „Am Rande des Zusammenbruchs“ solide Unterhaltung für Fans des Genres, verliert aber durch das fehlende Ende an erzählerischer Integrität. Ein guter Auftakt – aber kein wirklich befriedigender erster Band.