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M.H.

Bewertungen

Insgesamt 27 Bewertungen
Bewertung vom 24.09.2025
Walliams, David

Captain Flop


ausgezeichnet

Ein Weltraumspaß für Klein und Groß

David Walliams kannte ich bisher nur als Autor und Schauspieler aus Little Britain – umso gespannter war ich, wie er sich als Kinderbuchautor schlägt. Und ich muss sagen: „Captain Flop“ hat mich und meine Tochter gleichermaßen begeistert. Ein Kinderbuch, das sowohl die Kleinen mitreißt als auch Erwachsene bestens unterhält, ist für mich immer ein Volltreffer – und genau das ist hier gelungen.

Die Geschichte um Flop, den kleinen Schimpansen, der plötzlich zum Weltraumabenteurer wider Willen wird, ist voller Fantasie, Humor und überraschender Wendungen. Besonders die Mischung aus Spannung – schließlich rast eine Todeskugel auf die Erde – und witzigen, fast schon skurrilen Begegnungen mit Weltraumpiraten, Katzonauten und mutierten Fruchtfliegen sorgt dafür, dass man das Buch gar nicht mehr aus der Hand legen möchte.

Ein echtes Highlight waren für uns die Illustrationen. Sie sind detailreich, charmant und heben sich wohltuend von den sonst oft sehr niedlichen und runden Zeichnungen in Kinderbüchern ab.

Auch der Humor funktioniert auf mehreren Ebenen: Meine Tochter hat herzlich über die schrägen Figuren und die turbulenten Szenen gelacht, während ich selbst den feinen Wortwitz und die skurrilen Ideen sehr genossen habe. Genau dieser Spagat macht das Buch zu einem gemeinsamen Lesevergnügen für die ganze Familie.

Für mich steht fest: David Walliams hat nicht nur als Comedian, sondern auch als Kinderbuchautor ein Händchen für pointierte Unterhaltung. Ein großartiges Abenteuer, das zeigt, dass Kinderliteratur auch mit Witz, Charme und Originalität glänzen kann.

Bewertung vom 24.09.2025
Hennig, Markus

Waschbär Willi Wunderquatsch - Die Erfindung der Trompetenwurst und weitere verrückte Abenteuer


ausgezeichnet

Waschbär Willi erobert Kinderherzen

"Waschbär Willi Wunderquatsch“ hat bei uns für viele Lacher und jede Menge Spaß beim Lesen gesorgt. Besonders gelungen fand ich, wie detailreich und liebevoll Willi und seine Freunde ausgestaltet sind – jeder Charakter bringt seine Eigenheiten mit, die perfekt zur jeweiligen Figur passen und sie lebendig machen. Meine Tochter war vom Humor restlos begeistert und hat sich vor Lachen kaum eingekriegt, und auch ich musste regelmäßig schmunzeln. Gerade die verrückten Ideen, wie ein Zahnpastafestival oder eine Badewanne voller Mangojoghurt, machen das Buch zu einem kreativen und erfrischenden Vorleseerlebnis.

Auch die Illustrationen von SaBine Büchner tragen wesentlich dazu bei, die Geschichten zum Leben zu erwecken. Sie sind detailreich, originell und transportieren genau den Witz, den die Geschichten versprühen. Ein Vorlesebuch, das Eltern und Kinder gleichermaßen anspricht – was nicht selbstverständlich ist.

Ein kleiner Kritikpunkt ist für mich jedoch die Altersempfehlung ab 3 Jahren. Sowohl die Länge der Geschichten als auch manche Themen – wie etwa ein naturnaher Park oder die „Poppelstatue“ – wirken auf mich eher für etwas ältere Kinder passend. Ab etwa 5 Jahren halte ich die Geschichten für besser geeignet, da Kinder in diesem Alter den Humor und die Feinheiten der Sprache noch besser verstehen und genießen können.

Alles in allem ist „Willi Wunderquatsch“ aber ein herrlich originelles, liebevoll gestaltetes Buch, das jede Menge Lese- und Vorlesefreude bringt. Wir hoffen sehr, dass Willi noch viele weitere Abenteuer erleben darf!

Bewertung vom 15.09.2025
Heitz, Markus

Irida und die Stadt der Geheimnisse / Irida Bd.1


weniger gut

Mehr Auftakt als Roman

Ich lese Markus Heitz eigentlich sehr gern und schätze seine Fähigkeit, dichte Welten und spannende Geschichten zu entwickeln. Bei Irida und die Stadt der Geheimnisse hatte ich jedoch den Eindruck, dass der Funke diesmal nicht so recht überspringen wollte. Die ersten drei Viertel des Buches lesen sich weniger wie ein Fantasy-Roman, sondern vielmehr wie ein eher unspektakulärer Krimi mit ein paar magischen Andeutungen. Spannungsmomente blieben rar, echte Sogwirkung entstand kaum. Gerade in dieser Phase hatte ich mehrfach das Gefühl, dass dieser Band und der Folgeband besser zu einem einzigen, in sich stimmigen Werk zusammengefasst worden wären.

Im letzten Viertel nimmt das Buch dann spürbar Fahrt auf. Die Ereignisse werden dynamischer, die Ideen kreativer, und hier blitzt auf, was Markus Heitz eigentlich ausmacht: eine bildhafte Sprache, ein Gespür für überraschende Wendungen und ein faszinierendes Setting. Trotzdem wirkt es so, als sei das Ende absichtlich offengelassen worden, um den Auftakt einer Reihe zu rechtfertigen. Für mich riecht das nach Geldmacherei, statt eine in sich geschlossene Geschichte zu erzählen, die sich für eine Fortsetzung anbietet.

Ein weiteres Problem waren die Figuren. Sie blieben für mich sehr eindimensional und boten kaum Entwicklung oder emotionale Tiefe. Besonders enttäuschend fand ich zudem, dass eine der eingeführten magischen Arten letztlich keine Funktion hatte und für den Verlauf der Handlung keinerlei Mehrwert brachte. Das machte den Fantasy-Teil blass.

Am Ende bleibt ein Buch, das zwar Ansätze einer interessanten Geschichte bereithält, diese aber nicht konsequent umsetzt. Für mich ein enttäuschender Auftakt.

Bewertung vom 15.09.2025
Terstegen, Luise

tiptoi® - Die Erde: Ozeane, Wetter und Vulkane


sehr gut

Gelungene Ergänzung der Tiptoi Reihe

Mit „Die Erde - Ozeane, Wetter und Vulkane“ ist der TipToi-Reihe eine wirklich gelungene Erweiterung gelungen, die uns insgesamt sehr überzeugt hat. Besonders positiv aufgefallen ist das längere Format mit 32 Seiten, das deutlich mehr Raum für Inhalte bietet und somit ein richtig schönes, vollständiges Buchgefühl vermittelt. Auch die Spiele sind abwechslungsreich gestaltet und nicht zu einfach – selbst als Erwachsener konnte man hier und da noch etwas Neues lernen oder sein Wissen auffrischen. Das macht das gemeinsame Entdecken besonders spannend und unterhaltsam.

Meine Tochter hatte allerdings den Wunsch, an einigen Stellen noch ausführlichere Erklärungen zu bekommen. Gerade bei den Vulkantypen oder bei komplexeren Themen hätten Fotos statt Illustrationen für noch mehr Anschaulichkeit gesorgt. Die vorhandenen Abbildungen sind zwar schön gestaltet, wirken aber nicht immer so realistisch, wie es gerade bei naturwissenschaftlichen Themen hilfreich wäre. Trotzdem gelingt es dem Buch gut, auch schwierige Inhalte kindgerecht aufzubereiten, ohne sie zu stark zu vereinfachen.

Sehr gefallen hat uns auch die thematische Vielfalt – von Vulkanausbrüchen über Wetter, Schätzen der Tiefsee bis hin zu Technik der Zukunft wird wirklich die große Bandbreite unsere Erde abgedeckt. Dabei bleibt die Sprache klar und verständlich, die Geräusche und Dialoge lockern das Ganze auf und regen zum Entdecken an. Besonders gelungen ist, dass die Spiele nicht nur Wiederholung bieten, sondern wirklich zur aktiven Auseinandersetzung mit dem Gelernten einladen.

Alles in allem ist dieses TipToi-Buch eine lohnenswerte Ergänzung für Grundschulkinder, die neugierig auf unsere Erde sind. Es vermittelt Wissen spielerisch, ohne dabei belehrend zu wirken, und hält die Balance zwischen Unterhaltung und Lernen. Ein kleiner Stern Abzug für die manchmal fehlende Tiefe und die Bildgestaltung – ansonsten eine klare Empfehlung.

Bewertung vom 08.09.2025
Kurisu, Hiyoko

Der Laden in der Mondlichtgasse


gut

Ein süßer Ansatz, doch zu sehr nach Rezept

„Der Laden in der Mondlichtgasse“ von Hiyoko Kurisu verspricht eine magische Reise in eine geheimnisvolle Confiserie, in der traditionelle japanische Süßigkeiten mehr sind als nur Genussmittel. Der Fuchsgeist Kogetsu führt Menschen, die ihr Leben aus dem Gleichgewicht verloren haben, durch ihre Krisen, indem er ihnen die passende Süßigkeit verkauft – und so ihre Sicht auf das Leben verändert.

Die Grundidee ist charmant und gerade der Schauplatz – eine nur zu bestimmten Zeiten zugängliche Gasse voller Magie – hat etwas Atmosphärisches. Auch die Auflösung rund um die Herkunft des Süßwarenladens hat mir gut gefallen, da sie die Geschichten noch einmal auf eine schöne Weise abrundete. Allerdings konnte mich die Umsetzung insgesamt nicht ganz überzeugen. Die fünf Kurzgeschichten, die den Roman ausmachen, folgen alle einem sehr ähnlichen Schema: Ein Mensch mit einem Problem tritt auf, bekommt seine Süßigkeit und findet zu einer neuen Haltung. Das wirkt vorhersehbar und ließ für mich die Spannung schnell abflachen.

Darüber hinaus waren die vermittelten Lebensweisheiten oft sehr einfach gehalten und wirkten auf mich, als würden sie sich eher an jüngere oder unerfahrenere Leser:innen richten. Mir persönlich waren die Botschaften etwas zu platt, um wirklich nachzuwirken. Die versprochene feine, fast märchenhafte Magie, fehlte mir hier.

Positiv hervorheben möchte ich jedoch den leichten, angenehm lesbaren Schreibstil, der sich schnell weglesen lässt. Wer eine sanfte, unaufgeregte Lektüre sucht, die kleine Lebenslektionen vermittelt, könnte hier durchaus Freude haben. Für mich persönlich blieb es bei einer netten Idee, die leider zu schematisch und oberflächlich umgesetzt war.

Ein süßes Buch, aber für mich mit zu wenig Magie

Bewertung vom 01.09.2025
Huth, Peter

Aufsteiger


sehr gut

Spannender Blick auf Macht und Medien

„Aufsteiger“ ist ein Roman, der den Finger direkt in die Wunde legt und dabei ein hochaktuelles Bild der Medienlandschaft zeichnet. Schon der Prolog baut eine Spannung auf, die sich erst ganz am Ende auflöst – ein dramaturgischer Kniff, der funktioniert und neugierig macht. Zwar gab es im Mittelteil Passagen, die sich etwas zäh anfühlten, insgesamt bleibt die Geschichte aber gut lesbar und durch den sachlich-flüssigen Schreibstil stets zugänglich.

Besonders gelungen fand ich die Kapitel, die aus der Perspektive der Nebenfiguren erzählt werden. Sie öffnen den Blick für verschiedene Haltungen und Denkweisen, sei es zu Klimaprotesten, LGTBQ+-Themen oder Fragen nach Wahrheit und Macht in den Medien. Dadurch wird ein facettenreiches Bild geschaffen, das verdeutlicht, wie unterschiedlich Wahrnehmungen und Motive sein können. Gerade dieser Perspektivwechsel macht den Roman spannend, da man nicht nur der Hauptfigur folgt, sondern auch in andere Lebenswelten hineingezogen wird.

Eindrucksvoll ist außerdem, wie klar gezeigt wird, welche Gefahren von sogenannten „alternativen Medien“ ausgehen können. Der Roman macht deutlich, wie schnell Desinformation Meinungen prägt und wie leicht Manipulation funktioniert. Das hat für mich einen regelrecht gruseligen Beigeschmack hinterlassen – weil es so nah an der Realität ist.

Ein Stern Abzug bleibt dennoch: Die Figuren hätten stellenweise noch etwas mehr Tiefe vertragen, und nicht jeder Spannungsmoment hat durchgehend getragen. Trotzdem ist „Aufsteiger“ ein Buch, das man nach dem Zuschlagen nicht so schnell vergisst – kritisch, aktuell und sehr gut geschrieben.

Bewertung vom 01.09.2025
Schoeters, Gaea

Das Geschenk


ausgezeichnet

Ein Geschenk aus Botswana – und für die Lesenden

Manchmal reicht eine unerwartete Idee, um den Blick auf die Welt zu verändern – genau das gelingt diesem Roman. Die Vorstellung, dass 20.000 Elefanten mitten in Berlin auftauchen, wirkt zunächst absurd, doch dahinter steckt ein klug konstruiertes Gedankenexperiment. Es zeigt eindrucksvoll, wie komplex die politischen Verstrickungen zwischen Ländern sind und wie schnell moralische Entscheidungen – in diesem Fall das Einfuhrverbot von Jagdtrophäen – weitreichende Konsequenzen haben können.

Besonders spannend fand ich den politischen Einblick, der aufzeigt, wie schwer es ist, sowohl globalen Miteinander als auch im eigenen Land ausgewogen und gerecht zu handeln.

Das Buch regt dazu an, unser Selbstverständnis als Menschen kritisch zu hinterfragen. Besonders eindrücklich wird dabei deutlich, wie gefährlich der Glaube ist, wir stünden über allem – als Herrscher über die Natur, statt in ihr eingebettet zu sein. Gerade diese Perspektive macht das Gedankenexperiment so spannend und aktuell, weil es zeigt, dass ein friedliches und nachhaltiges Miteinander mit der Natur längst überfällig ist.

Der Schreibstil ist pointiert, teils mit feiner Ironie versehen, und macht das Lesen trotz der ernsten Thematik zu einem Vergnügen. Besonders die Mischung aus politischem Hintergrund und philosophischer Ebene hebt das Buch von vielen anderen ab.

Ein Werk, das gleichermaßen unterhält, provoziert und zum Nachdenken zwingt. Für mich ein absolutes Lesehighlight und ein Roman, der lange nachwirkt.

Bewertung vom 27.08.2025
Lühmann, Hannah

Heimat


weniger gut

Oberflächlich statt tiefgründig

Das Thema dieses Romans ist ohne Zweifel hochbrisant und könnte kaum aktueller sein: Es geht um gesellschaftliche Spaltung, konservative Rollenbilder und den subtilen Sog extrem rechter Strömungen. Umso enttäuschender ist es, dass die Umsetzung diesem Anspruch nicht gerecht wird. Statt eine differenzierte Auseinandersetzung mit den Gefahren solcher Weltbilder zu bieten, bleibt die Geschichte leider auf einer sehr oberflächlichen Ebene.

Besonders Janas Wandlung hat mich dabei irritiert. Nach einem einzigen Kapitel im Lesekreis wirft sie scheinbar ohne große innere Auseinandersetzung ihr gesamtes bisheriges Lebens- und Betreuungskonzept über den Haufen. Eine so abrupte Entwicklung wirkt konstruiert und wenig glaubwürdig. Ich hätte mir gewünscht, dass ihre Zweifel, ihre inneren Konflikte und die Dynamik der Beeinflussung ausführlicher dargestellt werden. So jedoch bleibt der Prozess zu sprunghaft und für mich nicht nachvollziehbar.

Hinzu kommt, dass die Nebenfiguren kaum eigene Konturen erhalten. Weder Janas Familie noch die Nachbarn, außer Karolin, entwickeln wirklich eine erkennbare Stimme. Alle anderen Figuren wirken wie Statisten, die lediglich dazu dienen, Janas Begegnungen mit Karolin zu rahmen. Gerade bei einem Stoff, der so sehr von unterschiedlichen Perspektiven und Reibungen leben könnte, ist das eine verschenkte Chance.

Zwar greift der Roman ein wichtiges und dringendes Thema auf, aber durch die fehlende Tiefe, die überhastete Charakterentwicklung und die blassen Nebenfiguren konnte er mich nicht überzeugen. Am Ende blieb das Gefühl, dass hier viel mehr möglich gewesen wäre.

Bewertung vom 18.08.2025
Stein, Tina

Secret Forest Academy. Avas Bestimmung


sehr gut

Verzauberndes Waldabenteuer

„Secret Forest Academy“ ist ein atmosphärisches Kinder- und Jugendbuch, das Natur, Magie und Abenteuer miteinander verbindet. Besonders gut hat mir gefallen, dass die Geschichte nicht nur spannend erzählt wird, sondern auch ganz nebenbei Wissen über Bäume und den Wald vermittelt. So entsteht eine schöne Mischung aus Unterhaltung und lehrreichen Momenten.

Die Hauptfigur Ava wirkt sympathisch und nahbar. Ihre wiederkehrenden Erwachungen im Wald und das Geheimnis um ihre verschwundenen Eltern wecken sofort Neugier. Die sprechenden Tiere bringen Humor und Wärme in die Geschichte, während die Akademie mit ihren magischen Wesen und Mitschülern für das richtige Fantasygefühl sorgt.

Allerdings gibt es für mich auch einen klaren Kritikpunkt: Die Geschichte endet nicht abgeschlossen, sondern bricht mit einem krassen Cliffhanger ab. Für ein Kinderbuch finde ich das nicht so gelungen – gerade junge Leserinnen und Leser freuen sich, wenn eine Geschichte einen runden Abschluss hat. Die Geschichte und das Setting bieten genügend Raum für eine Fortsetzung, auch wenn die Geschichte in diesem Band abgeschlossen wäre. Hier wurde mir zu stark auf die nächste Band hingearbeitet.

Ein weiterer kleiner Minuspunkt: Fast alle Kinderbücher dieser Art scheinen in den USA zu spielen. Natürlich bietet das Setting spannende Möglichkeiten, doch gerade Europa oder Deutschland hätten mit ihren vielfältigen Landschaften und Mythen ebenfalls großartige Schauplätze zu bieten.

Insgesamt ist „Secret Forest Academy“ aber eine schöne, magische Geschichte, die Lust auf Natur macht und neugierig auf mehr. Ein empfehlenswertes Buch, auch wenn man sich ein rundes Ende gewünscht hätte.

Bewertung vom 14.08.2025
Rivera Garza, Cristina

Lilianas unvergänglicher Sommer


gut

Zwischen persönlicher Trauer und gesellschaftlicher Anklage

„Lilianas unvergänglicher Sommer“ ist ein zutiefst persönliches Buch – und das merkt man auf jeder Seite. Cristina Rivera Garza zeichnet ein liebevolles, aber auch schmerzhaftes Porträt ihrer jüngeren Schwester, die mit nur 20 Jahren von ihrem Ex-Partner ermordet wurde. Aus der Sicht der Autorin ist diese Nähe vollkommen nachvollziehbar, schließlich geht es um einen unfassbaren Verlust, der ihr Leben geprägt hat.

Gerade diese starke Fokussierung auf die persönliche Ebene hat mich jedoch etwas zwiegespalten zurückgelassen. Ich hätte mir deutlich mehr Passagen gewünscht, die sich mit den strukturellen Problemen und Versäumnissen der Justiz auseinandersetzen – denn der Täter wurde nie verurteilt. Zwar werden die bürokratischen Hürden und das langsame, oft frustrierende Vorgehen der Behörden angesprochen, doch bleiben diese Aspekte im Vergleich zur sehr ausführlichen Erinnerung an Liliana eher im Hintergrund. Hier hätte ich mir eine stärkere Balance zwischen privater Trauerarbeit und öffentlicher Anklage gewünscht.

Was mir sehr gut gefallen hat, ist die klare und präzise Sprache der Autorin. Ohne unnötige Schnörkel, aber mit poetischen Einschüben, gelingt es ihr, sowohl die Leichtigkeit von Lilianas Jugend einzufangen als auch die Schwere des Verlusts spürbar zu machen. Die Sprache wirkt dabei nie überladen, sondern ist kraftvoll in ihrer Schlichtheit.

Insgesamt ist dieses Buch vor allem ein intimer, literarischer Akt der Erinnerung und weniger ein investigatives Werk. Wer eine persönliche, bewegende Auseinandersetzung mit Verlust, Liebe und Gewalt sucht, wird hier fündig. Wer hingegen stärker auf juristische Aufarbeitung oder gesellschaftspolitische Analyse hofft, könnte etwas unbefriedigt zurückbleiben.