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Verena

Bewertungen

Insgesamt 16 Bewertungen
Bewertung vom 04.08.2025
Kelly, Julia R.

Das Geschenk des Meeres (MP3-Download)


sehr gut

Atmosphärischer Roman über Schuld und Trauma

"Das Geschenk des Meeres" von Julia R. Kelly ist eine wunderschöne, aber traurige Geschichte. Der Roman handelt von dem Küstendorf Skerry in Schottland, in dem ein kleiner Junge angespült wird, der große Ähnlichkeit hat mit dem vor vielen Jahren verschwundenen Sohn der Lehrerin Dorothy hat. In der Gemeinde ist Dorothy die Außenseiterin, die Zugezogene, die sich nach dem Verlust ihres Sohnes noch weiter zurückzieht. Doch auch die anderen Dorfbewohner*innen tragen Geheimnisse, Traumata, Neid und Schuldgefühle mit sich herum, über die nicht gesprochen wird. Nach und nach kommen die Geheimnisse ans Licht. So lernt man die Gemeinschaft kennen, in der jeder seine Gefühle und Erfahrungen für sich behält und gleichzeitig unter dem Nicht-Gesagten leidet. Die Charaktere sind kantig und authentisch, sie haben alle eine Geschichte mit Tiefgang.

Die Atmosphäre wird von der Autorin sehr gut eingefangen: düster, kalt und teilweise ein wenig unheimlich. Ich habe das Hörbuch gehört, gesprochen von Astrid Kohrs. Mit ihrer etwas rauen Stimme, transportiert sie die Atmosphäre meiner Meinung nach besonders gut, passend zum rauen Wetter und Meer. Das Setting in Schottland gefällt mir ebenfalls sehr. Zudem werden schwere Themen im Roman authentisch behandelt, wie Tod, Trauer, Traumabewältigung, Verdrängung und andere seelische Schmerzen. Trotzdem hat sich der Roman für mich zeitweise gezogen. Die vielen verschiedenen Geschichten sowie die Verschlossenheit und die Kommunikationsprobleme, die sich durch das ganze Dorf ziehen, haben mir den Zugang zu den Charakteren teilweise schwer gemacht. Es dauert lang bis die Menschen sich aufeinander zubewegen. Am Ende aber greifen alle Puzzleteile ineinander und ich habe gemerkt, dass mir manche Personen doch sehr ans Herz gewachsen sind.

"Das Geschenk des Meeres" ist ein bedrückender, atmosphärische Roman über Schuld und Trauma, der mich am Ende berührt hat. Ich empfehle ihn allen, die langsame, atmosphärische, charakterorientierte Bücher mögen.

Bewertung vom 29.07.2025
Schoeters, Gaea

Das Geschenk (MP3-Download)


sehr gut

Satirischer Blick auf politische Beziehungen

"Das Geschenk" von Gaea Schoeters ist ein gelungener gesellschaftskritischer Roman mit einer großen Prise Humor. Die Prämisse des Gedankenexperiments ist kreativ, klug und echt spannend. Nach der Verabschiedung eines Gesetzes gegen die Einfuhr von Jagdtrophäen, schickt die Regierung von Botswana 20.000 Elefanten nach Deutschland, um ihre Lebensrealität zu demonstrieren. Dies führt, wie zu erwarten, immer wieder zu Problemen und Chaos. Der Plan von Botswana zu zeigen, wie schwierig es ist mit Megafauna zusammenzuleben. So werden auf ungewöhnliche Weise die Schwierigkeiten internationaler Beziehungen verdeutlicht. Denn als Außenstehende ist es unmöglich, die Lebensweise und alle Entscheidungskriterien zu erfassen und miteinzubeziehen, welche ein anderes Land prägen. Trotzdem erlauben wir uns als Staat, aber auch als Privatpersonen, über die Entscheidungen anderer Länder zu urteilen, Doppelmoral eben. Dass sich so das politische Verhältnis verschlechtert, zeigt die Autorin auf kritische und anschauliche Weise. Auch über die Verhältnisse und politischen Kalküle innerhalb der Regierungskoalition sowie den Umgang mit der rechten Opposition erhalten wir tiefe Einblicke. Dass die Handlungen und Ereignisse dafür teilweise nicht besonders realistisch sind, stört mich überhaupt nicht. Der Schreibstil ist humorvoll und locker, wodurch mir der Zugang zum Text und dem relativ schweren Thema leichtfällt. Ein Manko ist für mich allerdings, dass gegen Ende der Geschichte die Handlung etwas eilig und überstürzt wirkte. Den Roman habe ich als Hörbuch mit von Bülow als Sprecher gehört, was mir sehr gut gefallen hat.

"Das Geschenk" ist eine eine gelungene gesellschaftskritische Politsatire, die zum Nachdenken über das eigene Urteilsvermögen anregt. Ich empfehle den Roman gerne weiter an Personen, die Interesse an innen- und außenpolitischen Beziehungen und Intrigen haben.

Bewertung vom 22.07.2025
Oertel, Friederike

Urlaub vom Patriarchat


sehr gut

Matriarchat ist eine Gesellschaft, in der Frauen das Sagen haben

"Urlaub vom Patriarchat" ist ein interessanter Reisebricht über Emanzipation und die Gleichstellung der Geschlechter. Friederike Oertel reist in den mexikanischen Ort Juchitán, in dem eines der wenigen übrig gebliebenen Matriarchate gelebt wird. Wie die Autorin das Leben in der Stadt Juchitán beschreibt, ist so gegensätzlich zu unserer Wirklichkeit. Die Frauen haben das Sagen, sie verdienen das Geld und sind von keinem Mann abhängig. Sie haben die meisten hohen Positionen in der Stadt inne, treffen Entscheidungen. Wenn die Matriarchin stirbt, erben die Töchter. Dieser Gegenentwurf zum Patriarchat zeigt deutlich, wie ungerecht beide Gesellschaftsformen sind, und dass nur Gleichberechtigung zur Zufriedenheit aller führen kann. Der Schreibstil wechselt zwischen lockerem Bericht und fachlicher Lektüre. Ich persönlich finde es toll, dass viele Informationen und Hintergrundwissen aus Fachliteratur eingearbeitet sind, inkl. Quellenverzeichnis und weiterführender Literatur im Anhang. Allerdings ist das Buch an einigen Stellen etwas zu wissenschaftlich/schwer verständlich, oft mehr Sachbuch als Reisebericht, was vermutlich dem großen Wissen der Autorin geschuldet ist.

Insgesamt ein lesenswertes Buch! Es regt zum Nachdenken an, über Geschlechterrollen, Gleichberechtigung und Identität. Ich kann es allen empfehlen, die etwas über Feminismus und Geschlechterrollen lernen möchten.

Bewertung vom 14.07.2025
Noort, Tamar

Der Schlaf der Anderen (MP3-Download)


ausgezeichnet

Tiefe Verbindung zweier Frauen

„Der Schlaf der Anderen“ von Tamar Noort ist ein Buch über zwei Frauen, die sich in einem Schlaflabor treffen und schnell eine freundschaftliche Verbindung zueinander spüren. Die Prämisse eines Kennenlernens im Schlaflabor finde ich richtig interessant. Beide Protagonistinnen schlafen schlecht, sind ständig müde, körperlich und seelisch erschöpft, nehmen Schlaftabletten. Beide haben daraus resultierende Schwierigkeiten in der Bewältigung ihres Alltags und auch ihr Sozialleben leidet schwer. Das Buch zeigt, was Schlafentzug mit Menschen macht. Über das Thema Freundschaft (insbesondere unter Freundinnen) freue ich mich sowieso immer sehr beim Lesen. Bei der Begegnung der beiden Protagonistinnen stimmt die Chemie sofort. Sie haben eine unsichtbare Verbindung, obwohl die beiden nichts übereinander wissen. Was mir allerdings nicht so gut gefallen hat, war die Grenzüberschreitung von Janis direkt zu Beginn des Buches, bei der sie eine Nachricht mit Sinas Handy schreibt. Mir wäre eine etwas weniger grenzverletzende Situation als Konfliktauslöser lieber gewesen.

Der Schreibstil hat mir ebenfalls gut gefallen. Die Kapitel sind abwechselnd aus der Perspektive von Janis bzw. Sina. Die Charaktere sind sehr authentisch dargestellt mit allen ihren Fehlern. Wir erhalten tiefe Einblicke in ihr Leben. So wird der gesellschaftskritische Aspekt des Romans deutlich, denn beide Protagonistinnen sind in gewisser Weise auf sich allein gestellt. Trotz großer Einschränkungen durch ihre Schlafprobleme nimmt ihr Umfeld wenig Rücksicht, bietet keine Unterstützung. Sie müssen funktionieren in ihrer Arbeit für ihre Partner, für ihre Familie, die täglichen Aufgaben und Erwartungen müssen erfüllt werden.

Obwohl in dem Buch nicht sonderlich viel passiert, hat es Tiefe und hat mich berührt. Ich kann „Der Schlaf der Anderen“ allen empfehlen, die gern charakterorientierte Bücher über Freundschaft lesen und nicht vor ein wenig Gesellschaftskritik zurückschrecken. Ich habe das Hörbuch gehört und finde es ebenfalls sehr gelungen!

Bewertung vom 03.07.2025
Kullmann, Katja

Stars


gut

Kosmische Ordnung oder alles Zufall?

In ihrem Roman "Stars" erzählt Katja Kullmann die Geschichte der Philosophin Carla, die ihren eintönigen Bürojob aufgibt, um als Astrologin durchzustarten, als sie eine Schachtel mit 10.000 Dollar vor ihrer Wohnungstüre findet. Die Protagonistin zieht ein ganzes Geschäftsmodell auf und lässt sich für astrologische Deutungen bezahlen, glaubt selbst aber nicht daran - für mich thematisch ein origineller Ansatz. Die Protagonistin ist mir sympathisch. Sie nutzt ihre Plattform als Astrologin nicht um Menschen bewusst zu täuschen und schlechten Rat zu geben. Stattdessen wachsen ihr zu Beginn die Kund*innen ans Herz, sie gibt sich scheinbar Mühe, denkt oft tagelang über die zugesandten Fragen nach. Später, als ihr Geschäftsmodell aufgeht, distanziert sie sich jedoch immer weiter von ihren Kund*innen. Was ich dabei besonders spannend fand, sind die Überlegungen und Methoden, die die Protagonistin anwendet, um Bekanntheit und Aufträge zu gewinnen. Ohne zu viel zu verraten, gefällt mir das Ende der Geschichte ebenfalls richtig gut. Auch der Schreibstil gefällt mir meist richtig gut, da er locker und humorvoll ist.

Trotzdem war für mich das Verhalten der Portagonistin an einigen Stellen nicht nachvollziehbar, z.B. direkt am Anfang, als ihr Fenstern nachts mit einem Stein eingeschlagen wurde. Auch der Schreibstil hat mich nicht vollends begeistert. An einigen Stellen im Buch waren mir Beschreibungen zu lang und ausschweifend, die Erklärungen für Entscheidungen von Carla zu ausführlich, besonders der Entschluss ihren Bürojob aufzugeben lässt lange auf sich warten.

Insgesamt ist "Stars" ein gelungener und origineller Debütroman mit einem gesellschafskritischen Blick auf die Sehnsucht nach Orientierung und Entscheidungshilfen. Ich kann ihn allen empfehlen, die Horoskopen nur bedingt Bedeutung zuschreiben bzw. Personen, die gern charakterzentrierte humorvolle Romane lesen.

Bewertung vom 05.05.2025
Ferguson, Lana

The Fake Mate - Die Liebe ist eine Bestie für sich


weniger gut

Werwolf-Spice

Mit diesem Buch bin ich ein Subgenre (omegaverse) eingetaucht, dessen ich mir vorher nicht bewusst war. Leider muss ich sagen, dass es nicht mein Fall war. Positiv herausheben möchte ich die Tatsache, dass der männliche Hauptcharakter mehr von der Protagonistin abhängig war als anders herum. Außerdem waren mir die beiden Protagonist*innen trotz meiner vielen Kritikpunkte einigermaßen sympathisch. Insgesamt enthielt das Buch für meinen persönlichen Geschmack aber zu viel "smut". Was als dirty talk gemeint ist, hat für mich auch nicht funktioniert: "Alpha! Omega! Mine, mine!" Darunter hat schlussendlich auch der Plot gelitten, da außer spicy Szenen nicht viel passiert. Das Buch hätte darum deutlich kürzer sein dürfen. Nicht gefallen hat mir zudem, ich von den Charakteren wegen ihres Alters mehr bzw, bessere Kommunikation erwartet hätte.
Für Leser*innen, die Romantasy mögen und es nie genug spice sein kann, kann ich das Buch trotzdem empfehlen.

Bewertung vom 05.05.2025
Ehrenhauser, Martin

Unsere Suche nach Zärtlichkeit


sehr gut

Die Zerbrechlichkeit von Liebe

Der Roman war für mich etwas anders als erwartet, am Ende aber definitiv gelungen. Im Zentrum steht eine originelle und berührende Liebesgeschichte. Schon der Beginn der Leseprobe hat mich in den Bann gezogen. Das Thema Telefonseelsorge bietet großen Spielraum für Gefühle. Dabei wird die fehlende Distanz des Protagonisten zu seiner ehremamtlichen Tätigkeit schnell deutlich. Dies ist jedoch kaum verwunderlich, da er in der Vergangenheit eine Person am Telefon beim Suizid begleiten musste. Die seelischen und körperlichen Auswirkungen dieses Traumas werden emotional geschichildert. Allerdings ist dieses Thema nur zu Beginn im Fokus der Geschichte und nimmt bald nur eine hintergründige Rolle ein. Es geht vordergründig um zwei Menschen mittleren Alters, die es beide nicht leicht im Leben hatten. Die beiden sind vielschichtig und authetisch geschrieben. Ihre Beziehung wirkt sehr zerbrechlich und zwart. Der Schreibstil des Autors ist berührend und gefällt mir gut. Gelegentlich wurde mir der Stil etwas zu ausschweifend. Nach einer Weile konnte ich allerdings feststellen, dass mir durch den Schreibstil die Charaktere ans Herz gewachsen sind.

Ingesamt ist "Unsere Suche nach Zärtlichkeit" ein ruhiger und charakterorientierter Roman. Ich empfehle den Roman besonders Leser*innen im mittleren und hohen Erwachsenenalter, die sich gern auf die Gefühle der Charaktere in ihren Büchern einlassen.

Bewertung vom 22.04.2025
Blum, Nora

Radikale Freundlichkeit


sehr gut

Bewusste Freundlichkeit

"Radikale Freundlichkeit" von Nora Blum ist ein inspirierendes Buch. Es regt dazu an, im Alltag, selbst in schwierigen Situationen, freundlicher unseren Mitmenschen und uns selbst gegenüber zu sein. Das Wort "radikal" aus dem Titel bezieht sich dabei allerdings nicht darauf, dass man ausnahmslos immer freundlich sein muss, sondern darauf, dass es eine bewusste Entscheidung ist in bestimmten Situationen freundlich zu handeln und zu reagieren. Im Buch werden verschiedene Aspekte behandelt, z.B. die Auswirkungen von Mitgefühl und Freundlichkeit auf unsere zwischenmenschlichen Beziehungen und die Kraft von kleinen, freundlichen Gesten. Dadurch soll sich auch das eigene Wohlbefinden deutlich verbessern. Die Autorin zeigt mithilfe von praktischen Tipps und Übungen, wie man radikale Freundlichkeit im Alltag integrieren kann, in der Familie, im Freundeskreis und sogar im Berufsleben (was ich persönlich am interessantesten fand). Als Psychologin vermittelt die Autorin auch immer wieder wissenschaftliche Erkenntnisse, wobei ihr Schreibstil überhaupt nicht trocken wirkt. Fachbegriffe werden dabei aber immer erklärt, sodass auch Leser*innen ohne Vorkenntnisse das Buch problemlos verstehen. Insgesamt kann ich das Buch allen empfehlen, besonders Menschen, die sich im Alltag gestresst fühlen und dadurch in kleinen Situationen schnell genervt reagieren.

Bewertung vom 14.04.2025
Ogawa, Ito

Hatokos wunderbarer Schreibwarenladen


sehr gut

eine sanfte, atmosphärische Erzählung

"Hatokos wunderbarer Schreibwarenladen" ist ein sanfter, ruhiger Roman, der uns die Welt einer öffentlichen Schreiberin in Japan zeigt. Während dem Lesen lernt man enorm viel über diese mir bisher unbekannte Tätigkeit und auch über die japanische Kultur im Allgemeinen. Dabei beschreibt die Autorin detailliert, welches Papier, welche Briefmarke, Stifte und Tinte usw. Hatoko sorgfältig für die unterschiedlichen Arten von Aufträgen auswählt. Toll ist, dass die Briefe, die sie verfasst, sowohl im japanischen Original, als auch in der Übersetzung abgedruckt sind. Die Protagonistin ist authentisch und vielschichtig geschrieben. Sie hatte eine schwierige Kindheit während sie bei ihrer Großmutter aufwuchs, darum zog sie für eine Weile ins Ausland. Von klein auf wurde sie streng in der Kunst der Kalligraphie unterrichtet, um sie auf den Beruf der Schreiberin vorzubereiten. Während sie liebevoll Schreibtätigkeiten für die Nachbarschaft durchführt, knüpft sie auf diese Weise Kontakte zu ihren Kund*innen, besonders in ihrer Nachbarschaft. Dabei wächst nicht nur Hatoko selbst, sondern sie fungiert auch als eine Art Medium, das die persönliche Entwicklung ihren Kund*innen fördert. Denn jede Person, mit der Hatoko interagiert, bringt ihre eigene Lebensgeschichte du Herausforderungen mit. So entsteht ein ruhiger, zarter Roman, der von den zwischenmenschlichen Beziehungen der Charaktere lebt.

Der Schreibstil ist ruhig und entspannend und passt hervorragend zu den Beschreibungen über Kalligraphie und den Wesenszügen der Protagonistin. Das Buch baut kaum Spannung auf. Stattdessen lebt es von den Gefühlen, Einsichten und Geständnissen der Charaktere. Ein kleines Manko ist, dass ich ohne tiefgehendes Verständnis über die japanische Kultur manchmal leider nicht ganz verstehen konnte, warum manche gewählten Worte in den Briefen eine so große Wirkung hatten. Zudem sind manche Erzählstränge durch abrupte Zeitsprünge etwas fragmentarisch.

Insgesamt ist das Buch eine sanfte, ruhige Erzählung über Freundschaft, inneren Frieden und die Kraft von Worten, das die Leser*innen nach einem stressigen Tag abends zur Ruhe kommen lassen kann. "Hatokos wunderbarer Schreibwarenladen" ermutigt dazu, die kleinen Dinge im Leben wertzuschätzen.

Bewertung vom 31.03.2025
Serrano, Beatriz

Geht so


gut

Psychische Gesundheit im Arbeitsleben mit humorvollem Schreibstil

"Geht so" ist das originelle Debüt von Beatriz Serrano. Es geht um die Protagonistin Marisa. Sie ist lustlos und desillusioniert, sie sieht ihre Arbeit als sinnlosen Zeitvertreib, bei dem sie viel Geld verdient, ohne einen Mehrwert für die Gesellschaft zu generieren. Zudem ist sie genervt von ihren Kolleg*innen. Sie ist einsam und leidet unter einer Angststörung, weswegen es ihr jeden Morgen schwer fällt in die Arbeit zu gehen. Um ihr Leben erträglicher zu gestalten, betäubt sie sich mit Drogen und YouTube-Videos. Das Ganze ist dabei zeitweise unglaublich witzig geschrieben, dass ich beim Lesen mehrfach laut lachen musste. Zu gewissen Teilen können sich sicher viele Leser*innen im Text wiederfinden. Die Auseinandersetzung mit dem Thema psychische Gesundheit im Arbeitsleben ist authentisch und trifft den Zeitgeist. Der Schreibstil der Autorin gefällt mir dabei besonders gut. Eigentlich ist die Geschichte bedrückend, aber gleichzeitig so locker und humorvoll geschrieben. Das Buch liest sich flüssig und man möchte wissen, wie es weitergeht. Das Cover gefällt mir und passt perfekt zum melancholischen Inhalt des Buchs.

Leider muss ich auch sagen, dass sich besonders die Mitte und zweite Hälfte des Buches immer wieder phasenweise gezogen hat. Die Geschichte scheint kaum voranzuschreiten. Dies drückt den Spaß beim Lesen leider etwas, den ich besonders am Anfang (und wieder im letzten Kapitel) hatte. Trotzdem hat die Autorin einen wirklich guten gesellschaftskritischen Roman geschrieben, den ich besonders Personen in den 20ern und 30ern empfehlen würde, die vielleicht selbst in einer ähnlichen Lebensphase sind, also in ihrem ersten Job angekommen, ohne genaue Vorstellungen davon, wohin ihr Leben sie führen soll.