In diesem wunderschönen Jugendbuch des italienischen Autors Davide Morosinotto begleiten wir die 14-jährige Greta und ihren Vater, einen angesehenen Ermittler.
Die Handlung spielt im Nürnberg des Jahres 1829 und wir lernen den jungen Kaspar Hauser kennen, der dort vor einiger Zeit unter mysteriösen Umständen aufgetaucht ist und nun augenscheinlich bedroht wird. Dr. Grimaldi und Greta wollen herausfinden, wer dem Jungen etwas antun wollen könnte und welche Geheimnisse er verbirgt. Hauptsächlich aber wollen sie sein Leben schützen. Während ihrer Zeit in Nürnberg lernen sie einige andere interessante Leute in Verbindung mit Kaspar kennen und müssen bald feststellen, dass nicht alles so ist wie es scheint und nicht jeder zwingend die Wahrheit sagt.
Der Autor vermischt in seinem Roman Fakt und Fiktion, was auch für Kenner von Kaspar Hausers Geschichte Spannung aufbaut. Ich verfolge diese historische Person schon seit meiner Schulzeit, die nun schon mehr als 20 Jahre zurückliegt. Nürnberg ist nur eine Stunde von meinem Heimatort entfernt und ich halte mich dort oft auf, was für mich gleich eine noch tiefere Verbindung zu der Thematik hergestellt hat. Die Stadt wird ausführlich und akkurat beschrieben, die Charaktere gefallen mir alle sehr gut, vor allem Oskar und obwohl das Ende nicht alle Fragen beantwortet, fand ich es doch sehr interessant die Interpretation des Autors zu dem Fall zu lesen, auch wenn meine eine etwas andere ist. Durchaus eine Kaufempfehlung für alle, die gerne historische Krimis mögen.
Die reiche Jane Ireland lädt zu einer Party ein, der Kleidungsstil soll dabei dem der 1920er Jahre entsprechen. Unter den Gästen ist auch die 76-jährige Rosemary, genannt Mimi, ihre Enkelin Addie und 6 weitere Besucher. Jeder von Ihnen hat ein Geheimnis. Auch ein Klavierspieler, der Schwiegersohn der Gastgeberin, der Koch und die Haushälterin befinden sich im Haus.
Während der Feierlichkeiten wird plötzlich Jane ermordet und es wird schnell klar, dass der Täter nur einer der Anwesenden sein kann. Aber wer nur?
Ich finde der Krimi ist leich verständlich geschrieben und wäre auch für Kinder ab 12 Jahren empfehlenswert, da er nicht brutal ist. Vergleichbar wie bereits von der Autorin selbst erwähnt mit "Jessica Fletcher" in "Mord ist ihr Hobby" oder ähnlichen Filmen.
Das Buch ist durchaus lesenswert, aber für mich, die gerne Thriller oder brutalere Krimis liest dann doch ein wenig langweilig.
"Der Absturz" vom französischem Autor Edouard Louis ist mein bisher drittes Buch von ihm. Nachdem bereits "Das Ende von Eddy" und "Anleitung ein anderer zu werden" mich sehr in ihren Bann gezogen haben, war dieser dritte Teil nun eigentlich schon fast Pflichtlektüre und ich wurde nicht enttäuscht.
Gewohnt emotional erzählt Louis hier diesmal vom Leben und Tod seines großen Bruders, den er nie wirklich geliebt hat. Er war Alkoholabhängig, nahm Drogen und behandelte Frauen, Tiere und Homosexuelle schlecht. Zeitlebens fühlte er sich von seinen Eltern im Stich gelassen und vernachlässigt, sehnte sich nach der Liebe eines Vaters und wollte seine großen Träume verwirklichen. Doch niemand unterstützte ihn dabei oder interessierte sich für ihn, weshalb die Spirale aus Sucht und Wut sich immer weiter ausbreitete.
Louis versucht hier eine Antwort darauf zu finden, wer sein Bruder wirklich war und wie er zu dem Menschen geworden ist, den er zu kennen glaubte.
In kleinen Anekdoten aus seiner Kindheit und Erzählungen von Freunden und Familie erfahren wir mehr und mehr über ihn und können uns unser eigenes Bild machen. Sehr interessant fand ich die Tatsache, dass jeder in der Familie anders um den Bruder trauerte und ihn anders wahrnahm. Ein wirklich packender und berührender Einblick in das Leben eines verzweifelten Mannes, den ich jedem nur ans Herz legen kann.
James ist 16, hat einen 5-jährigen Bruder namens Eddie, der unter Krampfanfällen leidet und fühlt sich in seinem Heimatdorf Thornmere gefangen. Eines Morgens trifft er auf seiner täglichen Milchrunde den 1 Jahr älteren James, der von seinen verkrachten Eltern aufs Land geschickt wurde.
Seine Mutter hat einen neuen Liebhaber in Italien gefunden, während sein Vater im Knast sitzt. Schnell verliebt sich James Hals über Kopf in den schönen Luke, aber er weiß, dass dieser nicht für immer in Thornmere bleiben wird. Und beruhen seine Gefühle überhaupt auf Gegenseitigkeit?
Dieses Buch lässt sich meiner Meinung nach sehr schwer in Worte fassen. Es hat mich vom ersten Moment an in seinen Bann gezogen und nicht mehr losgelassen und das liegt nicht nur an Seán Hewitts unglaublich poetischen und emotionalen Schreibstil, sondern hauptsächlich an den Hauptcharakteren James und Luke, deren gemeinsames Jahr mich zutiefst berührt hat.
James wildes und unbändiges Begehren nach Luke war fast greifbar. Ich konnte mich sehr gut in seine Einsamkeit, Hoffnungslosigkeit und Zukunftsängste hineinversetzen und mich mit ihm identifizieren. Diese rein zufällige Begegnung mit Luke, die sein Leben für immer verändert hat, ihn blind und taub gemacht hat für jede Art von wahrer Liebe und einen Ort, den er Heimat nennen kann. Es waren die kleinen, stillen und verletzlichen Momente, das Zeigen von Schwäche, die James so menschlich und nahbar gemacht haben. Selten hat es ein Protagonist geschafft, mich so sehr zu Tränen zu rühren und sich so fest in meinem Herzen zu verankern. Hewitts tragischen Helden werde ich nie vergessen.
Von Klaus Willbrand habe ich zum ersten Mal tatsächlich auf Instagram erfahren. Beim Browsen bin ich vor ca. einem Jahr auf den Account seines Antiquariats gestoßen und habe mir mit großem Interesse alle seine Videos auf dem Kanal angesehen. Ich war so begeistert davon, was er und Daria Razumovych da auf die Beine gestellt haben und wie viel Wissen, Sympathie und Liebe zur Literatur hier ausgestrahlt wurde. Das hat mich sofort in den Bann gezogen.
Umso trauriger war ich dann im Januar, als ich von seinem Tod erfahren habe. Deswegen war von vornherein klar für mich, dass dieses Buch hier einfach zur Pflichtlektüre gehören muss und ich wurde nicht enttäuscht.
Nicht nur Klaus' Lebensgeschichte von der Kindheit an und sein beruflicher Werdegang bis hin zur Gegenwart, sondern auch die vielen hochinteressanten Begegnungen mit den verschiedensten Autoren, Verlegern und Politikern waren wirklich spannend und informativ.
Viele der von ihm vorgestellten deutsch-, englisch- und französischsprachigen Autoren und Autorinnen sind wohl den meisten Bücherfreunden zumindest ein Begriff, aber man findet durchaus auch unbekanntere Schätze. Seine Erzählungen regen unwahrscheinlich zum Lesen an und man will sich eigentlich sofort auf seinen nächsten Brinkmann oder Proust stürzen. Immer wieder habe ich mich dabei ertappt, dass ich mir Notizen zu Autoren oder Werken gemacht habe, mit denen ich mich nach Klaus' Buch weiter beschäftigen wollte. Seine Leseliste am Ende werde ich definitiv im Auge behalten. Herzlichen Dank an Klaus und Daria dafür, dass ihr den Menschen in der heutigen chaotischen und unkultivierten Zeit das Lesen wieder etwas näher bringt.
Asa wächst in der Ortschaft Thule auf. Im Alter von 8/9 Jahren streift sie mit ihrem Vater durch die Wälder, wo er ihr alles beibringt, was man zum Überleben braucht. Er bereitet sie auf eine Prüfung vor, lässt Asa aber im Unklaren darüber warum. Doch nicht nur diese Prüfung muss sie bestehen, das Leben hält noch viele Intrigen und Überraschungen für sie bereit.
In Rückblenden erfährt man, wie Asas Urahnen lebten und was es mit dem Ursprung der Prüfungen auf sich hat.
Ich fand das Buch wirklich bis zum Ende hin sehr spannend. Die ersten 100-150 Seiten sind etwas gewöhnungsbedürftig, aber wenn man dann mal mit den Charakteren und der Welt vertraut ist, lesen sich die 700 Seiten wie von selbst. Es hat mich ein wenig an "Die Tribute von Panem" erinnert. Asa versucht immer human zu bleiben, doch wird immer wieder genötigt von der Beute zum Jäger zu werden.
Der Urgedanke der Prüfungen ist durchaus nachvollziehbar, doch was schlussendlich daraus geworden ist und was es aus den Personen gemacht hat, die die Prüfung bestanden haben, macht den Roman zu einem Thriller. Eine düstere Familiensaga, die meines Erachtens die 5 Sterne mehr als verdient hat.
In Louise Doughty's "BIRD" geht es um eine Agentin Namens Heather Berriman, die Hals über Kopf aus ihrem alten Leben flüchten muss. Jemand hat versucht ihr etwas anzuhängen und sie weiß deshalb nicht mehr, wem sie überhaupt noch trauen kann. Da sie als Geheimagentin immer mit sowas rechnen muss, hat sie ihre Flucht schon geplant und einen Koffer mit gefälschten Papieren und Kleidung versteckt, um bei Bedarf in verschiedene Rollen zu schlüpfen.
Der Anfang des Buches ist wirklich spannend. Danach wird in Rückblenden über Heathers Leben als Kind und über die Zeit bevor sie zur Spionin wurde erzählt. Dies wiederum fand ich persönlich für viel zu langatmig. Die Spannung ging komplett verloren und auch das Ende hatte ich mir anders vorgestellt. So blieb der Thriller, den man eigentlich nicht als solchen bezeichnen kann, leider weit hinter meinen ursprünglichen Erwartungen zurück.
Mika ist fast 13 und in der Schule ein Außenseiter. Als er die Sommerferien bei seiner Oma auf dem Land verbringen soll, fernab von Konsolen und Handyempfang, ist er nicht gerade begeistert. Schnell jedoch werden die ereignislosen Tage durch mehr Action ersetzt, als Mika lieb ist. Seine Oma hat einen Unfall und als er versucht sie zu retten, landet er in einer fremden, surrealen Welt. Hier erfüllen sich Wünsche, alles scheint möglich und Mika findet sogar drei neue Freunde. Allerdings trügt der Schein und die Rückkehr in seine Welt stellt sich als schwieriger heraus als gedacht.
Das Cover und die schönen Illustrationen in dem Buch machen die ganze Geschichte greifbarer, was mir sehr gefallen hat. Allerdings muss ich sagen, dass mich die Handlung nicht wirklich abgeholt hat. Anfangs hatte es noch Potenzial, aber spätestens als Mika in der Immerwelt landet ist alles nur noch bunt zusammengewürfeltes Chaos ohne jegliche Bedeutung und ohne Ziel. Die Charaktere sind ziemlich eindimensional und selbst die durchaus interessanten Themen wie Zukunftsängste, Unsterblichkeit, Erwachsenwerden und Ängste werden nur sehr kurz angedeutet und nicht weiter vertieft oder ausgeschmückt, was durchaus schade ist, auch wenn es eher für ein jüngeres Publikum gedacht ist. Zum Ende hin habe ich mich nur noch durchgequält und gelangweilt. Allerdings mag es für Kinder durchaus seinen Reiz haben, daher 3 Sterne von mir.
"Die Geschichte des Klangs" von Ben Shattuck besteht aus 2 Kurzgeschichten. Die erste handelt von Lionel und David, 2 jungen Musikern, die sich 1916 das erste Mal begegnen und lieben lernen. Die zweite erzählt von Annie und Henry, die sich scheinbar nur zufällig nach Jahren wieder finden und heiraten.
Was die beiden Geschichten verbindet, ist wohl die Überlegung, wie anders das Leben von Lionel und Annie verlaufen wäre, wenn sie sich an einem bestimmten Punkt anders entschieden und anders gehandelt hätten. Es schwingt immer eine Art Sehnsucht mit, die in überaus poesievollen und emotionalen Sätzen zur Geltung kommt. Die Geschichten der beiden Leben, so kurz sie auch waren, haben mich zutiefst berührt, da ich mich in die Protagonisten sehr gut hineinversetzen konnte. Auch ich fühle mich oft verloren, wie an einem Scheidepunkt und weiß nicht recht wohin mit meinen Gedanken und Gefühlen. Shattuck schafft es auf ganz unaufgeregte Art und Weise die beiden Handlungsstränge miteinander zu verknüpfen und eine Geschichte zu kreiren, die noch lange nachhallt. Ein Muss für jeden, der ruhige und gefühlvolle Erzählungen über verpasste Chancen mag.
In der amerikanischen Originalversion des Buches sind 12 statt 2 Geschichten enthalten. Wieso wir hier nur eine verkürzte Version vorgesetzt bekommen, ist mir unklar. Allerdings wird mich das nicht davon abhalten auch den Rest davon zu lesen. Auch ein Film mit dem Titel "The History of Sound" ist vor 2 Monaten erschienen und ich kann es kaum erwarten ihn zu sehen.
In "Mörderisch verstrickt" von Susanne Oswald treffen sich 3 Frauen und ein Mann immer Donnerstags zum gemeinsamen Stricken.
Die unterschiedlichen Charaktere werden einzeln vorgestellt. Mette, die einen Strickladen hat, Brunhilde die Friseurin, Anne die Postbotin und Gustavsen der Bootsverleiher. Das kleine Örtchen Lüttjekoog an der Nordseeküste wird als sehr idyllisch beschrieben. Eigentlich ein schönes ruhiges Fleckchen, wenn da nicht etwas im Watt gefunden worden wäre und ein Überfall und ein Mord die Stimmung trüben würden.
An und für sich ist dieser Roman durchaus amüsant. Der Titel ist passend, das Cover schön gestaltet, aber hier gibt es was die Spannung angeht definitiv noch Luft nach oben. Es ist nicht direkt mit einem typischen Krimi zu vergleichen, eher eine Mischung aus Miss Marple und Eberhofer. Wer aber auf Wohlfühlatmosphäre in bekannter Umgebung steht, ist hier durchaus gut bedient.
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