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Eternal-Hope
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Insgesamt 110 Bewertungen
Bewertung vom 17.11.2025
Gornichec, Genevieve

The Witch's Heart - Das Verhängnis


gut

Von Genevieve Gornichec habe ich vor diesem Buch schon “Sisters in Blood” gelesen, von dem ich absolut begeistert war und zu dem ich auch eine Rezension verfasst habe. Nun also dieses Buch, an das ich mit entsprechend hohen Erwartungen herangegangen bin, was man natürlich nicht sollte, da jedes Buch für sich stehen sollte. Außerdem ist „The witch’s heart“ das Debüt der Autorin und „Sisters in Blood“ ihr zweites Buch. Das versuche ich, bei meiner Bewertung zu berücksichtigen.

Auch in diesem Buch geht es um alte nordische Mythologie: diesmal um die Riesin und Hexe Angrboda, die gemeinsam mit dem Trickster-Gott Loki drei Kinder in die Welt setzt, aus denen die Totengöttin Hel, der Fenriswolf und die Midgardschlange werden. Das ist eine uralte mythologische Geschichte, die sozusagen den Rahmen für dieses Buch setzt, das hier auf feministische Weise neu interpretiert wird.

Ich habe das Buch als Beschreibung eines langen Weges in die weibliche Selbstermächtigung gelesen. Angrboda war schon früher eine sehr mächtige Hexe, doch wir lernen sie zu einem Zeitpunkt kennen, zu dem sie psychisch und auch körperlich sehr geschwächt ist. Nachdem sie sich geweigert hatte, mit Hilfe der mystischen Technik des „Seid“ in die tiefsten Dunkelheiten zu reisen, um dort für den Göttervater Odin Wissen über die Zukunft zu erlangen, wurde sie fürchterlich bestraft: drei Mal wurde ihr das Herz herausgerissen und sie wurde verbrannt. Tot ist sie nicht so ganz, aber sie hat kaum mehr Erinnerungen an ihre Vergangenheit und Identität und lebt zurückgezogen ganz alleine in einer Höhle im Wald. Da besucht sie der Außenseitergott und Trickster Loki und bringt ihr ihr Herz zurück und die beiden starten erst eine Affäre, dann eine Art On-Off-Beziehung und schließlich eine halbherzige Ehe, während ihre drei gemeinsamen Kinder entstehen: ein halbtotes Mädchen und zwei Söhne: ein Wolf und eine Schlange. Soweit zum Inhalt, ohne spoilern zu wollen.

Die mythologische Geschichte ist durchaus interessant. Schwierig fand ich beim Lesen das sehr wechselnde Tempo: im ersten Drittel des Buches passiert gefühlt kaum etwas Interessantes und in die Handlung plätschert nur so dahin. Dann spitzt es sich in der Mitte zu und es kommt zu dramatischen Ereignissen, die sehr schnell geschildert werden und wonach die Handlung zum langsamen Tempo zurückkehrt bis zum prophezeiten Ende zur Zeit der Götterdämmerung, samt überraschender Wendung. Gewünscht hätte ich mir also einerseits eine Straffung einiger Teile und andererseits, dass andere Teile ausführlicher erzählt worden wären.

Mythologisch gibt die Geschichte einiges an interessanten Themen her: es geht um Vorurteile, Magie, Hexenverfolgung, Ausgrenzung, Mutterliebe, Verrat, Frauenfreundschaft und Queerness (ein Thema, das der Autorin ein besonderes Anliegen zu sein scheint) und die Veränderlichkeit oder Unabwendbarkeit des Schicksals. Das stärkste Thema für mich in diesem Buch war, wie schon erwähnt, das der weiblichen Selbstermächtigung: zu sehen, wie die gedemütigte, geschwächte und verletzte Angrboda schrittweise wieder mehr in ihre Kraft kommt, sich für ihre Kinder einsetzt und eine mutige und selbstlose Entscheidung trifft.

Dazu ein Zitat aus dem Buch:

“Ich bin Angrboda Eisenhexe”, dachte sie. Die Alte. Mutter Hexe, die jene Wölfe gebar, die Sonne und Mond jagen. Ehemalige Gattin von Loki und Mutter sowohl der Gebieterin der Toten als auch der beiden Kreaturen des Chaos, die vom Schicksal dazu bestimmt sind, Verderben über eben die Wesen zu bringen, die unser Leben ruiniert haben. Ich kann das aus eigener Kraft schaffen.“ (S. 303)

Insgesamt ist es ein durchaus interessantes Buch, das mir eine mir bisher unbekannte nordische Mythologie nähergebracht hat und weitgehend unterhaltsam zum Lesen war. Gerade weil ich es als deutlich schwächer empfinde als das darauffolgende Buch der Autorin („Sisters in Blood“) zeigt es mir aber auch ihre Entwicklung und insgesamt ihr Talent, alte Mythologie auf unkoventionelle Art und Weise neu zu interpretieren.

Wer die Autorin noch nicht kennt, dem empfehle ich aber dennoch für den Einstieg eher „Sisters in Blood“, das über alle Stärken dieses Buches verfügt, in dem die erwähnten Schwächen aber nicht mehr vorkommen. Auf weitere Bücher dieser Autorin bin ich gespannt.

Bewertung vom 15.11.2025
Yueran, Zhang

Schwanentage


sehr gut

Klassismus in China:

Yu Ling ist arm aufgewachsen, der Vater ist früh an Krebs verstorben und in ihrer Vergangenheit gibt es eine schwierige Geschichte, die sowohl in Bezug auf Beziehungen als auch beruflich ein Handicap für sie war. Nun arbeitet sie seit einigen Jahren hingebungsvoll als Kindermädchen des 7-jährigen Kuan Kuan, eines durchaus liebenswürdigen, aber verwöhnten Sohnes einer sehr reichen Familie. Der Vater des Jungen hat eine hohe regierungsnahe Position inne, ebenso wie sein Schwiegervater, während die Mutter sich als Künstlerin selbst verwirklichen will und für ihren Sohn nicht viel übrig hat.

Nun hat Yu Ling gemeinsam mit ihrem Freund Dhongu geplant, den kleinen Kuan Kuan zu entführen, um Lösegeld von der Familie zu erpressen. So eine richtige Entführung ist es aber von Anfang an nicht so wirklich, dazu liegt ihr der Kleine viel zu sehr am Herzen und so inszeniert sie mit ihm erst einmal einen schönen Ausflug ins Freie samt feinem Grill-Barbecue. Am Weg fällt dem Kleinen, der gewohnt ist, dass ihm jeder Wunsch erfüllt wird, auch noch ein Transporter mit Gänsen auf, die er für Schwäne hält und von denen er unbedingt einen haben will und auch kriegt. Währenddessen wird klar, dass das mit der Entführung eh nicht so recht was werden kann, da der Vater des Jungen verhaftet wurde und die Mutter verschwunden ist und auch sonst von den entfernteren Verwandten keiner erreichbar ist. Also kehrt Yu Ling, nach einigen Umwegen, mit dem Jungen erst einmal wieder ins Haus ihrer Dienstgeber zurück, wo die Gans im Garten einquartiert wird, Kuan Kuan dort ein Zelt aufbaut und Yu Ling entdecken muss, dass Dhongu sich mit ihren Ersparnissen aus dem Staub gemacht hat.

Dieses Buch zeigt die enormen Klassenunterschiede, die es offensichtlich auch im modernen China gibt, klar auf: während die Reichen - von denen wohl viele korrupt sind oder dies zumindest von den Ärmeren angenommen wird - sich jeden erdenklichen Luxus leisten können, arbeiten viele Ärmere fast ununterbrochen und können sich damit auch nach Jahren harter Arbeit nichts aufbauen.

Durch die Entführung des Jungen, aber vor allem dadurch, dass dessen Familie auf einmal in gröberen Problemen steckt, kehrt sich das Glück auf einmal um, zumindest kurzfristig, wie Yu Ling durchaus zufrieden bemerkt, immerhin wurde sie von ihrer Dienstherrin oft ziemlich respektlos behandelt: "Yu Ling dachte an die Hausherrin, Qin Wen. Inzwischen musste sie erfahren haben, dass man erst ihren Vater und dann ihren Mann verhaftet hatte. Ihre Schönwetterfreunde hielten sich in dieser Situation gewiss auf Distanz. Jetzt ist sie auf der Flucht, ganz allein, und weiß nicht, wohin, dachte Yu Ling, während ich gemütlich in der Sonne sitze und Grillspieße futtere." (S. 26)

Auch sonst geht es viel um Klassenunterschiede und weise Betrachtungen dazu, wie zum Beispiel auch diese Zitate zeigen:

"Es hieß, die Armen liebten es zu träumen, doch das stimmte nicht; Träume gehörten zu den Privilegien der Reichen, und die Welt sorgte auf alle erdenkliche Arten dafür, ihnen diese Träume vorzuenthalten." (S. 75)

"Sich mit den technischen Gimmicks dieses Haushalts auszukennen, war für ihre Zukunft wenig hilfreich, es war höchstens ein Grund mehr, sich zu quälen. Genau deshalb war es grausam, Kindermädchen oder Chauffeur zu sein: Man tauchte in einen völlig anderen Lebensstil ein, wurde davon in gewisser Weise geprägt, aber zurück in seinem alten Leben, würde man damit so lächerlich wirken wie ein ausgebauter Einbaubackofen. Es blieb dir nichts übrig, als dich in dein früheres Selbst zurückzuverwandeln. Aber ging das überhaupt?" (S. 103)

Damit ist es insgesamt ein sehr kluges und wichtiges Buch, das dazu anregt, sich über Klassismus, Privilegien und die eigene Position in der Gesellschaft - nicht nur in China - Gedanken zu machen. Ich habe es gerne gelesen, auch wenn es inhaltlich in einigem ganz anders war, als im Klappentext angekündigt wurde, und ich auch aus dem Ende nicht ganz schlau geworden bin.

Bewertung vom 13.11.2025
Tewes, Bernhard

Glimmer


ausgezeichnet

Inspirierendes Buch für eine positive Lebenseinstellung:

Der Heilpraktiker und Hypnosetherapeut Bernhard Tewes stellt mit "Glimmer" einen Ansatz vor, der dem weit verbreiteten Fokus auf negative "Trigger" etwas Positives und Heilsames entgegensetzt. Anschaulich erklärt er anhand von Fallbeispielen, wie viele Menschen dadurch, dass sie in ihrem Leben ihre Aufmerksamkeit auf Negatives, etwa ständig auf Katastrophennachrichten oder auf ihre eigenen Unzulänglichkeiten, richten, ihr eigenes Unglück verstärken. Dabei gibt es an jedem Tag und in jedem Leben viele kleine Glücksmomente wahrzunehmen oder auch aktiv herzustellen, mit uns selbst und in der Begegnung mit anderen. Wir können bewusst wählen, wie wir unsere Morgenroutinen gestalten, wie wir uns mit wohltuender Musik umgeben, nährende Beziehungen zu anderen und eine inspirierende Umgebung für uns kreieren.

Sehr interessant war für mich zum Beispiel, über den Ansatz der "Low-stake-Kreativität" zu lesen: schon kleine kreative Tätigkeiten ohne Druck oder Anspruch, z.B. das Dekorieren eines Raumes oder das Kochen einer Speise, können durch die Freude am Schaffen und Gestalten viel Glück in unser Leben bringen, Stress reduzieren und Entspannung fördern, jenseits von Leistungsdruck und Bewertung.

Geschrieben ist das Buch sehr praxisnah und zugänglich: der Autor erzählt offen und ehrlich aus seinem eigenen Leben und seinen früheren Suchtproblemen sowie auch davon, wie er diese überwunden hat, Hypnosetherapeut wurde und mit welchen Methoden und Übungen er nun seine Klientinnen und Klienten unterstützt. Am Ende jedes Kapitels finden sich praktische Übungen, um die "Glimmer"-Momente im eigenen Leben zu fördern, z.B. drei Menschen ein ehrliches Kompliment zu machen, den Gesprächspartner als die interessanteste Person der Welt zu betrachten und wirklich aufmerksam zuzuhören, Dankbarkeit zu üben, die eigenen Werte zu reflektieren, einen schönen Moment der Vergangenheit innerlich nochmal zu erleben ("Revivikation" genannt) oder auch sich bewusst mit wohltuender Musik und angenehmen Berührungen (mit sich selbst oder im Konsens mit anderen Personen, z.B. auf Kuschelpartys) auseinanderzusetzen.

Insgesamt ist es ein schön gestaltetes, leicht lesbares und inspirierendes Buch, das wie ein Licht in einer Zeit der Krisen und Sorgen wirkt und das ich allen an Psychologie, Spiritualität und Persönlichkeitsentwicklung Interessierten auf jeden Fall empfehlen kann.

Bewertung vom 12.11.2025
Maschik, Anna

Wenn du es heimlich machen willst, musst du die Schafe töten


ausgezeichnet

Außergewöhnliche Geschichte über vier Generationen, voll von Symbolik und magischem Realismus:

Wenn du es heimlich machen willst, musst du die Schafe töten, denn die verraten dich nicht, sie sterben still. Das scheint zum einen eine real-pragmatische Tatsache zu sein, die es der in diesem Buch vorgestellten Familie erleichtert, auch in Kriegszeiten, wenn sogar Schlachtungen der eigenen Tiere rationiert sind, gut zu überleben.

Henrike, die Urgroßmutter der Ich-Erzählerin Alma, gelingt es so immer wieder mal, heimlich ein Tier zu schlachten und alle Teile davon zu verwerten, um dem Gatten und Sohn auf Fronturlaub besondere, nahrhafte Köstlichkeiten anbieten zu können. Dieses Buch wäre aber nicht, was es ist, wenn es sich nicht lohnen würde, auch noch auf anderen Ebenen über diesen Satz nachzudenken: über das Leben und Sterben, über das Schlachten, über die, die im Verborgenen getötet werden.

Geboren-Werden und Sterben sind zwei wichtige Säulen, die dieses Buch tragen und beide von Frauen symbolisiert werden: da gibt es die tüchtige Hebamme Anna, die so vielen Kindern ins Leben hilft, während der Kriegszeit verweigert, eine illegale Abtreibung durchzuführen (und doch die ungewollt Schwangere auf den früh blühenden Weizen verweist, dessen Mutterkorn Fehlgeburten auslösen kann) und später doch solche durchführt, die manchmal gelingen und manchmal nicht.

Wirkt das Buch zuerst wie eine recht normale österreichisch-deutsche Bauerngeschichte, so zeigt auch diese Figur, dass mehr dahinter ist: Anna ist ein Archetyp, keine reale Figur, denn sie scheint jenseits von Zeit und Raum an ganz unterschiedlichen, weit voneinander entfernten Orten und zu verschiedenen Zeiten aufzutauchen. Genauso wie ihre Kollegin Nora, die die Menschen gemeinsam mit den schon vorangegangenen Ahnen über die Schwelle aus dem Leben und ins Jenseits begleitet. Gekleidet ist sie an der Oberfläche in schwarz, für die trauernden Hinterbliebenen, doch darunter trägt sie alle bunten Farben, die immer wieder mal an der einen oder anderen Stelle schillernd hervorblitzen.

Oft treten die beiden gemeinsam auf, denn nicht so selten liegen Geboren-Werden und Todesgefahr ganz nah beieinander: wenn eine misslungene Abtreibung dazu führt, dass das Baby, das schließlich Miriam, das ungeliebte dritte Kind und später die Mutter der Ich-Erzählerin Alma, sein wird, doch geboren wird. Oder auch, noch viel mysteriöser, wenn Henrike als erstes Kind einen Sohn gebärt, der viele Jahre nur schlafen wird und bei dem selbst der Pfarrer rät, dafür zu beten, er möge von seinem Leiden erlöst werden - und der dann auf einmal, fast schon erwachsen, plötzlich die Augen öffnet und ein fast normaler junger Mann wird, als hätte er im Schlaf alle nötigen Fähigkeiten dazu erworben, aber zeitlebens blind bleibt für so vieles.

Geschichten über das bäuerliche Österreich habe ich schon viele gelesen, aber noch keine, die mit diesem subtil und geschickt eingewobenen magischen Realismus und der punktgenauen, poetischen Sprache dermaßen zum Nachdenken anregt. Szenen des bodenständig-pragmatischen Alltags im ländlichen Umfeld wechseln sich mit magischen Einschüben ab und die Leserinnen und Leser sind angehalten, mit ihrer Aufmerksamkeit voll bei diesem Buch zu bleiben, um überhaupt zu bemerken, wann es wieder zu einem Wechsel zwischen den Welten kommt. Oder sind die beiden Welten, die bodenständig-pragmatische und die surreal-mystische, immer zutiefst miteinander verbunden und wir merken es nur nicht?

Leseempfehlung für alle, die sich auf eine besondere Erzählweise österreichisch-deutscher, bäuerlich geprägter Familiengeschichte unter der Linse des magischen Realismus einlassen können, der in diesem Buch gegen Ende zunehmend mehr Raum einnimmt, wodurch es sich immer weiter von der uns als bekannt angenommenen Realität entfernt, dadurch allerdings auf sehr interessante Art und Weise bisher Bekanntes aufbricht und mit seinen Metaphern neue gedankliche Wege anregt.

Bewertung vom 05.11.2025
Tidhar, Lavie

Adama


weniger gut

Kein Land ohne Blut:

"Adama" von Lavie Tidhar ist ein hartes Buch. Die Härte, mit der sich die Überlebenden des Holocausts und die schon früher nach Israel ausgewanderten oder dort geborenen Juden dieses Land mit der Waffe erkämpft haben, wird spürbar. Erzählt wird eine Geschichte über mehrere Generationen. Gründungsperson dieser Familie ist Ruth, die große Teile ihrer Familie im Holocaust verloren hat und die es geschafft hat, schon vor der Shoah nach Palästina auszuwandern und dort im Kibbuz lebt. Später kommt ihre Schwester Shosh(ana), die ein Konzentrationslager überlebt hat, für eine Weile dazu, außerdem gibt es Kinder und Enkel. Familie soll aber im Kibbuz nicht wirklich gelebt werden, die Kinder werden von Anfang an ihren Eltern entfremdet, gemeinschaftlich aufgezogen und sollen die Eltern nicht "Mama" oder "Papa" nennen, sondern nur beim Vornamen, siehe z.B. diese Stelle: "Yael gehörte ihr nicht, ihr gehörte nichts, jedenfalls nicht, solange sie im Kibbuz lebte. Yael war nur eine von vielen Rotznasen in der Masse der Kinder, unterschied sich durch nichts von Yoram und Ophek, den Kindern ihrer Schwester. Sie gehörten alle dem Kibbuz." (S. 228). Auch deshalb scheint in späteren Generationen, die so nicht mehr leben möchten, der Kibbuz ein aussterbendes Konzept zu sein.

Am interessantesten war für mich an diesem Buch tatsächlich die Schilderung des harten Alltags des Ankommens in Palästina in den späten 1940er Jahren und danach, sowie der kommunistisch organisierte Alltag im Kibbuz, ohne traditionelle Familienstrukturen oder Privateigentum und die extreme Betonung des Werts von Arbeit, siehe z.B. diese Stelle: "Jetzt traf Ruth sich mit all ihren alten Freunden und Freundinnen in einem hübschen, gemütlichen Saal, wo sie Produkte aus der Fabrik verpackten: eine leichte, unanstrengende Arbeit, aber immer noch Arbeit. Und die war im Kibbuz von allerhöchstem Wert. Arbeiter sein. Wer arbeitete, war jemand und war kein Schmarotzer. Ein Wort, das Ruth ausspie wie die schlimmste Beleidigung, schlimmer als alles andere. Wenn man hart arbeitete, spielte es keine Rolle, was man sonst machte." (S. 44)

Und sonst gemacht wird eine Menge, unter anderem mit der Waffe für das Land gekämpft, aber auch, in einer späteren Generation, für Geld Auftragsmorde verübt, und noch so einiges mehr. Es ist eine kalte Zeit, in der arabische Dörfer einfach ausgelöscht werden, denn: "Die Tzabarim waren nicht schwach wie die alten europäischen Juden. Sie waren neu und hart und die Herrscher in diesem Land, diesem "Adama". Sie hatte das Wort im Hebräischunterricht gelernt und hasste es. "Es gibt kein A-d-a-am-a ohne d-a-m", hatte ihr erster Lehrer stolz erklärt. "Dam" war Hebräisch und bedeutete Blut. Kein Land ohne Blut. Shosh hatte Blut satt." (S. 224)

Aber auch jüdische Flüchtlingskinder nicht sicher sind und laufen Gefahr, skrupellosen Menschenhändlern zum Opfer zu fallen, ohne dass es die meisten anderen Menschen besonders kümmert. Stark spürbar sind die tiefen Wunden und Traumatisierungen durch die NS-Zeit, und der starke Wunsch, weiterzuleben und das Leben weiterzugeben, siehe z.B. diese Stelle: "Shosh wünschte sich auch ein Baby. Von wem, spielte keine Rolle. Sie wollte neues Leben in die Welt setzen, neues Leben für all das verlorene. Schon allein, um den Nazis zu sagen, ihr konntet uns nicht alle töten, und jetzt sind wir hier, wir leben noch und wir schaffen neues Leben. Ein Baby zu bekommen, hatte etwas von einem Wunder." (S. 156)

An diesen erwähnten Themen sieht man also: das Buch behandelt wichtige Aspekte der Geschichte Israels und regt zum Nachdenken an. Damit komme ich allerdings auch schon zur Kritik: sprachlich und literarisch ist es weit entfernt davon, ein Meisterwerk zu sein. Die Sprache ist überwiegend sehr einfach, teilweise voll mit übertriebenen, unpassenden Metaphern. Es gibt unzählige für die weitere Handlung irrelevante Szenen zum Rauchen oder Essen, die in wiederholender Art detailliert geschildert werden. Die Charaktere sind simpel konstruiert, keinen davon konnte ich wirklich nachfühlen, insgesamt verbindet sie fast alle nur die Härte, die sie in sich tragen, ansonsten werden sie wenig individuell spürbar. Von der inhaltlichen Konstruktion her sind es auch eher einzelne Szenen, die geschildert werden, als ein in sich schlüssiger Thriller. Spannung kommt auch nicht wirklich auf. Insgesamt ist es also ein bestenfalls mittelmäßiges Buch, das ich nicht wirklich empfehlen kann, denn auch zu oben geschilderten Themen gibt es in der israelischen Literatur weit besseres.

Bewertung vom 31.10.2025
Suppiger, Tanja

Rauhnächte - Reguliere dein Nervensystem und schaffe die Basis für persönliches Wachstum


ausgezeichnet

Tiefe Veränderung beginnt im Nervensystem:

Bücher über die Rauhnächte gibt es mittlerweile viele am Markt. Was unterscheidet dieses Buch von den anderen? Es ist sein klarer Fokus auf das autonome Nervensystem und auf seine Bedeutung für Veränderungen in unserem Leben. Die Autorin beschreibt schlüssig, woran viele gute Vorsätze und Visionen scheitern: an unserem eigenen Körper und Nervensystem. Denn wenn wir uns innerlich nicht sicher fühlen, erstarren wir, und das macht Veränderung fast unmöglich - selbst, wenn wir sie uns noch so sehr wünschen. Es ist also empfehlenswert, sich erst einmal mit dem autonomen Nervensystem zu befassen und damit, wie man sich selbst in einen angenehmen, ruhigen, entspannten Zustand bringen kann, aus dem heraus die Arbeit an Zukunftsvisionen deutlich vielversprechender ist.

Noch ein weiterer Punkt, durch den sich das Buch unterscheidet: es beginnt nicht direkt mit den Rauhnächten, sondern schon mit der Zeit davor: mit den Sperrnächten ab dem 8. Dezember. Auch diese gehen auf eine alte, bäuerliche Tradition zurück: es ist die Zeit, in der die Arbeitsmaterialien des vergangenen Jahres für den Winter weggesperrt wurden, anstehende Arbeiten abgeschlossen wurden und insgesamt das Jahr sowohl auf der praktischen Ebene als auch spirituell zu einem bewussten Abschluss gebracht wurde, um sich dann bewusst auf die Rückkehr des Lichts mit der Wintersonnenwende, das Weihnachtsfest und danach die transformative Kraft der Rauhnächte und des Jahreswechsels einzulassen.

Somit setzt dieses Buch insgesamt deutlich früher an als viele andere Rauhnachtsratgeber und zeigt, wie man auf vielfältige Art und Weise den Boden für gewinnbringende Rauhnächte bereiten kann. Nach einer kurzen Einführung in das Thema widmet das Buch ein ausführliches Kapitel der Erklärung des autonomen Nervensystems als Grundlage für die Visionsarbeit in den Rauhnächten. Sympathikus und Parasympathikus werden beschrieben, genauso wie der Vagusnerv und die drei Hauptzustände des autonomen Nervensystems.

Dabei gelingt es der Autorin, eine zugängliche und leicht verständliche Sprache zu wählen, sodass diese medizinischen Themen auch für Menschen, die damit noch nicht viele Berührungspunkte hatten, anschaulich dargestellt sind. Weiters geht es um unser individuelles Stresstoleranzfenster und darum, wie wir dieses erweitern und die Rauhnächte als Zeit der inneren Stabilisierung nützen können: die Rauhnächte als sicherer Raum, von dem aus wir eine Transformation beginnen können.

Psychologisch betrachtet ist das Buch gut recherchiert und bietet solide Informationen über das autonome Nervensystem und über leicht anwendbare Techniken, sich selbst zu regulieren und zu stabilisieren, zum Beispiel über die Atmung, über die Verbindung mit anderen Menschen und über die bewusste Wahrnehmung von "Glimmern", kleinen Momenten der Freude und Sicherheit (z.B. ein Sonnenstrahl, das Rascheln der Blätter im Wind,...).

Im Buch finden sich viele Übungen zur Schulung der Sinne, zur Körperwahrnehmung und zur Verbindung mit dem eigenen Inneren, sowohl in den einführenden Kapiteln, als auch dann bei den jeweiligen Sperrnächten oder Rauhnächten.

Detailliert beschrieben und liebevoll bebildert wird dann in die insgesamt etwa einen Monat (von 8.12. bis 6.1.) dauernde Zeit zuerst der Sperrnächte, dann der Wintersonnenwende und schließlich der Rauhnächte hineinbegleitet. Es beginnt mit den Sperrnächten, dabei sind jeder Sperrnacht etwa drei Seiten gewidmet. Diese beginnen mit einführenden Worten zum Thema der jeweiligen Sperrnacht (z.B. "Sicherheit" für die erste Sperrnacht), dann folgen Reflexionsfragen dazu (z.B. "Wann hast du dich im vergangenen Jahr sicher gefühlt?", "Wo hast du Sicherheit eher im Außen gesucht - und wo hast du sie in dir selbst gefunden?", S. 67) und schließlich gibt es noch eine abschließende körperbezogene Übung, zum Beispiel zum bewussten Atmen.

Im letzten Drittel des Buches schließlich geht es um die Rauhnächte selbst. Auch hier ist wieder jede Rauhnacht einem übergreifenden Thema gewidmet, das an die vorher schon bearbeiteten Themen der Sperrnächte erinnert - doch nun geht es nicht um den Rückblick auf das vergangene, sondern um die Vision für das zukünftige Jahr. Beispielsweise geht es auch in der ersten Rauhnacht wieder um Sicherheit, doch nun mit dem Blick auf die Kraft der Wurzeln für das neue Jahr und auf die Entscheidungen, die wir heute treffen können, um unsere innere Stabilität für das neue Jahr zu stärken. Auch hier gibt es wieder körperbezogene Übungen sowie einen Manifestationsimpuls, für den Januar z.B. "Was wäre, wenn dein Alltag selbst zu einem sicheren Raum wird?" (S. 111)

Insgesamt handelt es sich um ein sehr liebevoll gestaltetes und ansprechendes, psychologisch fundiertes Buch, das eine gute Basis für die eigene Bewusstseinsarbeit bietet und das ich auch aus beruflicher Sicht als Psychologin allen an Weiterentwicklung interessierten Menschen wärmstens empfehlen kann.

Bewertung vom 29.10.2025
Krauss, Benjamin

Raum für Männergefühle


ausgezeichnet

"Raum für Männergefühle" - davon gibt es tatsächlich spürbar ganz viel in dem gleichnamigen Buch von Benjamin Krauss, das unglaublich berührend ist. Man merkt dem Buch an, dass der Autor auch seine eigene Musik schreibt... es ist zutiefst lyrisch. Genau dadurch erreichen die Worte so zielgenau das Herz... schon nach den ersten paar Seiten war ich zutiefst berührt und hätte fast zu weinen begonnen. Ich bin eine Frau, doch ich fühle mit den Männern, die sich nach wie vor oft so wenig in ihrer Gesamtheit und mit ihren Gefühlen zeigen dürfen in unserer Gesellschaft.

Dieses Buch zeigt dieses Thema auf, es will berühren, wachrütteln, die Herzen der Menschen erreichen. Es will eine Veränderung anstoßen, und das spürt man beim Lesen. Es ist wie ein Lied, ein Gedicht oder eine Gedichtsammlung, ein Kunstwerk in sich, und die Worte gehen tief. Es ist spürbar, dass alle Worte bewusst gewählt wurden, mit genau ihrer Wirkung, kein Wort zu viel, kein Wort zu wenig.

Inhaltlich geht es darum, wie sehr auch Männer unter dem Patriarchat leiden, denn dadurch werden Gefühle und sich verletzlich zeigen als weiblich konnotiert und abgewertet, sodass es für Jungen und Männer oft auch heute noch ein großer Schritt ist, viel Mut erfordert und Risiken birgt, die eigenen Gefühle offen zu zeigen. Das Buch geht darauf ein, woher dieses Muster kommt, worin es sich zeigt und wie erste Schritte der positiven Veränderung aussehen könnten. Das macht es aber eben nicht im trockenen Sachbuchstil, sondern als persönliches, lyrisches Buch, das nicht nur den Verstand, sondern auch und vor allem die Gefühle der Leserinnen und Leser ansprechen möchte.

Ein paar Beispiele:

"Aber vielleicht ist es nur ein kleiner Schritt, der fehlt.
Ein Raum, in dem ein Vater seinen Sohn für drei Sekunden umarmt.
Ein Moment, in dem zwei Freunde sich trauen zu sagen: "Ich weiß gerade nicht weiter."
Ein Ort, an dem ein Mann spürt: Ich bin mit meiner Sprachlosigkeit nicht allein." (S. 17)

"Es gibt Wege. Keine fertigen, aber echte.
In Gesprächen. In neuen Räumen. In kleinen Gesten.
Verletzlichkeit ist keine Schwäche. Sie ist eine Kraft.
Sie wird nicht belohnt - aber sie verbindet.
Vielleicht ist das genug." (S. 138)

Dieses Buch ist keines, das man einmal liest und dann für immer weglegt. Es ist ein Buch, das sich mit seiner Ehrlichkeit, seiner Authentizität, seiner starken Botschaft und seiner Poesie tief ins Herz schreibt. Ein Buch, das immer wieder mal zur Hand genommen werden will... als Inspiration für Jungen und Männer, in Kontakt mit ihren Gefühlen zu bleiben, und als Inspiration für Mädchen und Frauen, sie darin zu begleiten und zu bestärken. Sich selbst auf menschlicher Ebene ganz tief davon berühren zu lassen, was für eine Entwicklung und Verbindung möglich sein kann, wenn wir alle ganz wir selbst sein dürfen... mit uns selbst und im Kontakt mit anderen Menschen. Danke für dieses wichtige Buch!

Bewertung vom 08.10.2025
Dschabbarowa, Jegana

Die Hände der Frauen in meiner Familie waren nicht zum Schreiben bestimmt


sehr gut

Die Hände der Frauen in Jegana Dschabbarowas Familie waren nicht zum Schreiben bestimmt, sondern zum Arbeiten, Kochen, Nähen, Sticken und Kinder-Wiegen. Und doch, sie schreibt schon seit ihrer Kindheit und hat mit diesem autofiktionalen Roman ihr Debüt veröffentlicht, im Original auf Russisch, hier ins Deutsche übersetzt von Maria Rajer.

Die Kapitel sind jeweils nach Körperteilen benannt, so geht es beispielsweise um die Bäuche von Frauen und um das Schwanger-Werden und Gebären. Um die Münder, die bei den aserbaidschanischen Frauen in der Familie der Autorin nicht viel sprechen sollen und niemals einem Mann widersprechen: "Für eine Frau gehört es sich nicht zu sprechen, für eine Frau gehört es sich nicht zu widersprechen, eine Frau darf nie vergessen, dass sie Objekt, nicht Subjekt eines Satzes ist, doch das Wichtigste, das uns seine Fäuste lehrten, war zu schweigen, unsere Hoffnungen und Träume für uns zu behalten, unsere schrecklichen Geheimnisse niemals jemandem anzuvertrauen." (S. 29)

Um die Augenbrauen, durch die sich verheiratete von "unschuldigen", ledigen Frauen unterscheiden: nur erstere haben das Privileg, sie sich zupfen zu dürfen. Um die Schultern, die so viel tragen müssen: harte Arbeit, aber auch das Fremd-Sein, beschimpft und mit dem Leben bedroht werden als sichtbar nicht-russisch aussehende Menschen in Russland: "... ich weiß nur noch, wie meine Schultern von dem schweren Rucksack wehtaten, wie er gegen meinen unteren Rücken knallte, wie ich nach Luft rang, was für eine Angst ich hatte. Damals spürte ich die Todesnähe zum ersten Mal mit meiner Haut, eine echte animalische Gefahr, damals verstand ich, dass fremd sein heißt, gehasst zu werden, ein Gefäß für Jähzorn zu sein." (S. 52)

Das Buch folgt keinem strikten Spannungsbogen, stattdessen nähert es sich in einzelnen Erzählepisoden, die eben jeweils von einem Körperteil inspiriert sind, drei großen Themen an: dem Verhältnis zwischen Männern und Frauen in der aserbaidschanischen Familie der Autorin, der damit einhergehenden Unterdrückung der Frauen und dem engen Korsett an gesellschaftlicher Kontrolle und Verhaltensregeln, um die Ehre zu bewahren. Dem Aserbaidschanisch-Sein und als fremd wahrgenommen werden, während man in Russland lebt und sich bemüht, sich sprachlich und kulturell an die russische Gesellschaft anzupassen und gleichzeitig die eigenen kulturellen Wurzeln zu bewahren. Und einer degenerativen Muskelerkrankung, die dazu führt, dass die Ich-Erzählerin immer mehr die Kontrolle über ihren eigenen Körper verliert... aber gleichzeitig auf einer anderen Ebene an Freiheit dazu gewinnt, weil von ihr dadurch weniger erwartet wird, zu heiraten und Kinder zu kriegen.

Es ist ein interessant und gut geschriebenes Buch über eine fremde Kultur, die vielen Leserinnen und Lesern im deutschsprachigen Raum nur wenig bekannt sein dürfte. Ich habe beim Lesen viele wertvolle Einblicke gewonnen, ein bisschen haben mir allerdings ein roter Faden und eine noch tiefergreifende Figurencharakterisierung und -entwicklung abseits der ganz persönlichen Eindrücke gefehlt.

Bewertung vom 07.10.2025
Bähr, Julia

Hustle


ausgezeichnet

Witzig-intelligente Unterhaltung mit Tiefgang und Niveau:

"Hustle" von Julia Bähr vereint für mich das Beste aus mehreren Welten: es ist ein unglaublich spritzig, witzig, humorvoll geschriebenes Buch, das sich leicht, schnell und angenehm liest und tolle Unterhaltung für entspannte Leseabende bietet. Gleichzeitig hat es aber auch Tiefgang, die Charaktere sind interessant und mehrdimensional gezeichnet und weisen eine Entwicklung auf.

Im Zentrum steht Leonie, eine junge Frau Anfang 30, studierte Biologin mit Schwerpunkt auf Pflanzen, die sich von ihrem Chef, der ihre Forschungsergebnisse als seine ausgeben wollte, ungerecht behandelt fühlt und die überhaupt Spaß daran hat, durch gezielte Racheaktionen für ausgleichende Gerechtigkeit zu sorgen. Als sie nach ihrer Kündigung das Büro verwüstet, sorgt ihr Chef dafür, dass sie in ihrer Region in ihrer Branche keinen Job mehr findet, also bleibt nur der Umzug in eine andere Region Deutschlands: ausgerechnet ins teure München, wo ihr ein mittelmäßig bezahlter und sterbenslangweiliger Job in einem Museum angeboten wird, in dem sie Insekten kategorisieren und katalogisieren soll.

Lange dauert es nicht, bis Leonie realisiert, dass sie sich von ihrem Gehalt nie eine vernünftige Wohnung in München leisten wird können. Da lernt sie andere junge Frauen kennen, die ebenfalls mit unkonventionellen bis illegalen Methoden versuchen, ihren Lebensstandard aufzubessern, und jede nützt dabei ihre Gelegenheiten und Talente: Leonie ihre Neigung zur Planung von Racheaktionen und ihre Erfahrung auf diesem Gebiet, die sie nun auch anderen Menschen als Dienstleistung anbietet. Zahlungswillige Kunden und Kundinnen dafür findet sie in einem Forum für von Liebeskummer Betroffene mehr als genug.

Gut gefallen hat mir der spritzige Humor, der das Buch trägt, aber ebenso die Freundschaften, die für mich eines der zentralen Themen des Buches darstellen: sowohl die vier jungen Frauen sind einander loyale und treue Freundinnen, als auch sonst gibt es etwa einen besten Freund aus der alten Heimat in Leonies Leben, den sie schon lange kennt und der sie beständig, aber auch mit ehrlicher Kritik auf ihrem Weg begleitet.

Gleichzeitig kommt viel beißend-ironische Gesellschaftskritik an dem Wohnungsmangel und den überhöhten Wohnungspreisen in München, aber auch am oberflächlichen Lifestyle der Menschen aus der Oberschicht durch und es wird spürbar und nachvollziehbar, wie sehr alle, die nicht so privilegiert aufgewachsen sind, damit zu kämpfen haben, hier ein einigermaßen angenehmes Leben führen oder gar eine Familie gründen zu können.

Damit ist es insgesamt eben nicht nur ein bestens unterhaltendes Werk, sondern regt auch auf vielen Ebenen zum Nachdenken an und ist insgesamt ein Buch, das ich einer breiten Leserinnenschaft empfehlen kann, sowohl Fans von witziger Unterhaltungslektüre als auch von solchen, die, wie ich, Tiefgang und Anregungen zum Nachdenken zu schätzen wissen.

Bewertung vom 06.10.2025
Nussbaum, Cordula

Die 1-Minuten-Strategie gegen mentale Erschöpfung


ausgezeichnet

"Die 1-Minuten-Strategie gegen mentale Erschöpfung" von Cordula Nussbaum ist das perfekte Buch für gestresste Menschen, die sich mit Entspannung beschäftigen wollen, aber meinen, dafür keine längeren Zeitspannen am Stück aufbringen zu können. In ganz kurze kleine Häppchen unterteilt und mit vielen praktischen Tipps zum schnellen Ausprobieren und Integrieren ins Leben serviert dieses Buch viele verschiedene Anregungen, um die eigenen Alltagsgewohnheiten zu hinterfragen und kleine Verbesserungen vorzunehmen, um weniger gestresst zu sein.

Fast nebenbei gibt es dazu auch noch einiges an interessantem Hintergrundwissen über Themen wie die neuronale Wirkung von Pausen, das Zusammenspiel der verschiedenen Neurotransmitter im Gehirn oder den Monkey Mind und warum er Meditation so schwierig macht, aber besonders davon profitieren könnte.

Es ist ein leichtes, luftiges, angenehm und schnell zu lesendes Buch, aus dem man doch viel mitnehmen kann und das es schafft, das wichtigste Wissen zum Thema auf den Punkt zu bringen und effizient und verständlich zu vermitteln. Wie fast alle Bücher aus dem GU-Verlag ist auch dieses optisch sehr schön, ansprechend und übersichtlich gestaltet: mit Informationskästchen, inspirierenden Zitaten, lustigen Mini-Cartoons und Selbsttests.

Damit eignet es sich auch gut als Geschenk für vielbeschäftigte Menschen und kann insgesamt einer breiten Zielgruppe, die sich mehr Entspannung und Ruhe im Alltag wünscht, empfohlen werden. Nur wer sich schon sehr viel mit den entsprechenden Themen beschäftigt hat, für den sind eher ausführlichere Bücher dazu empfehlenswert, dieses ist klar ein Einsteigerwerk.