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Christina19

Bewertungen

Insgesamt 94 Bewertungen
Bewertung vom 01.10.2025
Gidali, Orit

BRAVO!


ausgezeichnet

Jeder verdient Wertschätzung und Anerkennung

Inhalt:
Mit seiner Mutter besucht der noch junge, namenlose Erzähler das Theater. Er mag Theatervorstellungen nicht und hätte den Tag viel lieber mit seinem Vater verbracht. Entsprechend betrübt sitzt er in den Reihen, als die Schauspieler die Bühne betreten. Plötzlich beginnen sie zu applaudieren. Das Scheinwerferlicht fällt auf eine Zuschauerin, dann auf die nächste, ein paar weitere und schließlich auf seine Mutter, denn: Haben nicht alle Menschen ein „Bravo!“ verdient?

Meine Meinung:
Mit einer rührenden Idee hat Orit Gidali zusammen mit Keren Katz dieses Bilderbuch verwirklicht. In Bild und Text zeichnen sie die Geschichte einer Mutter und ihres Sohnes, die von einem außergewöhnlichen Theaterbesuch überrascht werden. Während üblicherweise die Darsteller am Ende eines Stücks Applaus erhalten, sind es an diesem Tag die Zuschauer, denen einer nach dem anderen applaudiert wird. Im Lichtstrahl lächeln die Besucher zaghaft, einige verbeugen sich, andere vollführen einen kleinen Tanz. Auch die Mutter des Erzählers, die zuvor noch müde und erschöpft wirkte, hat augenblicklich ein Strahlen im Gesicht. Ihr Sohn, der sie nur lustlos ins Theater begleitete, bemerkt die Veränderung sofort. Was für seine Mutter und die übrigen Zuschauer im Buch zutrifft, gilt auch für uns Menschen: Wertschätzung stärkt das Selbstwertgefühl einer Person und sorgt für ein positives Wohlbefinden, vielleicht sogar ein wenig Stolz. Die Botschaft des Buches ist klar – und so wichtig: Jeder Mensch verdient Anerkennung, jedem gebührt ein „Bravo!“.
Ein unbedingt zu erwähnendes Detail sind die Figuren in der Geschichte, die auf echte Menschen zurückgehen. Orit Gidali beschreibt auf den letzten Seiten, wie sie bei eigenen Theaterbesuchen Personen aus dem Publikum angesprochen hat und sie bat, etwas über sich zu erzählen. Was sie zu berichten hatten, kann man in wenigen Sätzen nachlesen. Die zugehörigen Fotos zeigen, dass sich auch Keren Katz bei ihren Illustrationen an den realen Vorbildern orientiert hat. In ihrem unverwechselbaren Zeichenstil und mit ausgewählten Farben hat sie die Menschen wiedererkennbar zu Papier gebracht sowie der Geschichte originelle Kulissen gegeben.
Mit seinen Seiten aus starkem Papier ist das Buch hochwertig gestaltet und damit ein schönes Geschenk für einen Menschen, der ein „Bravo!“ verdient.

Bewertung vom 26.09.2025
Henssler, Steffen

Hensslers Schnelle Nummer - morgens, mittags, abends


gut

Strukturiert und übersichtlich, aber nicht immer vollwertige Mahlzeiten

Inhalt:
In seinem neuen Kochbuch liefert Steffen Henssler über 100 schnelle Rezepte für alle Tageszeiten. Egal ob süße oder deftige Speisen zum Frühstück, leichte Mahlzeiten zum Mittag oder etwas aufwendigere Gerichte zum Abendessen – für beinah jeden Anlass ist etwas dabei.

Meine Meinung:
„Hensslers Schnelle Nummer“ verspricht Gerichte, die schnell und einfach zuzubereiten sind. Geordnet nach den drei großen Mahlzeiten am Tag (morgens, mittags, abends) findet man über 100 Rezepte unterschiedlichster Art, von Overnight Oats mit Espresso und Eggs Royal mit Räucherlachs über Rote-Bete-Brotsalat und One-Pot-Pasta bis hin zu gefüllter Dorade und Spinatspätzle. Dabei ist jede Doppelseite identisch aufgebaut: Links findet man die jeweilige Zubereitungszeit sowie die Personenanzahl, für die die Mengenangaben ausgelegt sind. Vegetarische Gerichte sind zusätzlich mit einem kleinen Symbol gekennzeichnet. Mir gefällt diese übersichtliche Darstellungsweise, da man das Wichtigste auf den ersten Blick erkennen kann. Darunter befindet sich die Zutatenliste, die bei einigen Rezepten sehr kurz ausfällt, bei anderen dagegen etwas länger ist. Die Zubereitung selbst ist knapp und dennoch leicht verständlich beschrieben. In manchen Fällen gibt es außerdem einen Tipp dazu, aus dem man Steffen Henssler förmlich heraushört. Auf der rechten Seite sind alle Gerichte auf großformatigen Fotos zu sehen, die in jedem Fall Appetit machen.
Die Rezepte sind bis auf wenige Ausnahmen tatsächlich oft in unter 30 Minuten zuzubereiten. Obacht muss man lediglich bei längerer Ruhe- oder Gefrierzeit geben. Das Versprechen eines schnellen Essens wird damit größtenteils eingehalten. Manchmal geht das meines Erachtens jedoch auf die Komplexität eines Gerichts. Gekochte Eier oder Rührei sind beispielsweise so einfach, dass ich dafür keine Anleitung gebraucht hätte und sie für mich auch nicht als vollwertige Mahlzeit zählen. Auch den Spitzkohl oder den Blumenkohl würde ich wohl kaum ohne Kartoffeln oder eine andere Beilage essen. Hier gilt es also zu ergänzen oder untereinander zu kombinieren. Insgesamt enthält das Kochbuch dennoch das eine oder andere Rezept, das wirklich lecker klingt und das ich künftig mit einigen Anpassungen in meinen Alltag integrieren werde.

Bewertung vom 26.09.2025
Gentile, Domenico

Il mondo della Pasta


sehr gut

Eine Reise nach Italien

„Il mondo della Pasta“ ist eine Einladung in die Welt der Pasta. Domenico Gentile entführt Hobbyköche und -köchinnen nach Italien, wo er Menschen besucht hat, die täglich mit Pasta und Saucen zu tun haben. Auf über 200 Seiten teilt er sein Wissen. Er gibt Tipps zum Formen einfacher und gefüllter Nudeln und zeigt mit zahlreichen Rezepten, wie man die italienische Pastaliebe auf den eigenen Tisch bringen kann.

Domenico Gentiles Leidenschaft für die italienische Küche ist in „Il mondo della Pasta“ deutlich zu spüren. Auf den ersten Seiten trägt der Autor Wissenswertes über Pasta zusammen. Er erklärt unter anderem die Geschichte der Nudeln, gibt einen Überblick über die zahlreichen Sorten und beschreibt regionale Unterschiede. Sehr informativ! Anschließend zeigt er, wie Pasta fresca, also frische Nudeln, und Pasta ripiena, gefüllte Nudeln, hergestellt werden. Hier teilt er drei Grundrezepte sowie vier Varianten für farbigen Teig. Ich nehme an, dass es sich dabei um die traditionelle italienische Zubereitungsweise handelt, hätte mir aber ergänzend eine Alternative aus glutenfreiem Mehl gewünscht. Auf den folgenden Seiten sieht man dann, wie Tagliatelle, Farfalle, Orecchiette und viele weitere Pastasorten geformt werden. Die Arbeitsschritte sind dabei knapp erklärt und überwiegend gut bebildert, sodass das Nacharbeiten leicht gelingt.
Anschließend folgt eine umfangreiche Rezeptsammlung, die sinnvoll untergliedert ist in Pasta in Brodo (Brühen und Suppen), Pasta asciutta (Gerichte mit Gemüse, Fleisch und Fisch), Pasta al Forno (Gerichte aus dem Backofen), Gnocchi und Pasta dolce (süße Pastaspeisen). Hier bleiben tatsächlich keine Wünsche offen! Unter den Rezepten sind alle mir bekannten italienischen Klassiker wie Ragù alla Bolognese, Fettuccine Alfredo und Lasagne al Ragù Bolognese zu finden. Jedes Rezept ist mit einem großformatigen Foto versehen, das Lust macht, das eine oder andere nachzukochen. Angaben zu den benötigten Zutaten, der Personenanzahl sowie der Zubereitungs- und Kochzeit findet man übersichtlich am Rand jeder Seite. Besonders gut gefällt mir, dass hier auch darauf hingewiesen wird, aus welcher Region Italiens das jeweilige Gericht stammt. Zur schnelleren Orientierung hätte man ggf. noch Symbole ergänzen können, die auf den ersten Blick zeigen, ob ein Rezept Fleisch oder Fisch enthält oder ob es vegetarisch bzw. vegan ist. Die Zubereitung der Gerichte ist leicht verständlich beschrieben. Mittlerweile habe ich schon Einiges nachgekocht. Vieles ist gut gelungen und hat allen geschmeckt, manches werde ich hinsichtlich einzelner Zutaten oder ihrer Mengenangaben künftig aber ein wenig anpassen.
Eine Besonderheit, die dieses Buch von anderen Kochbüchern unterscheidet, sind die vielen Fotos italienischer Städte, traditioneller Pasta-Manufakturen oder von Köchen und ihren Kreationen, die ebenso über das gesamte Buch verteilt sind wie kleine Sprachführer. Damit ist Domenico Gentiles Kochbuch mehr als eine reine Rezeptsammlung. „Il mondo della Pasta“ gleicht einer Reise in das Land zwischen Alpen und Mittelmeer, denn es vereint kulinarische Traditionen mit den Reiseeindrücken des Autors. Das macht das Buch wirklich authentisch. Trotz kleiner Verbesserungsmöglichkeiten ist Jeder, der Pasta mag und Italien liebt, mit diesem Kochbuch gut beraten!

Bewertung vom 19.09.2025
Ottenschläger, Madlen

OTTO fährt los - Weihnachten in Finnland


sehr gut

Ein Otto-Abenteuer mit Weihnachtsfeeling, aber einigen Abstrichen

Zum ersten Mal fährt Otto, der Campingbus, mit einer Familie in der Weihnachtszeit auf Reisen. Mit Rike, Jakob und deren Sohn Anton verschlägt es ihn nach Finnland, wo sie unter anderem den ältesten Weihnachtsmarkt Helsinkis besuchen, in der Sauna schwitzen und die Nordlichter sehen. Ein Abstecher in das Dorf des Weihnachtsmannes, auf Finnisch Joulupukki, darf natürlich nicht fehlen, ehe die Familie gemeinsam den Heiligabend verbringt.

Das nunmehr vierte Buch der Reihe „Otto fährt los“ kommt in dem altbekannten Stil daher – und ist doch ganz anders. Einmal mehr verreist der sprechende Campingbus mit einer Familie in ein fremdes Land, doch ist er erstmals nicht im Sommer, sondern im verschneiten Winter unterwegs. Madlen Ottenschläger und Stefanie Reich bringen Kindern dieses Mal die Besonderheiten Finnlands in der Weihnachtszeit näher. In Text und Bild lernen die kleinen Leser*innen und Zuhörer*innen Einiges über die finnische Kultur, über Traditionen und Sehenswürdigkeiten. Die Geschichte fällt ein wenig kürzer aus als die bisherigen Abenteuer, ist mit ihrer einfachen Sprache aber gewohnt altersgerecht gestaltet. Alle Illustrationen sind großformatig sowie farbenfroh und laden zum Entdecken ein.
Die Route, die die Familie auf ihrer Reise mit Otto nimmt, lässt sich in dieser Ausgabe leider nicht mehr so einfach verfolgen: In den ersten Bänden war stets eine große Landkarte auf dem Vorsatzpapier zu finden, mit deren Hilfe man den Weg sehen und auch Sehenswürdigkeiten des jeweiligen Landes verorten konnte. Nun gibt es lediglich am Ende des Buches eine kleinere, stark vereinfachte und vor allem unbeschriftete Karte. Dort findet man zudem die Packliste der Familie in Form eines Notizzettels, womit wir beim zweiten Detail sind, das ich vermisse. In den bisherigen Geschichten wurde der Camper Otto zu Beginn abgeholt, ehe die jeweilige Familie vorgestellt und ihr Gepäck in Form einer großen Zeichnung dargestellt wurde. Der Finnland-Band startet stattdessen auf der Fähre. Hier wird die Familie gezeigt, bevor sie schon auf der nächsten Seite ihr erstes Ausflugsziel erreicht. Man stolpert, wie ich finde, also recht abrupt in das Reiseabenteuer. Tatsächlich mochte ich den langsameren, sanften Einstieg in die Geschichte etwas lieber.
Trotz kleiner Kritiken kommen Otto-Fans aber auch mit dem vierten Band wieder voll auf ihre Kosten und vor allem in besinnliche Weihnachtsstimmung.

Bewertung vom 13.09.2025
Bauer, Christina

Einfach backen mit Sauerteig


ausgezeichnet

Gut durchdachtes Backbuch mit vielfältigen Rezepten

Inhalt:
Sauerteig verbessert das Aroma von Backwaren, sorgt für eine längere Haltbarkeit, gilt als gut verdaulich und lässt den Blutzuckerspiegel langsamer steigen. Grund genug für Christina Bauer, sich in ihrem neuen Buch dem Backen mit Sauerteig zu widmen. Angefangen bei den Basics gibt sie einen Überblick über Mehltypen, beschreibt Schritt für Schritt, wie man einen Sauerteig ansetzt, und erklärt die Grundlagen des Brotbackens. Anschließend zeigt sie in 60 Rezepten die vielfältigen Einsatzmöglichkeiten eines Sauerteigs: Von Brot und Brötchen über Pikantes bis hin zu süßem Gebäck bleiben keine Wünsche offen.

Meine Meinung:
Gleich vorab: Ich bin total begeistert von diesem Backbuch! Sowohl für Anfänger wie mich als auch für Fortgeschrittene hat Christina Bauer Wissenswertes sowie eine Menge Rezepte zusammengetragen, sodass das Buch für alle, die sich für das Backen mit Sauerteig interessieren, einen großen Mehrwert bietet. Im ersten Teil liefert sie interessante Hintergrundinformationen und notwendige Grundlagen. Hier erfährt man nicht nur, wie man Sauerteig ansetzt und haltbar macht, sondern beispielsweise auch, was es mit Autolyseteig und dem Mehlkochstück auf sich hat. Im zweiten Teil des Buches findet man anschließend unglaublich vielseitige Rezepte, sodass für jeden Geschmack etwas dabei ist: Misch- und Kartoffelbrot, Bierbrot und Dinkelvollkorntoastbrot, Baguette, Ciabatta, Dinkel-Bagels, Pizzastangen, Speckwurzeln, Brioche, Zimtknoten und Himbeerbuchteln sind nur einige der Rezepte.
Das gesamte Buch ist klar strukturiert, sodass man sich problemlos darin zurechtfindet. Auf den Rezeptseiten sind die Zutaten, die Zubereitung, die Zubereitungszeit sowie die Backzeit und -temperatur übersichtlich dargestellt. Die Erklärungen sind leicht verständlich und, wenn nötig, schrittweise bebildert. Außerdem sind alle Backwaren appetitlich in Szene gesetzt, wodurch ein Rezept verlockender ist als das andere. Insgesamt wirkt dieses Backbuch für mich von der ersten bis zur letzten Seite wirklich gut durchdacht.
Nachdem ich das Buch vor einiger Zeit erhalten habe, habe ich einen Sauerteig aus Roggenmehl angesetzt. Als Anfänger musste ich mich hierbei ein wenig ausprobieren, habe letzten Endes aber einen Ansatz erhalten, der nach knapp einer Woche einsatzbereit war. Mein erstes Brot, das Buttertoastbrot, ist nicht so stark aufgegangen wie es sollte, das war mit einem jungen Sauerteig aber zu erwarten. Den Tipp, anfangs noch etwas Hefe zuzugeben, sollte man also beherzigen. Als nächstes werde ich mich an ein einfaches Roggenbrot heranwagen, ehe ich mit mehr Triebkraft meines Sauerteigs in ein paar Wochen auch das eine oder andere süße Rezept nachbacken möchte.
„Einfach backen mit Sauerteig“ ist mein erstes Buch von Christina Bauer, die ich bis dato noch nicht kannte. Nachdem es mich so überzeugt hat, bleibt es bestimmt nicht das einzige in meinem Regal!

Bewertung vom 10.09.2025
Merveille, Christian

Der Klang der Freiheit


ausgezeichnet

Gegen Unterdrückung, für Freiheit - zeitlos und gleichzeitig aktueller denn je

Inhalt:
Anlässlich eines Festzugs kommt der König in die Stadt. Für die Bewohner könnte das ein schöner Tag werden. Doch ihr König ist ein Tyrann. Wenn er sie besucht, müssen sie sich vor ihm niederwerfen. Ein einzelner Mann wagt es jedoch, aufrecht stehen zu bleiben. Er möchte dem Gesang eines Vogels lauschen…

Meine Meinung:
„Der Klang der Freiheit“ ist ein Bilderbuch, das berührt und sehr nachdenklich stimmt. Es erzählt die Geschichte von einem König, der Angst und Schrecken verbreitet. Er unterdrückt sein Volk und bestraft ungehorsames Verhalten. Dennoch lässt sich ein Mann nicht einschüchtern und leistet Widerstand. Sein Mut bringt ihn ins Gefängnis, wo er Entsetzliches erleiden muss. Beim Lesen habe ich sehr mit ihm mitgefühlt – so sehr, wie es bisher noch kein Bilderbuch geschafft hat. Trotz allem, was dem Mann widerfährt, verliert er nie seine Hoffnung, sodass es die Obrigkeiten nicht schaffen, ihn zu brechen.
Die Erzählweise der Geschichte ähnelt der klassischer Märchen – mit dem Unterschied, dass letztere mit ihren fantastischen Elementen rein fiktiv sind, während der König in diesem Buch doch stark an den einen oder anderen Machthaber der Gegenwart erinnert. Und genau das ist es, was dieses besondere Bilderbuch ausmacht: Mit seinem Bezug zur Realität ist es ebenso zeitlos wie hochaktuell.
Die Illustrationen hat Valeria Docampo beigesteuert, die Vielen mit ihrem einzigartigen Stil aus „Die große Wörterfabrik“ und „Im Garten der Pusteblumen“ bekannt sein dürfte. Mit reduzierter Farbpalette schafft sie unglaublich ausdrucksstarke Bilder, die die Botschaft der Geschichte nicht besser transportieren könnten.
„Der Klang der Freiheit“ zeigt, dass man mutig sein sollte, sich gegen soziale Ungerechtigkeit aufzulehnen. Dass man seine Hoffnung nie aufgeben darf. Und dass man mit einem unbändigen Willen viel erreichen kann. Dieses Buch ist ein Plädoyer für ein freiheitliches Miteinander und damit nicht nur für Kinder, sondern unbedingt auch für Erwachsene zu empfehlen. Auf jeden Fall eines meiner Bilderbuchhighlights!

Bewertung vom 08.09.2025
Bohlmann, Sabine

Was wäre, wenn ...


sehr gut

Wie die Welt sein könnte – ein poetisches Bilderbuch für Erwachsene

Was wäre, wenn alle freundlich zueinander wären? Wenn die Menschen einander anlächeln würden?
Mit wenigen Fragen zeichnet Sabine Bohlmann eine Welt, wie sie sein könnte, wenn jeder Mensch das Potential erkennen könnte, das in ihm ruht. Stella Dreis steuert die Illustrationen zu diesem poetischen Geschenkbuch für Erwachsene bei.

Wenn sich eine Bestsellerautorin und eine preisgekrönte Illustratorin zusammentun, sind die Erwartungen hoch. Und Sabine Bohlmann und Stella Dreis enttäuschen nicht. Mit „Was wäre, wenn …“ haben die beiden ein Buch gestaltet, dass mit wenigen Worten und zarten Bildern zum Nachdenken anregt. Sie zeigen, dass es kein Geld benötigt, um einen Unterschied machen: kleine Gesten gegenüber den Mitmenschen, Dankbarkeit für vermeintlich Alltägliches, Wertschätzung für das, was wir haben. Mit ihren Ideen stößt Sabine Bohlmann Träume von einer besseren Welt an, einer Welt des Miteinanders, ohne Ängste und Sorgen, eine Welt in Frieden. Sie motiviert ihre Leser:innen dazu, all die Möglichkeiten zu erkennen, ihr Glück selbst in die Hand zu nehmen. Und sie lässt uns mit diesem Buch mit dem Gefühl voller Hoffnung zurück.

Bewertung vom 03.09.2025
Keßler, Verena

Gym


ausgezeichnet

Geschickt konstruierte, unerwartete Entwicklungen

Auf der Suche nach einem neuen Job stellt sie sich in einem Fitnessstudio vor. Das Gespräch läuft gut, bis Ferhat, der Inhaber des Gyms, sie auf ihre Vorbildfunktion für die Kunden hinweist. Sie hätte vor Kurzem erst entbunden, meint die namenlose Erzählerin mit Blick auf ihre überschüssigen Pfunde und bekommt mit dieser Notlüge den Job. Doch nun muss sie sich nicht nur den Fragen der Kollegen nach ihrem vermeintlichen Nachwuchs stellen, sondern bekommt von ihrem Chef auch einen Trainingsplan verpasst, um ihren Körper in Form zu bringen. …

Mit einem lockeren, leichten Schreibstil weiß Verena Kessler mich mit ihrem Roman „Gym“ von Beginn an zu fesseln. Die Protagonistin der Geschichte, die ohne Namen bleibt, erzählt von ihrem Arbeitsbeginn in einem Fitnessstudio. Durch die Ich-Perspektive erhält man hin und wieder Einblick in die Gedanken der Figur, die oft sarkastisch, fast schon zynisch sind und mich als Leserin großartig amüsiert haben. In Rückblenden lernt man die Erzählerin besser kennen, erfährt von früheren beruflichen und einigen familiären Gegebenheiten. Dadurch versteht man allmählich auch, was die Figur zu ihrer Bewerbung im Fitnessstudio geführt hat.
Was unterhaltsam beginnt, bekommt zunehmend mehr Spannung und Dramatik: Der Trainingsplan, den ihr ihr Vorgesetzter Ferhat geschrieben hat, dient hier als Ausgangspunkt. Die Hauptfigur fängt an sich zu verändern, physisch wie auch psychisch. Angestachelt durch einen Konkurrenzkampf, in den sie sich selbst begeben hat, arbeitet sie immer verbissener an ihrem Körper. Ihre Entwicklung war für mich nicht nur überraschend, sondern zugleich verstörend. Aus der (trotz ihrer Notlüge) anfangs sympathischen Frau wurde eine Figur, die man wohl als wahnhaft und furchteinflößend beschreiben kann. Obwohl ich die Erzählerin zuletzt nicht mehr mochte, fand ich die Art und Weise, wie Verena Kessler deren Wandlung konstruiert hat, doch sehr gelungen. Vor allem die Rückblenden helfen zu verstehen, weshalb sie zu der Person geworden ist, die sie ist. Hier geht um mehr als nur Fitness, es geht um Konkurrenzdenken, Ehrgeiz und Anerkennung, um tiefe innere Kränkungen und Selbstzerstörung. An keiner Stelle des Romans habe ich ahnen können, wo all das am Ende hinführen wird, sodass mich der Schluss wirklich überrascht hat.
Wer herausfinden möchte, welchen Einfluss der sportliche Ehrgeiz der Erzählerin auf ihren Job im Fitnessstudio hat und ob ihr Chef am Ende erfährt, dass ihre angebliche Entbindung nur eine Notlüge war, sollte „Gym“ lesen.

Bewertung vom 18.08.2025
Erdmann, Kaleb

Die Ausweichschule


ausgezeichnet

Ein Ereignis, das kaum in Worte zu fassen ist, gut aufgearbeitet

Kaleb Erdmann ist 11 Jahre alt, als am 26. April 2002 die ersten Schüsse fallen. Er besucht die 5. Klasse des Erfurter Gutenberg-Gymnasiums, an dem an diesem Tag 16 Menschen das Leben verlieren, ehe der Amokläufer die Waffe gegen sich selbst richtet.
Mehr als 20 Jahre später sorgt eine zufällige Begegnung dafür, dass die erschreckende Tat in Erdmanns Leben zurückkehrt. Er beginnt sich zu erinnern, an sein Leben in Erfurt, die Stunden am Tattag und die Zeit nach dem Amoklauf. Er stellt den Wahrheitsgehalt seiner Erinnerungen in Frage, recherchiert Zusammenhänge und überlegt, wie man über etwas schreiben kann, das kaum in Worte zu fassen ist.

Kaleb Erdmann erlebte als Schüler den Amoklauf am Gutenberg-Gymnasium in Erfurt. In „Die Ausweichschule“ berichtet er über die damaligen Geschehnisse sowie seine persönlichen Erlebnisse und Erinnerungen. Die Art, wie er all das niedergeschrieben hat, empfinde ich als mehr als gelungen. Er schafft es, diese erschütternde Tat weder sensationslustig noch aufmerksamkeitsheischend zu verpacken, sondern nähert sich dem Geschehenen behutsam. Erdmann beschreibt dabei den Prozess, wie er sich als Autor an das Thema herangewagt hat. Er hinterfragt, ob man nach so langer Zeit alte Wunden aufreißen sollte, ob er der Richtige ist, darüber zu schreiben und erzählt schließlich von einem Treffen mit einem Dramatiker. In regelmäßigen Rückblicken schildert er unter anderem Telefonate, die er vorab mit dem Dramatiker geführt hat und in denen beide ihr Wissen und ihre Ansichten miteinander teilten. Diese Zeit- und Szenenwechsel bringen Abwechslung sowie Spannung in den Roman. Gleichzeitig sorgt der Aufbau dafür, dass Erdmanns Ausführungen zum Anschlag in kleinere Abschnitte geteilt werden, was die Geschehnisse zwar nicht weniger entsetzlich macht, sich beim Lesen aber besser aushalten lässt – andernfalls hätte ich wohl häufiger Lesepausen gebraucht.
Während sich große Teile des Buches dem Schreibprozess des Autors und dem Amoklauf widmen, lenkt Kaleb Erdmann die Aufmerksamkeit auch auf die Folgen für die Überlebenden. Das breite Medieninteresse und damit die Berichterstattung sind schon wenige Wochen nach dem Anschlag abgeebbt, Betroffene kämpfen dagegen teils noch heute mit dem erlittenen Trauma. Doch wie kann man solche Ereignisse verarbeiten und kann man jemals damit fertig werden?
Ich bin sehr angetan von der Art und Weise, wie Erdmann den Erfurter Amoklauf aufarbeitet. Angesichts der Tatsache, dass es sich um reale Ereignisse und keine fiktive Geschichte handelt, fühlt es sich dennoch falsch an, in überschwängliche Lobeshymnen zu verfallen. Daher nur kurz und knapp: Unbedingte Leseempfehlung für „Die Ausweichschule“!

Bewertung vom 11.08.2025
Kuhn, Yuko

Onigiri


sehr gut

Unerwartet schwerwiegend und ergreifend

Als junge Frau kam Akis Mutter nach Deutschland. Sie heiratete, bekam zwei Kinder, ließ sich scheiden. Als sie im Alter an Demenz erkrankt, beschließt ihre Tochter, mit ihr noch einmal in ihre alte Heimat zu reisen. Zwischen Erinnern und Vergessen, Freude und Trauer – während Keiko ein letztes Mal von Japan Abschied nimmt, reflektiert ihre Tochter Aki, weshalb sich auf ihre einst so lebensfrohe Mutter in Deutschland diese bedrohliche Müdigkeit legte.

„Onigiri“ erzählt die Geschichte einer Familie zwischen zwei Kulturen. Sie ist aus der Perspektive von Aki geschrieben, die als Tochter einer japanischen Mutter und eines deutschen Vaters aufwuchs. Ihre Eltern trennten sich früh, wodurch Aki viel Zeit bei der fortan alleinerziehenden Keiko sowie ihren deutschen Großeltern Gesine und Ludwig verbrachte. Nun, selbst Mutter, blickt sie zurück auf die beiden Seiten ihrer Familie, zwischen denen Welten liegen. Aki schildert Szenen aus ihrer Kindheit, aus der Beziehung ihrer Eltern sowie aus dem Leben ihrer Mutter Keiko. Die zahlreichen Rückblenden verleihen dem Roman eine aus meiner Sicht beinah melancholische Stimmung. Vor allem helfen sie dabei, das Leben von Keiko zu verstehen: Neugierig auf die Welt kam sie nach Deutschland, lernte die Sprache und engagierte sich in einem Chor. Dennoch scheint sie nie richtig angekommen zu sein und Anschluss gefunden zu haben. Insbesondere von der wohlhabenden Familie ihres deutschen Mannes wurde Keiko nicht akzeptiert. Die Autorin zeigt an dieser Stelle deutlich auf, welche Schwierigkeiten der Umzug in ein fernes Land mit einer fremden Kultur mit sich bringen kann. Da ist das Gefühl, nicht willkommen zu sein, die Einsamkeit und das Heimweh, das man nie ganz überwinden kann. Zudem bindet Yuko Kuhn sehr ernste und schwerwiegende Themen wie Depressionen und Demenz ein – beides Erkrankungen, die das Leben der Betroffenen und ihres Umfeldes stark beeinflussen und im schlimmsten Fall den Abschied von einer vertrauten Person bedeuten können.
Obwohl der Roman nicht mit der Leichtigkeit daherkommt, die ich mir anfangs erhofft habe, kann ich „Onigiri“ guten Gewissens weiterempfehlen!