„Lazar“ heißt dieser bewegende Familienroman, der in einem sprachgewaltigen Panorama mehrere Generationen der adligen Familienchronik des jungen Autors beleuchtet. Die dem Untergang geweihte Welt des allmählich überlebten ungarischen Adelsgeschlechts mit all ihren Höhen und Tiefen, der Last der traumatischen Schicksale, die sich in mehreren Generationen in ähnlichen Konstellationen zu wiederholen scheinen, aber auch der unbändige Wille, seinen eigenen Weg zum Glück zu finden, werden hier meisterlich in Szene gesetzt. Die Figurenzeichnung bewegt sich zwischen Melancholie, Wahnsinn, verstörenden Gefühlen und bizarren Traumwelten. Es werden sympathische, oft leidende, Figuren, die sich aber nicht unterkriegen lassen wollen, geschildert, denen man wünscht, dass sie es schaffen, durch die Wirren des 20. Jahrhunderts ein Leben in Freiheit zu finden.
„1000 und ich“ heißt dieses dystopische Jugendbuch, das mich nicht begeistern konnte. Irgendwie wirkt die Handlung sehr blutleer, was natürlich auch am Plot der dystopischen Welt liegt. 8 fühlt anders als alle weiteren Nummern um sie herum. 8 spürt, dass sie Individualität hat. Dann trifft sie auf 1000. Es bleibt unklar, ob dies alles nur Einbildung ist. Die Stimme Evi, die alle Wesen in Surdus stets unter Kontrolle zu halten sich bemüht und auch die Seher und ihr Verhalten bleiben recht abstrakt. Zwischendurch kann man der Handlung schwer folgen, und das Ende bleibt auch etwas unmotiviert und unverständlich. Ich vermute, dass sich Jugendliche mit der Lektüre auch eher schwer tun werden, da eine Identifikation mit den wenigen Protagonisten kaum möglich ist. Ich hätte mir eindeutig mehr von diesem Buch versprochen.
Ishiguros Jugendroman „Klara und die Sonne“ hat eine vergleichbare Thematik, ist aber dennoch viel „beseelter“ als dieser Roman.
„Was du siehst“ heißt dieses wirklich ans Herz gehende, langsam und poetisch erzählende Buch. In einer von Kieferwäldern und der mecklenburgischen Landschaft nicht weit von der Elbe entfernten griese Gegend. Die Handlung des Romans umfasst die Jahre 1967 bis zur Jahrtausendwende bzw. bis zum Jahr 2010. Berührend ist das Buch vor allem, da uns überwiegend eine Welt präsentiert wird, die noch nicht von den sozialen Medien bestimmt wird, wodurch ein wohltuender Blick in frühere Zeiten und zugleich in die Lebenswirklichkeit der damaligen DDR mit allen damit verbundenen Aspekten des notwendigen Zusammenhalts einer dörflichen Gemeinschaft ermöglicht wird. Es geht um tiefe Liebe in unterschiedlichen Konstellationen, die alle Hindernisse überwindet und auch Jahre bzw. Jahrzehnte der Trennung mit stoischem Beharren meistert. Das Ende ist für meinen Geschmack etwas zu melodramatisch.
„Mein Name ist Emilia del Valle“ heißt dieser Roman, in dessen Zentrum die junge Emilia steht, die in armen Verhältnissen aufwächst und aus einer zerrütteten Familie stammt. Ihre Mutter Molly hat bereits ein bewegtes Leben als eine betörend schöne Nonne, die dann aber, als sie schwanger wird, das Kloster verlassen muss, aber Unterschlupf und Rückhalt findet. Emilia wächst heran und begeistert sich für das Schreiben. Sie verfasst erst Artikel unter männlichem Pseudonym, da sie als Frau keinen Platz in der von Männern dominierten Welt des 19. Jahrhunderts hat. Schließlich verschlägt es sie nach Chile, wo sie Kriegsgräuel erlebt, aber auch die Liebe zu Eric findet.
Die Handlung ist fast durchgängig sehr fesselnd, vor allem auch durch die wechselnden Perspektiven, aus denen erzählt wird. Es ist eine Geschichte, die man nicht so schnell vergisst.
„Wohin du auch gehst“ heißt dieser Roman, der sehr bedrückend und auch ergreifend ist. Der Leser taucht in eine zum Teil recht fremde afrikanische Kultur ein. Aus dem Grund ist es gut, dass es im Anhang ein Glossar gibt, jedoch bleiben einige Begriffe unklar. Auch die vielen Zeitsprünge und der ständige Wechsel der Erzählperspektiven und Erzählformen - in den Mira-Kapiteln der Er-/Sie-Erzähler und in den Bijoux-Kapiteln die Ich-Erzählerin, erschweren zu Beginn der Lektüre das Verständnis. Nach und nach entwickelt sich aber beim Lesen eine Sogwirkung, je mehr sich dem Leser die Zusammenhänge erschließen. Die Lebenswirklichkeit dieser kongolesischen Frauen, die zwischen den Erwartungen ihrer Familien und dem Wunsch nach einem selbstbestimmten Leben gefangen sind, werden sehr klar und bedrückend herausgearbeitet. Aber die starken Charaktere finden letztendlich doch einen gangbaren Weg, ihre persönlich glücklich machende Lebensform zu verfolgen, ohne die familiären Bande aufzugeben.
„Rückkehr nach St. Malo“ heißt dieser Roman, der sich der Familienchronik eines einflussreichen französischen Konstrukteurs und Erfinders widmet. Eigentlich hatte sich Yann von seinem Vater distanziert und sich zeitlebens geweigert, in das so erfolgreiche Familienunternehmen einzusteigen und dieses weiterzuführen. Nach dem Tod seines Vaters kommt er schließlich in das Haus seiner Kindheit in St. Malo und wird bei der Durchsicht des Nachlasses mit dem großen Ballast seiner Familiengeschichte konfrontiert. Nach und nach taucht Yann immer tiefer in die privaten und geschäftlichen Verstrickungen seiner Vorfahren ein, womit aber auch seine Verbundenheit und sein tiefes Interesse am Geschick seiner Familie wächst. Ihr mehr Yann über das Lieben, Leiden und die Leidenschaften seiner Vorfahren erfährt, um so mehr gelingt auch eine versöhnliche Sicht auf seinen Vater. Sehr einfühlsam gelingt es der Autorin, zwischen den Zeiten, Personen und ihren Verwicklungen hin und her zu wechseln und die Spannung zu halten.
„Mika Mysteries“ heißt dieses abenteuerliche Jugendbuch um das Waisenmädchen Mika, dem eines Nachts ein neugeborenes Kind im Waisenhaus überreicht wird. Das ist der Beginn des Abenteuers um den geheimnisvollen Nachtraben, dem der kurz darauf auftretende Mord zugeschrieben wird. Handelt es sich dabei um einen Trittbrettfahrer der ominösen Mordserie, die einige Jahre zuvor die Stadt in Schach gehalten hat?
Mika kämpft an der Seite von Inspektor Hoff um die Aufklärung des Falls, den die Kollegen Hoffs lieber unentdeckt bleiben lassen wollen. Um so gefährlicher ist es für Mika und Inspektor Hoff. Aber Mika hat ein paar Freunde zur Seite, die ihr zur Not sogar mit Sprengstoff behilflich sind. Ein Fall wird in diesem ersten Band gelöst, ein weiteres Geheimnis, nämlich das um Mikas Identität bleibt noch ungelüftet. Auch die Leiterin des Waisenhauses verhält sich merkwürdig.
„Das Geschenk des Meeres“ heißt dieser berührende Roman. Berührend auf verschiedenen Ebenen: Da ist zum einen die spannende Geschichte um Moses, das in einer stürmischen Winternacht verloren gegangene Kind der Dorfschullehrerin. Viele Jahre später wird ein fremdes Kind ebenfalls in einer stürmischen Winternacht am Strand angeschwemmt; seltsame Parallelen tun sich auf und sowohl Trauer als auch neue Hoffnung der Dorfschullehrerin finden ihren Weg.
Das Schicksal der Lehrerin berührt auch aus dem Grund, da sehr anschaulich gezeigt wird, wie schwer es ihr gemacht wird, als neu Hinzugezogene Anschluss im Dorf zu finden. Zudem werden die sozialen Strukturen in diesem beschaulichen Dorf im Jahr 1900 einfühlsam gezeichnet. Es ist geprägt von Sozialkontrolle, Klatsch und Tratsch, der Sorge darum, dass die fischenden Ehemänner und Brüder im Sturm auf hoher See ertrinken könnten und den vielen kleinen und großen Sorgen und Nöten jedes einzelnen.
Gerade diese Atmosphäre des alltäglichen schweren Lebens, die raue aber dennoch liebenswürdige Art der Menschen in dieser unwirtlichen Gegend wird meisterlich eingefangen und vermittelt.
„Die Probe“ heißt dieser Roman von Kitamura, der die Leser in die Welt der Schauspielerei entführt. Eine erfolgreiche Schauspielerin um die fünfzig wird von einem jungen Mann, Xavier, angesprochen, der behauptet, ihr Sohn zu sein. Obwohl die Protagonistin weiß, dass dies unmöglich ist, geht von Xavier eine besondere Anziehungskraft aus, die dessen Umwelt in seinen Bann zieht.
Die Ich-Erzählerin verliert zunehmend den Bezug zur Realität, gefährdet ihre Ehe mit Tomas, der vermutet, dass sie fremd gehe.
Seltsamerweise nehmen beide schließlich Xavier bei sich auf und imitieren ein Familienleben, das eigentlich nicht ihres ist. Die Handlung wird immer absurder und zum Teil kafkaesk, auch wenn die Handlung am Ende scheinbar gut ausgeht. Der Roman lässt sich als Fabel auf den Theaterbetrieb lesen, auf den Zusammenhang von Schein und Sein, auf Realität und Illusion.
„Die Bestimmung der Mondsteinkinder“ heißt dieses spannende Kinder- und Jugendbuch. Der 13-jährige Meelo, der eigentlich ein Perlentaucher ist, hat Angst vor Wasser und fühlt sich in seiner Familie deshalb fehl am Platz. Als die Königlese ansteht, ist Meelo Feuer und Flamme: Vielleicht ist er ja der künftige Kindliche König. Die Prophezeiung erfüllt er jedenfalls. Neben ihm gibt es aber auch viele andere Kinder, die sich berufen fühlen, und alle machen sich auf zur Gläsernen Stadt. Aber nach und nach begegnen Meelo und seine Gefährten dunklen Machenschaften einer Gruppe, die den Kindlichen König schlecht berät. Und er setzt sich zum Schutz der Flügelpferde ein, deren Daseinsweise bedroht ist. Schließlich findet Meelo seine eigene Bestimmung. Die Botschaft des Buches ist, dass sich Zusammenhalt und der Einsatz für die Gemeinschaft lohnt.
Benutzer