Benutzer
Top-Rezensenten Übersicht

Benutzername: 
haberlei
Wohnort: 
Wien
Über mich: 
Begeisterte Leserin von Krimis, Thrillern, Humorvollem, historischen (Frauen-)Romanen, Biografien

Bewertungen

Insgesamt 313 Bewertungen
Bewertung vom 20.05.2025
Pfotenglück und Sommerwellen / Lichterhaven Bd.8
Schier, Petra

Pfotenglück und Sommerwellen / Lichterhaven Bd.8


ausgezeichnet

Wenn sich zwei Welten finden

„Pfotenglück und Sommerwellen“ von Petra Schier ist bereits der achte Band der romantischen Liebesroman-Reihe, die im idyllischen fiktiven Örtchen Lichterhaven an der Nordsee spielt.

Kurz zum Inhalt:
Die auf dem Gebiet der Unternehmensberatung erfolgreiche Influencerin Isalie Hansen übernimmt einen für sie ungewöhnlichen Auftrag: die Beratung von Max Paulsen, der nach seiner Scheidung seinen Bauernhof umstrukturieren muss. Kein leichtes Unterfangen, weil Max den Fähigkeiten der Städterin gegenüber skeptisch ist. Doch Isalie gelingt es bald, ihn zu überzeugen und nicht nur das …

Das Cover, das rein optisch den Vorgängerbänden angeglichen ist, stimmt wieder wunderbar in die Geschichte ein, bietet Nordseeflair und man weiß sofort: ein entzückender Hund spielt eine Hauptrolle. Das Buch erschien 2025 in der Verlagsgruppe HarperCollins Deutschland, die Kapitel sind angenehm kurz. Die Handlung spielt in der nicht näher bezeichneten Gegenwart. Der Schreibstil ist flüssig und locker, mit humorvollen Szenen, schlagfertigen Dialogen und anschaulichen Stimmungsbildern vom idyllischen Leben an der Nordsee, ebenso von den rauen Wetterbedingungen und dem wunderbaren Zusammenhalt der Dorfgemeinschaft.

Auch wenn ich noch nicht alle Bände dieser Reihe kenne, fühle ich mich stets gleich ab der ersten Seite wieder wohl in Lichterhaven. Alles ist so vertraut, es ist ein Wiedersehen mit Altbekannten. Es zieht sich natürlich ein roter Faden durch die Serie, aber jeder Roman ist für sich abgeschlossen, Quereinsteiger kommen also sicher ebenfalls problemlos in die Geschichte hinein.

Wie stets in dieser Serie gibt es einen liebenswerten Hund, diesmal einen riesigen schwarzen Neufundländer mit wuscheligem Fell namens Samson, dessen Gedanken die Handlung auffrischen und zum Schmunzeln anregen. Im Zentrum der abwechslungsreich und lebendig gestalteten Handlung steht aber das Paar Max und Isalie, deren Beziehung sich langsam von anfänglicher Ablehnung und Skepsis seitens Max gegenüber Isalies Fähigkeiten und professionellem Distanzbemühen seitens Isalie letztlich zu großer Zuneigung entwickelt. Die Emotionen der Protagonisten sind nachvollziehbar, wirken authentisch. Es ist eine romantische, zarte Annäherung, dezent erotisch. Selbst als sie sich ihre Liebe gestehen, müssen sie noch eine Hürde bewältigen, nämlich dass sie in verschiedenen Welten leben – sie ist ein Stadtkind, er ein Bauer. Umgeben ist das Paar von einer Schar liebenswürdiger Menschen, ob Familie oder Dorfgemeinschaft.

Ich genieße die entspannenden Lesestunden, die ich in Lichterhaven und mit seinen liebenswerten Bewohnern verbringen darf, stets sehr. Es tut einfach gut, hin und wieder von Harmonie und heiler Welt zu träumen.

Eine unbedingte Leseempfehlung für alle, die romantische Liebesromane mögen bzw. einmal abschalten wollen von diversen Problemen, von den Hiobsbotschaften draußen in der realen Welt.

Bewertung vom 17.05.2025
Toter Winkel / Jeannette Dürer Bd.1 (eBook, ePUB)
Korber, Tessa

Toter Winkel / Jeannette Dürer Bd.1 (eBook, ePUB)


sehr gut

Jeannette Dürers erster Fall – Serienmorde in Nürnberg

„Toter Winkel“ von Tessa Korber ist der erste Band der Jeannette-Dürer-Krimi-Reihe.

Kurz zum Inhalt:
Im Nürnberger Stadion wird ein angesehener Geschäftsmann ermordet aufgefunden. Jeannette Dürer nimmt im Gegensatz zu ihren männlichen Kollegen an, dass die Tat nicht Fußballfans zuzuschreiben ist, sondern der Angehörigkeit des Opfers zu den Freimaurern. Ein zweiter Mord bekräftigt ihre Vermutung.

Mir liegt eine alte Ausgabe des Krimis vor, deren sehr düster gehaltenes Cover eines der Nürnberger Wahrzeichen, die Kaiserburg, zeigt. Das ca. 200 Seiten umfassende Büchlein fand ich beim Sortieren meiner Bibliothek. Zu diesem Zeitpunkt genau, was ich brauchte: ein dünnes, handliches Buch, das in die Handtasche passte, für unterwegs. Das Buch erschien 2000, meine Ausgabe stammt aus 2008. Vermutlich ist dieser Krimi heutzutage entweder nur noch gebraucht erhältlich oder als eBook.

Der Schreibstil ist flüssig, die Kapitel sind kurz, lediglich nummeriert, ohne Orts- oder Zeitangaben. Die Handlung spielt im Herbst des Jahres 1999 - zum Zeitpunkt, als das Friedensmahl in Nürnberg stattfand, an dem sogar Königin Silvia teilnahm. Dieses historische Ereignis ist in die Krimihandlung eingebaut, der Trubel und die Festlichkeiten sind anschaulich beschrieben, ebenso wie generell das Lokalkolorit deutlich zu spüren ist, anhand diverser Sehenswürdigkeiten der Stadt Nürnberg, die gleichsam als Tatorte für die Morde dienen.

Jeannette Dürer und ihr Kollege Martin Knauer bilden ein interessantes Team, denn sie sind auch privat befreundet, nämlich tatsächlich nur befreundet, weil die attraktive Jeannette sich so besser andere Kollegen vom Hals halten kann bzw. der schwule Martin sich nicht outen muss. Jeannette hat den höheren Dienstrang und ist Martins Vorgesetzte. Die Ermittlungen vollziehen sie teils gemeinsam, vielfach auch getrennt. Durch die sich dadurch ergebenden Perspektivenwechsel gestaltet sich die Handlung abwechslungsreich. Noch dazu geben kurze Szenen Einblick in die mysteriöse und verstörende Gedankenwelt des Mörders. Hier hat man als Leser nur scheinbar einen Wissensvorsprung gegenüber der Ermittlerin, aber nur scheinbar, denn bis zuletzt verfolgt man mit Jeannette falsche Spuren. Erst im dramatischen Finale wird der Täter gefasst und die überraschende Lösung präsentiert.

Die Charaktere, vor allem das Ermittler-Duo, sind lebendig gezeichnet, mit Stärken und Schwächen und Emotionen, auch weil sich bei den beiden Berufs- und Privatleben vermengt. Dass die Handlung Ende der 1990er Jahre spielt, zeigt sich auch sehr deutlich an Jeannettes Umwelt, im Arbeitsklima, im damals vorherrschenden Chauvinismus der männlichen Kollegen ihr gegenüber. Aber Jeannette ist nicht nur ehrgeizig, sie weiß sich zu wehren, sich durchzusetzen.

Mir hat der Krimi sehr gut gefallen. Die aufwändige Ermittlungsarbeit ist mit Spannungsmomenten angereichert, die Protagonisten sind sympathisch und so nebenbei habe ich auch noch so einiges über die Stadt Nürnberg und ihre Sehenswürdigkeiten erfahren.

Bewertung vom 17.05.2025
Commissario Gaetano und der lügende Fisch / Commissario Gaetano Bd.1
Nola, Fabio

Commissario Gaetano und der lügende Fisch / Commissario Gaetano Bd.1


ausgezeichnet

Non è vero, ma ci credo (es ist nicht wahr, aber ich glaube es)

„Commissario Gaetano und der lügende Fisch “ von Fabio Nola ist der Auftakt zu einer Neapel-Krimi-Reihe.

Kurz zum Inhalt:
Ganz Neapel feiert das Fest des Heiligen Gennaro, als Commissario Gaetano von einem Turiner, der sich bedroht fühlt, um Hilfe gebeten wird. Obwohl Gaetano dessen seltsame Geschichte nicht wirklich ernst nimmt, beauftragt er einen seiner Leute, am Abend die Wohnung des Turiners zu beschatten. Doch als er dort eintrifft, erwartet ihn eine kopflose Leiche, geköpft wie einst San Gennaro!

Das Cover mit einer Ansicht von Neapel mit Blick auf den Vesuv stimmt auf den Schauplatz des Krimis ein und vermittelt südliches Flair. Das Buch erschien 2025 im Verlag dtv. Es ist in Abschnitte pro Tag unterteilt. Die Kapitel sind angenehm kurz. Die Handlung spielt in der Gegenwart und umfasst einen Ermittlungszeitraum von zehn Tagen, beginnend am Gedenktag von San Gennaro im September. Dieses alljährliche Ereignis ist in die Krimihandlung facettenreich eingebaut, der Trubel und die Festlichkeiten sind anschaulich beschrieben und ausführlich erklärt. Das Lokalkolorit äußert sich nicht nur sprachlich durch italienische Ausdrücke bzw. in Napulitano (Glossar ist vorhanden), sondern es wird an und für sich ein sehr lebendiges Bild der Stadt Neapel vermittelt, von Hitze, Gerüchen und Geräuschen angefangen über poetisch anmutende Stimmungen bis zu Schilderungen der Schattenseiten der Stadt, wo Kriminalität und Armut hausen. Die Protagonisten und Nebenfiguren verkörpern eine eigene Spezies von Menschen, eben Neapolitaner, die sehr tiefgehend charakterisiert sind. Der Autor verbindet die Traditionen und den Aberglauben rund um San Gennaro geschickt mit dem Mordfall, wo der Ermordete ebenfalls Gennaro heißt und geköpft wird.

Erzählt wird aus Sicht von Gaetano, mit wenigen Perspektivenwechseln zu einer geheimnisvollen Gestalt, dem Täter? Gaetano und seine Leute sind überarbeitet. Zudem erweist sich der Kriminalfall als extrem rätselhaft. Am Tatort existieren so gut wie keine verwertbaren Spuren, noch dazu fehlt der Kopf der Leiche. Aufgrund der mühsamen Ermittlungsarbeit verläuft die Handlung eher ruhig, überrascht zwar durch Wendungen und unerwartete Hintergrundinformationen, aber es gibt keine Action, keine prickelnden Gefahrenmomente. Je eingehender sich Gaetano und sein Team mit dem Opfer und dessen Umfeld befassen, desto deutlicher wird, was für ein verachtenswerter Mensch der Ermordete war, der aufgrund seiner Taten und Neigungen nicht nur von der Familie gehasst wurde. So weitet sich zwar der Kreis der Verdächtigen aus, doch der wahre Täter kristallisiert sich lange nicht heraus. Für den Kommissar gilt nicht „Non è vero, ma ci credo (es ist nicht wahr, aber ich glaube es)“. Gaetano gibt sich erst zufrieden, als wirklich alle Indizien passen, als sich alles schlüssig klärt, Motiv und Tathergang.

Im Mittelpunkt steht Commissario Gaetano, nicht nur als Ermittler, sondern auch als Mensch, mit all seinen Stärken und Schwächen, er verfügt über gute Menschenkenntnis und Beobachtungsgabe. Er steht nicht nur dienstlich unter Druck, den Fall so rasch wie möglich lösen zu müssen, sondern ihn belasten auch private Probleme schwer. Letzteres auch, weil er das Private meist hintanstellen muss. Der Beruf füllt ihn aus, steht bei ihm an erster Stelle und er gibt sich mit keinen Halbheiten zufrieden.

Generell ist die Atmosphäre in diesem Krimi eher bedrückend, bedingt durch das Milieu, in dem er spielt, auch durch das Böse, das der Ermordete verursachte. Ob Haupt- oder Nebenfiguren, sie wirken alle irgendwie tragisch, unglücklich, vom Schicksal nachhaltig gezeichnet. Über der gesamten Stadt Neapel liegt trotz Sonnenstrahlen, trotz der Lebendigkeit und des Trubels, trotz der Liebe, die Gaetano für seine Heimatstadt empfindet, etwas Deprimierendes. Im Gegensatz zu den meisten in Südeuropa spielenden Kriminalromanen dominiert hier nicht das Urlaubsflair. Dafür wirkt alles sehr echt und authentisch.

Nichtsdestotrotz hat mir der Krimi sehr gut gefallen, insbesondere der Erzählstil und der Protagonist Gaetano. Auch im ruhigen Handlungsaufbau lag Spannung. Die ausführliche Auseinandersetzung mit dem Wesen der Neapolitaner, ihren Traditionen und der Geschichte Neapels bzw. ihres Stadtpatrons fand ich interessant. Nun bin ich neugierig auf die Fortsetzung.

Bewertung vom 07.05.2025
5 alte Schachteln und ne Schnapsidee
Godau, Angelika

5 alte Schachteln und ne Schnapsidee


ausgezeichnet

Mit 70 beginnt ein neues Leben

„5 alte Schachteln und ne Schnapsidee“ von Angelika Godau ist der Auftakt einer Reihe über fünf 70-jährige Freundinnen, die sich zu einer Alten-WG zusammenfinden.

Kurz zum Inhalt:
Mit 17 waren die fünf Frauen dicke Freundinnen. Über die Jahre verloren sie sich aus den Augen. Jetzt sind sie 70, alleinstehend, teils verwitwet. Als auch Brigittes Ehe zerbricht, die über ein großes Haus verfügt, beschließen sie zusammenzuziehen.

Das Cover war neben dem originellen Titel Anstoß für mich, das Buch zu kaufen. Die Zeichnung der fünf so verschiedenartigen Frauen ist so witzig, verspricht schon rein optisch eine humorvolle Lektüre. Das Buch erschien 2025, die kurz gehaltenen Kapitel sind lediglich nummeriert, ohne Zeit- oder Ortsangaben. Der Schreibstil ist locker, flüssig, humorvoll und dialogreich. Die Handlung spielt in der Gegenwart in der Eifel.

Im Mittelpunkt der Handlung steht Brigitte und es wird auch aus ihrer Perspektive erzählt. Sie führte über Jahrzehnte ein unscheinbares Leben an der Seite ihres alles bestimmenden Mannes Benno. Nachdem die Kinder erwachsen und ausgezogen waren, lebte das Ehepaar nur noch nebeneinander her. Dass sie plötzlich von ihrem Mann verlassen wird, trifft Brigitte somit weniger als man annehmen würde. Endlich ist sie frei, kann ein neues Leben beginnen. Und dabei sind ihr die vier alten Freundinnen behilflich: Monika, Renate, Susanne und Barbara.

Es sind fünf völlig verschiedene Charaktere, die sich da zusammenfinden, die auch total andere Lebenswege hinter sich haben. Die Frauen sind so anschaulich beschrieben, dass sie nicht nur lebendig wirken, sondern auch die Facetten ihrer Wesenszüge deutlich werden. Sie zeigen Stärken und Schwächen sowie Emotionen. Die einen sind etwas weltfremde Hausmütterchen, andere wieder hat das harte Leben geprägt.

Das Buch hatte für mich einen ganz besonderen Reiz, weil ich jahrgangsmäßig zu den Protagonistinnen passe, mit meinen 71 Jahren. Über die Jugendjahre der Frauen zu lesen, war ein Sprung in die eigene Teenagerzeit. Als man erst mit 21 großjährig war, die Ängste vor Schwangerschaft, der Mangel an Aufklärung, all die Sprüche und Ansichten der damaligen Zeit! Viele heirateten jung, um den Einschränkungen des Elternhauses zu entrinnen oder mussten überstürzt heiraten, weil sie schwanger waren. Ich erinnere mich, dass auch meine Cousine mit 17 heiraten musste …

Ein weiterer Punkt, der mich persönlich ansprach, war das Thema Alten-WG. Noch ist es erst eine Idee. Wie die fünf Freundinnen den Plan umsetzen werden und was sie dabei erleben, erfahren wir ja erst in der Fortsetzung. Aber es ist ein Denkanstoß für einen selber. Wäre das etwas für mich?

Ich habe mich köstlich amüsiert bei der Lektüre dieses Buches und bin schon sehr neugierig, wie sich die Wohngemeinschaft der Fünf umsetzen lässt. Von mir gibt es 5 Sterne.

Bewertung vom 02.05.2025
Der Tote in der Crown Row / Sir Gabriel Ward ermittelt Bd.1
Smith, Sally

Der Tote in der Crown Row / Sir Gabriel Ward ermittelt Bd.1


ausgezeichnet

Sir Gabriel Ward, ein Ermittler mit Hirn und Herz

„Der Tote in der Crown Row“ von Sally Smith ist ein spannender Kriminalroman, der im viktorianischen London spielt, mit einer ganz speziellen Persönlichkeit als Ermittler, dem Kronanwalt Sir Gabriel Ward.

Kurz zum Inhalt:
1901. Im Londoner Temple-Bezirk wurde der oberste Richter ermordet. Da in diesem abgeschotteten Bereich die Polizei nicht befugt ist zu ermitteln, wird Sir Gabriel Ward mit der Suche nach dem Mörder beauftragt. Und er entdeckt so manches wohlgehütetes Geheimnis …

Das Cover zieht den Blick auf sich und verfügt über den nötigen historischen Touch. Die Originalausgabe mit dem Titel „A Case of Mice und Murder“ erschien 2024 bei Raven Books, die deutschsprachige Ausgabe, übersetzt von Sibylle Schmidt, im Jahr 2025 im Goldmann Verlag. Die kurz gehaltenen Kapitel verfügen weder über Zeit- noch Ortsangaben. Die Handlung spielt 1901 in London, vorwiegend im Temple-Bezirk. Die eigene Berufstätigkeit als Kronanwältin im Temple-Bezirk inspirierte Sally Smith zu diesem Roman.

Der Bezirk Temple ist ein historisches Gerichtsviertel, das auch heute noch insbesondere zwei Anwaltskammern beinhaltet, den Inner Temple und den Middle Temple. Generell geht dieser Bezirk auf die Tempelritter zurück, an die auch die zentral gelegene Temple Church erinnert. Nach wie vor verfügt dieser Bezirk über einen eigenen juristischen Status als Enklave. Die im Buch enthaltene historische Karte des Temple-Bezirks bietet einen guten Einblick in das Umfeld des Ermittlers. Mit ihrer Hilfe findet man sich sehr gut bezüglich der Schauplätze zurecht.

Der Schreibstil ist flüssig, sprachlich der Epoche und dem Milieu angepasst. Das historische Flair ist deutlich spürbar. Die Lebensumstände der verschiedenen Gesellschaftsschichten, speziell auch das Frauenbild, sind gut herausgearbeitet. Es zeigt sich, wie vielen Regeln und Einschränkungen das Leben der Privilegierten unterlag.

Im Prinzip verlaufen zwei Handlungsstränge parallel. Bei beiden steht Sir Gabriel Ward im Mittelpunkt. Es wird auch vorwiegend aus Sicht von Ward erzählt. Einerseits vertritt er als Anwalt einen Verleger in einer Urheberrechtsverletzung, andererseits soll er den Mörder des Oberrichters finden. Beides erweist sich als herausfordernd für Ward, und zwar in mehrerer Hinsicht. Für ihn persönlich aufgrund seines Charakters, denn er ist ein Mensch, der Ruhe und Stille bevorzugt, der lieber zurückgezogen lebt, sich in Büchern vergräbt, mit einigen Zwangsneurosen zu kämpfen hat und leichte autistische Züge zeigt. Darüber hinaus erweisen sich beide Fälle als überaus knifflig, voller Ungereimtheiten und Rätsel. Zwar ist der Kreis der Verdächtigen überschaubar, doch anderseits so elitär, dass man niemandem einen Mord zutraut. Die Spur zu dem einzigen Außenseiter erscheint Ward nicht überzeugend. Der Roman ist vom Anfang bis zum Ende spannend, auch ohne Actionszenen. Es sind die überraschenden Wendungen, unerwarteten Erklärungen, die immer wieder verblüffen und doch werden erst auf den letzten Seiten die noch offenen Fragen beantwortet und alle Rätsel gelöst.

Mich erinnerte Ward ein wenig an Hercule Poirot. Denn Ward ist blitzgescheit, verfügt über eine ausgezeichnete Beobachtungs- und Kombinationsgabe. Durch seinen Blick für Details und die kleinsten Regungen seiner Gesprächspartner sowie sein Einfühlungsvermögen fügen sich letztlich einzelnen Puzzleteilchen zu einem alles erklärenden Ablauf der Geschehnisse zusammen. Sir Gabriel Ward entlarvt nicht nur den Mörder, sondern findet auch die sagenumwobene Autorin des Kinderbuches „Millie, die Temple-Kirchenmaus“.

Die handelnden Personen wirken lebendig, zeigen Stärken und Schwächen und Emotionen. Besonders facettenreich ist Sir Gabriel Wards Charakter beschrieben, die Wesenszüge eines Rechtsgelehrten, eines brillanten, belesenen Rechtsanwaltes, der Bücher liebt. Er ist ein etwas schrulliger Einzelgänger, der kaum den geschützten Bereich des Temple-Bezirks verlässt und seinen Ritualen verhaftet ist, der sich aber im Laufe seiner Ermittlungen weiterentwickelt, sich kleinweise hinaus wagt. Vor allem entdeckt er sein gutes Herz für die weniger privilegierten Menschen. Mit ihm hat die Autorin eine sehr menschliche, sympathische Figur erschaffen, die man nicht umhin kommt ins Herz zu schließen. Ihm an die Seite stellte sie den aus einfachen Verhältnissen stammenden Constable Wright, einen jungen cleveren Polizisten mit positiver Ausstrahlung, der einsatzwillig und mit großem Interesse etwas dazuzulernen, Ward bewundert und unterstützt.

Mich hat der Krimi begeistert, und zwar nicht nur das so anschaulich dargestellte Gesellschaftsbild – ich fühlte mich wunderbar in jene Zeit versetzt, sondern insbesondere die Art und Weise, wie Sir Gabriel Ward mit Hilfe von Constable Wright ermittelt, nämlich primär, um Hercule Poirot nochmals heranzuziehen, mit seinen grauen Zellen. Ich hoffe, es gibt bald eine Fortsetzung. Ein Muss für jeden Fan typisch englischer Krimis. Von mir gibt es eine eindeutige Leseempfehlung.

Bewertung vom 30.04.2025
In einem Zug
Glattauer, Daniel

In einem Zug


sehr gut

„In einem Zug“ von Daniel Glattauer ist ein teils unterhaltsamer, teils nachdenklich stimmender Roman.

Kurz zum Inhalt:
Zwei Fremde sitzen in einem Zugabteil, ein Mann und eine Frau. Sie kommen so nach und nach ins Gespräch, initiiert von der Frau, deren interessierten Fragen er sich nicht entziehen kann …

Das Cover mit der aus dem Zugfenster blickenden Frau ist ein ansprechender Hingucker, es unterstreicht gekonnt den Titel des 2025 im DuMont Buchverlag erschienenen Romans. Dieser gliedert sich in 13 Kapitel, deren Überschriften den jeweiligen Streckenabschnitten entsprechen. Der Schreibstil ist bildhaft, locker und unterhaltsam. Die Handlung spielt in der Gegenwart während einer Zugfahrt von Wien nach München.

Der Verlauf der Fahrt wird aus Sicht von Eduard Brünhofer geschildert, einem Autor von Liebesromanen. Mit ihm im Abteil sitzt die Therapeutin Catrin Meyr, die ihn, der eigentlich lieber seine Ruhe hätte, in ein Gespräch verwickelt, das zunehmend intensiver, vertraulicher und persönlicher wird.

Der Grundgedanke des Romans, der Schauplatz, dieses Zusammentreffen von zwei Unbekannten in einem Zugabteil, ist originell und gleichzeitig auch realistisch nachvollziehbar. Vor allem zu Beginn liest es sich sehr amüsant, nicht nur der Dialog an und für sich, sondern auch die Gedanken und Überlegungen von Brünhofer zu seiner Gesprächspartnerin. Man lernt vor allem Brünhofer gut kennen, erfährt, dass er früher erfolgreich Liebesromane schrieb, aber jetzt an einer Schreiblockade leidet. Im Laufe der Zugfahrt entwickelt sich eine gewisse Vertraulichkeit, Catrins Fragen werden immer persönlicher. Geschickt und hartnäckig entlockt Catrin ihm zur Thematik Liebe, Sex und Seitensprünge vieles aus seinem sonst wohlgehütetem Privatleben, auch seine langjährige Ehe betreffend. Die angesprochenen Themen regen zum Überdenken der eigenen Beziehung/Ehe an. Im Mittelteil ist es stellenweise etwas langatmig, da fragte ich mich schon, worauf es noch hinauslaufen wird. Aber letztlich nahm die Geschichte eine Wendung, die ich nicht erwartet hatte und die die Story auch irgendwie abrundete.

Im Großen und Ganzen fühlte ich mich recht gut unterhalten. Manche Situationskomik, wie die Szene mit dem Italiener, der sich zu den beiden ins Abteil setzte, ließ mich schmunzeln. Aber so richtig begeistert hat mich das Buch leider nicht.

Bewertung vom 30.04.2025
Brennendes Watt / Jaspari & van Loon ermitteln Bd.3
Jacob, Fynn

Brennendes Watt / Jaspari & van Loon ermitteln Bd.3


ausgezeichnet

Spannung pur und top aktuell: Erdgas und Umweltschutz

„Brennendes Watt“ von Fynn Jacob ist ein fesselnder Kriminalroman, der harmonisch mit der Handlung verwoben sehr viel Wissen über die Erdgasversorgung an der Nordseeküste vermittelt. Es ist der dritte Fall mit dem deutsch-niederländischen Ermittler-Duo Marten Jaspari und Iska van Loon.

Kurz zum Inhalt:
Die Leiche eines im LNG-Terminal bei Eemshaven stationiert gewesenen Security-Mitarbeiters wird am Strand von Borkum angespült. Umweltschützer geraten ins Visier der Ermittler, auch das Privatleben des Opfers ist undurchsichtig. Als ein Containerschiff manövrierunfähig in ein anderes Terminal kracht, ist offensichtlich, dass es sich um eine absichtliche Manipulation handelt. Doch wer steckt dahinter?

Das Cover stimmt auf die Nordseeküste ein. Es ähnelt den Vorgängerbänden, vermittelt dadurch einen guten Wiedererkennungseffekt. Das Buch erschien 2025 im Heyne Verlag. Der Schreibstil ist flüssig, die Kapitel sind kurz, jeweils mit Orts- und Zeitangaben versehen, was ich stets sehr schätze, weil man sich sowohl örtlich als auch chronologisch bestens zurechtfindet. Die Handlung spielt in der Gegenwart. Es handelt sich um einen in sich abgeschlossenen Fall. Soweit erforderlich, sind Hinweise zur Vorgeschichte der Protagonisten vorhanden. Sehr anschaulich ist nicht nur das Lokalkolorit eingefangen, sondern es steht das Thema Erdgas im Fokus. Insbesondere wird flüssiges Erdgas aus dem Blickwinkel Umweltschutz betrachtet.

Da ein Niederländer in Deutschland tot aufgefunden wurde, ist dies ein Fall für das länderübergreifende Ermittlungsteam mit Jaspari und van Loon, die jeweils vor Ort vorwiegend getrennt agieren – van Loon im Umfeld des Opfers, Jaspari bei den Erdgasterminals und Umweltschützern in Deutschland. Zwischengeschaltet gewinnt man Einblick in Aktionen der Gegenseite. Durch die daraus entstehenden stetigen Perspektiven- und Ortswechsel gestaltet sich die Handlung abwechslungsreich und lebendig, stets höchst spannend. Zudem sorgt die Kürze der Kapitel dafür, dass die Seiten nur so dahin fliegen; man will das Buch gar nicht mehr aus der Hand legen. Obwohl mehrere Spuren verfolgt werden, kristallisiert sich bald heraus, dass es sich um eine Anschlagserie gegen Erdgas-Terminals handelt. Wer auch immer dahinter steckt, hinterlässt kaum Spuren. Es entwickelt sich ein Wettlauf gegen die Zeit. In einem dramatischen Showdown gelingt es Jaspari und van Loon unter Lebensgefahr, einen weiteren Angriff zu verhindern und die Täter zu fassen.

Iska und Marten haben sich nicht nur zu einem gut zusammenarbeitenden Team entwickelt, sondern sind einander mittlerweile auch freundschaftlich nähergekommen und geben einander Einblicke in das Privatleben. Beide sind sympathische Menschen. Sie gehen voll und ganz in ihrem Beruf auf, was jedoch meist zulasten ihres Privatlebens geht, das gut dosiert in den Fall einfließt und ihre Persönlichkeiten abrundet. Sie zeigen beide Stärken und Schwächen, Emotionen, Zweifel und Unsicherheiten, was sie lebendig und menschlich und ihre Handlungen nachvollziehbar macht.

Mit „Brennendes Watt“ gelang dem Autor wiederum ein packender Krimi mit Thrillercharakter, eingebettet in ein hochbrisantes Thema. Gerne empfehle ich dieses Buch weiter und vergebe 5 Sterne.

Bewertung vom 20.04.2025
»Wenn Ende gut, dann alles« / Svetlana und Tommi ermitteln Bd.1
Klüpfel, Volker

»Wenn Ende gut, dann alles« / Svetlana und Tommi ermitteln Bd.1


sehr gut

Das einsame Mädchen

„Wenn Ende gut, dann alles“ ist der erste Soloroman von Volker Klüpfel, den ein Millionenpublikum von der Kultreihe mit Kommissar Kluftinger her kennt, die er gemeinsam mit Michael Kobr verfasst. Es ist der erste Fall für Svetlana, die ukrainische Putzfrau, und Tommi, den Möchtegern-Autor.

Kurz zum Inhalt:
Tommi und Svetlana sind mit dem Wohnmobil unterwegs, als sie ein kleines Mädchen mutterseelenallein auf der Landstraße entdecken. Obwohl die Kleine von der Fürsorge betreut wird, lässt Svetlana das Schicksal des Kindes nicht in Ruhe. Resolut und beharrlich überzeugt sie auch Tommi davon, dass sie sich weiter um das Kind kümmern müssen. Je mehr sie nachforschen, desto rätselhafter, komplizierter und gefährlicher wird der Fall …

Das Cover zeigt die Schlüsselszene des Krimis – das Mädchen am Straßenrand und das Wohnmobil. Das Buch erschien 2025 im Penguin Verlag. Die Kapitel sind angenehm kurz gehalten, lediglich nummeriert, ohne Orts- oder Zeitangaben. Die Handlung spielt in Deutschland in der nicht näher festgelegten Gegenwart.

Als begeisterter Kluftiger-Fan war es für mich natürlich klar, dass ich dieses Buch lesen wollte. Leider sprang jene Sympathie, die ich stets für Kluftinger und sein näheres Umfeld empfand, nicht sofort auf Svetlana und Tommi über. Auch der Humor geht in eine andere Richtung. Bei Kluftinger sind es ja seine Hoppalas und sein Dialekt, die mich stets amüsierten. Auch wenn das holprige Deutsch Svetlanas Authentizität unterstreicht, so fand ich die fantasievollen Verballhornungen zwar eine Zeitlang witzig, aber aufgrund der Häufigkeit nervte es mich mehr als es mich unterhielt.

An Tommi, dem Möchtegern-Autor, hat mich seine lahme, energielose Art gestört, dieses Sich-hängen-lassen. Er ist so ein Loser-Typ. Er lebt quasi in den Tag hinein, hat zwar Roman-Ideen im Kopf, schiebt aber das ernsthafte Schreiben stets auf den nächsten Tag. Er verfügt über keinen festen Wohnsitz und haust im alten Wohnmobil seines Vaters, um den er sich auch zu wenig kümmert. Er ist so chaotisch und unorganisiert, dass er sogar für diese paar m2 eine Putzfrau benötigt, die im Übrigen sein Vater bezahlt, weil Tommi unter stetem Geldmangel leidet. Erst als er sich im Laufe der Handlung weiterentwickelt und so nach und nach Eigeninitiative zeigt, hat er bei mir Sympathiepunkte gesammelt.

Glücklicherweise gibt es Svetlana, nicht nur die gute Seele in Tommis Leben, sondern eigentlich die Seele des Buches. Sie ist eine Frau mit Hausverstand, Energie, Verantwortungsbewusstsein und dem Herz am rechten Fleck, sie raucht nur zu viel. Mit Nachdruck überzeugt sie Tommi davon, dass sie sich weiter um das Kind kümmern müssen. Ihrer Kombinationsgabe und Menschenkenntnis verdanken die beiden Hobbydetektive ihre Ermittlungserfolge.

Die eigentliche Krimihandlung, in der auch so einiges an Gesellschaftskritik steckt, insbesondere im Hinblick auf die Flüchtlingspolitik, entwickelt sich von Kapitel zu Kapitel. Dank Svetlanas Pfiffigkeit und Hartnäckigkeit fügt sich Puzzleteilchen zu Puzzleteilchen. Es findet sich die Mutter des Mädchens, eine ukrainische Journalistin, die fliehen musste, nachdem sie politisch unbequem wurde. Sie kam in Deutschland bei einem Unfall ums Leben. Unfall? Mord! Davon ist Svetlana überzeugt. Schließlich wird sogar Tommi vom Detektivvirus erfasst und er stürzt sich mit vollem Elan in die immer gefährlicher werdenden Recherchen. Auch wenn einiges etwas an den Haaren herbeigezogen wirkt, übertrieben oder unrealistisch, spannend ist es allemal. Und so manche Auflösung erweist sich als genial, wie die der mysteriösen Nachricht „Treffen mit B Risiko“. Nach dem dramatischen Finale, wo der Mörder gestellt wird, lautet es auch für das kleine Mädchen: Ende gut, alles gut. Oder wie Svetlana eben sagt: Wenn Ende gut, dann alles.

Mein Fazit:
Die Krimihandlung fand ich spannend, wie sich die Zusammenhänge nach und nach klären, unerwartete Wendungen und neue Aspekte zum Umdenken zwingen, Svetlana und Tommi immer wieder neue Wege einschlagen müssen. Es fehlte nicht an Action und Gefahrenmomenten und es gab Raum zum Miträtseln. Nur bei den Protagonisten ist der Funkte noch nicht so recht auf mich übergesprungen. Vielleicht gelingt das beim Folgeband!? Vorerst vergebe ich 4 Punkte.

Bewertung vom 18.04.2025
Wattrennen in den Tod
Ziegert, Susanne

Wattrennen in den Tod


ausgezeichnet

Tierschutz kontra Pferderennen

„Wattrennen in den Tod“, der 6. Band der Reihe von Susanne Ziegert, in der Friederike von Menkendorf ermittelt, ist nicht nur ein spannender Nordsee-Krimi, sondern bietet auch einen interessanten Einblick in die Welt der Pferderennen.

Kurz zum Inhalt:
Das Favoriten-Rennpferd verschwindet am Tag vor dem Duhner Wattrennen. Beim Rennen kommt ein Jockey zu Tode. Wie sich bald herausstellt, war es kein Unfall, sondern Mord. Neben der Rennszene machen sich auch einige Akteure aus dem Tierschutzmilieu verdächtig. KHK Friederike von Menkendorf und ihre Freundin, die Malerin Margo Valeska verfolgen unabhängig voneinander diverse Spuren …

Das Cover unterstreicht nicht nur den Buchtitel, es stimmt optimal auf das Hauptthema ein. Das Buch erschien 2025. Die Kapitel sind angenehm kurz gehalten, lediglich nummeriert, ohne Orts- oder Zeitangaben. Die Handlung spielt in der nicht näher festgelegten Gegenwart. Ich bin bei Band 4 in die Reihe eingestiegen. Man kommt in die einzelnen Fälle auch gut hinein, wenn man sie nicht der Reihe nach liest. Will man auch den roten Faden kontinuierlich verfolgen, sollte man wohl mit Band eins beginnen.

Der Schreibstil ist flüssig und bildhaft. So ist auch die Atmosphäre rund um das Pferderennen sehr anschaulich beschrieben. Man gewinnt einen guten, leider auch etwas schockierenden Einblick in die Szene, in Licht- und Schattenseiten, erfährt die Sichtweisen der Gestütbesitzer und jene der Tierschützer. Lokalkolorit rundet die Krimihandlung stimmig ab, landschaftliche Schönheiten und Besonderheiten, aber auch die Nachteile durch zu zahlreiche Touristen werden angesprochen.

Die Handlung entwickelt sich in mehreren Strängen. Da geht es nicht nur um das entführte Pferd und die Suche danach, sondern auch um Erpressung und last but not least um den beim Rennen verunglückten Jockey. Durch die diversen Perspektiven- und Ortswechsel ist das Buch von Beginn an spannend, Cliffhanger tragen das Ihrige dazu bei. Die polizeilichen Ermittlungen gehen nur schleppend voran. Es mangelt nicht an Motiven für den Mord an dem Jockey – er behandelte die Pferde brutal und agierte unfair bei Rennen. Auch Gründe für das Verschwinden des Pferdes gibt es, von Wettbetrug bis zu Erpressung, dennoch bleibt es lange ein Rätsel, wer dahintersteckt und wo das Pferd verborgen wurde. Zwar genießt man als Leser einen leichten Wissensvorsprung gegenüber der Ermittlerin, dennoch tappt man ebenso wie diese lange im Dunkeln. So nach und nach fügt sich Puzzlesteinchen zu Puzzlesteinchen, dennoch bringt erst eine weitere Leiche den Stein ins Rollen. Eine weitere überraschende Wendung bringt Licht ins Dunkel – der Fall ist lückenlos geklärt.

Die Charaktere, auch die der Nebenfiguren, sind lebendig und gut vorstellbar gezeichnet, ihre Handlungen sind gut nachvollziehbar. Für Friederike von Menkendorf steht ihr Beruf an erster Stelle. Sehr zum Leidwesen ihres Freundes Harry, mit dem sie eine Fernbeziehung hat, ist die Zweisamkeit durch Rikes spontane Einsätze bei der Mordermittlung immer wieder getrübt. Rike ist eine hervorragende Ermittlerin, sie verfügt über gute Menschenkenntnis und hat ein gutes Gespür, inwieweit sie Aussagen Glauben schenken kann. Sie lässt sich nicht beirren, zieht keine voreiligen Schlüsse, auch wenn Vorgesetzte noch so drängen.

Wie die Vorgängerbände hat mir auch „Wattrennen in den Tod“ fesselnde Lesestunden beschert, mich in eine interessante fremde Welt, jene der Pferderennszene, geführt, mir somit auch Wissen vermittelt. Ich freue mich schon jetzt auf Rikes nächsten Fall. Von mir gibt es auch für diesen Band wieder 5 Sterne.

Bewertung vom 16.04.2025
Tödliches Gebet / Ein Fall für Commissaire Campanard Bd.2
Anour, René

Tödliches Gebet / Ein Fall für Commissaire Campanard Bd.2


ausgezeichnet

Der Teufel innerhalb der Klostermauern

„Tödliches Gebet“ von René Anour ist der zweite Band mit Commissaire Louis Campanard als Protagonisten, der gemeinsam mit Inspecteur Pierre Olivier und der Psychologin Linda Delacours in besonderen Fällen ermittelt.

Kurz zum Inhalt:
Campanard und sein Teams erhalten den Auftrag, das Verschwinden eines Mönches aus einem altehrwürdigen Kloster aufzuklären. Als jener Mönch, den Campanard vor vielen Jahren persönlich kennengelernt und der ihm damals in einer schwierigen Situation wieder zu Lebensmut verholfen hatte, bei einem Unfall ums Leben kommt, hat der Kommissar zudem ein persönliches Interesse, die Geheimnisse des Klosters aufzudecken.

Bereits das Cover vermittelt mit dem blühenden Lavendelfeld und dem dahinter liegenden alten Kloster das wunderbare Flair der Provence, stimmt optimal auf den Schauplatz ein. Das Buch erschien 2025 im Wilhelm Heyne Verlag. Die kurzen Kapitel sind übertitelt. Die Handlung spielt in der nicht näher bestimmten Gegenwart vorwiegend in Grasse, Gordes und im Kloster Notre Dame de Sénanque.

Der Schreibstil ist flüssig und besticht insbesondere durch exzellente stimmungsvolle Schilderungen, sei es das Flair eines üppig blühenden Gartens oder die mysteriös-gruselige Atmosphäre in einem alten düsteren Kloster, durch das in sich gekehrte, schweigsame Mönche schleichen. Lokalkolorit belebt die Krimihandlung nicht nur durch idyllische Landschaftsbeschreibungen, sondern auch durch kulinarische Besonderheiten oder französische Gepflogenheiten wie das Pétanque-Spiel. Sehr geschätzt habe ich auch die im Buchumschlag vorhandene Landkarte mit den Schauplätzen sowie die Zeichnung des Grundrisses des Klosters.

Ich kannte den Vorgängerband noch nicht, hatte aber keinerlei Problem, in die Geschichte hinein zu kommen bzw. den relevanten Personenkreis zu überblicken. Soweit erforderlich gibt es Infos zur Vorgeschichte der Protagonisten.

Bereits der Prolog ist mysteriös, macht neugierig, welchen Bezug diese Szenen auf den weiteren Handlungsverlauf haben werden. Die Suche nach dem verschwundenen Mönch gestaltet sich anfangs recht schwierig, weil einerseits die Mönche gegenüber Außenstehenden, auch der Polizei gegenüber, nicht auskunftsfreudig sind, andererseits auch die Polizei vor Ort die Einmischung in ihre Arbeit als Affront empfindet und nicht wirklich kooperieren will. Nachdem ein zweiter Mönch bei einem Autounfall, der nach Sabotage aussieht, ums Leben kommt, beschließt Commissaire Campanard aktiv zu werden. Als Mönch verkleidet begibt er sich in Undercover-Mission ins Kloster, angeblich vom Generalabt entsandt. Parallel zu seinen Einblicken in den Klosteralltag ermitteln Olivier und Delacours jeweils in Alleingängen. Die stetigen Orts- und Perspektivenwechsel gestalten die Handlung nicht nur abwechslungsreich, sondern steigern die Spannung, geraten alle doch immer wieder in prekäre Situationen. So manches Kapitel endet mit einem Cliffhanger, sodass man das Buch gar nicht mehr aus der Hand legen mag. Unerwartete Wendungen überraschen einen immer wieder, bis letztlich sich eine Auflösung der Geschehnisse herauskristallisiert, die ich keineswegs voraussah.

Was diesen Kriminalroman so besonders macht, sind die Charaktere, nicht nur der Hauptakteure, sondern auch Nebenfiguren sind lebendig und mit markanten Eigenschaften gezeichnet. Sogar Oliviers Kater Trépied ist ein besonderes Haustier, ein Kater mit nur drei Beinen. Im Mittelpunkt der Handlung steht natürlich das Ermittler-Trio, drei ganz spezielle Persönlichkeiten, die eine inoffizielle, undercover agierende Sonderkommission bilden. Der Chef, Commissaire Louis Campanard ist schon rein optisch eine Besonderheit, ein wahrer Hüne. Er ist nicht nur in Bezug auf seine Ermittlungsmethoden eigenwillig, sondern er bevorzugt auch schrille, bunte Kleidung und fährt lieber mit dem E-Bike als per Auto. Nicht nur Louis Campanard, sondern auch seine rechte Hand Pierre Olivier und die Psychologin und Sonderermittlerin Linda Delacours, die über eine ganz besondere Beobachtungsgabe verfügt, umgibt Geheimnisvolles aus ihrer Vergangenheit, offensichtlich traumatische Erlebnisse, die sie geprägt haben. Es wird so einiges angedeutet. Ich konnte nicht herausfinden, ob mir hier Informationen aus dem ersten Band fehlten oder ob erst zukünftige Bände die Geheimnisse lüften werden.

„Tödliches Gebet“ hat mir fesselnde Lesestunden beschert und mich so anschaulich in eine ansprechende Region Frankreichs entführt, dass meine Reiselust dahin geweckt wurde. Das Trio hat mich begeistert – ich freue mich schon jetzt auf die nächsten Fälle!
Es war ein Lesegenuss! Eine unbedingte Leseempfehlung mit 5 Sternen!