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haberlei
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Begeisterte Leserin von Krimis, Thrillern, Humorvollem, historischen (Frauen-)Romanen, Biografien

Bewertungen

Insgesamt 358 Bewertungen
Bewertung vom 21.10.2025
Springer, Ivonne Isabell

Wellensanft (eBook, ePUB)


ausgezeichnet

Hinter der schönen Fassade verborgen

„Wellensanft“ von Ivonne Isabell Springer ist der gelungene Auftakt zur Krimi-Reihe mit dem Ermittler-Duo Njall Lundin und Arne Ek.

Das Buch erschien 2025, die Handlung spielt im Juli 2019 in Schweden, vorwiegend in Karlshamn. Die Kapitel sind kurz gehalten, exakt datiert, mit Uhrzeit und mit Ortsangaben versehen, wodurch man dem Fall nicht nur ausgezeichnet chronologisch folgen kann, sondern auch Orts- bzw. Sichtwechsel sehr klar erkenntlich sind. Der Schreibstil ist flüssig und bildhaft, sowohl die Menschen als auch deren Umfeld sind gut vorstellbar beschrieben.

Man befindet sich sofort mitten im Geschehen. Kommissarin Njall Lundin hat noch nicht einmal offiziell ihren neuen Job angetreten, wird die Leiche des seit Wochen vermissten Pfarrers gefunden. Die Ermittlungserfolge stellen sich nur langsam ein. Doch Puzzlesteinchen fügt sich zu Puzzlesteinchen. Dazwischengeschoben sind immer wieder Perspektivenwechsel zu einem Unbekannten, einer zwielichtigen, verkommenen Person, offenbar ist das der Mörder. Doch wer ist das? Im Zuge der polizeilichen Recherchen kristallisiert sich ein Verdächtiger heraus, der beharrlich schweigt. Wo ist die Verbindung zu dem Unbekannten? Erst als es Lundin und Ek gelingt, ihn zum Sprechen zu bewegen, eröffnet sich ihnen ein verstörendes Familiengeheimnis. Es beginnt ein Wettlauf gegen die Zeit, diesen gefährlicher Täter zu fassen. Der Handlungsaufbau ist sehr gelungen. Die Spannung steigert sich von Kapitel zu Kapitel, bis in einem höchst dramatischen Finale der Täter gestellt werden kann.

Sowohl Haupt- wie auch Nebenfiguren sind lebendig und mit markanten Wesenszügen gezeichnet. Sowohl Njall als auch Arne sind Charaktere mit Ecken und Kanten, haben eine problematische Vorgeschichte, die sie geprägt hat. Ich finde beide sehr sympathisch und sie bilden ein perfektes Team. Ihre weitere persönliche Entwicklung erscheint interessant und bietet Potential für weitere Bände.

Mir hat der Krimi so ausgezeichnet gefallen, dass ich über das mangelhafte Lektorat/Korrektorat hinwegsehe und trotzdem 5 Sterne vergebe. Ich freue mich schon auf den nächsten Fall.

Bewertung vom 21.10.2025
Izquierdo, Andreas

Über die Toten nur Gutes / Ein Trauerredner ermittelt Bd.1


sehr gut

Wahre Freundschaft

Nach „Das Glücksbüro“ war dies mein zweites Buch dieses Autors. Es sind irgendwie besondere, sehr menschliche Geschichten, die sich Andreas Izquierdo ausdenkt. So gestaltet sich auch die Handlung von „Über die Toten nur Gutes“ (2025 erschienen) ganz anders als von mir erwartet. Denn Mads ermittelt nicht – wie ich annahm - neutral aus rein detektivischem Interesse, sondern es ist für ihn eine sehr emotionale Reise in die Vergangenheit, bei der er sich mit längst Vergessenem auseinandersetzt, vieles neu erkennt und bewertet.

Als sein Jugendfreund Patrick, den er seit Jahren aus den Augen verloren hatte, bei einem Autounfall ums Leben kommt, soll der Trauerredner Mads Madsen eine entsprechende Rede halten. Zudem erreicht ihn ein mysteriöser letzter Brief des Freundes, der ihn dazu animiert, die Hintergründe des Unfalls zu ergründen. Mads versucht, Näheres über Patricks Leben zu erfahren, stößt jedoch in dessen Freundeskreis auf Schweigen und Aggression ihm gegenüber. Man versucht, ihn von weiteren Recherchen abzuhalten. Bald erkennt Mads, dass Patrick in ein kriminelles Umfeld geraten war. Je mehr er aufdeckt, desto mehr gerät er selbst ins Fadenkreuz eines mächtigen Verbrechers und in tödliche Gefahr. Das Finale ist höchstdramatisch. Der Fall löst sich ungewöhnlich.

Abgesehen davon, dass sich im Laufe der Handlung Patricks Tod klärt und was dazu geführt hat, wie sein Leben verlief und wieso sich seine Freunde Mads gegenüber so ablehnend verhalten, taucht Mads auch tief in Erinnerungen an die Jugendzeit ein, an die tiefe Freundschaft, die ihn mit Patrick verband, und die abrupt endete, als Patrick mit seiner Mutter in eine andere Stadt zog. Mads kommt zu der Erkenntnis, dass Patrick ein selbstloser Mensch war, dem Freundschaft viel bedeutete, dass er ein wahrer Freund war.

Die Charaktere sind gut vorstellbar, wenn auch eher nur oberflächlich beschrieben. Mads steht naturgemäß im Mittelpunkt. Für ihn ist der Beruf des Trauerredners Berufung. Er hat eine sympathische Ausstrahlung, wirkt emphatisch, das spürt man einerseits in seiner freundschaftlichen Verbundenheit zu seinem Jugendgefährten Patrick, andererseits in der Fürsorge um seinen Vater. Die Szenen mit seinem ziemlich schrulligen Vater lockern den Roman auf, geben ihm einen humorvollen Touch. Mads entwickelt sich im Laufe des Romans, indem er dadurch, dass er sich mit Patricks Leben auseinandersetzt, auch eigener Fehler bewusst wird, Jugendsünden bereut, die sich auf Patricks weiteres Leben ausgewirkt haben. Interessant fand ich auch die Figur des rätselhaften Herrn Bernardy, Fietes Mitarbeiter. Könnte mir vorstellen, dass seine Geheimnisse in einer Fortsetzung enthüllt werden.

„Über die Toten nur Gutes“ ist ein facettenreicher Krimi, bietet Spannung, ein bisschen Humor, Lokalkolorit und Einblicke in die Welt eines Bestattungsinstituts. Was mir aber besonders gefiel waren die zwischenmenschlichen Aspekte, wie tiefe Freundschaft und familiärer Zusammenhalt.

Bewertung vom 10.10.2025
Korten, Astrid

Zwei Leben: Das Versprechen


ausgezeichnet

Die wunderbarsten Geschichten schreibt das Leben

Das Fazit gleich vorweg: Mitreißend erzählt, emotional, tiefgründig und unheimlich bewegend – ein Roman, den man nicht mehr vergisst – ein Lesehighlight!

Zwei Leben – Das Versprechen“ von Astrid Korten ist nicht einfach ein gut erfundener Roman, es ist eine Geschichte, wie sie nur das Leben schreiben kann, voller Gefühlsintensität. Es ist wohl der persönlichste Roman, den Astrid Korten bislang verfasst hat. In meinen Augen der emotionalste, mitreißendste bisher. Es ist die Geschichte ihrer Mutter Elisa und ihrer Großmutter Esther.

Der Roman bewegt sich in zwei Zeitebenen, die fließend ineinander übergehen. Die Rahmenhandlung spielt 2014 in Brügge, wo Juna Fischer unter Burn-out leidet und in der Betreuung des 93-jährigen Vincent Molen eine sinnvolle Aufgabe findet. Die sich ganz sanft entwickelnde Freundschaft zwischen Juna und Vincent ist voll Fein- und Taktgefühl, Verständnis und Rücksichtnahme. Je vertrauter sie werden, desto mehr erzählt Vincent von seiner großen Liebe zu der Jüdin Esther - in Rückblenden auf die Jahre 1942/43.

Noch nie wurde ich bei einem Roman derart emotional erfasst, so hautnah, so lebendig sind die Schilderungen. Mir ging Esthers Schicksal, ihr Martyrium, so nahe, dass ich mehrfach nicht weiterlesen konnte, mir Tränen in den Augen standen, ich erst sickern lassen musste, welch Grauen sich mir da eröffnet hat. Das Wunderbare bei all dem Schrecklichen sind die Glücksmomente, die es dazwischen trotz allem gibt. Eine wunderbare Nacht der Liebe. Hilfsbereitschaft und Zuneigung. Eine wahre Freundin am schlimmsten Ort der Welt. Man durchlebt ein Wechselbad der Gefühle, voller Intensität und Heftigkeit.

Ein Buch, das man unbedingt gelesen haben sollte! Natürlich 5 Punkte.

Bewertung vom 04.10.2025
Feilitzsch, Hanna von

DER SCHWARZE OKTOPUS (eBook, ePUB)


ausgezeichnet

Mörder wider Willen

„Der schwarze Oktopus“ von Hanna von Feilitzsch, Band zwei der Griechenland-Krimireihe, vermittelt neben einer Sehnsucht vermittelnden Griechenland-Atmosphäre und einer sympathischen Protagonistin auch Spannung, Action und Dramatik.

Kurz zum Inhalt:
Christina hat sich auf Paros eingelebt, freut sich auf ein Wochenende mit ihrer Familie, doch es geschieht ein Mord, der unerwartete Kreise zieht, ihren vollen Einsatz fordert und sie schließlich sogar in Gefahr bringt.

Das Cover mit dem Oktopus vor den typisch weißen Häusern stimmt optimal auf den Schauplatz des 2025 erschienenen Buches ein. Der Schreibstil ist flüssig, locker, bildhaft, manchmal zu detailverliebt, nicht jeder Handgriff, jedes SMS oder Telefonat müsste erwähnt werden; manchen Passagen hätte ein wenig Straffung gut getan. Die griechischen Überschriften unterstreichen das Lokalkolorit, das stimmungsmäßig, landschaftlich und kulinarisch den Roman durchzieht. Die Kapitel haben eine angenehme Länge. Die Handlung spielt in der nicht näher festgelegten Gegenwart. Eine Landkarte oder Skizze hätte mir gefallen, um die Schauplätze geografisch besser zuordnen zu können. Dass es ob der Vielzahl an Personen ein Personenregister gibt, möchte ich positiv hervorheben. Der Roman ist auch ohne Vorkenntnis problemlos zu lesen. Nichtsdestotrotz würde ich empfehlen, mit Band eins zu beginnen.

Man wird sofort mitten ins Geschehen gezogen, wird Zeuge des Mordes, aus Sicht des Täters, eines Täters wider Willen. Seine Gedanken und Aktionen als Perspektivenwechsel zu den polizeilichen Ermittlungen steigern die Spannung und regen zum MIträtseln an. Von Kapitel zu Kapitel ergeben sich mehr Zusammenhänge, offenbaren sich Hintergründe, finden sich Verdächtige. Je enger es für den Täter wird, je mehr ihm die Polizei auf die Spur kommt, desto dramatischer, actionreicher und fesselnder entwickelt sich die Handlung, sodass man das Buch kaum noch aus der Hand legen mag.

Im Mittelpunkt steht die Polizistin, Ehefrau und Mutter Christina mit ihren facettenreichen Emotionen – ihren Glücksgefühlen auf Paros zu leben, wenn auch in Fernbeziehung zu ihren Lieben, ihrer Sehnsucht nach ihnen, den Sorgen, die sie als Mutter beschäftigen, und stets steht der Beruf zwangsläufig an erster Stelle, den sie mit vollem Einsatz und Begeisterung ausübt. Es schmerzt sie zwar, wenn das Familiäre ins Hintertreffen gelangt, aber sie brennt einfach für ihren Beruf. Dass ihr Mann Nikos für ihre Prioritäten volles Verständnis zeigt, die Beziehung so harmonisch ist, ist eine Besonderheit und ein Wohlfühlfaktor dieser Krimireihe, da üblicherweise Kommissar*innen meist berufsbedingt mit Beziehungsproblemen zu kämpfen haben.

Ich habe den spannenden Ausflug auf die wunderschöne griechische Insel sehr genossen. Eine Lektüre, die im ersten Teil eher entspannend und Urlaubsfeeling vermittelnd war, gegen Ende immer packender und aufregender wurde. Eine Leseempfehlung meinerseits mit 5 Sternen.

Bewertung vom 01.10.2025
Conrad, J. P.

Giraffenmord


ausgezeichnet

Mord in einer „reizenden“ Familie

„Giraffenmord“ von J.P. Conrad, das sind 100 Seiten geballter Spaß.

Schon der Titel, das Foto und der Klappentext versprechen Situationskomik, und ich wurde nicht enttäuscht. Ich habe mich königlich amüsiert. Über die Ereignisse, den Schreibstil, die Protagonisten.

Der Tag ihrer Urlaubsrückkehr steht unter keinem guten Stern. Martin und Evelyn sind an diesem Tag vom Pech verfolgt. Das Gepäck ging verloren. Den Haustorschlüssel haben sie vergessen. Glücklicherweise gibt es eine Putzfrau, die zu Hilfe eilt. Endlich im Haus, finden sie im Wohnzimmer einen Unbekannten. Tot auf dem nunmehr blutig besudelten Teppich. Und die größte Sorge von Evelyn: „Wie soll ich denn jemals diesen Fleck aus dem Teppich bekommen?“

Sätze wie diesen gibt es wie Sand am Meer, herrlich witzige Dialoge, auch böse, bissige Gedanken. Zum Beispiel schaut Martin seiner Frau nach, mit Blick auf den Hintern, und denkt, dass früher alles besser war. In dieser Tonart läuft es weiter. Ich bin aus dem Schmunzeln und Lachen gar nicht mehr rausgekommen. Alle kriegen ihr Fett ab, nicht nur Martins Kommentare und Gedanken sind ätzend und spöttisch.

Denn so nach und nach trudeln die diversen Familienmitglieder ein – Bruder, Mutter, Sohn und Schwiegertochter -, eine Person origineller gezeichnet als die andere. Dazu die Deutsch radebrechende Haushaltshilfe, zwei mehr oder weniger überforderte Polizisten. Mit jeder dazu kommenden Person wächst die Konfusion. Es werden Tatmotive und Tatabläufe diskutiert, Streitgespräche geführt und es wird zusehends chaotischer. Am amüsantesten sind die Dialoge, wie die Menschen auf den Ermordeten reagieren, wie wenig schockiert sie sind, ihnen das familieninterne Hick-Hack wichtiger ist. Und die Leiche - die verkommt zur Nebensache. Diese „liebe“ Familie attackiert sich kreuz und quer verbal, bissig, boshaft, lieblos. Sympathiepunkte erzielen sie alle miteinander nicht. Aber sie haben mich bestens unterhalten. Die Lösung überrascht, ist aber nachvollziehbar und, für mich jedenfalls, sehr zufriedenstellend.

Ich habe das Büchlein in einem Sitz ausgelesen und bedauert, wie schnell ich am Ende angelangt war. Gerne möchte ich mehr von diesem Autor lesen. Eine unbedingte Leseempfehlung und 5 Punkte.

Bewertung vom 01.10.2025
Blunck, Timo

Ein kleines Lied über das Sterben


sehr gut

Pass auf Junge, sie frisst dich auf … (aus dem Song „Maneater“, übersetzt)

„Ein kleines Lied über das Sterben“ von Timo Blunck zu lesen, hat sich letztlich als Herausforderung für mich herausgestellt, obwohl das Cover „eine grandiose Zumutung voll abgründigem Humor“ ankündigt. Der Klappentext klang für mich zwar nicht total harmlos, immerhin ist von brutalem Mord und zerstörerischen Leidenschaften die Rede, aber all das ließ nicht erahnen, was mich erwarten würde.

Abgesehen von den Splatter-Passagen bot der Roman ein vielseitiges aktuelles Gesellschaftsbild, inklusive Nazi- und LGBTIQ+-Szene. Der Schreibstil liest sich locker und flott, ist schwarz-humorig, unterhaltsam durch schräge Situationskomik, sowie witzige Dialoge. Es sind die Kontraste, die Perspektivenwechsel zwischen Grauen und scheinbarer Normalität (denn die Protagonisten sind alle irgendwie speziell), die eine Achterbahn der Gefühle verursachen. Auch wenn man mit den Opfern nicht unbedingt sympathisiert, bangt und leidet man mit ihnen mit. Spannung und Action dominieren, meine Lieblingsszenen waren jedoch jene aus Sicht der Hündin Knef, die für mich sowieso die Heldin des Romans darstellt.

Alle Protagonisten sind eigenwillige bis eigenartige Personen und entsprechend markant gezeichnet. Als Mordermittler agiert Tom, ein Ex-Kommissar, mittlerweile abgesackt und kokainsüchtig, der sich aber als ein Mensch mit Charakter entpuppt, das zeigt allein schon, wie fürsorglich er die Hündin Knef behandelt. Mit der Schutzpolizistin Maja bildet er ein effizientes Team, das in einem dramatischen Finale der Täterin das Handwerk legen kann.

Es war zwar kein ungetrübtes Lesevergnügen für mich, aber trotzdem hat mich die Lektüre insoweit gefesselt, dass ich auch nicht aufhören wollte zu lesen. Somit möchte ich das Buch zwar empfehlen, aber nur Menschen, die mit abstoßenden, blutrünstigen und extremen Gewaltszenen kein Problem haben.

Bewertung vom 26.09.2025
Kruse, Tatjana

Mumien morden mittwochs nie


ausgezeichnet

Gruselig-spaßige Situationskomik par excellence

Tatjana Kruse ist wieder einmal eine köstliche Geschichte eingefallen, die unheimlichen Spaß macht und gleichzeitig auch gruselig und spannend ist.

Bereits das Cover und der Titel „Mumien morden mittwochs nie“ wecken die Neugier auf das 2025 erschienene Buch. Die Handlung umfasst den Zeitraum eines Tages, vor allem der Nacht von Mittwoch auf Donnerstag.

Dabei beginnt es so seriös mit der Eröffnung einer Museums-Ausstellung mit sensationellen ägyptischen Artefakten. Doch die Pressekonferenz endet mit einem Fiasko und einer übel zugerichteten Leiche. Für Dr. Apollonia Obermoser, kurz Polly, Expertin für Ägyptologie, ist es ein verhängnisvoller Unfall, doch schnell verbreitet sich das Gerücht, dass auf den Museumsstücken ein Fluch der Mumie haftet. Dabei gibt es nur einen leeren Sarkophag und gar keine Mumie, wie Polly immer wieder betont. Die Polizei wird eingeschaltet, ermittelt, schließlich verlassen alle das Museum bis auf eine Handvoll Personen.

Ab nun geht es Schlag auf Schlag. Es bleibt nicht bei einem Ermordeten. Das Sicherheitssystem des Museums bricht zusammen, der Lockdown-Modus aktiviert sich - sie sind eingeschlossen, kein Kontakt zur Außenwelt ist mehr möglich. Als auch noch der Strom ausfällt, wird es richtig schaurig. Und gefährlich. Denn einer unter ihnen ist ein Mörder, weiß Polly, die natürlich nicht an die Mumien-Theorie glaubt. Gemeinsam mit Daphne, der Tochter der Museumsbesitzerin, macht sich Polly so ihre Gedanken, wer der Mörder sein könnte. Wunderbar zum Miträtseln. Die Art und Weise, wie alles beschrieben ist, angefangen von den speziellen Figuren, erzeugt lebhaftes Kopfkino: die Stimmung und Atmosphäre, die seltsamen Ereignisse, rätselhaften Wahrnehmungen, vieles wirkt total abstrakt, schaurig, all die aberwitziger Szenen, und dann noch Cliffhanger, die schockieren, den Atem stocken lassen. Man hat das Gefühl, sich selbst durch die grünschimmernde Dunkelheit zu tasten. Fürchtet sich mit, bangt um Polly und Daphne. Will das Buch gar nicht mehr aus der Hand legen. Das Ende – spektakulär und total überraschend!

Ich habe diese Lesestunden genossen, den Ideenreichtum, die Fantasie und die Wortschöpfungen und Wortspiele, wurde einfach bestens unterhalten. Morden kann so lustig sein! Eine unbedingte Leseempfehlung meinerseits mit 5 Sternen!

Bewertung vom 20.09.2025
Evans, Virginia

Die Briefeschreiberin


ausgezeichnet

Ein Leben voller Briefe

Virginia Evans‘ 2025 erschienener Debutroman „Die Briefeschreiberin“ (Originaltitel: The Correspondent) beinhaltet eine berührende Lebensgeschichte in Briefform.

Die Handlung entwickelt sich prinzipiell chronologisch, beginnend mit einem Brief vom Juni 2012 bis zur letzten Nachricht vom Jänner 2022. Die Briefschreiberin Sybil van Antwerp, 73, eine Juristin im Ruhestand, geschieden und allein lebend, hat seit frühester Jugend Briefe verfasst. An Freundinnen, Verwandte, aber auch an Prominente, wie Autoren, wenn ihr z.B. ein Buch gut gefiel. Was auch immer ihr am Herzen liegt, was sie zu erledigen hat, sie greift lieber zur Füllfeder und Briefpapier als zum Telefonhörer. E-Mails schreibt sie nur, wenn es nicht anders geht. Schreiben ist ihr ein Bedürfnis. Sie behauptet von sich selbst: „Die Briefe sind das, was mich ausmacht.“

Es ist zwar ein chronologischer Schriftwechsel, aber kein kontinuierlicher. Es ist quasi eine Auswahl der aussagekräftigsten Briefe, jener Briefe, die Sybils Charakter, ihr Umfeld und ihr Leben wiedergeben. Es sind Briefe sowohl an und von Personen, die ihr nahestehen, als auch an und von Menschen, die sie persönlich nicht kennt, denen sie aber etwas mitteilen will oder von denen sie etwas braucht oder die sie kontaktieren. Der Schreibstil liest sich angenehm, doch thematisch etwas sprunghaft. Die Vielzahl der Korrespondenzpartner verwirrt anfangs etwas. Da ist das Personenverzeichnis hilfreich bzw. habe ich eben öfters zurückgeblättert. Doch Seite um Seite versank ich mehr in Sybils abwechslungsreichem Leben, das ihr trotz des hohen Alters noch so einiges an Überraschungen zu bieten hat.

Brief um Brief erfährt man immer mehr über Sybil – über die Facetten ihres Charakters, der einerseits davon geprägt ist, dass sie als Kind adoptiert wurde, andererseits von einem schwerwiegenden Schicksalsschlag, einer Schuld, die sie jahrzehntelang tief in sich verborgen hatte, die sich auch auf ihre familiären Beziehungen auswirkte. In Rückblicken erzählt sie von ihrer Kindheit, Berufstätigkeit und Ehe. Man lernt ihre Kinder kennen und ihre zwischenmenschlichen Beziehungen. Obwohl man auch ein charakterliches Bild ihres Umfelds gewinnt, so steht dennoch eindeutig Sybil im Mittelpunkt, die Tiefe ihrer Gefühle, ihr Wesen, ihre Entwicklung im Laufe des Romans. Sybil ist eine Frau, die sich durchzusetzen vermag, die hartnäckig ihre Ziele verfolgt, die Selbstständigkeit schätzt und der die nahende Erblindung Angst macht. Sie sagt bzw. schreibt stets offen, was sie denkt, dabei aber manchmal andere verletzt. Nachdenklicher geworden, erkennt sie letztlich in der Vergangenheit begangene Fehler, strebt Vergebung und Versöhnung an.

Der Autorin ist ein bemerkenswerter Roman gelungen, zweifelsfrei empfehlenswert. Abgesehen vom berührenden Inhalt, denkt man sich wehmütig, wie schade es eigentlich ist, dass es aus der Mode gekommen ist, handschriftliche Briefe zu verfassen. Nichts ist persönlicher, ein besonderer Schatz voller Gefühle, und sie strahlen einen ganz besonderen Zauber aus.

Bewertung vom 13.09.2025
Neuwirth, Günter

Vogelstimmen


ausgezeichnet

Eine albtraumhafte Zukunftsvision

„Vogelstimmen“ von Günter Neuwirth, ist ein niveauvoller politischer Roman, spannend, philosophisch, aufrüttelnd.

Als begeisterte Leserin von Günter Neuwirths historischen Triest-Krimis hat es mich brennend interessiert, ein anderes Genre aus seiner Feder zu lesen. Und es wurde eine interessante Erfahrung. Denn dieses Buch, das 2024 erschien, ist ausgesprochen vielseitig, punkto Thematik und Sprache sehr anspruchsvoll und herausfordernd, u.a. wenn es um philosophische Gespräche zwischen Wissenschaftlern geht, wo zwangsläufig auch Fachausdrücke fallen. Der Roman ist mit weitreichendem Fachwissen verfasst, sprachlich nuanciert. Andererseits gestaltet sich die riskante Reise der Protagonisten entlang der Westküste Afrikas als äußerst spannend. Der gesamten Handlung liegt zudem eine brisante politische Lage zugrunde. In Europa brodelt es, Länder schotten sich ab, Umweltschützer werden wie Terroristen behandelt. All die Themen, die uns tagtäglich bereits heutzutage unter den Nägeln brennen, wie Klimaveränderung, Überbevölkerung, Völkerwanderung, Raubbau an der Natur und Rohstoffen, Ausländerfeindlichkeit, gefährdete Demokratie, Gewaltherrschaft, Krieg und Frieden, u.v.a.m. bilden den Hintergrund für den Roman.

Im Hinblick auf das Szenario, das im Übrigen in der nicht allzu fernen Zukunft angesiedelt ist, mutet das Cover seltsam lieblich an und der Titel befremdlich. Doch Rémy, einer der Hauptprotagonisten, ist Ornithologe, der seit frühester Jugend die Gesänge der Vögel erforscht. Gewissermaßen ziehen sich seine Erkenntnisse und Fähigkeiten, über die nicht so mit der Natur verbundene Menschen nicht mehr verfügen, als roter Faden durch den Roman. Die zweite Hauptperson ist Verena, Mathematikerin und Informatikerin, im wissenschaftlichen Umweltschutz aktiv. Sie wurde beauftragt, wichtige, in einer Forschungsstation am Südpol gesammelte Daten nach Europa zu bringen. Sie strandet wie Rémy in Senegal. Er folgt Zugvögeln zurück nach Europa, den Gartengrasmücken, sie muss die Daten retten. Gemeinsam mit zwei anderen Mitgliedern der Umweltschutzorganisation Blue Marble haben sie eine entbehrungsreiche und gefahrvolle ca. 3.000 km lange Autofahrt an Afrikas Westküste zu bewältigen.

Der stetige Perspektivenwechsel, auch zu Protagonisten, die sich in Europa befinden – den Gitarristen Alwin und die australische Straßenmusikerin Karlene, die sich in Spanien kennenlernen, sowie Harald und Katja, die in London am eigenen Leib gewaltsamen Aktionen ausgesetzt sind – gestalten die Handlung tempo- und abwechslungsreich, und steigern die Spannung. Man fiebert mit den Figuren mit. Eine Zukunftsvision, beklemmend, inklusive verstörender Denk- bzw. Lösungsansätze, doch mit der hoffnungsvollen Ansage am Ende des Buches: „Selbst wenn die halbe Welt da draußen verrücktspielt … wir kämpfen mit den Mitteln der Vernunft und der Empathie …“

Die Charaktere wirken lebendig und authentisch, weisen Stärken und Schwächen auf und zeigen Emotionen. Vor allem machen sie im Laufe der Reise eine Entwicklung durch. Sowohl Rémy, der mit der Natur Verbundene, als auch die kühle, von Vernunft geprägte Verena, sind Einzelgänger und haben Probleme, zwischenmenschliche Beziehungen zu knüpfen. Doch letztlich finden sie nicht nur in Liebe zueinander, sondern erkennen auch den Wert von Freundschaften.

Mich hat die Lektüre jedenfalls gepackt, nicht nur die spannenden Erlebnisse der Protagonisten, sondern generell die zugrundeliegende Thematik, die nachdenklich stimmt und zu Diskussionen anregt. Von mir gibt es eine eindeutige Leseempfehlung! 5 Sterne.

Bewertung vom 12.09.2025
Sauer, Hardy

Gaditanos


ausgezeichnet

Kriminelles Cadiz

Mit „Gaditanos“ ist Hardy Sauer ein spannungsreicher Debutroman gelungen.

Kurz zum Inhalt:
Ein amerikanischer Tourist kommt bei einem Unfall ums Leben. Auf den ersten Blick ist es ein Unfall, auf den zweiten Mord. Sein Umfeld ist mysteriös. Die Kriminalbeamtin Yolanda hat in der Folge nicht nur mit äußerst gefährlichen kriminellen Machenschaften zu tun, sondern gerät auch in eine familiäre Zwickmühle.

Ganz ehrlich, obwohl rot eine Signalfarbe ist, mich hätte das Cover nicht angesprochen, aber der Titel hat mich neugierig gemacht. Das Buch erschien 2025. Die Kapitel sind eher kurz gehalten, die Handlung spielt in der nicht näher bestimmten Gegenwart und umfasst einen Zeitraum von vier Tagen. Der Schreibstil ist flüssig, dialogreich. Man ist sofort mitten in der Geschichte, braucht allerdings einige Zeit, um den Überblick über die Vielzahl der Personen zu gewinnen. Das Lokalkolorit wird gut vermittelt, allein schon sprachlich durch spanische Ausdrücke, aber auch durch landschaftliche Beschreibungen, Besonderheiten wie den Küstennebel. Der im Buch vorhandene Stadtplan ist leider zu winzig, kaum lesbar, der QR-Code gut gemeint, aber auch umständlich.

Der Krimi ist exzellent aufgebaut, vom Anfang bis zum Ende spannend. Erzählt wird aus drei Perspektiven: aus Sicht von Yolanda, der Kriminalinspektorin, Arnou, einem Kleinganoven, und Jamie, einer Profikillerin. Durch diese stetigen Wechsel lernt man einerseits die agierenden Personen näher kennen, andererseits gestaltet sich die Handlung dadurch abwechslungs- und temporeich. Die Spannung bleibt stets auf hohem Niveau. Immer wieder ergeben sich auch brenzlige Situationen, actionreiche Szenen. Der Fall gestaltet sich zusehends komplexer. Wer agiert mit- oder gegeneinander? Unerwartete Wendungen überraschen einen immer wieder. Bis zum Ende, das zwar so einiges klärt, aber eindeutig auf eine Fortsetzung hinweist.

Was die Personen anbelangt, so gibt es kein „Schwarz“ und „Weiß“, sondern facettenartige Grautöne in der Charakterisierung, so hegt man durchaus Sympathie für eine Killerin, und die Polizistin handelt ebenfalls nicht immer ganz gesetzeskonform. Generell sind alle, ob gut oder böse, gut vorstellbar beschrieben, manche mehr, manche weniger ausführlich. Insbesondere die beiden Frauen, Yolanda und Jamie bestechen durch (wenn auch seitens Jamie eher kriminelle) Energie, Einfallsreichtum und Durchhaltevermögen. Beide sind in Kampftechniken bestens ausgebildet. Yolanda punktet auch mit Familiensinn und Emotionen. Arnou und Nacho, sind clever und wahre Freunde.

„Gaditanos“ war ein Pageturner, beinhaltete alles, was ich mir von einem Krimi erwarte: eine gewisse Undurchsichtigkeit der Hintergründe, prickelnde Spannung und actionreiche Szenen, sympathische Protagonisten und ein ansprechendes Lokalkolorit. Von mir gibt es eine unbedingte Leseempfehlung und 5 Sterne.