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bolie
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Langscheid

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Insgesamt 941 Bewertungen
Bewertung vom 03.09.2025
Aly, Götz

Wie konnte das geschehen? Deutschland 1933 bis 1945 (eBook, ePUB)


ausgezeichnet

Das Unheil beginnt damit, dass Hitler nebst Anhang sich wohl unter anderem die Türkei als Vorbild nahm. Massenmord an den Armeniern und das als „Reinigung der Rasse“. Und der Führer hatte zudem noch viele Gefälligkeiten für seine Anhänger parat. Das waren zum Beispiel: Der Besuch des Gymnasiums war künftig auch für sozial schwache Jugendliche möglich. Denn, man höre und staune, die Juden hatten höhere Abschlüsse als Christen. Sie lasen halt mehr und diskutierten ausgiebig. Das wiederum erlaubte ihnen bessere Berufe zu ergreifen und so höhere Einkünfte zu erzielen. Der Neid war also schon vorprogrammiert.

Eine breite Zustimmung bekam Hitler im Saarland. Die Menschen wollten zurück nach Deutschland. Und dann gab es diese sogenannten „Pfaffenprozesse“. Sie wurden vom Volk bejubelt. Endlich, so meinten die Betroffenen, greift der Führer durch. Er beschützt unsere Kinder. So viele weitere Neuerungen führten dann zur Wahl der NSDAP und ihrem erdrutschartigen Sieg.

Herr Aly berichtet in seinem Buch „Wie konnte das geschehen? Deutschland 1933 bis 1945“, dass selbst im Jahr 1989 noch gravierende Fakten aus der Zeit des „Dritten Reiches“ verschwiegen wurden. Und das sogar von „Historikern“. Was versprachen sie sich davon? Schämten sie sich etwa? Begriffe wie „Judenbuße, Reichsfluchtsteuer, Vierjahresplan, blöder Gefühlsakrobat und Gemeinschaftsfremde“ werden in dem Sachbuch erläutert.

Ein Kapitel hat mich besonders bewegt. Das war der Bericht über den Bischof von Münster, Herrn Galen. Er predigte klar und deutlich, was er von der Ermordung Behinderter hielt. Das veranlasste die Täter, diese Aktionen zunächst einzustellen. Fakt ist allerdings, dass dieser Bischof ganz alleine für das Recht der Betroffenen eintrat. Weder geistliche Würdenträger, noch Künstler noch andere in der Öffentlichkeit stehende Personen unterstützten ihn.

Im weiteren Verlauf des Krieges wird klar, dass Deutschland pleite und Hitler praktisch gezwungen ist, weiter Krieg zu führen. Nur so kann er hoffen, dass er das Dilemma vor seinen Anhängern verbergen kann. Dass das nicht funktionierte, wissen wir. Am Schluss des Buches gibt es einen Umfangreichen Anhang. Wer also noch weiter eintauchen möchte in das Grauen, der wird hier Adressen finden, die ihm bei seinen Recherchen behilflich sind.

Heute las ich folgenden Satz: „Götz Aly legt sein letztes großes Werk vor.“ Das stimmt mich traurig. Seine Bücher sind für mich das Sinnbild von Aufklärung. Darüber, wie es sich zur Zeit des Nationalsozialismus leben ließ. Sein Wissen und seine gewissenhaften Recherchen sind einzigartig in der Welt der Historiker. Ohne krampfhafte Versuche, das Vorgehen damals zu entschuldigen, schreibt er klar und deutlich, wie selbst kluge Frauen und Männer sich von den Rattenfängern vereinnahmen ließen. Keine Frage, für mich war das Lesen ein Muss und das empfehle ich allen Menschen, die mitreden wollen.

Bewertung vom 30.08.2025
Collin, Philippe

Der Barmann des Ritz (eBook, ePUB)


ausgezeichnet

Frank Meier gehörte zu den besten Barkeepern seiner Zeit. In Paris mixte er seine exquisiten Cocktails für die Größen der Nationalsozialisten. Nachdem Hitler in Frankreich einfiel und dieses Land sehr schnell einnahm, passten sich viele Franzosen den Ansichten ihrer Besatzer an. Auch hier wurden Juden gedemütigt, verfolgt und in Konzentrationslager verbracht. Was dort mit den Menschen geschah ist bis heute unvorstellbar.

Dass der "Barmann des Ritz" ständig mit der Angst leben musste, als Jude erkannt zu werden, das wussten nur wenige Menschen. Und trotzdem versuchte er immer wieder, seinen Leidensgenossen zu helfen. Warum? Weil er sehr gut wusste, wie sie sich fühlten und dass sie auf die Hilfe anderer angewiesen waren. Er hörte viel, wenn sich die Anhänger des „Führers“ unterhielten. Die Angst vor Entdeckung war aber immer dabei und sehr oft entkam er ihr um Haaresbreite.

Das Buch ist der erste Roman des Autors. Es beschreibt das Leben von Frank Meier, dem Barmann des Ritz, der hier tatsächlich seinen Dienst tat. Es ist eine Mischung aus Fiktion und Fakten. Mitreißend erzählt und niemals idealisiert. Fünf Sterne sind eigentlich zu wenig für dieses mitreißende Werk.

Bewertung vom 23.08.2025
Wood, Benjamin

Der Krabbenfischer (MP3-Download)


ausgezeichnet

Er weiß nicht, wer sein Vater ist und lebt mit seiner Mutter in einer kleinen Kate am Rand des Ortes Longferry in Irland. Den Unterhalt verdient er sich mit dem Krabbenfang. Nicht immer hat er dabei Glück und oft ist Schmalhans Küchenmeister. Das Leben ist eintönig, bis ein Besuch alles ändert. Thomas Flett lernt, dass es viel mehr als seine Krabben und die Launen der Mutter gibt.

„Der Krabbenfischer“ aus dem „Dumont Buchverlag“ beeindruckt durch eine niveauvolle Sprache. Bei dem Gast, von dem hier die Rede ist, handelt es sich um einen amerikanischen Regisseur. Sofort ist Thomas dieser weltgewandte Mann sympathisch und er träumt von einem Leben in Reichtum. Ohne Pferd und Karre, ohne Krabben und in einem schönen großen Haus.

Die Erzählung kommt ohne überzogene Spannung oder laute Dialoge aus. Es ist ein sanftes Buch mit einer Tiefe, die durch den Erzähler Raschid Daniel Sidgi so richtig zum Tragen kommt. Es überzeugte mich völlig und ich werde es mit Sicherheit noch einmal hören. Das ausdrucksstarke und dennoch leise Cover passt perfekt zur Aussage des Buches.

Bewertung vom 20.08.2025
Engelmann, Julia

Himmel ohne Ende (eBook, ePUB)


sehr gut

Charlie ist eine junge Frau, die mit einigen Problemen zu kämpfen hat. Ihre beste Freundin lacht neuerdings über sie. Im Klassenzimmer hat sie den Platz neben Charlie verlassen und auf dem Schulhof tut sie so, als würde sie sie nicht kennen. Der Vater hat seine Familie „ausgemustert“ und Charlie glaubt, dass es an ihr lag. Und dann kommt auch noch der „Italiener“ und drängt sich in ihre ruhige Zweisamkeit. Okay, klar möchte Charlie, dass ihre Mutter glücklich ist. Sie fragt sich allerdings, ob dieses Glück zwingend mit der Geburt eines Kindes gekrönt werden muss.

„Himmel ohne Ende“ ist der erste Roman von Julia Engelmann. Ihr Gefühl für Sprache ist kaum zu übertreffen. Sie zeigt deutlich, wie sehr Jugendliche zu kämpfen haben. Sei es, dass sie ausgeschlossen werden aus einer Gemeinschaft, oder die erste Liebe erleben. Bei Charlie gibt es ein weiteres Problem, das sie nur mühsam annehmen kann. Ihre Mutter hat die Trennung akzeptiert und ist mit einem anderen Mann glücklich. Auch Charlie will die Zurückweisung der ehemals besten Freundin vergessen. Wie gut, dass sie in dem neuen Mitschüler jemanden kennenlernt, der sie dabei unterstützt.

Das Debüt ist gelungen. Frau Engelmann wird mit ihrem Roman erfolgreich sein und hat auch mich von ihrem Können überzeugt. Sehr gerne bewerte ich das Buch mit vier Sternen und gebe eine Leseempfehlung.

Bewertung vom 20.08.2025
Konishi, Masateru

Die Bibliothek meines Großvaters (eBook, ePUB)


ausgezeichnet

Der Autor Masateri Konishi lebt in Japan und mit „Die Bibliothek meines Großvaters“ brachte er seinen ersten Roman heraus. Die Hauptfiguren sind Kaede und ihr dementer Großvater. Sie haben ein gemeinsames Hobby: das Lesen. Und trotz seiner kognitiven Beeinträchtigung verfügt der Senior über eine großartige Kombinationsgabe. Er und Kaede lösen gemeinsam Kriminalfälle, deren Ursprung die junge Frau in Form von Zeitungsausschnitten fand.

Der Sprachstil japanischer Autoren unterscheidet sich von jenen aus Europa. Sehr blumig und von einzigartiger Zurückhaltung, so empfinde ich ihn. Die Gespräche zwischen Großvater und Enkelin sind geprägt von Liebe und Verständnis. Gut zu erkennen, dass Herr Konishi eigene Erfahrungen im Umgang mit seinem dementen Vater einfließen ließ.

Ganz besonders ist auch die Aufmachung des Buches. Das schöne Cover sowie ein farbiger Buchschnitt machen es zu einem außergewöhnlichen Werk. Dank der gehobenen Sprache und der sehr guten Übersetzung ist das Buch auch für Leser empfehlenswert, die gute Literatur zu schätzen wissen.

Bewertung vom 08.08.2025
Metzenthin, Melanie

Wer ins Licht treten will


sehr gut

Renate Schwarz verfolgt das Fußballspiel ihres Verlobten und ist völlig aus den Häuschen. Gefangen von seinen Paraden aufs Tor des Gegners kann sie erst nach Minuten nachvollziehen, was unten auf dem Platz vor sich geht. Matthias liegt auf dem Rasen und krümmt sich vor Schmerzen. Sofort eilt sie zu ihm und muss dennoch ratlos stehen bleiben. Er wird in die Uniklinik gebracht. Wäre ihr Onkel und Ziehvater nicht bei ihr, um sie zu trösten, sie wäre zusammengebrochen.

Auch der zweite Band um Renate Schwarz gefiel mir gut. Melanie Metzenthin verstand es wieder einmal hervorragend, Fakten und Fiktion zu verknüpfen. Der Krieg war noch in den Köpfen der Hamburger präsent und dazu gehörte auch die Gesinnung der Nationalsozialisten. Es gab zu viele Anhänger Hitlers, die sich ihren „Persilschein“ holten. Sie wollten so weitermachen, wie während des Krieges.

Nur gut, dass es Menschen wie Renate und ihren Onkel gab. Für beide war es nicht leicht, sich gegen die Anfeindungen und Intrigen durchzusetzen. Zum Glück fanden sie in den Verwandten von Matthias Hilfe. "Wer ins Licht treten will" zeigt eindrucksvoll, welchen Kampf nicht nur Frauen ausfechten mussten, damit unser Dasein lebenswert werden und bleiben konnte.

Bewertung vom 29.07.2025
Castillo, Linda

Aschetod (MP3-Download)


ausgezeichnet

Milan Swanz ist auf dem Heimweg. Betrunken torkelt er über die Landstraße als plötzlich ein Auto anhält. Er freut sich, dass der Fahrer ihn auffordert einzusteigen. So kommt er schneller in sein Bett, so denkt er. Wenige Stunden später wird er tot aufgefunden. Auf grausame Art ermordet. Wer steckt dahinter?

Die amische Gemeinde ist erschüttert. Eines ihrer Mitglieder wurde getötet. Auch wenn er vor einiger Zeit exkommuniziert wurde, so achten seine Glaubensbrüder und -schwestern doch auf sein Schicksal. Für Kate Burkholder ist es ein brisanter und persönlicher Fall. Sie gehörte selbst zur Gemeinde der Amischen. War mit deren Werten aufgewachsen und auf eigenen Wunsch verließ sie die Gemeinde.

„Aschetod“ ist nicht ausschließlich ein spannender Thriller. Wer sich für die Hintergründe der verschiedenen Religionsgemeinschaften interessiert, wird hier bestens aufgeklärt. Des Weiteren wird der Leser gekonnt auf Spuren hingeführt, die ins Leere laufen. Aber gerade das macht für mich ein Buch erst spannend.

Zum Schluss gibt es noch den unverzichtbaren Höhepunkt mit atemloser Spannung. Und nein, das Ende ist keineswegs vorhersehbar. Auch wenn es mein erstes Buch der Reihe war, ich konnte ohne Einschränkung folgen. Es handelt sich um einen abgeschlossenen Band der Reihe, die ohne Vorkenntnisse klar und verständlich gelesen werden konnte. Das lag nicht ausschließlich an der Autorin. Viel mehr wurde das Buch von Tanja Geke sehr gut gelesen. Ja, ich habe ihren Vortrag genossen.

Bewertung vom 29.07.2025
Teige, Trude

Wir sehen uns wieder am Meer (eBook, ePUB)


ausgezeichnet

Viele Norweger litten unter der Besatzung der Deutschen. Alle hatten nur den einen Wunsch: Sie wollten überleben. Aus dem Grund dienten sie sich ihnen als Hilfskräfte an und waren sich nicht zu schade, ihre Mitbürger zu denunzieren. Birgit hat mit Verrat nichts zu tun. Sie hilft, wo sie kann und begibt sich dabei in Lebensgefahr. Tekla bricht mit ihren Eltern und die dritte im Bunde kann mit ihrer Schuld kaum leben. Sie wird in eine Klinik für psychische Erkrankungen eingewiesen.

„Wir sehen uns wieder am Meer“ ist das dritte Buch, welches ich von der Autorin las. Und wieder einmal war ich gefesselt. Von der Lebendigkeit ihrer Erzählungen und auch von dem Schicksal der Freundinnen. Wie sehr habe sie gelitten und waren tapferer als mancher Soldat es jemals sein konnte. Birgit ging nicht nur ihrer Pflicht als Krankenschwester nach. Sie versuchte ebenfalls, den Zwangsarbeitern zu helfen. Die lebten in Baracken ohne medizinische Versorgung und hungerten häufig. Grausam für mich war die Tatsache, dass auch Babys und Kleinkinder hier leben mussten. Wer floh, der wurde erschossen. Wenn er viel Glück hatte, dann versteckten ihn Menschen des Widerstands.

Auch wenn mir das Ende nicht gefiel, es ist realistisch und zeigt, mit welchen Unsicherheiten die Menschen damals leben mussten. Die Autorin schreibt im Anhang, was sie zum Schreiben des Buches bewog und welche Tatsachen ihr als Grundlage dienten. Ich habe es innerhalb eines Tages verschlungen und meine Leseempfehlung gebe ich sehr gerne.

Bewertung vom 27.07.2025
Kicaj, Jehona

ë (eBook, ePUB)


ausgezeichnet

Gemeinsam mit ihren Eltern floh sie vor vielen Jahren nach Deutschland. Das Ankommen gestaltete sich schwierig und schon in Kindergarten begann für sie die Erfahrung des „Andersseins“. Stets war sie darauf bedacht, niemals aufzufallen und möglichst angepasst zu sein. Oft schweifen ihre Gedanken ab in die Vergangenheit. Denn ihre Heimat kann sie nicht vergessen.

Welch grausames Schicksal mussten die Menschen erleben, die im schrecklichen Krieg gegen Serbien angegriffen wurden. Realistisch und sehr emotional schildert die Autorin Jehona Kicaj in „ë“ die Erlebnisse ihrer Verwandten, die in Albanien geblieben sind. Neben den Ereignissen der Gegenwart berichtet die Ich-Erzählerin immer wieder auch Erfahrungen aus der Vergangenheit. Während des „Kosovo-Krieges“.

Ein Buch, das mich berührte und beschämte. Zu wenig interessierte mich damals das Schicksal der Betroffenen des Krieges. Aus dem Grund bin ich der Autorin sehr dankbar, dass sie mir auf diese Weise die Augen öffnete. Ich nehme das Buch als Anlass für das Lesen weitergehender Literatur. Für dieses Werk gebe ich sehr gerne eine Sternenregen.

Bewertung vom 24.07.2025
Hauff, Kristina

Schattengrünes Tal (MP3-Download)


ausgezeichnet

Als Daniela zum ersten Mal das Hotel „Zum alten Forsthaus“ betritt, fühlt Lisa sich sofort zu ihr hingezogen. Sie wirkt so schutzbedürftig und weckt direkt ihr Helfersyndrom. Mit der Zeit stellte sich allerdings heraus, dass Daniela gar nicht so hilfsbedürftig war. Ganz im Gegenteil und die Frage bleibt, ob Lisa das früh genug merkt oder sie auf den Scherbenhaufen ihres Lebens blicken muss.

Viele Perspektivwechsel machen das Verfolgen der Geschichte nicht einfach. Der Vortrag von Henrike Tönnes erleichtert es aber sehr. Der Spannungsbogen bleibt dauerhaft straff. Bis zum Ende war ich gefangen. Aber wirklich nur bis kurz vor dem Schluss. Der gefiel mir nicht wirklich. Ich hätte mehr erwartet. Außerordentlich gut fand ich den Schreibstil und die psychologischen Aspekte der Geschichte.

„Schattengrünes Tal“ ist das erste Buch, das ich von der Autorin las/hörte. Es wird gewiss nicht das letzte sein und hoffentlich gibt es dann auch wieder ein Hörbuch, das von Henrike Tönnes gelesen wird.