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Nicklas Hermneuwöhner
Wohnort: 
Duisburg

Bewertungen

Bewertung vom 10.12.2010
Leonard Cohen
Graf, Christof

Leonard Cohen


sehr gut

Hatte ich schon an den Vorgängerwerken des Autors nur auszusetzen, dass (bis auf die Veröffentlichung im dtv-Verlag!) die Wertigkeitsanmutung der Bücher hinter meinen (subjektiven!) Erwartungen zurückblieb - für Cohen ist mir keine Aufmachung edel genug, so bin ich diesmal endlich auch insoweit glücklich:

Das hier ist ein Buch, das schwer in der Hand liegt, gutes Papier hat und noch dazu viele, große Seiten und sehr gute, ja fantastische Bilder, viele auch in Farbe.

Dieses Buch ist nun wirklich die Krönung dessen, was auf dem deutschen Markt zu Cohen erhältlich ist und das schreibe ich ohne gerne und ohne jede Lobhudelei. Es lässt sich leicht objektiv begründen: Eine derartig langjährige und intensive und auch professionelle (journalistische) Begleitung dieses Songwriters, Schriftstellers und Poeten ist schlicht ohne Beispiel.

Und es lässt sich tatsächlich dreifach lesen/nutzen:

Erstens als, wie mir gerade von einer begeisterten Leserin per EMail noch bestätigt wurde, der ich ein Exemplar geschenkt habe und die bislang gar kein ausgesprochener Cohen-Fan war, als genussreiche, detailreiche Schmökerlektüre (am besten mit der passenden Hintergrundmusik).

Und, zweitens, auch (!) als echtes Handbuch, was nahezu wissenschaftlichen Charakter hat.
Letzteres wurde einmal hinsichtlich eines Vorgängerwerkes desselben Autors in einer Kritik gerügt, was ich auch nachvollziehen konnte: Diese ausführlichen und akribischen Tabellen über Konzerte, Songs sind nicht jedermanns Sache zu jeder Zeit.
Aber: Es ist gut, sie zu haben! Es ist schön, Konzerte, die man selbst besucht hat, anhand dieser Darstellungen nachzuerleben und es ist nützlich, wenn man auf der Suche nach einem ganz bestimmten Song aus einer bestimmten zeitlichen Ära ist. In der vorliegenden Ausgabe nimmt nun eine zur Songliste erweiterte Diskographie einen vergleichsweise kleinen Teil im Anhang ein.

Und, drittens, und nicht zuletzt als wunderschöner Bildband, der das gesamte künstlerische Leben Cohens mit schönen und auch professionellen Fotografien dokumentiert, die man - schlicht - woanders nicht findet, da sie größtenteils vom Autor selbst stammen.

Sogar ich, als eingefleischter Cohen-Fan über Jahrzehnte, erfahre Neues, da die Tiefe der Betrachtung, das Einfühlungsvermögen in das Werk Cohens und auch seiner künstlerischen, philosophischen und religiösen Hintergründe noch einmal enorm gesteigert wurde.

Es sind zuviele Stellen an denen das belegt werden kann, als dass ich nicht zuviel Mühe hätte, diese Stellen hier einzeln zu belegen.

Es verdient auch Hervorhebung, dass, wohl unvermeidliche (?), hagiographische Effekte minimal sind, wenn man auch insoweit alarmiert sein könnte ob des Untertitels des Werkes. "Titan der Worte" ist und bleibt für mich ein Goethe, ein Heine, ein Bob Dylan.

Graf würde uns, so glaube ich es nun, berichten, wenn es "Hässlichkeiten" gäbe - anders als dies den Goethe- und Heine-Biografen über Jahrhunderte und bis zum Erscheinen der Bücher von Sigrid Damm (Goethe), Raddatz und Kerstin Decker (Heine) zugetraut werden konnte: Von der Mitschuld Goethes an unsäglichen Hinrichtung der Marianne Höhn, oder der Finanzierung des "Freien" Dichters und Journalisten Heine durch den französischen Staat hat man sehr, sehr lange gar nichts aus den großen Biografien erfahren.

Die Begeisterung, die Grafs Werk für Cohen erkennen lässt, lässt sich - meine subjektive Meinung - sehr gut und sehr, sehr angenehm mittragen und nachvollziehen.

Eigentlich ist negativ also nur zu bemerken, dass dieses Werk leider nun andere brutal entmutigen muss, gleichzuziehen und wir also sicher jetzt lange Zeit ohne eine Steigerungsmöglichkeit leben werden müssen:

Der über Jahrzehnte (lebenslang?) getriebene Aufwand, die persönlichen Treffen, die eigenen, professionellen Intervi

4 von 4 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.