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marcialoup

Bewertungen

Insgesamt 156 Bewertungen
Bewertung vom 23.10.2025
Lühmann, Hannah

Heimat


sehr gut

Klar, einschneidend und doch subtil

Jana zieht mit ihrem Mann Noah und ihren beiden kleinen Kindern auf ein Dorf. Sie erwartet ihr drittes Kind.
Dort lernt sie bald Karolin kennen, die mit ihren fünf Kindern und Mann eine traditionelle naturverbundene Familienidylle lebt.
Traditionell im Sinne von alten Mustern, die Frau erzieht zuhause die Kinder, der Mann arbeitet, usw. Ein Tradwife-Leben...
Dieses wird in die rechte Szene und AfD-anhängend zugeordnet, das alles weiß Jana aber noch nicht als sie Karolin kennenlernt...
Jana findet es faszinierend wie Karolin Haushalt, Kinder und Leben spielend einfach meistert, dazu noch fröhlich in Social-Media unterwegs ist und außerdem Treffen mit anderen Frauen im Dorf organisiert, sei es zum Stricken, Demo's oder Naturaktivitäten usw.

Karolin hat einen intensiven Sog auf Jana, die regelmäßig Karolin auch in den sozialen Medien verfolgt, was schon Züge von Stalking annimmt, bzw. Jana das scheinbar braucht, um in ihrer neuen Umgebung klarzukommen, denn die Beziehung zwischen ihr und Noah fängt an zu bröckeln. Insgesamt wird Noah sehr kühl und distanziert dargestellt. Man kann kaum Sympathie für ihn entwickeln. Auch weil er in dieser Distanz zusätzlich sehr wenige Szenen erhält. Man fragt sich ständig, wo er eigentlich ist ...

Als Leser/in übernimmt man eine ähnlich beobachtende Haltung.
Über die Seiten hinweg erscheint Jana als Mitläuferin, die sich, wenn andere etwas entscheiden, gar nicht kümmert, bzw. nicht mit einer eigenen Meinung ihren Standpunkt vertritt sondern vieles für gegeben hinnimmt und sich still anschließt. Ich war in vielen Situationen überrascht, wie seltsam Jana reagiert und Geschehnisse über sich ergehen lässt. Sie stellt sich zwar innerlich Fragen, die sie aber unbeantwortet und unausgesprochen in sich trägt. Auch als sie ihre Freundin Karo neben der AfD auftreten sieht...

Das Buch ist mit 170 Seiten eher dünn, trotzdem erhält man einen Einblick in die Tradwife-Szene, was sicher noch über weitere Seiten besser ausgearbeitet hätte werden können, um wichtige Punkte zu intensiveren.
Aber vielleicht möchte das Buch auch Raum lassen für eigene Gedanken, und Augen öffnen um zu sehen, was es neben der Emanzipation der Frau für Rückschritte und Werteverluste gibt...
Das Ende ist skurril und offen für eigene Gedanke... Und fühlt sich an als beginnt eine neue Geschichte...

Die Geschichte selbst ist kurzweilig und liest sich gut fließend.
Das Cover passt hervorragend zum Titel.

Bewertung vom 23.10.2025
Noah, Trevor

Ins hohe Gras


sehr gut

Vorstellungskraft und Konfliktlöser

Es beginnt ja schon mit einer tollen Widmung!
Denn die Vorstellungskraft ist ein wichtiges Detail im Strudel der Regeln, der Menschen, des Chaos in der Welt. Eine Flucht ermöglicht einen Ort des inneren Friedens, den jeder immer und überall erreichen kann, wenn er seine Fantasie einsetzt.
Der Junge und sein Teddybär fliehen vor den Regeln Zuhause eines Morgens ins hohe Gras. Spannend dabei ist die Begegnung mit einem Zwerg am Tor, das der Junge nicht zu öffnen vermag, weil er in die falsche Richtung zieht und er beschimpft das Tor als stur! Doch der Zwerg hat eine andere Sicht darauf und meint, vielleicht seit der Junge der Sturkopf!
Interessanter Punkt zum Nachdenken, um die Sichtweise zu ändern.
Desweiteren regt der Zwerg zu Gesprächen mit der Mutter an, doch das vesteht der Junge zu dem Zeitpunkt noch nicht. Er möchte einfach nur weg von den Regeln, in denen er sich eingesperrt fühlt.
In diesem Buch geht es um Entscheidungen treffen, um Konflikte lösen, um Miteinander umgehen, um gemeinsam sein. Und es geht um Zuhause!
Nachgeben kann neue Welten öffnen und läßt einen Dinge tun, die man nicht wollte, die aber auch glücklich machen können…
In meinen Augen ist es eher ein Kinderbuch. Für Erwachsene findet man nette Besinnungssätze, ein kleines Wachrütteln, um bei Konflikten doch mal anders zu reagieren.
Die Zeichnungen sind sehr lebendig und begleiten die Geschichte bunt mit Raum für eigene Vorstellung.
Ein schönes Büchlein, hauptsächlich für Kinder und Jungendliche. Aber auch Erwachsene erreicht das Buch.

Bewertung vom 23.10.2025
Carlisle, Savannah

Die kleine Inselbibliothek (eBook, ePUB)


gut

Viel Bücherfeeling in vorhersehbarer Story

Lucy, Besitzerin der alteingesessenen Inselbibliothek, die zusätzlich ein Büchertausch-Häuschen betreibt, ist außerdem im Stadtrat eine Stimme, die sich gegen Neubauplanungen im Hafenviertel ihrer Heimatinsel für die Geschäfte und Inselbewohner einsetzt.
Kurz vor der nächsten Stadtratssitzung trifft sie auf Logan, der auf die Insel geholt wurde, um profitorientierte Baumaßnahmen in die Wege zu leiten.
Der Zusammenstoß mit Logan war ein Zufall, den Lucy im Nachhinein lieber ungeschehen gemacht hätte...
Oder doch nicht?

In ihrer Bücherei tankt sie neue Kraft in ihrer bezaubernden Tauschbar, wo Leser und Leserinnen kleine Botschaften in den ausgeliehenen Büchern hinterlassen. Eines Tages findet Lucy darin eine Botschaft, die sich im weiteren Verlauf wie ein blind Date für sie entwickelt.
Wer mag der Unbekannte sein, der ihr immer so interessante Empfehlungen und nette Worte hinterlässt?

Damit ist die Geschichte im groben auch schon erzählt und entwickelt sich relativ vorhersehbar, wie es bei diesen Cosy-Romanen üblich ist.
Es trifft nicht ganz meinen Geschmack, da ich selten triviale, austauschbare Geschichten lese, die es zuhauf gibt. Mich hat das Cover und die Idee der Botschaften im Büchertausch animiert, dieses Buch zu lesen. Ein herbstlicher Sonntag mit Kaffee und Kuchen und einer kuscheligen Decke hat das Sommerfeeling der Inselbibliothek aufkeimen lassen.
Und ja, warum nicht?
Es ist einfach ein weiterer Roman unter vielen dieser Art, der sicher seine Leserinnen findet.

Bewertung vom 13.10.2025
Howard, Jules

MEGA


ausgezeichnet

Mega - ein perfekter Titel

Schon als ich das Buch ausgepackt habe, war ich überrascht, was für ein großes, hochwertiges Buch ich da in den Händen halte! Passt sehr gut zu mega!

Auf den ersten Seiten bekommt man eine Einführung in den Beginn der Lebensentstehung.
Getrennt nach Spezies, wie Säugetiere, Vögel, Fische usw. bekommt man dann das jeweils ausgestorbene „Ur-Tier“ vorgestellt, das auf den nächsten Seiten abgelöst wird von den sich daraus entwickelten, heute lebenden, großen Tieren. Die Aufteilung der einzelnen Tiere ist klar und sehr gut strukturiert. Das Porträt der heute lebenden Tieren im Vergleich mit den ausgestorbenen Riesen ist steckbriefartig aufgebaut und liefert außerdem wertvolle Informationen, die aber überschaubar und nicht überfordernd für Kinder bleiben.
Auf zwei weiteren Seiten werden die „Funktionen“ der heute lebenden Tier-Riesen lehrreich und leicht verständlich erklärt. So erfährt man welchen Einfluss die Tiere auf die Natur und andere Lebewesen haben und wie wichtig diese Symbiose für ein natürliches Gleichgewicht ist, z.B. der Elefant als Landschaftsgärtner oder die domestizierten Paarhufer, die uns Wolle, Fleisch und Milch schenken.
Die auf den Lebensraum abgestimmten Illustrationen lassen die Tiere sehr eindrucksvoll wirken. Die Zeichnungen sind allesamt mit freundlichem Blick dargestellt, sodaß keine Ängste bei kleineren Kindern geschürt werden.

Am Ende des Buches wird auf das Artensterben aufmerksam gemacht und um diesem nicht hilflos gegenüber zu stehen, werden gleichsam Mitmach-Aktionen vorgestellt, bei dem jede/r Einzelne aktiv werden kann. So werden die jungen Leser/innen zusätzlich sensibilisiert, auf die Umwelt zu achten. Ich denke, damit kann man nicht früh genug beginnen!

MEGA ist ein Buch zum Interesse wecken für die Themen Tiere, ihre Entstehung, Natur, Umwelt und die Symbiose aller.
Es erklärt mit geschickt verständlichen Worten die Entwicklungsgeschichte, ohne die wir Menschen nicht existieren würden.

Ab 7 Jahre ist sicherlich ein gut gewähltes Alter, aber auch als Erwachsene gab es bei uns noch Aha-Momente und wir haben gern mit darin geblättert und gelesen!

Bewertung vom 27.09.2025
Bhatter, Ina

Drei Tage im Schnee


ausgezeichnet

Leise wie Schneeflocken, tröstlich und lebensbejahend

Drei Tage im Schnee ... sollte man einfach mal verbringen!

Das kleine Büchlein mit nur 165 Seiten hat mich insofern beeindruckt, dass ein kleines Mädchen, Sophie, einer jungen Frau, Hannah, zu einem anderen Blickwinkel aufs Leben verhilft. Zudem findet man einige nette Lebensvergleiche, z.B. das Einweckglas voller Sand, Kiesel und großen Steinen sowie ähnliche Metaphern oder Weisheiten, liebevoll umgesetzt.

Man verfolgt wie Hannah ihr Leben langsam verändert, in ihrer Kindheit schwelgt und versucht, dieses Erwachsensein abzustreifen, weniger im Zwang der Vorschriften, mehr im Hier und Jetzt, und insgesamt freier zu leben, so wie man es sich als Kind einmal vorgestellt hatte: man kann dann alles tun was man will... Tut man aber selten als Erwachsener.

Es gibt einige relevante Stellen, die man sich gern markiert oder herausschreibt, um im Alltag immer daran zu denken, es auch selbst zu versuchen.
Man liest das Buch nicht einfach so weg sondern geht mit Hannah und ihren Gedanken im leise knirschenden Schnee Schritt für Schritt, Kapitel für Kapitel.

Das Cover fängt die Stille einer Schneenacht ein und entzückt mit einem weiteren Bildabdruck unter dem Papierumschlag.

Ein feines, entschleunigendes Besinnungsbuch für das eigene Leben. Auch nett zum Verschenken!

Bewertung vom 19.09.2025
Boyle, T. C.

No Way Home (deutschsprachige Ausgabe)


sehr gut

Abhängigkeiten

Terrence's Mutter stirbt. Er fährt in ihr Haus in Nevada, das er erbt, und wird von der Nachbarin Margaret, einer engen Freundin seiner Mutter, abgefangen, die Mutters Hund Daisy an der Leine hat und ihm diesen übergibt.
Terrence, alleinstehender Assistenzarzt Anfang 30, muss mit der neuen Situation erstmal klar kommen, wohnt er doch in einer kleinen, wenig benutzen Wohnung in der Stadt.
Er ist Arzt, immer. Er arbeitet im Krankenhaus für Obdachlose und erlebt dort oft Schlimmes. Aber auch wenn er fremde Leute sieht, egal ob auf der Straße, in Cafés usw. schaut er primär, wie es um sie steht, bildet in seinem Kopf mögliche Diagnosen.
In sich gekehrt, ruhig und sympathisch kommt Terrence beim Leser an. Aber auch ein bisschen hilflos ob der plötzlichen Dinge, die wegen des Todesfalls zu regeln sind. Mit Änderungen in seinem Lebensablauf scheint er überfordert.
Bei seinem Kurzaufenthalt im Haus seiner Mutter lernt er eines Abends eine junge Frau, Bethany, in einer Bar kennen, die sich aus ihren Umständen heraus spontan bei ihm einquartiert, damit Hund und Haus nicht allein sind, wenn Terrence wieder als Arzt in seiner Großstadt ist. Allerdings ohne Terrences' Einverständnis...

Bethany weiß ihren Charme und ihr dominantes Auftreten perfekt einzusetzen, um Terrence immer wieder um den Finger zu wickeln und in seine Schwächen zu greifen, um ihr eigenes Ziel zu erreichen.
Und Terrence verfällt ihr immer wieder...
Allerdings braucht auch Bethany Terrence!
In diese Abhängigkeitsbeziehung mischt sich Jesse ein, Bethany's eifersüchtiger Ex und komplettiert das Dreigespann einer toxischen Beziehung.
Aus dem einst so ruhigen Leben Terrences', das überwiegend aus Arbeit im Krankenhaus bestand und sonst sorglos und geordnet verlief, entwickelt sich ein Chaos aus entgleitenden und entgleisenden Ereignissen.

Die Kapitel wechseln zwischen den drei Personen und lassen dadurch intensive Einblicke zu.
Jesse ist z.B. doch anders als man zu Beginn aus Sicht der anderen denkt.
Thematisiert sind toxische Beziehungen, Obdachlosigkeit und das Krankensystem in den USA und hinterlässt teilweise einen schalen Nachgeschmack. Man muss bereit sein, den genauen Blick menschlicher Abgründe zu ertragen!
Die Qualität der Geschichte ist jedoch T.C.Boyle-einzigartig!

TC Boyle schreibt genial, mit kraftvollen Worten, gewürzt mit menschlicher Gedankentiefe, gespickt mit Absurditäten, totaler Offenheit und dem Gefühl, die Rolle des Beobachters einzunehmen. Die Symbiose zwischen Mensch und Tier ist beiläufig und zehrt von nebensächlicher Wichtigkeit für den Verlauf der Geschichte.

Das Cover zeigt nebulös Ansätze einer Großstadt, der Wüste und einer Frau, die über allem steht und trotzdem verschwommen bleibt.
"No way home" gilt für alle Protagonisten...

Bewertung vom 15.09.2025
Swidler, Nicole;Swidler, Uli T.

Herzlauschen


ausgezeichnet

Sinnesrauschen - zwischen den Zeilen

Das Lampenfieber der berühmten Sopranistin kurz vor ihrem Auftritt ist spürbar. Letzte Vorbereitungen wuseln hinter der Kulisse während auf der Bühne schon der Beginn startet...
Tessa's Gesang ist berauschend, berührend und geht in die Tiefe, deren Gefühle wiederum von dem gehörlosen Paul, der im Publikum sitzt, auf einem Skizzenblock festgehalten werden.

Großartig wie das Autorenehepaar Nicole und Uli Swidler die Lesenden intensiv in dieses Konzert hineinholt, sodass man wie aus einer Live-Show danach wieder auftaucht als hätte man es gerade selbst erlebt!
Ausgelöst durch die beiden Blickwinkel, die Tessa und Paul aus unterschiedlichen Perspektiven und Empfindungen verströmen, kommen wir Lesenden beiden Protagonisten sehr nahe, da die Kapitel von Tessa zu Paul hin und her wechseln.
Dadurch entblättern sich nach und nach ihre jeweiligen Lebenssituationen, die aus der Vergangenheit heraus in eine Zukunft geraten, die Wunsch und Sehnsucht vereinnahmt.
Beide Charaktere sind stark gezeichnet, verkörpern Lebendigkeit und Wärme, die überspringen.

Tessa, 45, Sopranistin, gefangen in ihren Gefühlen und in ihrer Berühmtheit, die sie zwingt, im Privatleben unterzutauchen... den goldenen Käfig zu wahren.
Paul, 50, Bildhauer, gehörlos, und ebenfalls gefangen auf andere Art und Weise.
Beide haben bewegte Lebensgeschichten um die herum Netzwerke bestehen, die sie daran hindern, abzustürzen.

Gefühlsintensität, Schicksal, Einsamkeit und Angstgefühle vor den großen Bühnen der Lebensmomente lassen eine bittersüße Liebesgeschichte entstehen, die eine neue Welt kreiert.
Doch was zu Beginn einfach erscheint, verkompliziert sich durch ihre verschiedenen Welten. Paul und Tessa fallen mit aufgerissenen Herzen und es bleibt spannend zu verfolgen, was daraus wird.

Das dunkle Cover fällt auf den ersten Blick nicht so sehr auf, doch lässt die Schrift in Rottönen hinsehen auf die Dame, die mit dem Rücken zu uns gekehrt, fast ein bisschen verloren, fragend, ins Publikum schaut und damit das Cover ins Bühnenlicht rückt, aber auch die Größe, für die sie steht.
Beim Lesen des Romans versteht man dann die Genialität des Covers und spürt die Sinnesberauschung, die beschriebenen Momente und die Einsamkeit einer Berühmtheit ebensosehr wie die feinen Nuancen, die von Paul ausgehen, der durch seine Gehörlosigkeit eine andere Wahrnehmung eröffnet.
Herzlauschende Feinsinne!
Musik und Gehörlosigkeit scheinen im ersten Atemzug unvereinbar, aber das genaue Hinspüren beweist das Gegenteil.

Ich bin fasziniert und lege diesen außergewöhnlichen Liebesroman an jedes Herz zum Lauschen!

Bewertung vom 01.09.2025
Sauer, Anne

Im Leben nebenan


sehr gut

Antonia und Toni, eine Person, zwei Leben...

Was wäre wenn ...
Interessante Darbietung eines Lebens in zwei Akten: wie es verlaufen ist und wie es verlaufen hätte sein können.
Toni lebt mit Jacob in einer Beziehung, unverheiratet, kinderlos, mit Trauer, Enttäuschung und Hoffnungen, und mit Kinderwunsch, der sich auf verschiedene Arten nicht erfüllt.
Bis Toni eines Tages als Antonia aufwacht, neben sich ihr frisch geborenes Kind Hannah. Erstaunt findet sie sich in einem modernen, üppig eingerichteten Haus wieder, verheiratet an der Seite ihrer Jugendliebe Adam...
Wo ist Jacob?
Nach Schock kommt Realität, kommt Engegefühl, kommt Angst, kommt Fluchtgedanke. Antonia versucht, aus dieser Situation wieder rauszukommen, aber wie?

Die beiden Leben laufen parallel und wir beobachten, wie Antonia und Toni sich ändern, wie sie durch die Situationen verändert werden, was sie verlieren, was sie gewinnen, was wirklich wichtig ist.

Kurzweilig und mit lockerer Sprache, mit humorvollen aber auch ernsten Abschnitten unterhält uns die Autorin in diesem Roman, der allerdings intensiv um das Thema Kinder kriegen oder nicht kreist. Sehr gut dargestellt ist der Alltag mit Baby und vielleicht spricht es eher die Lesenden an, die vor diesen Entscheidungen stehen.

Das Cover gefällt mir übrigens sehr gut! Die Unterwasser-Aufnahme hat etwas Klares, Frisches, doch die Sicht schaut über Wasser.

Bewertung vom 17.08.2025
Graw, Theresia

In uns der Ozean


ausgezeichnet

Pestizide! Rachel Carsons Geschichte

Das Leben der Rachel Carson, quasi die Mutter der ökologischen Bewegung, wird von der Autorin Theresia Graw erzählt. Rachel ist Biologin und interessiert sich sehr für Natur, Tiere und Umwelt, ihre Liebe gehört dem Meer.
Ihr Traum scheint Wirklichkeit zu werden als sie an einem Forschungsinstitut am Meer eine Doktorandenstelle angeboten bekommt. Dort lernt sie Mary kennen, die bei der damals schüchternen Rachel ihr Potenzial öffnet.
Ein Mitbewerber schaltet Rachels Chance aus, indem er sich mit Rachels Entdeckung schmückt und ihr die Stelle vor der Nase wegschnappt. Rachel kehrt nach Hause zurück, kümmert sich um ihre Familie, als Vater und Schwester sterben, nimmt verschiedene Jobs an, macht aber selten das, was sie wirklich gern möchte. Viele tragische Momente zeichnen ihr Leben und es scheint, als sei Rachel nur für andere da, bis jemand an sie herantritt und sie bittet ein Buch zu schreiben.
Rachels poetische Naturerzählungen bringen ihr den Durchbruch in der Literatur sowie Beliebtheit und Ansehen, was für eine alleinstehende Frau in den 1950er Jahren eher selten war.

Ein großes Thema dieser Zeit ist der massive Einsatz des Pestizids DDT, das völlig verharmlost dargestellt und großflächig eingesetzt wird.
Als Rachel anfängt, DDT zu hinterfragen, wird es spannend, aber auch erschreckend, erschütternd, unglaublich und grausam.
Mit voller Lebenskraft kämpft Rachel gegen DDT, dessen Verbot sie angestoßen hat, das jedoch noch Jahrzehnte benötigte bis es endlich fast überall durchgesetzt wurde.

Ganz traurig ist nur, dass, wenn ein Pestizid verboten wird, sowieso ein anderes entwickelt wird, dessen Langzeit-Auswirkungen genauso wenig erforscht sind...
Unfassbar die Vorstellung, dass heute noch in manchen Ländern Pestizide mittels Flugzeug versprüht werden und Mensch, Tier und Natur keine Lobby gegen die Chemieindustrie hat.

-In uns der Ozean- ist unterteilt in zwei Erzählstränge, die zwischen Rachels Leben von Kind an und in den 60er Jahren kurz vor ihrem Tod wechseln, bis diese beiden Erzählstränge zusammenlaufen.

Die Schreibweise ist angenehm und leicht zu lesen, anfangs bleibt die Geschichte fast ein bisschen oberflächlich. Durchhalten lohnt aber, denn als Rachel die unschöne Seite der Pestizid-Einsätze aufdeckt und publik macht, kommt Spannung in die Geschichte.
Danke Rachel, dass du Bewegung in dieses Thema gebracht und so bitterlich und mutig gekämpft hast!

Außerdem freue ich mich nun auf Rachel Carsons Buch "Der stumme Frühling", das ich sowieso schon seit längerem lesen wollte! Es hätte dafür keinen passenderen Titel geben können!
Wie traurig wäre Rachel wohl, wüsste sie, dass heute viele andere, ebenfalls gefährliche Pestizide in großem Stil zum Einsatz kommen und auch DDT noch viele Jahre und in mehreren Ländern der Welt auf unterschiedliche Weise weiter eingesetzt wurde...

Das Cover gefällt mir übrigens sehr gut. Es fällt, zusammen mit dem Titel, ins Auge und strahlt eine verschwommene Leichtigkeit und Hoffnung aus.

Ich hoffe, das Buch rüttelt auf, sich mit dem Thema Pestizide, intensiver auseinanderzusetzen!
Es ist schließlich unsere Gesundheit und ohne Natur kein Leben...

Wir sollten für Rachel und für uns selbst weiter kämpfen, denn es betrifft uns alle!

Bewertung vom 04.08.2025
Lewis, Caryl

Wilder Honig


sehr gut

Der Trost der Bienen

Eine leise, zarte Geschichte erzählt die Autorin Caryl Lewis über Hannah, die ihr Leben aus Schicksalen knüpft.
Nach dem Tod ihres Mannes John, der leidenschaftlicher Imker war, erfährt Hannah bei der Testamentseröffnung Unfassbares und ihr komplettes Leben wird in Frage gestellt.
Zerknischt und zutiefst verletzt trauert sie mit verschiedensten Emotionen durch den großen Obstgarten am elterlichen Haus, der einst Geborgenheit schenkte, während ihre Schwester Sadie sie dazu antreibt, die Briefe von John, die er Hannah hinterlassen hat, unbedingt zu lesen…

Mit jedem gelesenen Brief erfährt Hannah Wahrheiten und schöpft durch die Bienenstöcke ihres Mannes und die Geschichte der Bienen neues Vertrauen, das zerbrechlich nach Festigkeit sucht.
Und dann ist da noch Megan…
Die drei Frauen einen gemeinsame Verbindungen und doch kämpft jede für und gegen ihren eigenen Widerspruch im Leben.

Verwoben mit detailreichen Landschaftsbeschreibungen atmen wir apfelsüße Luft oder klaren frischen Morgentau, hören das leise Summen der Bienen und gehen mit Hannah durch stille Naturidylle, getränkt von Schmerz, Enttäuschungen und auch Liebe.
Die behutsam gefeilte Sprache der Autorin gleitet harmonisch durch die Seiten, bringt achtsame Momente, Entschleunigung und naturgetragene Entspannung beim Lesen.
Auch punktet der Roman mit gut eingestreuten, überraschenden Momenten und nur wenigen Längen.
Auf weniger als 300 Seiten ist eine bemerkenswerte Geschichte entstanden, die Trost spendet und ganz viel hinterlässt.