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rosetheline

Bewertungen

Insgesamt 82 Bewertungen
Bewertung vom 07.09.2025
Keßler, Verena

Gym


sehr gut

Wahnsinn im reinsten Sinne des Wortes

In Verena Kesslers Buch "Gym" geht es um eine namenlose Protagonistin, die obwohl sie vorher in einem guten Bürojob gearbeitet hat, nun dringend nach einem neuen Job sucht. Was für ein Job ist ihr dabei erstmal egal und so findet sie eine Anstellung im MEGA Gym, welches von dem selbsternannten Feministen Ferhat geleitet wird.
Schnell gewöhnt sich die namenlose Protagonistin an ihren neuen Job hinterm Tresen, doch fühlt sie sich nicht ganz zugehörig, denn so durchtrainiert wie die meisten ist sie eben nicht. Als einzigen Ausweg sieht sie die Erfindung einer Lüge: Sie hat erst vor Kurzem ein Kind geboren. Ferhat bietet ihr daraufhin an, einen Trainingsplan für sie zu erstellen, der für sie als neue Mama genau auf ihre Bedürfnisse zugeschnitten ist. Diesen befolgt sie anfangs auch, doch reicht ihr dieser nicht aus...

Kessler hat in diesem Roman mehrere Themen aufgegriffen, die vor allem auch in der heutigen Zeit mehr Beachtung finden: Fitnesswahn, Leistungsdruck, Vergleiche, Konkurrenz. Hinzu kommt der Deckmantel des Mutterseins. Denn wer, wenn keine frischgebackene Mutter hat die Erlaubnis "nicht in Form" zu sein?
Neben der Haupthandlung erfährt man als Leser*in zudem noch in Bruchstücken warum die Protagonistin nicht mehr in ihrem vorherigen Job arbeitet und was das alles mit ihrer Entwicklung im MEGA Gym zu tun hat.

Mir hat das Buch gut gefallen. Ich hätte mir dennoch etwas mehr zur Vorgeschichte gewünscht und auch das Ende war nicht ganz ausgefertigt. Darüber hinaus fand ich, dass die Lüge der Protagonistin viel zu einfach aufgenommen wurde und nicht genug Personen kritisch darauf reagiert haben. Daher vergebe ich 3,5 Sterne.

Bewertung vom 07.09.2025
Erdmann, Kaleb

Die Ausweichschule


gut

Schreibprozess und Aufarbeitung

Mit "Die Ausweichschule" hat Kaleb Erdmann seinen zweiten Roman veröffentlicht. Hier schreibt der Autor autofiktional von dem Amoklauf am Gutenberg Gymnasium in Erfurt, der vor dreiundzwanzig Jahren, am 26.04.2002 stattfand und den Erdmann als elfjähriger Schüler selbst miterlebt hatte.

Anders, als ich erwartet hatte, geht es in dem Roman nicht unmittelbar um den Amoklauf oder das Geschehen danach, sondern wird vor allem aus der Sicht des fast Mitte dreißigjährigen Protagonisten erzählt. Dabei besteht die Geschichte vor allem aus drei Handlungssträngen: Gespräche und Zusammenleben mit seiner Freundin Hatice, Gespräche und Treffen mit dem "Dramatiker", einem Mann, der den Amoklauf als Theaterstück inszeniert, sowie dem eigenen Denken und Handeln des Protagonisten.

Obwohl das Thema Amoklauf natürlich ein Thema des Buches ist, geht es vor allem viel um das sich zurück erinnern, darum, wie man so eine schlimme Tat (literarisch) richtig aufarbeiten kann/sollte/darf. Als Leser*in bekommt man dadurch schnell den Eindruck, dass man eigentlich eher den Schreibprozess des Autors und sein Leben drumherum mitbekommt und vergebens auf den fertigen Roman wartet.

Der Schreibstil des Autors ist dabei trotzdem gut zu lesen und hat mir gut gefallen.

Alles in Allem ist es ein Roman, der anders ist, als man erwarten würde. Ich habe ihn trotzdem gerne gelesen, auch, wenn ich finde, dass man viel viel mehr damit hätte machen können. Dabei ist mir bewusst, dass die Thematik schwer ist.

Bewertung vom 07.09.2025
Keskinkiliç, Ozan Zakariya

Hundesohn


gut

Poesie versus Derbheit

Mit "Hundesohn" hat Ozan Zakariya Keskinkılıç seinen Debütroman im Suhrkamp Verlag veröffentlicht.

In dem Buch geht es um Zakariya, einem homosexuellen Deutschtürken, der in Berlin lebt und auf Grindr unterwegs ist, obwohl er immerzu an seine Jugendliebe Hassan denken muss, der weit weg in der Türkei lebt.
Doch geht es hier nicht um eine klassische Liebesgeschichte. Themen wie Herkunt, Identität und Sprache sind wichtige Elemente der Geschichte und es gibt viele Fragmente im Text, die in türkischer, aber auch anderen Sprachen vorkommen und nicht immer komplett übersetzt werden.
Passend hierzu kommt der wirklich poetische und bildhafte Schreibstil Keskinkılıçs dazu, der der Geschichte eine besondere Note gibt. So ist es auch kein Wunder, dass Keskinkılıç vorher Poesie geschrieben hat.
Doch wer nur poetische Sprache erwartet, der sei gewarnt. Schon auf der ersten Seite der Geschichte, kommt eine Derbheit zum Vorschein, die nicht für jede/n ist.

Mir persönlich hat die Leseprobe im Vorfeld sehr gefallen und ich wollte unbedingt wissen, wie es weitergeht. Das Ende des Buches hat mir nicht ganz so gut gefallen und auch einige Passagen im Text waren für mich eher langweilig. Dennoch muss ich die Sprache des Autors hervorheben und kann mir deshalb vorstellen seine Lyrikbände zu lesen. Deshalb vergebe ich 3,5 Sterne.

Bewertung vom 07.09.2025
Rivera Garza, Cristina

Lilianas unvergänglicher Sommer (eBook, ePUB)


ausgezeichnet

Verlust der Schwester durch einen Femizid - Wer war Liliana?

Mexiko-Stadt, Juli 1990. Eine junge, zwanzigjährige Studentin wird von ihrem Ex-Freund ermordet. Ein Femizid zu einer Zeit und in einem Land, in dem dieses Thema noch stark unter den Teppich gekehrt wurde. Ein Mörder, der auch 29 Jahre später noch nicht gefasst wurde und immer noch irgendwo auf freiem Fuß ist.

Die Handlung klingt nach einem Kriminalroman, doch sie hat sich so im echten Leben zugetragen. Aber darum geht es nicht in diesem Buch, zumindest nicht so, wie es zu Beginn scheinen mag.

Cristina Rivera Garza hat mit diesem Buch die Geschichte ihrer Schwester Liliana aufgeschrieben. Sie zeichnet das Bild von Lilianas Jugendtagen bis hin ins junge Erwachsenenalter. Wer war Liliana? Und wer war sie für andere und andere für sie? Anhand von Briefen, Tagebucheinträgen, Gesprächen und Erinnerungen bekommt man als Leser*in einen Einblick in das Leben einer jungen Frau mit Stärken und Schwächen, einer Frau, die man kennen oder selbst sein könnte; einer Frau, die viel zu schnell gehen musste. Eine Frau, die in eine Beziehung geriet, die ihr im Nachhinein zum Verhängnis wurde, selbst nachdem diese schon lange vorbei war. Eine Frau die ermordet wurde und deren Fall kein faires Urteil erhielt.

Rivera Garza hat eine wichtige und herzzerreißende Geschichte über den Verlust eines geliebten Menschen geschrieben, aber darüber hinaus hat sie der Welt mit diesem Buch gezeigt, dass hinter jedem Femizid ein Mensch, eine Frau, mit ihrer eigenen Geschichte steckt. Daher vergebe ich 4,5 Sterne.

Bewertung vom 27.07.2025
Sußebach, Henning

Anna oder: Was von einem Leben bleibt


ausgezeichnet

Unsere Vorfahren sind interessanter als wir denken

Henning Sussebach ist einigen als Redakteur der Wochenzeitung DIE ZEIT bekannt und hat nun ein Buch über seine Urgroßmutter Anna Kalthoff geschrieben.

Anna, geboren im Jahr 1866 in Horn, im Sauerland, wuchs in einer eher armen als reichen Familie auf. Geboren als vierte Tochter, nachdem die Mutter zuvor einen Sohn gebar, der kurze Zeit später starb, war die Enttäuschung umso größer. Und nachdem Annas Vater starb, als sie gerade einmal 12 Jahre alt war, musste ihre Mutter Wege finden, die Töchter "abzusichern". Annas Schwestern heirateten, doch Anna kam auf ein Internat, auf dem sie zur Lehrerin ausgebildet werden sollte. So landete sie nach ihrer Ausbildung letztendlich in Cobbenrode, wo ihre eigentliche Lebensgeschichte spielte. Zwanzig Jahre alt, alleine und dazu noch im damals herrschenden Lehrerinnenzölibat. Ein hartes Urteil.
Und doch kamen Kinder, Enkel und Urenkel. Und einer dieser Urenkel hat diese Lebensgeschichte aufgeschrieben und nimmt uns mit auf eine Reise in die Vergangenheit.

Wüsste man zu Beginn des Buches, mit welch geringer Anzahl an Dokumenten und Erbstücken Sussebach arbeiten musste, würde man sich wundern, wie trotzdem ein ganzes Buch zustande kommen konnte.
Allerdings ist dies ein wichtiger Schlüsselpunkt, der der ganzen Geschichte ihren Reiz gibt. Tiefgreifende Recherche, geschichtliche Einordnung, Empathie, (sinnhafte) Vermutungen. Mit diesen Werkzeugen hat Sussebach eine Geschichte geschaffen, eine Art literarische Biografie, die nicht einfach nur stumpf mit Fakten befüllt ist, sondern sich tief mit einem Menschen auseinandersetzt, den man nie kennengelernt hat und der zu einer Zeit lebte, die einem historischen Film gleicht.

Es ist ein Werk auf das man sich einlassen muss, aber auch akzeptieren muss, dass man womöglich trotzdem Fragen haben wird. Eine tragische und interessante Geschichte mit feministischen Zügen, die vom Autor inhaltlich und sprachlich grandios geschrieben wurde.

Ich kann wärmstens empfehlen das Buch zu lesen oder auf eine der Lesungen zu gehen, da beide meiner Meinung nach fantastisch waren.

Bewertung vom 27.07.2025
Rosa, Maya

Moscow Mule


sehr gut

Karina und Tonya sind beste Freundinnen, die zusammen an der Moskauer Universität Politikjournalismus studieren. Während Tonya in einem Studentenwohnheim lebt, wohnt Karina bei ihrer Großmutter, in einer Wohnung, die gut zwei Stunden von Moskau entfernt ist. Und das, obwohl ihre Mutter in einer Wohnung in Moskau lebt. Die beiden Freundinnen schlagen sich zusammen die Nächte um die Ohren und teilen auch sonst fast alles miteinander - Käsebrötchen und Grüntee, aber auch Männer. Ein scheinbar normales Student*innenleben zwischen studieren und das Leben genießen.
Doch eines Tages wird eine Politikjournalistin mit mehreren Schüssen in ihrer Wohnung getötet, nachdem sie zuvor nur knapp einer Vergiftung davongekommen war. Karina und Tonya beschließen beide, dass sie mit ihrem Studium in Russland keine Perspektive haben und suchen daraufhin nach Möglichkeiten aus ihrem korrupten Heimatland zu fliehen.

Maya Rosa hat mit ihrem Debütroman ein Werk geschaffen, das einen guten, aber auch erschreckenden Blick auf das Leben in Moskau (aber auch Russland im Allgemeinen) gewährt. Themen wie Korruption, Politik, Geschlechterrollen und Armut/Reichtum, aber auch schwierige Familienverhältnisse spielen hierbei eine wichtige Rolle. Vor allem Karinas Beziehung zu ihrer Mutter ist toxisch und erklärt sehr gut, warum diese (unfreiwillig) bei ihrer Großmutter wohnt. Aber auch die Freundschaft von Tonya und Karina ist zu Anfang ein wichtiges Element in der Geschichte, auch, wenn diese immer mehr verblasst.









Lebensrealität Russland

Der Schreibstil von Maya Rosa hat mir gut gefallen und ich konnte das Buch flüssig lesen. Thematisch gesehen war es für mich auf jeden Fall eine interessante Geschichte. Leider kamen einige Themen trotzdem ein bisschen zu kurz. Ich hätte gerne über Karinas Reise nach Berlin und Tonyas Perspektive in der Geschichte gelesen. Generell hätte ich mir etwas mehr Tiefe gewünscht.

Dennoch war es für mich ein Buch, dass ich sehr gerne gelesen habe und dessen Höhen die Tiefen überwiegen. Eine Empfehlung für alle die gerne mehr zu den oben genannten Themen lesen möchten.

Bewertung vom 27.07.2025
Shattuck, Ben

Die Geschichte des Klangs


sehr gut

Viele Fragen

"Die Geschichte des Klangs" von Ben Shattuck erzählt die Liebesgeschichte zwischen Lionel und David, die sich in einer Zeit ineinander verlieben, in der dies unmöglich scheint. Beide verbindet eine Liebe zur Musik, die bei Lionel sogar als Synästhesie ausgeprägt ist.

Nachdem die beiden einen Sommer Musik mit einem Phonographen aufnehmen, zerbricht der Kontakt der beiden und Lionel erfährt erst später, was mit David passiert ist. Im zweiten Teil der Geschichte sieht eine Frau ein Interview mit Lionel und entdeckt daraufhin Tage später im neuen Haus, in das sie und ihr Mann einziehen werden, die Walzen mit der Musik der beiden. Sie versucht Kontakt mit der Vorbesitzerin aufzunehmen, um mehr darüber zu erfahren.

Die Leseprobe hatte mir damals sehr gut gefallen. Shattuck hat einen angenehmen Schreibstil und auch die Geschichte hat durchaus viel Potenzial. Mir hat allerdings eine gewisse Tiefe gefehlt und ich hätte gerne viel viel mehr über Lionel und David erfahren.
Die englische Originalversion ist viel länger und die Geschichten dort sollen auch verwoben sein. Warum das nicht ins Deutsche übertragen wurde, ist mir ein Rätsel. Da es allerdings einen Film zum Buch geben wird, bin ich sehr gespannt, wie dieser sein wird.

Alles in Allem ist es eine schöne, aber zu kurzweilige Geschichte (in der deutschen Version) und daher werde ich mir überlegen sie vielleicht noch im Englischen zu lesen. Deshalb vergebe ich 3.75 Sterne.

Bewertung vom 06.07.2025
Tunnicliffe, Hannah

Detektiv Stanley und das Geheimnis im Museum


ausgezeichnet

Ganz besondere Detektivgeschichte

"Detektiv Stanley und das Geheimnis im Museum" geschrieben von Hannah Tunnicliffe und illustriert von Erica Harrison ist eine ganz besondere Detektivgeschichte für Kinder ab sechs Jahren.

In dieser Geschichte folgen wir dem gerade erst pensionierten Detektiv Stanley, der sich zum ersten Mal in seinem Leben endlich mal nicht mit Kriminalfällen beschäftigen, sondern einfach nur noch Puzzles lösen möchte. Doch eines Morgens bekommt er Post der Museumsleiterin der Stadt und soll einen Fall lösen - denn es soll einen Einbruch gegeben haben! Und wie könnte so ein Meisterdetektiv da schon nein zu sagen?
Doch schnell entwickelt sich die Geschichte anders, als gedacht und Detektiv Stanley selbst landet im Knast. Wie konnte das passieren? Was ist wirklich im Museum passiert und kann Detektiv Stanley den Fall dennoch lösen?

Tunnicliffe hat ein wirklich großartiges Buch geschaffen, dass neben dieser tollen Geschichte, viele kleine Kniffe und Humor mit sich bringt. Angelehnt an Sherlock Holmes (so kleidet sich Detektiv Stanley auch), spielt die Geschichte in der fiktiven Stadt Narlybone, die im realen Leben besser bekannt als Stadtteil Marylebone in London ist, wo man heute auch das Sherlock Holmes Museum findet.
Der Fall um den Diebstahl im Museum dreht sich rund um Zieg Mondrian, den es als Piet Mondrian auch im echten Leben gab und dessen Kunstwerke noch heute weltbekannt sind. Und so lehnt sich auch die ganze Farbgestaltung stark an den Hauptfarben (Titanweiß, Knochenschwarz und Kadmiumrot) Mondrians an.
Doch nicht nur die Farbgestaltung an sich ist wirklich toll und einzigartig, sondern auch die wundervollen Illustrationen von Harrison, die nur so vor Liebe zum Detail strotzen. Auch die Entscheidung die Charaktere als Tiere zu illustrieren, gibt dem Ganzen einen altersgerechten und dennoch nicht zu kindlichen Charme.

Meiner Meinung nach ist es ein wirkliches wundervolles Buch in jeder Hinsicht und eins, dass man definitiv immer wieder lesen wird. Ich kann es nur empfehlen.

Bewertung vom 06.07.2025
Neudert, Cee

tiptoi® Bildergeschichten über den Umgang mit Gefühlen - Amélie Amie und die Sache mit der Vielfalt


ausgezeichnet

Schöne Feriengeschichte voller Diversität

"Amélie Amie und die Sache mit der Vielfalt - Bildergeschichten über den Umgang mit Gefühlen" ist ein tiptoi Buch aus dem Ravensburger Verlag von Cee Neudert.

In dieser Geschichte folgen wir den beiden Freund*innen Amélie und Lucky, die froh sind, dass sie endlich Ferien haben. In ihre Nachbarschaft ist vor kurzer Zeit Ben gezogen, mit dem sie sich anfreunden.
In mehreren Kapiteln erzählt Neudert wie die Kinder zusammen spielen, ihre Hauswand bunt streichen, ein Baumhaus bauen und zu guter Letzt ein kleines Fest mit allen Nachbar*innen feiern. Es ist ein unvergesslicher Sommer, den die Kinder verbringen.
Dabei spielen Themen wie Diversität, Vielfalt und Akzeptanz eine große Rolle, denn sowohl die Lebensrealitäten der Hauptcharaktere sind divers (Ben hat z.B. eine Gehbehinderung und zwei Mütter; Amélie ist eine Person of Colour), als auch die der Nachbarschaft (verschiedene Kulturen und Religionen sowie Familienmodelle).
Außerdem ist das Buch liebevoll gestaltet und illustriert und durch die interaktiven Hörsequenzen ein allumfassendes Lese- sowie Hörerlebnis.

Ein ganz tolles und wichtiges Buch und daher definitiv empfehlenswert.

Bewertung vom 06.07.2025
Peters, Amanda

Beeren pflücken


sehr gut

Familiengeschichte in Nordamerika

Sommer 1962. Eine Mi'kmaq-Familie, ursprünglich aus Nova Scotia, Kanada, fährt nach Maine, USA, um dort auf einer Plantage den Sommer über Blaubeeren zu pflücken. Neben den Eltern, sind ihre fünf Kinder mit dabei. Eines Tages verschwindet das jüngste Kind, die vierjährige Ruthie und wird nie wieder gesehen.

Auch in Maine, wächst Norma überbehütet in einer gutbürgerlichen, weißen Familie auf. Schon seit jungen Jahren wird sie geplagt von (Alb-)träumen, in denen unter anderem auch eine Freundin namens Ruthie vorkommt.
Was haben diese Träume zu bedeuten? Und sind es vielleicht gar keine Träume?

Schon zu Beginn erfährt man als Leser*in, wie die Buch enden wird, was den Fluss der Geschichte allerdings nicht stört. Über die vielen Seiten sieht man im Wechsel Joes (Ruthies Bruder) und Normas Heranwachsen über mehrere Jahrzehnte. Themen wie Herkunft, Identität, Rassismus, Trauma, Verlust und Hoffnung spielen dabei eine wichtige Rolle. Obwohl diese Themen eine starke Traglast inne haben, wurden sie meiner Meinung nach leider nicht ausreichend genug behandelt. Ich hätte mir vor allem in Bezug auf Rassismus, Identität und Trauma mehr Tiefgang gewünscht.
Einige Handlungen der Charaktere waren für mich außerdem zu klischeehaft und in ihrer Gänze nicht ganz glaubwürdig.
Der Schreibstil von Amanda Peters hat mir allerdings sehr gut gefallen. Er war leicht leserlich und atmosphärisch.

Trotz einiger Kritikpunkte, ist es ein gutes Debüt, das ich gerne gelesen habe. Daher vergebe ich 3,75 Punkte.