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Arambol

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Insgesamt 104 Bewertungen
Bewertung vom 23.06.2025
Winkelmann, Andreas

Ihr werdet sie nicht finden


gut

Mehr Krimi als Thriller

"Manchmal waren Berührungen wichtiger als Worte."

Jonas hat als Polizist vor sieben Jahren einen folgenschweren Fehler begangen: Nachdem seine Tochter Isabell spurlos verschwindet, tötet er im Affekt den Mann, den er für den Täter hält. Isabell aber bleibt unauffindbar.

Heute, sieben Jahre später, arbeitet die junge Privatdetektivin Franca, an einem aktuellen Vermisstenfall.
Dabei entdeckt sie Hinweise, die mit Jonas’ Vergangenheit in Verbindung stehen. Anfangs misstrauisch, kommen beide dann einer Wahrheit näher, die tief in die Vergangenheit reicht. Gemeinsam beginnen sie, unzählige Puzzlestücke zusammenzusetzen. Dabei stoßen sie auf Zusammenhänge, die beide Fälle betreffen und auf eine Wahrheit, mit der keiner gerechnet hat.

Der Einstieg in den Thriller „Ihr werdet sie nicht finden“ hat mich unmittelbar gepackt. Die Geschichte startet mit viel Tempo in ein beklemmendes Szenario. Je weiter die Handlung dann allerdings voranschreitet, desto mehr weicht das anfängliche Gefühl der Spannung einer gewissen Ernüchterung.

Der Mittelteil zieht sich spürbar. Es wird viel und gerne nachgedacht, unendlich spekuliert, mitunter sogar philosophiert. Die Spannung, die ich nach dem vielversprechendem Auftakt erwartet hatte, blieb dabei leider größtenteils auf der Strecke. Keine überraschenden Wendungen, stattdessen eher ruhig und sachlich durchgeführte klassische Ermittlungsarbeit - mehr Krimi als Thriller.

Positiv fällt die Figurenzeichnung auf: Alle Charaktere wirken glaubwürdig und nachvollziehbar, besonders Franca wird authentisch gezeichnet.

Das Ende kommt eher durchschnittlich unspektakulär daher, tatsächlich ein wenig enttäuschend hinterlässt es keinen erinnerungswerten Eindruck.

Insgesamt bietet Andreas Winkelmann mit seinem neuesten Buch "Ihr werdet sie nicht finden“ eine handwerklich routiniert geschriebene und durchaus unterhaltsame Geschichte an, aber wer echte Thriller-Hochspannung und unvorhersehbare Wendungen sucht, könnte hier enttäuscht werden.

Schade – das Potenzial war da, gerade nach dem sehr starken Anfang, aber insgesamt für einen Thriller einfach nicht packend genug.

2 von 4 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.

Bewertung vom 12.06.2025
Grandl, Peter

Reset


sehr gut

Glaubhaftes Szenario

"Wie gewaltig eine Katastrophe auch enden mag, ihr Ursprung scheint immer klein und unbedeutend."

Im Jahr 2024 wird die Welt von einer Welle absolut perfekt inszenierter Falschinformationen überrollt: Deepfake-Videos und gefälschte Nachrichten stürzen ganze Staaten ins Chaos. Keine Datenquelle ist mehr sicher, kein Kommunikationsmittel verlässlich. Der ehemalige US-Ermittler Valentine O’Brien wird nach Deutschland geschickt, um die Ursache dieser globalen Katastrophe zu finden. Gleichzeitig sucht er auch nach seiner verschwundenen Schwester und stößt auf eine Verschwörung, die weit über politische Manipulation hinausgeht.
Was ist Wahrheit, Realität, und was nur Illusion? Jeder Anruf, jede Nachricht, jede Information könnte manipuliert sein.

Die in Peter Grandls Thriller „Reset“ erzählte Geschichte bewegt sich auf mehreren Ebenen – sowohl geografisch als auch zeitlich. Der Wechsel zwischen zahlreichen Schauplätzen und einer Vielzahl an Figuren verlangt anfangs viel Konzentration. Die Orientierung fällt dabei schwer, da auch die einzelnen Protagonisten eher kühl und funktional charakterisiert sind. Eine emotionale Bindung entstand so für mich nicht; viele Figuren blieben distanziert, fast schematisch, und ich hatte Mühe, mich wirklich in jemanden hineinzuversetzen.

Mit zunehmender Seitenzahl entwickelt der Roman dann doch eine einzigartige Sogwirkung. Grandl versteht es, die Bedrohung durch arglistig manipulierte Wirklichkeiten glaubwürdig und erschreckend realistisch zu schildern. Die vielen Erzählstränge fügen sich allmählich zu einem Gesamtbild, das ebenso beklemmend wie spannend ist. Besonders stark ist die zweite Hälfte, in der sich die Handlung verdichtet und der Plot klarer, zielgerichteter und fesselnder wird.

Das Finale ist lesenswert konstruiert, dramatisch glaubwürdig und bringt den bis dahin recht komplexen Aufbau zu einem schlüssigen Ende.

Unterm Strich ist „Reset“ ein durchaus spannender und gut durchdachter Thriller, der seine Stärken allerdings erst nach und nach entfaltet. Wer bereit ist, sich auf die anfängliche Verwirrung einzulassen, wird mit einem intensiven Leseerlebnis belohnt.

Bewertung vom 04.06.2025
Peters, Amanda

Beeren pflücken


sehr gut

Das Schicksal ist ein Betrüger

"Uns verband die gemeinsame Liebe zu
Stille und Einsamkeit. Wir waren still, ohne allein zu sein."

Im Sommer 1962 verschwindet die vierjährige Ruthie spurlos, während ihre Familie als Erntehelfer Blaubeeren pflückt. Ihr Bruder Joe, der sie als Letzter gesehen hat, leidet ein Leben lang unter Schuldgefühlen und dem schmerzhaften Verlust.

Zur gleichen Zeit wächst das Mädchen Norma in einer scheinbar intakten Familie auf. Doch je älter sie wird, desto stärker fühlt sie, dass etwas in ihrer Herkunft nicht stimmt. Wiederkehrende Träume, eine überfürsorgliche Mutter und ein emotional abwesender Vater nähren in ihr den Verdacht, dass sie nicht das ist, was man ihr glauben macht.

Der Roman wird abwechselnd aus der Perspektive von Joe und Norma erzählt. Nach und nach nähern sich die beiden Lebensgeschichten und Erzählstränge einander an – bis die Wahrheit dann schließlich nicht länger verborgen bleiben kann.

Amanda Peters gelingt mit „Beeren pflücken“ ein durchaus eindrucksvolles Debüt, das sich durch seine ruhige Erzählweise und melancholische Tiefe auszeichnet. Die Geschichte selbst entfaltet sich nur recht langsam, aber dafür stetig. Der Einstieg ist dabei leider zugegeben langatmig, doch die Geduld wird schließlich mit einer sowohl sehr emotionalen als auch gut konstruierten Handlung belohnt. Die Charaktere sind vielschichtig und entwickeln sich im Verlauf der Geschichte deutlich weiter.

Insgesamt ist „Beeren pflücken“ kein einfaches, aber gerade deshalb auch lesenswertes Buch, das durch seine außergewöhnliche Thematik und eine feinfühlige Erzählweise überzeugt.

Bewertung vom 02.06.2025
Hayes, Samantha

Eine von uns


gut

Enttäuschend vorhersehbar

"Um ehrlich zu sein, wusste ich zu diesem Zeitpunkt nicht mehr wirklich, ob ich lebte oder tot war."

Nach dem Verlust ihres Hauses durch ein Feuer stehen Gina und ihre Familie vor dem Nichts und ziehen übergangsweise in das luxuriöse Anwesen ihrer alten Freundin Annie, die sich selbst im Urlaub befindet.

Kurz nach dem Einzug erscheint eine Frau namens Mary, die sich als Annies Haushälterin vorstellt. Obwohl Gina Marys Auftreten als recht ungewöhnlich empfindet, akzeptiert sie doch ihre Anwesenheit. Die Atmosphäre im Haus wird immer angespannter und Gina beginnt zu zweifeln, ob Mary wirklich die ist, die sie vorgibt zu sein. Fortan muss Gina sich nicht nur ihrer eigenen traumatischen Vergangenheit, sondern auch einer zunehmend bedrohlichen Gegenwart stellen.

Das Buch „Eine von uns“ beginnt mit einem vielversprechenden Setting – doch leider bleibt es dabei. Statt eines nervenaufreibenden Thrillers mit überraschenden Wendungen liefert Samantha Hayes einen eher seicht und eingängig geschriebenen Roman mit oftmals oberflächlichen Dialogen ab.

Das größte Problem: Spannung kommt kaum auf. Die Geschichte braucht sehr lange, um in Gang zu kommen – und wenn sie es dann tut, fühlt sich vieles zu konstruiert und absurd unrealistisch an.
Leider war die Handlung zu jeder Zeit absolut vorhersehbar und ohne größere Überraschungen.
Auch die beiden höchst merkwürdigen "Story-Wendungen" am Ende wirken aufgesetzt, fühlten sich überzogen und wenig glaubwürdig an.

Durch den Perspektivwechsel zwischen Gina und Mary entstehen immer wieder Redundanzen, die den ohnehin schon schleppenden Spannungsaufbau weiter bremsen und manche Abschnitte einfach langatmig wirken lassen.

Auch die Charaktere konnten mich nicht überzeugen. Sympathie kam für keine Figur auf, insbesondere Ginas Verhalten war oft so naiv und realitätsfern, dass es schwerfiel, sie ernst zu nehmen. Wer verhält sich so? Ihre Entscheidungen waren zuweilen mindestens merkwürdig bis nicht nachvollziehbar, teils völlig fahrlässig.

Für mich leider kein Highlight: Wer auf Spannung und ein klug konstruiertes Thrillererlebnis hofft, wird enttäuscht.
Eigentlich schade, denn die Grundidee der Geschichte hat durchaus Potential. Dafür und für den angenehm flüssig zu lesenden Schreibstil gebe ich dann doch noch drei Sterne.

Bewertung vom 19.05.2025
Cors, Benjamin

Aschesommer / Gruppe 4 ermittelt Bd.2


ausgezeichnet

Das Sterben hat begonnen

"Das hier war seine Rache. Er war nicht auf der Welt, um zu verzeihen. Er war hier, um sie zu zerstören."

Ein halbes Jahr nach den traumatischen Ereignissen der „Krähentage“ wird die Sonderermittlungsgruppe 4 erneut mit einem verstörenden Fall konfrontiert.
Nach einem rätselhaften Hinweis stoßen Jakob Krogh und Mila Weiss auf zwei tiefgefrorene Leichen in einem verlassenen Bauernhof. Eine Botschaft aus Asche kündigt weiteres Sterben an. Während die "Gruppe 4" ermittelt, zeigt sich: Der Täter kennt nicht nur die Opfer, sondern gleichzeitig die geheimsten Schwächen der Ermittler. Die Spur führt tief in psychologische Abgründe; die Grenze zwischen den Ermittlern und dem Täter beginnt zu verschwimmen.

Die erzählte Geschichte ist unheimlich spannend und in sich sehr schlüssig; gleichzeitig aber auch verstörend genial und klug konstruiert. Die handelnden Charaktere, allen voran natürlich Mila und Jakob, sind detailreich und glaubwürdig charakterisiert.
Aufgrund des verwendeten Schreibstils lässt sich der Thriller flüssig lesen, man kann das Buch kaum noch aus der Hand legen und wird regelrecht atemlos in die Handlung hineingezogen.

„Aschesommer“ ist ein fesselnder Thriller, der mich mit psychologischer Tiefe, komplexen Charakteren und einer spannungsgeladenen Handlung in den Bann gezogen hat. Benjamin Cors ist es erneut gelungen, eine zunehmend düstere Atmosphäre zu erschaffen, in der die Ermittler nicht nur gegen einen skrupellosen Mörder, sondern auch gegen ihre eigenen inneren Dämonen zu kämpfen haben.

Wer schon die „Krähentage“ gelesen hat (und das ist zum Verständnis unbedingt Voraussetzung), sollte sich diesen Nachfolger keinesfalls entgehen lassen.
Die Handlung ist unfassbar packend; inhaltlich zugleich absurd genial.
Ein Thriller, der keine Kompromisse macht: Für mich ist der "Aschesommer" tatsächlich noch etwas besser als der schon ausgesprochen gute erste Teil.
Uneingeschränkte Thrillerempfehlung, volle Punktzahl!
Ich freue mich auf weitere Teile der Serie, es gibt wohl ganz offensichtlich noch recht viel zu erzählen.

Bewertung vom 09.05.2025
Smith, Kaylie

Phantasma - Spiel um dein Leben, fürchte die Liebe


ausgezeichnet

Horror und Liebe

"Du hast versagt, obwohl du noch nicht einmal angefangen hast. Klopf dreimal gegen die Mauer, dann wird alles wieder gut."

„Phantasma“ von Kaylie Smith hat mich wirklich positiv überrascht und ist mal etwas ganz anderes gewesen als das, was ich sonst lese. Wir begleiten Ophelia nach dem Tod ihrer Mutter nach Phantasma – und was dort passiert, muss man selbst gelesen haben. Teufel, Phantome und Dämonen. Alles findet seinen Platz in dieser Geschichte. Also auch die Liebe. Sie steht zwar nicht unbedingt im Vordergrund, hat aber dennoch eine starke Präsenz.

Weiter ins Detail gehen möchte ich in Sachen Liebe allerdings nicht. Nur so viel: Es entstehen definitiv interessante Beziehungen unter den Protagonisten.
Ophelia und Blackwell sind vor allem interessant. Ophelia, weil sie nun mal eben im Mittelpunkt der Geschichte steht und das ein oder andere Problem bewältigen muss. Sie ist nicht die klassische starke weibliche Protagonistin und hinter ihrer Fassade steckt noch mehr, wie man im Laufe der Geschichte bemerkt. Besonders der Bund zu ihrer Schwester ist sehr stark und bringt sie in die ein oder andere brenzlige Situation.

Und brenzlige bzw. gefährliche Situationen findet man in Phantasma sehr häufig. Und das macht diese Geschichte aus. Kaylie Smith schafft es einfach viel Spannung und ruhigere Story Elemente in ein perfektes Gleichgewicht zu bringen – denn langweilig ist mir beim Lesen nie geworden. Was auch an dem Schreibstil liegt, der ganz einfach gehalten ist. Die Beschreibungen der Umgebung lassen das gesamte Setting lebendig werden und man hat das Gefühl, man würde sich zusammen mit Ophelia den einzelnen Prüfungen stellen.

Insgesamt lassen sich in „Phantasma“ viele wundervoll ausgearbeitete Ideen finden, die alle auf irgendeine Weise zusammenpassen. Diese Geschichte ist einfach etwas Besonderes – von den Protagonisten bis hin zum Setting. Wer also Lust auf eine Geschichte hat, die man nicht weglegen kann, wird hier fündig. Aber denkt beim Lesen daran: Verliebt euch nicht (zu schnell in die Protagonisten).

Bewertung vom 29.04.2025
Koppelstätter, Lenz

Was am Ufer lauert / Ermittlungen am Gardasee Bd.2


gut

farblos triste Fortsetzung

"Verdammt, warum konnte das Leben nicht immer so sein. Wer hatte sich nur dieses Erwachsensein ausgedacht."

Im neuen Roman „Was am Ufer lauert“ von Lenz Koppelstätter, der Fortsetzung von „Was der See birgt“, wird die Polizeireporterin Gianna Pitti erneut in einen rätselhaften Fall am Gardasee verwickelt. Wenige Wochen nach den Ereignissen des ersten Bandes (den man zum Verständnis unbedingt kennen sollte) kehrt ihr verschollener Vater Arnaldo unerwartet zurück und bittet sie um ihre Hilfe. Als es dann zu einem Treffen mit einer unbekannten Informantin kommen soll, entdeckt Gianna stattdessen die Leiche einer Frau. Gianna, ihr Vater Arnaldo, ihr exzentrischer Onkel Francesco und die Chefredakteurin Elvira stoßen bei ihren Nachforschungen auf Spuren, die tief in die Vergangenheit der Familie Pitti und in die Geschichte des Gardasees führen.

Nach dem recht unterhaltsamen Serien-Auftakt hatte ich mich auf die Rückkehr an den Gardasee gefreut – leider konnte mich die Fortsetzung nicht überzeugen.
Der weit ausschweifende Schreibstil und unzählige unnötige Längen nehmen der Geschichte viel von ihrer Spannung. Auch die ungemein sperrige Sprache erschwert das Eintauchen in die eigentliche Handlung. Diese wirkt zudem auch noch sehr konstruiert und wenig glaubhaft; der Kriminalfall verschwindet dabei fast vollständig hinter einem familiären Drama.

Die Figuren, die Protagonisten, die im ersten Band noch lebendig und vielschichtig waren, erscheinen diesmal klischeehaft und überzeichnet – eine echte Bindung zu ihnen wollte sich bei mir nicht einstellen.

Auch die Atmosphäre und der Zauber des Gardasees, die im Serienauftakt so überzeugend eingefangen wurde, bleibt diesmal unbefriedigend blass.

Letztendlich konnte mich die Auflösung des eigentlichen Kriminalfalls nicht wirklich mitreißen und auch inhaltlich gar nicht überzeugen.

Schade, eine schwache Fortsetzung. Für mich, im direkten Vergleich zum ersten Band, eine Enttäuschung. Zu viel Familiendrama, zu wenig Kriminalroman.

Bewertung vom 22.04.2025
Gmuer, Sara

Achtzehnter Stock


sehr gut

Schonungslos und ehrlich

"...man muss das Schicksal nur lange genug nerven, irgendwann gibt es nach und schmeißt einem das Glück vor die Füße, damit man endlich Ruhe gibt."

Der Roman „Achtzehnter Stock“ von Sara Gmuer erzählt eindringlich vom Alltag einer alleinerziehenden Mutter in einem Berliner Plattenbau. Wanda lebt mit ihrer Tochter Karlie im 18. Stock – ohne Aufzug und leider auch ohne Perspektive. Dennoch gibt sie ihren Traum nicht auf: sie will unbedingt Schauspielerin werden.

Zwischen Castings, Kinderbetreuung und Selbstzweifeln zeigt sich, wie hoch der Preis für Veränderung sein kann – und wie viel Kraft es braucht, sich selbst und seinen Träumen treu zu bleiben.

Ein moderner, temporeicher Roman über tiefe soziale Ungleichheit und die Sehnsucht nach einem anderen Leben. Schonungslos, aber voller Empathie.

Sara Gmuers Schreibstil ist präzise, klar, und gerade deshalb gleichzeitig äußerst eindrücklich. Die Geschichte fokussiert sich auf ihre Hauptfigur Wanda, dabei bleibt der Roman leise, erst gegen Ende zieht das Tempo spürbar an.
Eindrucksvoll zeigt Gmuer, dass ein Karrieresprung nicht zwangsläufig eine Wendung zum Besseren bedeutet, sondern neue Widersprüche aufwerfen kann. Was bedeutet Erfolg, wenn man ihn kaum leben kann? Wie viel darf man selbst überhaupt wollen?

Ein starkes Buch, das starke Fragen stellt, ohne den Anspruch zu haben, diese dann selbst beantworten zu wollen. Ein moderner Roman über tiefe soziale Ungleichheit und die Sehnsucht nach einem anderen Leben.
Ein unaufgeregter Blick auf Realität und Sehnsucht. Schonungslos, aber auch voller Empathie.

"Manchmal muss man seine Träume ändern, um glücklich zu werden."

Bewertung vom 21.04.2025
Engel, Henrike

Die Lichter über St. Pauli / Elbnächte Bd.1


ausgezeichnet

atmosphärischer Auftakt

"Glück. Sie hatte vergessen, was das war."

Hamburg im Jahr 1913: Louise Dumont wird von einem Tag auf den anderen aus ihrem wohlbehüteten Leben gerissen, als ihr Ehemann Viktor plötzlich spurlos verschwindet und sie vollkommen mittellos zurücklässt. Um sich über Wasser zu halten, plant sie gemeinsam mit Ella Tomaczowa, einer geflüchteten Bordellmitarbeiterin, auf St. Pauli eine Bar zu eröffnen.
Als in unmittelbarer Nähe ein Juwelier ermordet wird, geraten die beiden ungewollt in ein düsteres Netz aus Verdächtigungen und Geheimnissen. Und dann ist da noch der ehemalige Polizist Paul Klinker - nach einem "Unfall" verliert er nicht nur einen Arm sondern zudem auch seine Frau und sein Zuhause - der zur gleichen Zeit versucht, eine brutale Bande von Straßenkindern zu stoppen.

Henrike Engel gelingt mit "Elbnächte - Die Lichter über St. Pauli" eine eindrucksvoll überzeugende Mischung aus historischem Roman und packender Kriminalgeschichte. Bedächtig und ruhig erzählt, aber mit stetig hohem Spannungsbogen. Nach einer für mich unerwarteten und überraschenden Storywendung zieht die Spannung zum Ende der Geschichte nochmal deutlich an. Gut gemacht!

Wir erleben in einer wohl einzigartigen Stadt, Hamburg - St. Pauli, eine bildgewaltige Reise in die erlebnisreiche Zeit Anfang des letzten Jahrhunderts.
Die Erzählung und die Charaktere sind plastisch und authentisch gezeichnet: ich konnte mir Louise, Ella, Paul und ihr Umfeld sehr gut vorstellen und mich in ihre individuellen Schicksale hineinversetzen.

Der erste Band der "Elbnächte" hat mich überzeugend gut unterhalten, der Autorin Henrike Engel ist es gelungen, mich mit dieser Geschichte zu fesseln und ich bin schon sehr gespannt auf den Nachfolgeband.

Leseempfehlung!

Bewertung vom 07.04.2025
Höflich, Sarah

Maikäferjahre


ausgezeichnet

Zusammen oder gar nicht

"Wenn es Gott wirklich gab, dann hatte er hierfür verdammt lange gebraucht."

"Maikäferjahre" von Sarah Höflich ist ein Roman, der in den turbulenten Zeiten nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs spielt. Im Frühjahr 1945 fliehen Anni und ihre kleine Tochter Clara, zusammen mit dem jüdischen Musiker Adam, aus dem zerbombten Dresden zu ihren Schwiegereltern nach Tirol.
Ihr Zwillingsbruder Tristan, gerät in den letzten Kriegstagen schwer verletzt in britische Gefangenschaft und kämpft in England ums Überleben. Dabei findet er in der Krankenschwester Rosalie die große Liebe seines Lebens.

Sarah Höflich beschert uns einen außergewöhnlichen historischen Roman, der nicht nur berührt, sondern tief unter die Haut geht. Die Geschichte entfaltet sich in einer durchgehend spannenden Handlung, die von zahlreichen schicksalhaften und unerwarteten Wendungen geprägt ist. Besonders beeindruckend ist dabei die überzeugend anschauliche Schilderung der Nachkriegssituation: Die Not, die Angst, aber auch der spürbar unbändige Überlebenswille sind eindringlich bildhaft beschrieben und mit einer solchen Intensität dargestellt, dass man mit den Protagonisten fühlt, leidet und hofft.

Anni und Tristan stehen stellvertretend für eine ganze Generation, deren Schicksal von Krieg und Vertreibung gezeichnet ist. Sie vermitteln eindrücklich, wie wichtig es sein kann, weiterzumachen und zu versuchen, immer das Beste aus jeder Situation zu machen.

Die authentische, hautnahe Erzählweise der Autorin macht den Roman zu einem echten Leseerlebnis; man spürt dabei unmittelbar, dass jedes Detail von ihr sorgsam recherchiert wurde.

Ein packend empfehlenswerter Roman, der anschaulich von Liebe, Schuld und den moralischen Herausforderungen der Nachkriegszeit erzählt.
Eine historische Erzählung mit großen Gefühlen; für mich schon jetzt ein Highlight meines Bücherjahres.

"Manchmal muss man auch Leichtigkeit neu erlernen."