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gabiliest
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Wien

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Insgesamt 62 Bewertungen
Bewertung vom 06.06.2025
Der Ruf des Horizonts
Janssen, Jaane

Der Ruf des Horizonts


ausgezeichnet

Hartes Leben, raue See: Ein mitreißender historischer Roman

Mit “Der Ruf des Horizonts” hat die Bestseller-Autorin Jaane Jansen den zweiten Band ihrer Ostfriesland Saga vorgelegt. Auf dem Cover ist Sventje abgebildet, der Hauptcharakter des Romans, die sich heimlich überlegt, ob ihr Leben vielleicht in anderen Bahnen und in der Ferne verlaufen könnte.

Die Geschichte beginnt in Borkum im Jahr 1780. Sventje, Mutter von vier Kindern und mit Lian, einem Walfänger, verheiratet, ist glücklich. Ihr Mann, der sonst für Jahre zur See gefahren ist, ist zu Hause, sie kann den Unterhalt der Familie als Seifensiederin bestreiten. Nur Tammo, ihr ältester Sohn, kann seine Beine nicht bewegen, ohne dass eine Ursache bekannt wäre. Trotzdem, Sventje ahnt, dass das Glück nicht ewig dauern wird. Tatsächlich nützt der Bader des Dorfes den Aberglauben der Menschen aus, denn er bezeichnet es als Teufelszeug, sich zu waschen. Was Sventje am Anfang nicht ernst nimmt, soll ihr fast zum Verhängnis werden.

Im Rückblick auf das Jahr 1749 wird der Grund offenbar, wieso Sventje, das ehemalige Findelkind, und Lian so innig verbunden sind. Lian hat als Kind Sventje gefunden, aufgezogen wurde sie von Schwester Johanna, einer Nonne. Doch in Sventjes Kindheit gab es noch einen Freund, Valentin von Halversberg, der seit Langem Sventje heimlich und hoffnungslos liebt. Auch hat er ihr und ihrer Familie schon oft geholfen, ohne dass Sventje davon wusste. Durch Schwester Johanna kommt ein lange gehütetes Familiengeheimnis ans Licht, Lian und der Gutsherr haben eine besondere Verbindung. Und Valentin wird alles tun, um Sventje weiter zu helfen.

Tatsächlich kommt das Unglück, wie es Sventje geahnt hat. Sie wird von den Dörflern verfolgt, Lian ist auf See und gerät im Laufe des inzwischen ausgebrochenen Krieges zwischen England und Holland in Kriegsgefangenschaft. Wieder gelingt es Valentin mit einer List, Lian zu befreien und Sventje und ihrer Familie Unterschlupf auf seinem Gut zu gewähren. Doch ruft in der Ferne nicht schon der Horizont?

Besonders hervorheben muss man, dass Jaane Jansen ihren Charakteren wirklich Tiefe gibt. Die Schicksale der einzelnen Figuren sind nicht nur in historische Zusammenhänge gebettet, sondern auch die Persönlichkeiten und Charakterzüge hervorragend ausgearbeitet. So ist es leicht, in die Lebenswelt der damaligen Zeit einzutauchen und sich den Menschen verbunden zu fühlen. Alle genannten Protagonisten bestechen durch Stärke und Menschlichkeit, ohne jedoch ihrem Schicksal, das viele Prüfungen bereit hält, entrinnen zu können. Sventje tut alles für ihre Familie, unterstützt wird sie dabei von ihrer Freundin Fenna, einer Hebamme. Trotzdem ist die Zeit nicht reif für neue Ideen. Lian ist ein liebender Ehemann, der in seinen Logbüchern jeden Tag einen Brief an Sventje schreibt und ihr von seinen Gedanken und Gefühlen berichtet. Valentin von Halversberg hat sich beinahe damit abgefunden, sein Leben allein und kinderlos zu verbringen, denn seine Liebe zu Sventje kann unmöglich erfüllt werden.

Mit “Der Ruf des Horizonts” hat Jaane Jansen einen beeindruckenden historischen Roman vorgelegt. Sie ist eine großartige Erzählerin, die ihre Geschichten rund um akribisch recherchierte historische Fakten baut. Das Buch ist angenehm zu lesen und schildert das Geschehen so eindrücklich, dass Kopfkino beim Lesen entsteht. Auch ohne Band eins der Ostfriesland Saga zu kennen, kann man das Buch gut lesen und kommt problemlos in die Geschichte hinein. Eine große Hilfe ist das Personenverzeichnis, das dem eigentlichen Text vorangesetzt ist. Wer jedoch die früheren Zusammenhänge und Schicksale der Protagonisten kennen lernen will, dem sei Band eins wärmstens ans Herz gelegt. Im Nachwort zu Band zwei legt die Autorin die geschichtlichen Zusammenhänge offen, mein Tipp wäre, dieses noch vor dem eigentlichen Text zu lesen. “Der Ruf des Horizonts” ist nach meiner Meinung einer der besten Romane, die das ausgehende achtzehnte Jahrhundert zum Thema haben. Daher eine absolute Leseempfehlung von mir und verdiente fünf Sterne.

Bewertung vom 03.06.2025
Maybe this is how it starts
Adler, Sarah

Maybe this is how it starts


ausgezeichnet

Genial witzig und manchmal traurig: Ein Roadtrip der Gefühle

Mit “Maybe this is how it starts” hat die bekannte Autorin Sarah Adler eine Romcom geschrieben, in der man nicht nur einen Roadtrip durch die USA, sondern auch durch viele Gefühlsfacetten erlebt.

Diese auf zwei Zeitebenen erzählte Geschichte behandelt eigentlich ein ernstes Thema, das aber durch die komischen Seiten dieser Reise in den Hintergrund tritt. Millie, einst ein Kinderstar und auch heute noch bekannt, will von Washington DC nach Miami fliegen. In ihrem Rucksack: Drei Löffelchen Asche ihrer Freundin Rose, die im Alter von achtundneunzig Jahren verstorben ist und die erst kurz vor ihrem Tod von ihrer großen Liebe Elsie erzählt hat. Das ist achtzig Jahre her, aber Millie will Elsie finden und sie mit Rose vereinen- Liebe, die den Tod überdauert. Denn daran glaubt die Romantikerin Millie ganz fest, auch wenn sie in ihrer früheren Beziehung mit Josh ausgenutzt wurde. Als Millies Flug gestrichen wird, steigt sie zu Hollis ins Auto, einem zynischen und verschlossenen Schriftsteller, der seine Schreibblockade mit einer Woche Sex in Miami beenden möchte. Nun folgt ein von Pannen begleiteter Roadtrip quer durch die USA, wobei Millie erkennt, dass Hollis versucht, die Fassade des unbeteiligten Egoisten aufrecht zu erhalten, aber beginnt, Gefühle in Millie zu investieren. Obwohl er Millie bei ihrem Vorhaben unterstützt, Rose und Elsie zu vereinen, hält er Beziehungen und die ewige Liebe für ein Gerücht, würde er sich nicht immer mehr zu Millie hingezogen fühlen.

Sarah Adler lässt Millie in der Gegenwart und der Ich-Form ihre Geschichte erzählen. Sie ist eine junge Frau, die fast naiv immer das Beste von den Menschen annimmt, fest an die ewige Liebe glaubt und es daher als ihre Mission betrachtet, Rose und Elsie, die sich während des Krieges innig geliebt haben, zusammen zu bringen. Während der Fahrt beginnt sie, Gefühle für Hollis zu entwickeln, ist sich aber unklar, welche das sind. Ist “mögen” denn auch “lieben”? Und was ist dann Freundschaft? Trotzdem kommen sich Millie und Hollis sehr nah, einige Szenen im Buch sind very spicy. Für junge Leser und Leserinnen werden aber auch die Regeln für Sex klar definiert: Es ist immer in Ordnung “nein” zu sagen. Das Buch ist für Lesende ab sechzehn Jahren empfohlen.

Hollis ist der anfangs abweisende und oberflächlich wirkende Typ, der sich aber während der Reise als freundlicher Helfer herausstellt und Millie in ihrem Anliegen nach Kräften unterstützt. So entsteht erst langsam das Bild eines einfühlsamen Mannes, der sich lange Zeit weigert, zu seinen Gefühlen zu stehen.

“Maybe this is how it starts” ist ein manchmal schräger, manchmal tiefsinniger Liebesroman, der humorvoll erzählt, wie sich die Protagonisten Millie und Hollis im Lauf der Reise verändern. Neben spritzigen und witzigen Dialogen steht natürlich die Frage im Vordergrund: “Gibt es die ewige Liebe, die den Tod überdauert?” Die Story bietet gelungene Unterhaltung und ist durchaus spannend, denn man möchte es Millie gönnen, dass ihr Roadtrip, um Elsie zu finden, nicht vergebens war. Und da Millie und Hollis ausgeprägte Charaktere sind, finden sich neben mancher skurrilen Szene immer wieder berührende Gedanken und tiefe Gefühle.

Das Buch ist angenehm und leicht zu lesen, der Schreibstil flüssig und abwechslungsreich. Gute Unterhaltung bieten die erfrischend frechen Dialoge. Manchmal spricht Millie die Lesenden direkt an, das macht es leicht, in das Geschehen einzutauchen und die Gefühle und Handlungen der Protagonisten nachzuvollziehen. Damit hat Sarah Adler einen sehr gelungenen und unterhaltsamen Roman geschrieben, den ich gerne weiterempfehle und der fünf Sterne wirklich verdient hat.

Bewertung vom 01.06.2025
Paperweight Hearts / Literally Love Bd.3
Keys, Tarah

Paperweight Hearts / Literally Love Bd.3


ausgezeichnet

Spicy words and burning hearts
“Hass oder Liebe, oder geht beides”?
Diese Frage werden sich die Lesenden von “Paperweigt Hearts”, dem dritten Band der Literally Love Trilogie stellen. Die Autorin Tarah Keys hat mit ihrer New-Adult Romance wieder ein tolles Buch vorgelegt, das nicht nur Witz und hintergründige Dialoge bietet, sondern immer auch über den schmalen Grat zwischen Wahrheit und Lüge, Zuneigung und Rivalität balanciert.

Schon das Cover und der farbig illustrierte Buchschnitt machen das Buch zu einem Eyecatcher. Das ist besonders gelungen, da die Verlagsbranche, aber auch die Arbeit von Literaturagenturen immer wieder Thema sind und Tarah Keys der Kunstgriff gelungen ist, ein Buch im Buch zu schreiben. Die Geschichte hat es in sich: Chelsea, Programmdirektorin beim Verlag Plots&Pieces ist eine toughe Geschäftsfrau, Nolan Rowes ein erfolgreicher Literaturagent. Ihre gegenseitige Abneigung sitzt tief, Chelsea hat Nolan den Job weggeschnappt. Und obwohl die Beiden dauernd streiten, können sie einander im Literaturbetrieb nicht aus dem Weg gehen. Um dieses zwiespältige Verhältnis auf die Spitze zu treiben, schließen sie eine Wette ab: Kann Fake Dating zu echten Gefühlen führen? Verloren hat, wer sich zuerst in den Anderen verliebt. Wer wird hier in Verlangen entbrennen, so heftig, dass er oder sie die Wette verloren gibt? Die Nominierung für den selben Literaturpreis stachelt ihre Rivalität zusätzlich an.

In Paperweight Hearts hat die Autorin Tarah Keys zwei beeindruckende Hauptcharaktere geschaffen, die einander anfänglich in Zynismus und Schlagfertigkeit in nichts nachstehen. Doch mit der Zeit- ohne dass Nolan und Chelsea es wahrhaben oder einander zugestehen wollen- tritt echtes Begehren in ihre Beziehung. Einige spicy Szenen lassen erahnen, wie schwer es ist, Begehren zu verleugnen und sich doch so stark zum Anderen hingezogen zu fühlen. Doch immer, wenn man glaubt, dass echte Romance im Spiel ist, versuchen Chelsea und Nolan, Distanz zu schaffen. Denn keiner will die Wette verlieren.

Dieser mit Witz und Charme geschriebene Roman bietet durch kurze Kapitel wirkliches Lesevergnügen. Besonders gelungen sind die humorvollen Kapitelüberschriften, die darauf Bezug nehmen, dass sie aus dem Kapitelplan zu Paperweight Hearts von Tarah Keys entstammen. Auch in anderen Szenen wird die Verlagsbranche mit Augenzwinkern dargestellt, aber junge Leser*innen ab 16 Jahren werden über diese zusätzlichen Einblicke in den Literaturbetrieb sicher begeistert sein. Diese Workplace-Romance bietet einfach von Allem etwas: Ein erfrischend freches, ungewöhnliches Setting, witzige und hitzige Wortgefechte und natürlich sympathische Protagonisten, über deren Beziehungsverhalten sich Reflexion sicher lohnt. Denn auch in den einzelnen Kapiteln erzählen die Figuren aus der Ich-Perspektive, wie sich ihr Konkurrenzkampf, aber auch ihre Gefühle füreinander entwickeln. Hier lebt man richtig mit, denn dieser flüssige Schreistil lässt echtes Kopfkino entstehen.

So bietet “Paperweight Hearts” kurzweilige Unterhaltung, aber auch Romantik, Spannung und Humor. Ein Buch, das man wirklich lesen sollte, das ich daher gerne weiterempfehle und das fünf Sterne wirklich verdient.

Bewertung vom 31.05.2025
Marchfield Square
Whyte, Nicola

Marchfield Square


ausgezeichnet

Nachbarn und andere Mörder


Mit ihrem Romandebüt “Marchfield Square” steht Autorin Nicola White in der guten Tradition der britischen Cosy Crimes. Schon das Cover dieses Buches ist ein echter Eyecatcher, der erhabene Druck und der Farbschnitt vervollständigen die hochwertige Ausstattung. Und auf der Rückseite der Buchdeckel gibt es einen Plan des eleganten Londoner Gebäudeensembles, wobei jede Wohnung dem jeweiligen Mieter zugeordnet wird. Das macht es leicht, sich in die Szenerie zu versetzen und hilft beim Mitraten und Miträtseln.

Denn als Lesende*r ist man genau so neugierig wie Celeste, die auf dem Buchcover abgebildet ist, eine reiche alte Dame, die “Menschen sammelt”. Sie ist Eigentümerin des Marchfield Square, sucht sich ihre Mieter nach eigenen Kriterien aus und beobachtet sie in ihren Wohnungen. Doch einmal hat sich Celeste bei der Auswahl geirrt, und genau dieser Mieter, Richard Glead, liegt jetzt tot in Wohnung Nummer zehn. Celeste ruft nicht die Polizei, seine Frau Linda, gegen die er gewalttätig war, wird die Leiche schon finden. Als die Polizei ermittelt, ist der Hintergrund des Verbrechens unklar. War es Linda? Oder war Richard in kriminelle Machenschaften verstrickt?

Da Celeste der Polizei nicht vertraut, gründet sie ein eigenes Ermittlerteam. Da ist Audrey, ihre Putzfrau, mit hellem Verstand, guter Menschenkenntnis und extrovertiert. Sie soll mit dem sozial unbegabten Schriftsteller Lewis, der gerade an einer Schreibblockade leidet, Licht in den Fall bringen. Diese beiden ungleichen Partner konzentrieren sich vorerst auf die Nachbarn. Und siehe da, jeder hat ein Geheimnis. Doch damit nicht genug, es gibt noch zwei weitere Leichen. Wie ist hier der Zusammenhang? Oder gibt es doch mehrere Täter?

In bester Agatha Christie Manier kümmern sich Audrey und Lewis um die Aufklärung des Falles. Dabei ergänzen sich die Beiden mit der Zeit immer besser, aber welches Spiel spielt Celeste? Gibt sie wirklich alle Informationen Preis?

Neben den zwei Hauptcharakteren sind die Nachbarn, die in diesem noblen Haus wohnen, hervorragend dargestellt. Neben schrulligen Charakteren und unerwarteten -auch kriminellen- Eigenschaften ergibt sich ein Tatbild, in dem auch die Lesenden zu Ermittlern werden, denn es gibt so viele Geheimnisse und Möglichkeiten, wer würde da nicht miträtseln. Und doch, kaum glaubt man, den Täter oder die Täterin zu kennen, nehmen die Fälle eine unerwartete Wendung, an der auch Miss Marple oder Hercule Poirot einiges aufzulösen hätten.

So ist Marchfield Square nicht nur ein gelungenes Debüt der Autorin Nicola White, sondern ein spannungsreicher, flüssig geschriebener und erzählerisch gelungener Cosy Crime Roman. Durch einprägsame Schilderungen verfolgt man einerseits die Bemühungen des Ermittlerduos Audrey und Lewis, andererseits entwickelt man selbst immer wieder Szenarien, die die Autorin geschickt wieder zu Fall bringt. Nicht zu kurz kommen der britische Humor, das Schmunzeln über skurrile Charaktere und der Charme des british way of life. Der Roman bietet erstklassige Unterhaltung, daher kann ich dieses gelungene Romandebüt gerne weiterempfehlen und bewerte es mit verdienten fünf Sternen.

Bewertung vom 26.05.2025
Eine Welt nur für uns
Deya, Claire

Eine Welt nur für uns


ausgezeichnet

Vom Grauen des Krieges und der Kraft der Liebe

Das Romandebüt von Claire Deya “Eine Welt nur für uns” lässt, auch durch das idyllische Hardcover, einen Liebesroman vermuten. Natürlich kommt Liebe vor, unendlich, tief und besitzergreifend. Doch der Schauplatz der Geschichte und die Protagonisten sind ganz anders.

Die Strände der Cote d´ Azur sind vermint, es ist kurz vor Kriegsende. Vincent, ein Franzose, der aus deutscher Kriegsgefangenschaft geflohen ist, kehrt zurück, besessen nur von einem Gedanken: Er muss seine Geliebte Ariane wiederfinden, die seit zwei Jahren verschwunden ist und zuletzt auf einem Fest der deutschen Feinde gearbeitet hat. Daher braucht er Kontakt zum Kriegsgefangenenlager, in dem Deutsche interniert sind. Vincent schließt sich dem Trupp von Minenräumern an, neben Franzosen müssen Deutsche hier Zwangsarbeit leisten. Vincent ist sicher, von ihnen etwas über Arianes Schicksal erfahren zu können und besessen von dem Gedanken, Rache zu nehmen, wenn ihr etwas zugestoßen ist. Doch die Deutschen sind verhasst und jeder Kontakt mit ihnen kann gefährlich sein, genau wie das sorgsame Aufspüren und Entschärfen der Minen. Nichts jedoch wird Vincent von seinem Vorhaben abbringen.

Claire Deya beschreibt in ihrem Roman, der ein Aufschrei gegen die Unmenschlichkeit des Krieges ist, alle Menschentypen, die dieses Wüten hervorgebracht hat. Da sind die Gaffer, wenn die Minenräumer ihrer lebensgefährlichen Arbeit nachgehen, die Menschen, die nur verharmlosen und vergessen wollen, die sich nach einem normalen Leben sehnen und die Denunzianten, die jüdische Familien um ihr Hab und Gut und oftmals auch um ihr Leben gebracht haben.

Einer der Hauptcharaktere des Buches ist Saskia, die aus einem deutschen Konzentrationslager entkommen ist und feststellen muss, dass ihr Haus von einer fremden Familie bewohnt wird. Freundlich empfangen wird sie nicht, bei den Behörden wird sie vertröstet. Doch sie begegnet Vincent, der sie einlädt, in seinem Haus zu wohnen. Saskia, traumatisiert und in ständiger Panik, nimmt das Angebot an. Doch sie sucht jeden kleinen Hinweis auf ihre Familie, die im Konzentrationslager umgekommen ist. Wer hat sie damals denunziert?

Claire Deya beschreibt in dieser aufrüttelnden und berührenden Geschichte, dass der Krieg mit der Kapitulation der Deutschen noch längst nicht vorbei war, die Franzosen hassten die deutschen Zwangsarbeiter weiterhin. Erst langsam gelingt es, den Menschen im Feind zu erkennen.

In der bildhaften Sprache der Autorin entsteht im Kopf der Lesenden eine Szenerie aus Mut und Verzweiflung. Mut, das Lager überleben zu wollen, was nur gelingen kann, wenn man dem Leben trotzdem einen Sinn abgewinnt. Verzweiflung, wenn man über das Schicksal der Angehörigen nicht Bescheid weiß, monatelang keine Post bekommt und unter Hunger, Gewalt und Demütigungen leidet. Der Gedanke an Flucht ist bei den Kriegsgefangenen allgegenwärtig, besonders bei Lukas, einem feinsinnigen Deutschen, der eigentlich in Paris eine Buchhandlung eröffnen wollte. Und Vincent ist überzeugt, dass Lukas etwas über den Aufenthaltsort von Ariane weiß.

Dieser Roman von Claire Deya ist mit erzählerischer Konzentration geschrieben und bietet keine einfachen Wendungen. Die subtile Schilderung der einzelnen Charaktere lässt die Lesenden mitfühlen und mitleben, froh, dieses Grauen nicht selbst erleben zu müssen. Entsetzen und Unverständnis entsteht, wenn man beobachtet, dass Menschen ungeheuer niederträchtig und grausam sein können, andererseits aber auch liebende Familienväter, die abends nichts dabei finden, ihre Fröhlichkeit im Umkreis der Zerstörung und Verzweiflung auszuleben.
Ich kann der Autorin nur zustimmen, wenn sie schreibt, dass man den Frieden planen müsse, um den Krieg zu vermeiden. Man merkt, dass die Autorin akribisch recherchiert hat, im Anhang des Buches findet sich ein Quellenverzeichnis. Dieses Buch hat mich sehr beeindruckt, ich empfehle es gerne weiter und bewerte es mit verdienten fünf Sternen.

Bewertung vom 17.05.2025
Die geheime Sehnsucht der Bücher
George, Nina

Die geheime Sehnsucht der Bücher


ausgezeichnet

Bücher, die die Seele heilen

Mit “Die geheime Sehnsucht der Bücher” hat die Spiegel Bestseller-Autorin Nina George einen wunderbaren Roman vorgelegt, der beschreibt, wie Bücher geeignet sind, ihre Leser zu finden und je nach deren Gemütszustand auch zu heilen. Schon des gut gezeichnete Hardcover vermittelt einen Eindruck von Paris, in dem Pauline, eine junge Auszubildende, die Bücher- oder besser die Heilmittel für Herz und Seele- ausliefert.

Monsieur Perdu hat sein Bücherschiff am Quai der Seine angelegt. Er ist literarischer Apotheker und verschreibt seinen Kunden und Kundinnen als Medizin Bücher, die sie brauchen, um das innere Gleichgewicht wiederzufinden. Eines Tages erhält er Besuch von Francoise, von ihrer Mutter genannt Frankie, ein Namen, den sie nicht leiden kann. Frankie ist fast 12 Jahre alt, ein erwachsenes Kind, das heimlich liest und sonst hofft, die Situation ihrer Familie verbergen zu können. Denn Frankies Mutter ist einmal himmelhoch jauchzend, einmal zu Tode betrübt und trägt sich mit Selbstmordgedanken. Daher lügt Frankie ständig und versucht den Schein der Normalität aufrecht zu erhalten, denn sie hat Angst, dass sie in ein Heim und ihre Mutter in eine Anstalt gebracht wird. Um mit ihrer Situation fertig zu werden, hat sich Frankie angewöhnt, Synonyme zu verwenden. So wird “lügen zu “tagträumen”.

Als Frankie Monsieur Perdu aufsucht, von dem sie Hilfe erhofft, kann sie ihn einfach nicht belügen, sie läuft davon. Monsieur Perdu fragt Pauline, ob er etwas falsch gemacht habe. Erst als auch Frankies Mutter- nach langem Zweifeln- zu Monsieur Perdu kommt, erkennt dieser die Situation, denn Frankies Mutter versucht sich in die Seine zu stürzen. Und doch, diese Frau hat etwas an sich und er beginnt, ihr von seinem eigenen Leben zu erzählen, das bis vor kurzer Zeit nicht glücklich war, denn Monsieur Perdu war überzeugt, nicht lieben zu können und nicht geliebt zu werden, er war wie eine Axt aus Eis. Wird es ihm gelingen, Frankie und ihrer Mutter zu helfen?

Nina George hat mit “Die Sehnsucht der Bücher” einen berührenden und tiefgründigen Roman geschrieben, der das Schicksal von Kindern beleuchtet, die eigentlich die Elternrolle übernehmen. So muss Frankie ihrer Mutter, die die Außenwelt fürchtet und nicht mit ihr umgehen kann, die alltäglichsten Sachen erst beibringen, wie kochen und bügeln. Doch langsam kommt die Mutter in ihrer Rolle an, besonders als Frankies Vater auftaucht, der schöne Mann, wie ihn Frankie nennt. Darf Frankie nun endlich Kind sein und Bücher auch zu ihrem Vergnügen lesen und nicht nur, um sich Rat zu holen?

Die Autorin hat jedem Kapitel den Namen einer der handelnden Personen vorangestellt und die Charaktere feinsinnig und sensibel gezeichnet. Ein besonderes Stilmittel ist, dass Frankie bei ihren Synonymen immer auch mitdenkt, welche Wörter vor dem eigentlich gesuchten im Lexikon stehen. So relativieren sich Frankies Lügen und es gelingt ihr besser, die absurde Familiensituation zu ertragen. Doch unerwartet ergibt sich für Frankie eine Chance, zusammen mit Marie, einem elternlosen und genau so einsamen Mädchen, Bücher in der Öffentlichkeit vorzustellen. Bücher, die, wie viele meinen, dem Alter der Mädchen nicht angepasst sind. Die Eltern protestieren. Wird es Pauline und Jean Perdu gelingen, den Unmut zu ersticken und die Wahrhaftigkeit und Einzigartigkeit der Bücher zu verteidigen?

In ihrem Roman greift Nina George viele Probleme auf: Pauline, die wegen ihrer Abstammung angefeindet wird, hat Probleme, sich zwischen zwei Männern zu entscheiden. Eltern, die Jugendlichen Verantwortung, auferlegen, die sie eigentlich nicht tragen können und nicht tragen sollten. Engstirnigkeit von Eltern, die glauben, dass ihre Kinder von Büchern verdorben werden können. In fast poetischer Schreibweise schildert die Autorin sehr real, was Menschen bedrückt oder an einem erfüllten Leben hindert. Der eingängige, aber auch sensible und tiefschürfende Schreibstil zieht die Lesenden sehr schnell in seinen Bann, in den Bann dieses besonderen Buches.

“Die Sehnsucht der Bücher” ist ein Buch für Menschen, die Bücher lieben, die in einer Buchhandlung, die nicht nur aus Regalen bestehet, zwischen den Tischen mit den einzelnen Genres flanieren, mit suchendem Blick, und wenn sie ihre Lieblinge gefunden haben, diese verstohlen streicheln. Ein bisschen nur, das genügt. Sollten wir einander einmal in dieser Buchhandlung begegnen, beachten Sie mich bitte einfach nicht, ich bin auf der Suche nach “Die Sehnsucht der Bücher“, um es heimlich zu streicheln. Ganz kurz nur, denn das genügt.

Bewertung vom 05.05.2025
Die Inselschwimmerin
Kelly, Lorraine

Die Inselschwimmerin


ausgezeichnet

Böse Schwester

In ihrem neuesten Roman “Die Inselschwimmerin” behandelt die bekannte Autorin Lorraine Kelly ein schwieriges Thema. Kann gelebte Schuld ein ganzes weiteres Leben beeinflussen oder ist es möglich, sich selbst zu verzeihen und Vergebung von seinem Umfeld zu erhalten?

Schon auf dem gelungenen Hardcover dieses hochwertig ausgestatteten Buches sieht man Evie und ihren größten Schrecken- Wasser. Denn als Kind wäre sie beinahe ertrunken Auch in ihrem weiteren jungen Leben spielt das Meer eine wichtige Rolle und hat Anteil an der Schuld, die ihr Leben zu zerstören droht.

Nach langen Jahren in London kehrt Evie auf die schottischen Orkneyinseln zurück, ihre Heimat, die sie vor zwanzig Jahren überstürzt verlassen hat. Ihr Vater liegt im Sterben und Evie hofft, rechtzeitig zu kommen. Doch dann ist alles anders: Evie erbt sein Haus. Bei der Testamentseröffnung trifft sie auf ihre Schwester Liv. Liv hasst Evie seit ihrer Kindheit und will nur eines von ihr: Geld. Denn sonst wird sie Evies Geheimnis verraten. Glücklicherweise wird Evie von der warmherzigen, großmütigen Freya unterstützt. Sie war die Einzige, die Evies Aufenthaltsort kannte. Jetzt möchte Freya, dass Evie bleibt. Doch Evie weiß: Wenn sie bleibt, muss sie reinen Tisch machen und ihr Geheimnis preisgeben. Dann kann Evie auch den letzten Wunsch ihres Vaters erfüllen, ihr Elternhaus renovieren und schwimmen lernen.

Mit” Die Inselschwimmerin” hat Lorraine Kelly ein Thema aufgegriffen, das die Frage stellt, ob man vor Schuld- sei sie tatsächlich oder eingebildet- davon laufen kann. Evie, die unter dem traumatischen Ereignis ihrer Jugend leidet, macht sich beständig Vorwürfe. Sie ist überzeugt, kein Glück zu verdienen und nimmt daher ein langweiliges Arbeitsleben und sogar eine toxische Beziehung in Kauf. So wird Evie das Opfer ihrer Vorstellung und ihrer hinterhältigen, boshaften und verkommenen Schwester Liv, die Evie erpresst und sie bedroht. Wird Evie genug Rückhalt finden, um aus der Opferrolle herauszutreten, sich selbst zu ermächtigen und ihr Leben wieder in die Hand zu nehmen?

Die Autorin hat Evie bemerkenswerte Protagonisten an die Seite gestellt. Freya, die ursprünglich Magnus hieß, ist ein liebvoller Mensch und eine wundervolle Freundin. Sie ermutigt Evie, zu bleiben und sich mit den Freunden ihrer Jugendjahre auszusöhnen. Besonders hat mich in diesem Buch die Großmut, Hilfsbereitschaft und selbstverständliche Toleranz beeindruckt, mit der die Inselbewohner miteinander umgehen. Trotzdem- Evie muss warten, bis ihre Freunde die Ereignisse, die vor zwanzig Jahren alles verändert haben, bewältigt haben. Und wenn sich herausstellt, dass doch alles ganz anders war?

Neben Evies schwieriger Familiengeschichte hat Lorraine Kelly noch eine zarte Liebesgeschichte in das Geschehen verwoben. Hier können alle Inselbewohner helfen, ein Paar glücklich zu machen, das vielleicht nicht mehr viel Zeit miteinander verbringen wird. Und jetzt erkennt auch Evie, wie wichtig es ist, jeden Augenblick im Leben zu genießen und die Vergangenheit ruhen zu lassen.

In klarer, manchmal tiefgründiger Sprache und flüssigem Erzählstil führt uns die Autorin auf wechselnden Zeitebenen durch das Leben von Evie und ihrer Familie, detailliert entsteht hier einerseits ein Bild von wunschlosem Unglück und Selbstverleugnung bei Evie, andererseits bleibt das eigentliche Rätsel um Vergangenes lange im Dunklen. Dadurch erhält dieser gut ausgearbeitete Roman die Spannung, denn letztlich erscheint das Geschehen in völlig neuem Licht.

“Die Inselschwimmerin” ist ein bemerkenswertes Buch, das dazu anregt, Schuld zu hinterfragen und mit gelebter Schuld abzuschließen. Lorraine Kelly, die als Sachbuchautorin bekannt ist, hat mit “Die Inselschwimmerin” eine bewegende Erzählung geschrieben, die im Jahr 2024 unter den Top 10 der Sunday Times Bestsellerliste war. Auch ich gebe für diesen Roman eine absolute Leseempfehlung ab und verdiente fünf Sterne.

Bewertung vom 04.05.2025
Alice und das Blau des Wassers
Keweritsch, Katja

Alice und das Blau des Wassers


ausgezeichnet

Die Entliebte
Da war etwas, etwas das Alice längst hätte merken müssen, als ihr Mann Michael an ihrem Geburtstag frühmorgens das Haus verlässt. Etwas, das Alice längst hätte sehen müssen, als ihre junge, schwangere Kollegin Laura in der Firma zusammenbricht und Michael sie ins Spital begleitet, Laura und sein ungeborenes Kind. Und als er Alice noch am selben Tag verlässt. Was war da noch?

Das Aus einer Ehe, das Aus des bisherigen Lebensentwurfes. Das ist das Thema in “Alice und das Blau des Wassers” der bekannten Autorin Katja Keweritsch. Alice ist neunundvierzig, Mutter zweier erwachsener Kinder und im Wechsel. Und plötzlich auch die Verlassene, die Entliebte, die nichts fühlt als Trauer, Leere, aus der Welt und aus der Zeit gefallen. Die aus dieser Situation, die an einen schlechten Film erinnert, heraustreten möchte. Tochter Mia schlägt einen Haustausch vor und so findet sich Alice auf Guernsey wieder, im Haus von Vivian, einer Künstlerin.

Auf Guernsey beginnt Alice zu schwimmen, das kalte Meerwasser betäubt die Schmerzen, körperlich und seelisch. Langsam erkundet sie die Insel, trifft Menschen, die ihr Trost bieten, findet Arbeit als Gärtnerin bei James im Herrenhaus. Und sie trifft wunderbare Frauen, die ihr ihre Freundschaft anbieten und allmählich bewirken, dass Alice mit ihrem Kummer umgehen lernt. Doch da ist etwas, eine Beziehung zu Louis, die Alice wieder daran erinnert, als Frau begehrenswert zu sein und ihren Körper anzunehmen.

Katja Keweritsch hat in ihrem Roman ein genaues und sehr realistisches Bild einer Frau gezeichnet, die in der Mitte ihres Lebens plötzlich vor den Trümmern ihrer Ehe, aber auch ihrer Existenz steht. Die versucht, der Trauer zu entkommen, obwohl das anfangs nicht gelingen mag. Erst ihre Beziehung zu Louis, einem jungen Maler, gibt ihr Zuversicht und auch Selbstvertrauen zurück. Louis, der ein guter Liebhaber ist, allerdings zwar Lust und Nähe sucht, aber sich gegen jede Verbindlichkeit in der Beziehung sträubt, bietet Abstand zu Michael und dem bisherigen Leben. Doch kann Alice mit dieser Unverbindlichkeit umgehen? Würde sie es ertragen, nochmals verlassen zu werden?

“Alice und das Blau des Wassers” ist ein flüssig geschriebener Roman, den man manchmal nicht aus der Hand legen mag, so eindringlich, wenn auch eher beobachtend werden die Gefühle der Hauptfigur Alice geschildert. Als Lesende*r kann man ihren Kummer, ihre Trauer und ihren Schmerz nachvollziehen und bewundert sie gleichzeitig dafür, dass hier kein Hass entsteht, weder dem untreuen Ehemann noch der Geliebten gegenüber. Ist Alice ein Opfer oder ein weiblicher Mensch in der Mitte des Lebens, der sich auf das Selbst, einen neuen Entwurf der Zukunft einlassen kann?

Auch die weiteren Charaktere sind lebensnah geschildert. Elsie, ein junges Mädchen, noch Schülerin, die mit Alice gemeinsam im Garten arbeitet und die das Herz von Alice gewinnt. Mia, ihre liebevolle Tochter, die Alice unterstützt und sich in Vivian verliebt. James, ihr Arbeitgeber, bestimmend und patriarchalisch, der Alice zwar zu mögen scheint, aber immer wieder in Konflikte mit ihr gerät und Martha, eine wunderbare, alte Frau, die erkannt hat, dass die Schönheit eines gelebten Lebens nicht in einem perfekten Körper zu finden ist.

Anschaulich beschreibt die Autorin die beeindruckende Landschaft der Insel Guernsey, ihre Sehenswürdigkeiten sowie Flora du Fauna. In diesem detaillierten Bild stehen immer wieder mitfühlende, starke Frauen, die Alice einen neuen Blick auf ihr Leben ermöglichen, die sie auch noch nach ihrer Rückkehr von der Insel ermutigen, einen neuen, eigenen Weg einzuschlagen. “Alice und das Blau des Wassers” ist ein kluger und oftmals in die Tiefe gehender Roman, der Mut machen kann und den Klischeebildern von Frauen in ihrer Lebensmitte Zuversicht und den Glauben an ein selbstbestimmtes Leben entgegensetzt. Daher von mir eine absolute Leseempfehlung und verdiente fünf Sterne.

Bewertung vom 13.04.2025
Game of Noctis - Spiel um dein Leben
Fagan, Deva

Game of Noctis - Spiel um dein Leben


ausgezeichnet

Dein Spiel- dein Einsatz

Mit ihrem Buch “Game of Noctis- spiel um dein Leben” hat die bekannte Autorin Deva Fagan einen Roman vorgelegt, der vor allem Kinder ab zehn Jahren begeistern wird, die gerne spielen. Schon das einprägsame Hardcover zeigt die Heldin der Geschichte, Pia, in ihrem gefährlichsten und herausforderndem Spiel.

Pia ist zwölf Jahre alt, als sie zur Spielerin wird, genau wie alle gleichaltrigen Kinder in Dantessa, einer Stadt, wo es nur darauf ankommt, zu spielen und zu gewinnen. Denn nur dann hat man Segna, also Geld, um zu überleben. Der Rang der Spieler bestimmt ihre Wichtigkeit, wer alle Spielpunkte verloren hat, wird Magd oder Knecht und auf die Gesindeinseln verbannt. So auch Pias Großvater. Die einzige Möglichkeit, ihm zu helfen sieht Pia darin, sich am gefährlichsten Spiel in Dantessa zu beteiligen, um dort viele Segna zu gewinnen. Aber in diesem Spiel- Noctis- geht es auch um etwas viel Wichtigeres- das eigene Leben.

Mit “Game auf Noctis- spiel um dein Leben” hat die Autorin einen phantasievollen, in einer magischen Welt spielenden Roman geschrieben, in dem sich alles um das Spielen, das Gewinnen und die Folgen des Verlierens dreht. Es gibt Regeln, an die Pia fest glaubt und die sie sich bemüht, einzuhalten. Doch mit der Zeit erkennt sie, dass diese Regeln manipuliert werden und die mächtigen Familien der Stadt das Spiel beeinflussen können. Es gibt keine Chancengleichheit zwischen dem Team von Pia, das aus einem armen Viertel stammt und ihrem Gegner, einem Team, das von einem reichen Elternhaus unterstützt wird. Auch die Schiedsrichter sind nicht unparteiisch. Spät erkennen Pia und ihr Team, dass die Möglichkeit besteht, die Regeln im Buch der Spiele neu zu schreiben. Doch der Einsatz ist hoch- ihr Leben!

Die Geschichte dieses Kinder- und Jugendromans ist flott und eindringlich erzählt, alle Charaktere sind sehr gut ausgearbeitet. Pia wird durch materielle Not und die Liebe zu ihrem Großvater gezwungen, sich auf das waghalsige Spiel einzulassen. Auch die anderen Mitglieder ihres Teams haben persönliche Gründe, ein so großes Wagnis einzugehen. Obwohl sich die Geschichte vorrangig um das Spiel- Noctis- dreht, werden auch ernste Themen behandelt, wie Intrigen und Machtspiele durch Reiche und Politiker sowie mangelnde Chancengleichheit. Ebenso zeigt diese Fantasy- Erzählung, dass Mut und Freundschaft etwas verändern können, wenn man sich anstrengt und klug handelt. Die Spielewelt ist bunt und einprägsam beschrieben, der Spannungsbogen wird bis zum Schluss des Buches- und damit zum Ausgang des Spieles- gehalten. Kinder, aber auch ältere Jugendliche, die die Herausforderung von jeder Art von Spielen mögen, werden mit den Figuren des Buches sicher mitleben. Für diese Gruppe junger Leser und Leserinnen ist Game of Noctis ein interessantes und empfehlenswertes Buch.

Fazit:
Wer gerne spielt, sich für Strategie interessiert und Abenteuer in einer magischen Welt mag, ist hier richtig. Phantasie, erzählerischer Reichtum und gut ausgearbeitete Charaktere kommen nicht zu kurz. Auch wenn das Cover eher Mädchen ansprechen wird, sind auch viele interessante männliche Protagonisten Teil dieses spannenden Romans. Daher bietet das Buch eine gut ausgearbeitete Fantasygeschichte, die durchaus auch Tiefgang hat und die ich gerne empfehle.

Bewertung vom 10.04.2025
Für immer an deiner Seite
Martens, Sarah

Für immer an deiner Seite


ausgezeichnet

Wenn Liebe den Tod überwindet

Mit “Für immer an deiner Seite” hat die bekannte Autorin Sarah Martens ein feinfühliges, menschlich berührendes Buch über eine große Liebe und ein unerbittliches Schicksal geschrieben.

Emma und Daniel sind das ideale Paar. Sie verbindet eine innige und tiefe Liebe, im Sommer soll geheiratet werden. Doch schon vorher erkrankt Daniel und stirbt. Zurück bleibt die tief traurige Emma, die in ihrem Schmerz versinkt. Aber Daniel hat vorgesorgt. So bekommt Emma von ihm nicht nur Briefe, die ihr Mut machen sollen, sondern zu ihrem Geburtstag erhält sie posthum ein Geschenk von Daniel, Sam, einen Mischlingshund aus dem Tierheim. Als Sam bei ihr einzieht, ist Emma anfangs überfordert. Dennoch ist Sam der Grund, am Morgen aufzustehen. So kämpft sich Emma langsam und mit Hilfe von Familie und Freunden ins Leben zurück. Hilft ihr der fröhliche Sam vielleicht auch, ihr Herz wieder für eine neue Beziehung zu öffnen?

“Für immer an deiner Seite” ist ein Buch über das Leben und die Liebe, über Trauer und Hoffnung, über die Macht der Erinnerung und unverbrüchliche Treue. Durch seine Briefe ermutigt Daniel seine Emma, das Schöne im Leben zu sehen, wieder Mut zu fassen und zu erkennen, dass auch nach einem so schmerzlichen Verlust das Leben weitergeht. Gelingt es Emma, mit gelebter Trauer abzuschließen und ihr Herz für neue Begegnungen zu öffnen?

Die Autorin hat geschickt den Fokus des Themas nicht auf das schlimme Schicksal, auf Krankheit und Tod gelegt, sondern in den Mittelpunkt ihrer Geschichte einen kleinen, frechen und unerzogenen Mischlingshund, Sam, gestellt. Er gewinnt nicht nur das Herz von Emma, bringt sie dazu, sich um ihn zu kümmern und ihr Leben weiterzuleben, sondern sein Charme und die auch aus Hundeperspektive erzählten Begebenheiten bezaubern auch die Lesenden. Emmas Gefühle wirken echt und lebensnah, manchmal weint man mit ihr und besonders wenn es um Sam geht, muss man einfach schmunzeln und fühlt sich vielleicht an Begebenheiten mit dem eigenen geliebten Hund erinnert. Und trotzdem ist dieses Buch nicht nur für Hundefreunde gedacht. Es bietet viel inhaltliche Tiefe, ganz große Gefühle und weckt das Bedürfnis, Emma, die man oft so gut verstehen und ihre Reaktionen und Verhaltensweisen nachvollziehen kann, einfach in die Arme zu nehmen. Doch glücklicherweise hat die Autorin Emma ein so liebevolles Umfeld gegeben, dass man sich auch ohne Gewissensbisse den Streichen von Sam zuwenden kann und sich einfach freut, dass Emma nun einen Begleiter hat, der sie nie verlassen wird und der ihr Leben bereichert.

Dieses warmherzige und liebevolle Buch, sehr lebensnah geschrieben und gut lesbar, nimmt die Lesenden mit in eine Situation, die schmerzlich ist und von der man sich wünscht, sie nie selbst erleben zu müssen. Und doch scheint immer wieder Fürsorge, Liebe und Hoffnung ein Weiterleben zu ermöglichen, das zwar so nicht geplant war, aber dennoch nie vergessen lässt, dass das Leben unendliche Möglichkeiten und schöne Momente bereithält. Man muss sie nur sehen und wieder Glück und Freude zulassen. “Für immer an deiner Seite” ist ein Roman, um zu lachen und zu weinen und zu erkennen, dass die Zeit zwar nicht alle Wunden heilt, aber die entstandenen Narben ein Teil der eigenen Geschichte sind. Und natürlich, um mit Sam über die Auslaufwiese zu tollen und die Hundeschule zu besuchen, denn das hat er wirklich nötig. Daher eine absolute Leseempfehlung von mir und verdiente fünf Sterne für dieses tolle Buch.