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Sodom

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Insgesamt 4 Bewertungen
Bewertung vom 31.03.2017
Der Mann, der Luft zum Frühstück aß
Knapp, Radek

Der Mann, der Luft zum Frühstück aß


sehr gut

Walerian, der nach einem Beruhigungsmittel benannt wurde, wird von seiner Mutter als Einjähriger allein gelassen. Diese taucht erst 10 Jahre später wieder auf, um kurz darauf mit ihm von Polen nach Österreich, genauer nach Wien, auszuwandern. Dort schlägt sich Walerian durch, muss jedoch erfahren, dass es für Immigranten nicht immer leicht ist.

Angesichts der Kürze des Buches verbietet sich jeder nähere Einstieg in den Plot, um nicht die Geschichte vorwegzunehmen. Nur so viel: Knapp stellt in seinem Buch den Humor in den Vordergrund. Tiefe Brüche im Leben des Hauptcharakters werden nicht näher ausgearbeitet, vielmehr schafft es der Protagonist, mit Humor und Bauernschläue über die Gräben des Lebens hinüberzusteigen. Der Erzählstil von Knapp ist sehr gelungen und fesselt den Leser, ohne dass man sagen kann, woran dies liegt. Gerade darin besteht aber die große Kunst (und vielleicht auch die Stärke).

Fazit: Ein absolut lesenswertes Buch, das aufgrund seiner Kürze schnell verschlungen werden kann und dazu auch einlädt. Knapp ist hier ein **spitzen**“ Buch gelungen.

Bewertung vom 20.02.2017
Zutritt nur für echte Abenteurer! / Saint Lupin's Academy Bd.1
White, Wade Albert

Zutritt nur für echte Abenteurer! / Saint Lupin's Academy Bd.1


sehr gut

Anne lebt im Saint-Lupin‘s-Institut, einer Einrichtung, in dem Waisenkinder aufgenommen werden. Dies aber nicht aus Menschenliebe, sondern aus Profitgier. Die Waisenkinder werden nämlich ausgebeutet. Verlassen kann man das Institut nur, wenn man adoptiert wird (passiert nie), 13 Jahre alt wird oder für eine Abenteuermission ausgewählt wird. Anne wird morgen 13 Jahre alt und hofft, endlich den Qualen entkommen zu können. Dann erfährt sie jedoch, dass das Schiff ohne sie abfahren soll und sie ein weiteres Jahr gefangen ist. Inmitten dieser dunklen Stunde schenkt ihr eine Frau einen Panzerhandschuh und nimmt Anne in eine Abenteuerakademie auf. Nun kann sie St. Lupin endlich verlassen. Doch als sie den Handschuh im Zimmer der Oberin anzieht, kann sie ihn nicht mehr abnehmen und dann zieht der Handschuh auch noch eine Prophezeiung an, deren Aufgabe Anne lösen muss. Es wird ihr größtes Abenteuer. Doch ist sie dem auch gewachsen?

Beim ersten Lesen des Klappentexts drängt sich ein Vergleich mit Harry Potter geradezu auf. Ein armes Kind wird aus seiner Lage befreit und kommt an eine magische Schule. Während bei Harry Potter jedoch die Magie in die „normale“ Welt eingebaut wird und das Leben an der Magierschule den Handlungsrahmen bildet, schafft White eine eigene Realität (wobei sich auch hier Anknüpfungen an die „normale“ Welt finden) und schickt seine Protagonisten in eine wilde Abenteuerreise.

Die Geschichte ist gut, wenn auch teilweise ein wenig verwirrend erzählt. White hat dabei gute Ideen zur Fortführung der Geschichte, wie z.B. das ultimative Handbuch für Abenteurer, ohne diese jedoch überzustrapazieren. Darüber hinaus lebt das Buch von seinen witzigen Einschüben oder von den „offiziellen Zitaten“ am Beginn eines Kapitels aus Werken der Abenteurerwelt (wie z.B. Thoths A-Z der Kerkergestaltung).

In der Sprache ist das Buch einfach gehalten und richtet sich eher an Kinder. Insofern bleibt abzuwarten, ob White sich hier J.K. Rowlings „Harry Potter“ zum Vorbild nimmt. Denn auch Harry Potter begann eher kindlich und entwickelte sich mit jedem Band mehr zum Jugendbuch. Ähnliches könnte auch White verfolgen, damit seine Geschichten mit seiner Leserschaft mitwächst.

Fazit: Auch wenn sich der Aufbau und die Umgebung der Geschichte erheblich von Harry Potter unterscheidet (jedenfalls im ersten Buch), so drängt es sich jedoch erheblich auf, einen Vergleich zwischen den beiden Reihen zu ziehen. Auf der einen Seite ist dies für „St.Lupin’s Academy“ sicherlich auch schmeichelhaft, weil es in einem Atemzug mit einer der größten und erfolgreichen Kinder- und Jugendbuchreihe genannt wird. Auf der anderen Seite besteht aber auch die Gefahr, als nicht gleichwertig angesehen zu werden. Insgesamt drängt sich mir der Eindruck auf, dass J.K. Rowling ein durchdachteres Werk geliefert hat. Dies kann aber auch daraus resultieren, dass die Harry Potter-Reihe bereits auserzählt und daher in Gänze bekannt ist. Es bleibt daher abzuwarten, wie sich die Reihe von White um die junge Abenteurerin entwickelt. Isoliert betrachtet ist „St. Lupin’s Academy“ aber ein „**spitzen**“ Buch, das seine Leserschaft finden sollte. Ob die Reihe den Anforderungen auf Dauer genügen kann und sich vor allem auch weiterentwickelt, bleibt abzuwarten.

Bewertung vom 19.02.2016
Albertos verlorener Geburtstag
Rosie, Diana

Albertos verlorener Geburtstag


sehr gut

Alberto offenbart seinem Enkel, dass er nicht weiß, wann er Geburtstag hat. Eigentlich weiß Alberto nichts mehr aus seiner frühen Kindheit, denn er hat als Kind im spanischen Bürgerkrieg sein Gedächtnis verloren. Sein Enkel überzeugt Alberto, auf die Suche nach seinem Geburtstag zu gehen. So ziehen Großvater und Enkel los zu den Orten der Vergangenheit.

Der Plot lässt eine Road-Trip-Story vermuten und tatsächlich geht es auch um die Reise an verschiedene Orte der Vergangenheit. Im Vordergrund steht allerdings in erster Linie Albertos Geschichte. Rosie bedient sich dabei erzählerisch dem Trick, dass die Gegenwarts-Story und die Vergangenheits-Story zeitlich gegenläufig erzählt werden. Während die Gegenwarts-Story vorwärts erzählt wird, läuft die Vergangenheits-Story rückwärts. Das heißt, dass die Geschichte von Albertos Kindheit mit jedem Mal ein Stück weiter zurück in die Vergangenheit führt. Dadurch werden dem Leser die Zusammenhänge der Geschichte Stück für Stück nahegeführt. Interessant ist darüber hinaus, dass Rosie die Erzählzeiten ebenfalls entgegenläufig nutzt. Während die Gegenwart in der Erzählzeit Imperfekt geschrieben ist, wird die Vergangenheit im Präsens erzählt. Dies lässt die Geschichte den kleinen Alberto für den Leser noch wirklicher erscheinen und fesselt den Leser zusätzlich. Dies wird noch dadurch verstärkt, dass die Vergangenheit aus der Ich-Perspektive einer Person in Albertos Vergangenheit erzählt wird. Zu Beginn des Buches nutzt Rosie zudem eine interessante Verknüpfung, indem sie im Gegenwartsteil bestimmte Verhaltensweisen Albertos darstellt und im Vergangenheitsteil erklärt, wie es dazu gekommen ist. Diese Verlinkungen unterlässt Rosie aber relativ schnell wieder, was die Vermutung zulässt, dass es sich um eine Idee der Autorin handelte, die sie leider über das gesamte Buch nicht durchhalten konnte.

Historischer Hintergrund des Plots ist der Spanische Bürgerkrieg. Eine Thematik, die für deutsche Leser eine eher wenig behandelte Materie darstellt und daher nicht abgegriffen wirkt. Tatsächlich wird dem Leser auch die Situation zu Zeiten des Bürgerkriegs in Spanien dargelegt. Letztlich bleibt es aber dabei, dass es sich lediglich um eine Rahmenhandlung handelt. Der Schwerpunkt liegt darin nicht, was auch der Tatsache geschuldet sein mag, dass nur die Hälfte des Buches in dieser Zeit spielt.

Fazit: Als Fazit lässt sich festhalten, dass Rosie durchaus ein packendes Buch geschrieben hat, das vielleicht mehr durch die Darstellung der Charaktere als durch die eigentliche Handlung brilliert. Aber auch der Plot wird in interessanter Weise erzählt und lässt einen Abfall des Spannungsbogens nicht erkennen. Alles in allem handelt es sich meiner Meinung nach um ein „spitzen“ Buch, das absolut empfehlenswert ist.

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Bewertung vom 22.01.2016
Der Hodscha und die Piepenkötter
Bingül, Birand

Der Hodscha und die Piepenkötter


gut

Es ist sein erster Tag in Deutschland und in der Stadt! Nuri Hodscha wurde von der türkischen Religionsbehörde als neuer Imam eines örtlichen Moscheevereins in die Stadt geschickt . Doch kaum ist er angekommen, sorgt er für Aufsehen. Er fordert nämlich sofort eine repräsentative Großmoschee.

Darüber ist die Oberbürgermeisterin Piepenkötter in keiner Weise erfreut. Tatsächlich kommt der Vorstoß des Imam äußerst ungelegen. In sechs Wochen steht nämlich die Wahl zum Oberbürgermeister an und Ursula Piepenkötter möchte wiedergewählt werden. Der Vorstoß des Hodschas (der Titel eines Religionsgelehrten) könnte der komfortablen Vorsprung der Amtsinhaberin gefährden.

Aus diesem Grundproblem ergibt sich ein Schlagabtausch, in dem keine Seite vor etwas zurückschreckt.

Es ist nicht leicht, dass Buch in ein bestimmtes Genre einzuordnen. Thematisch handelt es sich eindeutig um ein Buch zur Integrationsdebatte, die ein Dauerthema der Gesellschaft zu sein scheint. Dabei wirkt das Buch aber insbesondere zu Beginn, als wolle es sich diesem oft hart geführten Thema von einer witzigen und satirischen Seite nähern. Auch das Cover und die Druckart des Titels erwecken den Eindruck, als hätte man es hier mit einem humoristischen Buch zu tun. Es gehört aber definitiv nicht in die Humorabteilung einer Buchhandlung. Im Verlauf der Geschichte verwischt der Eindruck einer satirischen Geschichte immer stärker. Die Bandagen, mit denen die Protagonisten kämpfen, sind nämlich so hart, dass selbst die immer wieder auftauchenden satirischen Ansätze in den Hintergrund rücken.

Verwirrend ist auch die Geschichte selbst. Auf der einen Seite wirkt sie realistisch, da sie immer wieder gehörte Vorurteile über Politiker bzw. Muslime mit anschaulichen Beispielen unterfüttert. Damit mögen zwar zum Teil Stereotype bedient werden, dennoch handelt es sich um die Punkte der öffentlichen Diskussion. Auf der anderen Seite ist die Geschichte aber zu tiefst unglaubhaft. Das Handeln der Bürgermeisterin und des Hodschas sind teilweise derartig verachtungswürdig, dass es geradezu lächerlich ist, wie die daraus eigentlich entstehenden Probleme bei Seite gewischt werden. So lässt der Hodscha den Sohn der Oberbürgermeisterin zusammenschlagen. Die Wut der Oberbürgermeisterin über diese Straftat verraucht aber innerhalb weniger Seiten und lässt die Beziehung zwischen den Hauptpersonen, wie es eigentlich zu erwarten wäre, nicht endgültig scheitern. Man hat vielmehr das Gefühl als würden beide Seite über solche Punkte geradezu hinweggehen. Auch zahlreiche andere Situation bzw. Reaktionen sind derart unrealistisch, dass sie die Glaubhaftigkeit der Geschichte zerstören. Insgesamt wirkt der Plot daher sehr konstruiert. Dies ist umso bedauerlicher, als das Buch – trotz der eher unsympathischen Hauptpersonen der OB und des Hodschas – lehrreich sein könnte, um auch die andere Position nachzuvollziehen. Die Geschichte ist trotz ihrer Schwächen interessant und kurzweilig.

Bei all den Schwächen in der Glaubhaftigkeit der Geschichte schafft es Bingül dennoch durch eine lebhafte Erzählweise eine gewisse Bindung des Lesers zu den Charakteren aufzubauen. Die Dialoge sind der Alltagssprache abgeguckt und lassen daher (wenn schon nicht den Plot) die Charaktere an sich real erscheinen.

Fazit: Das Buch hat meine Erwartungen an ein humoristisches Buch nicht erfüllt. Das ernste Thema wird durchaus ernsthaft und wenig humorvoll behandelt. Das Integrationsthema selbst ist jedoch gut erzählt und getroffen. Die Schwächen in der Glaubhaftigkeit der Situationen und Reaktionen, über die ich mich schon fast hätte aufregen können, verhindern nicht, dass immer wieder Verständnis für die jeweils andere Position aufkommen kann. Hinsichtlich der Bewertung wird das Buch schließlich einigermaßen durch die lebendige Erzählweise und Sprache gerettet, da dadurch Langeweile nicht aufkam. Man bleibt an der (unrealistischen) Geschichte interessiert. Insgesamt ist das Buch daher noch als „gut“ zu bewerten.