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Magda
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Köln

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Insgesamt 297 Bewertungen
Bewertung vom 24.08.2025
Gieselmann, Dirk

Zeit ihres Lebens


ausgezeichnet

Zeit ihres Lebens von Dirk Gieselmann ist eine wunderschöne Liebesgeschichte, die mich tief berührt und deren Ende mich traurig zurückgelassen hatte.
Georg und Frieda, Anfang 40 bzw. Ende Dreißig, lernen sich Anfang der Achtziger Jahre kennen. Georg ist Vertreter für medizinische Geräte. Er ist seit zwölf Jahren mit Anne verheiratet, die beiden haben einen Sohn. Ihre Ehe plätschert vor sich hin, Georg ist im Außendienst tätig, es passt ihm ganz gut, dass er selten zu Hause ist. Frieda ist Grundschullehrerin und ledig. Sie hatte noch nie eine längere Beziehung, da ihr der Richtige noch nicht begegnet ist – das ändert sich, als sie Georg kennenlernt. Die beiden lernen sich an einer Bushaltestelle kennen. Es regnet in Strömen und Georg bietet Frieda seinen Schirm an. Das ist der Beginn ihrer lebenslangen Liebesgeschichte.
Frieda bietet Georg an, sein Familienleben weiterzuführen und gibt sich damit zufrieden, ihn während seiner Geschäftsreisen zu treffen. „Sie vermisste ihn, wenn er nicht bei ihr war, das schon, doch sie litt nicht mehr darunter: Sie wusste sicher, dass er wiederkommen würde, wie auf die Nacht der Morgen folgt, auf die eine Jahreszeit die nächste, dass er bei ihr sein würde, im März, im Juni, im September und Dezember.“
Der Autor erzählt die Geschichte aus beiden Perspektiven, der des Mannes und der Frau. Wir begleiten beide nicht nur während ihrer Treffen, sondern auch in ihrem Leben ohne den bzw. die andere. Frieda geht in ihrem Beruf auf, verbringt oft Zeit mit ihrem Neffen und ihrem Vater. Georg hingegen erledigt seinen Job pflichtbewusst und ohne große Begeisterung, genauso wie die Besuche bei den Schwiegereltern und den monatlichen Beischlaf mit Anne. Der Familienhund Bruno ist der Einzige, der sein Innenleben und seine Gedanken kennt und diese kommentiert.
Georgs Unterhaltungen mit Bruno mochte ich sehr. „Denkst du oft an diese Frieda? Die meiste Zeit. Was ist mit Anne? Sie ist meine Frau. Aber liebst du sie? So gut ich kann. Ist das wenig oder viel? Es ist beides, irgendwie. Ich verstehe. Und bei Frieda ist es viel? Zu viel sogar.“
Es ist eine traurige Liebesgeschichte mit einem traurigen Ende in wunderschöner poetischer Sprache in Worte gefasst. Der Schreibstil erinnert mich an den Ewald Arenz, der zu meinen Lieblingsautoren gehört. Sehr gerne empfehle ich diesen etwas anderen Liebesroman weiter.

Bewertung vom 22.08.2025
Recchia, Roberta

Ciao bis zu den schönen Tagen


ausgezeichnet

Ciao bis zu den schönen Tagen von Roberta Recchia, aus dem Italienischen von Christiane Burkhardt, ist der zweite Roman der Autorin, der wie bereits ihr Debütroman Endlich das ganze Leben mit dem Tod eines jungen Mädchens beginnt. In dem Roman geht es um die Familie des Täters Maurizio Nardulli.
Luca Nardulli, 12, verliebt sich in die 16jährige Betta. Diese verbringt ihre Sommer im Ferienhaus ihrer Eltern in Torre Domizia an der italienischen Küste. Luca schmachtet Betta aus der Ferne an, er ist sich dessen bewusst, dass sie nicht an ihm interessiert ist. Trotzdem schenkt sie ihm Aufmerksamkeit und ab und an wechseln die beiden sogar ein paar Sätze. Als Betta eines Morgens tot am Strand aufgefunden wird, ist Luca am Boden zerstört, er glaubt, sich nie wieder verlieben zu können. Lucas Vater ist Polizist, er ermittelt in Bettas Fall. Die Täter werden erst Jahre später gefunden, einer von ihnen ist Maurzio, Lucas älterer Bruder, zu dem Luca immer aufgeschaut, den er immer bewundert hat.
Luca wird von seiner Mutter in den nächsten Zug nach Bergamo gesetzt, wo sein Onkel Umberto mit seiner Frau Mara und den drei Töchtern Carolina, Caterina und Emilia wohnen. In Bergamo wird Luca von seinem Onkel herzlich empfangen, seine Tante hingegen will ihn so schnell wie möglich wieder loswerden. „Woher willst du wissen, dass er nicht auch so ein Tier ist wie sein Bruder? Dein ach so reizender Neffe. Luca muss gehen“.
Umberto hält zu Luca und zieht mit ihm in die Klosterschule, in der er seit vielen Jahren stellvertretender Schulleiter ist. Bei den Patern geht es Luca gut, allerdings vermisst er seine Eltern und vor allem seine Freundin Flavia. Flavias Eltern verbieten ihr den Kontakt zum Bruder eines Mörders, doch sie tut alles, um Luca wiederzusehen.
„Sein Leben kam ihm vor wie ein Kartenhaus, das er nach jedem Einsturz hartnäckig wieder aufbaute: Doch schon beim kleinsten Windhauch herrschte wieder tabula rasa.“ (S. 124)
Im zweiten Teil gibt es einen Sprung ins Jahr 2002 – Luca ist 36 Jahre alt, verheiratet und Vater einer Tochter. Maurizio wird aus dem Gefängnis entlassen, und die beiden Brüder sehen sich nach zwanzig Jahren wieder. Sie sind nicht mehr dieselben, die sie damals in Torre Domizia waren. Ob Luca seinen Groll überwinden kann und es zu einer Versöhnung kommt?
Das Schicksal der Familie Nardulli hat mich tief berührt. Ich finde es ungewöhnlich, dass eine Frau aus der Sicht eines jungen und eines älteren Mannes schreibt, denn neben Luca dreht sich die Handlung um seinen Onkel Umberto - der seine drei Töchter über alles liebt, sich jedoch immer einen Sohn gewünscht hatte. Ich fand es bewundernswert, wie er sich für Luca einsetzt und alles dafür tut, damit sich dieser in der neuen Stadt und der neuen Schule wohl fühlt.
Ich habe das Buch sehr gern gelesen und werde auch Endlich das ganze Leben noch lesen, in dem es um Bettas Familie geht. Ciao bis zu den schönen Tagen ist ein Buch, das zeigt, wie wichtig der Zusammenhalt in einer Familie ist und dass man nur gemeinsam Schicksalsschläge überwinden und vielleicht sogar wieder ein glückliches Leben führen kann. Von mir eine Leseempfehlung und fünf Sterne.

Bewertung vom 20.08.2025
Abel, Susanne

Du musst meine Hand fester halten, Nr. 104


ausgezeichnet

Du musst meine Hand fester halten, Nr. 104 ist der von mir langersehnte neue Roman von Susanne Abel. Ich habe bereits die Gretchen-Dilogie verschlungen und auch ihr neuer Roman hat mich begeistert und tief berührt.
Susanne Abel stellt das harte, arbeits- und entbehrungsreiche Leben der beiden Heimkinder Hardy und Margret sowie ihrer Urenkelin Emily dar.
Sauerland, 1945: Der kleine Hardy verliert auf der Flucht aus Sopot bei Danzig seine Eltern und die große Schwester. Im Heim wird er auf etwa drei Jahre geschätzt, das Namensschild, das man ihm um den Hals gehängt hat, ist kaum zu entziffern. Mit dem falschen Namen und ohne Geburtsdatum ist es dem Suchdienst des Roten Kreuzes nicht möglich, seine Angehörigen zu finden. So fängt Hardys Leidensweg als Heimkind Nr. 104 an.
Auch die neunjährige Margret verliert im Krieg ihre Eltern und ihren kleinen Bruder Gerhard. Im Heim nimmt sie sich des kleinen Hardy an, der sie an Gerhard erinnert. Als Margret von ihrer Tante gefunden wird und das Heim verlassen darf, bricht für Hardy eine Welt zusammen. Margret tritt jedoch einen weiteren Leidensweg an, der nach einer Vergewaltigung im Magdalenenheim endet.
Im Heim wird Hardy, der sich weigert zu sprechen, als schwachsinnig diagnostiziert und nach einem Vorfall ins Franz Sales Haus in Essen verlegt. Dort werden an ihm, für den sich nach Margrets Weggang niemand mehr einsetzt, Medikamentenversuche gemacht. Er vegetiert nur noch vor sich hin, sabbernd, mit dem Kopf wackelnd, nicht imstande, auf Toilette zu gehen.
Margret verlässt das Heim mit ihrer Volljährigkeit und bekommt eine Anstellung als Pflegerin in dem Heim, in dem sie Hardy komplett verwahrlost wiederbegegnet.
Der Roman spielt auf mehreren Zeitebenen, so lernen wir neben Hardy und Margret ihre Tochter Sabine, Enkelin Julia und Urenkelin Emily kennen. Besonders Emily steht in vielen Kapiteln im Mittelpunkt. Wir begleiten sie von ihrem vierten bis zum fünfzehnten Lebensjahr (2005-2015). Emily lebt bei ihren Urgroßeltern, da ihre Mutter Julia nicht in der Lage ist, sich um sie zu kümmern.
Alle drei Frauen – Margret, Sabine und Julia – haben Depressionen, die sie mit Psychopharmaka behandeln. Margrets nicht verarbeitete Traumata überträgt sie auf ihre Tochter, und auch diese kämpft mit ihren Dämonen.
Im Nachwort erfahren wir, dass die Autorin die Zustände in Heimen in den Sechziger und Siebziger Jahren so beschrieben hat, wie sie laut ihrer Recherche auch tatsächlich waren. Heimkinder wurden misshandelt, nicht selten sexuell missbraucht und dienten als Versuchskaninchen für Medikamente und Impfstoffe. Besonders furchtbar finde ich, wie grausam und gnadenlos sich Nonnen gegenüber den ihnen anvertrauten Kindern verhalten haben. Kein Wunder, dass Hardy und Margret als Erstes aus der Kirche ausgetreten sind. Auch das damalige unmenschliche und herzlose Verhalten von Ärzten ist für mich unbegreiflich.
Das Buch hat mich sehr bewegt, besonders angesichts dessen, dass die beschriebenen Zustände auf Tatsachen basieren. Angesichts all der Tragik habe ich mich sehr über das glückliche Ende für Hardy gefreut. Sein Leben lang hatte er sich nach seinen Eltern gesehnt und sie schmerzlich vermisst, und auch Emilys größter Wunsch ist es, einen Papa zu haben. Susanne Abel hat mir mit ihrem hochemotionalen Roman mein Sommerhighlight beschert!

Bewertung vom 18.08.2025
Rey, Christina

Der Duft der fernen Insel


gut

Der Duft der fernen Insel ist mein erstes Buch von Christina Rey, allerdings habe ich von ihr einige Neuseelandromane gelesen, die sie unter dem Pseudonym Sarah Lark geschrieben hat. Mit ihren Büchern versetzt sie uns in ferne und exotische Länder, in ihrem neuen Roman geht es nach Sansibar.
Die Handlung spielt Mitte des 19. Jahrhunderts. Eve arbeitet in London als Lehrerin in einer Blindenschule. Sie bekommt eine Einladung vom Sultan von Sansibar, seine 9jährige Tochter Nunu in seinem Palast zu unterrichten und vor allem zu erziehen. Nunu kommt zwar mit ihrer Blindheit gut zurecht, aber sie bringt ihre Geschwister und die Haremsdamen mit ihren Streichen und ihrer Wildheit oft zur Verzweiflung. Kurzentschlossen reist Eve nach Sansibar. Der englische Konsul bietet ihr an, seine langjährige Angestellte Fanny als Bedienstete in den Palast mitzunehmen. Eve und Fanny freunden sich an.
Nunu ist sehr an Düften interessiert und ihr größter Wunsch ist es, Parfum herzustellen. Der Sklave Moses baut ihr einen Destillierapparat, und Nunu beglückt schon bald den ganzen Harem mit ihren Parfumkreationen.
Meine Lieblingscharaktere sind Madeleine und ihr Sohn Rudolphe. Die Französin wurde auf einer Afrikareise überfallen und als Sklavin an den Sultan verkauft. Im Palast gebar sie ihren Sohn Rudolphe, der die ersten Jahre bei ihr im Palast leben durfte, mit vier Jahren jedoch an den englischen Konsul übergeben wurde. Mit dem Sultan bekam sie eine Tochter, von der wir gegen Ende des Buches noch einiges erfahren.
Auf den 640 Seiten gibt es einige langatmige Passagen. Die Jahre im Palast werden sehr ausführlich beschrieben – die Autorin hat es anhand des Tagebuchs einer Prinzessin von Sansibar authentisch dargestellt - dafür überschlagen sich danach die Ereignisse.
Im Mittelpunkt des Romans steht nicht Eve, sondern Nunu, der Klappentext weckt falsche Erwartungen: „Eve zieht sich mit Nunu auf eine Gewürzplantage zurück, wo sie Nunus Begabung im Umgang mit Düften und in der Herstellung von Duftkompositionen fördert. Aber die friedliche Zeit endet jäh, als sich die beiden Frauen in denselben Mann verlieben.“ Nunu verliebt sich mehrmals, wird vom Sultan gegen ihren Willen verheiratet und muss viel erleiden, bevor sie schlussendlich fernab der Heimat glücklich wird.
Von Eve erfahren wir kaum noch etwas nach ihrem Auszug aus dem Palast. Dafür begleiten wir Fanny und Moses auf ihrem Weg aus der Sklaverei zu Missionaren.
Leider konnte mich das Buch nicht fesseln, mein Interesse für die Herstellung von Parfum hält sich in Grenzen, diese wird meiner Meinung nach zu detailliert beschrieben. Gerne hätte ich stattdessen mehr über Eve erfahren. Ich lese gerne Wälzer mit 500 Seiten und mehr, wenn sie spannend und fesselnd sind, was hier jedoch nicht der Fall war. Von mir daher 3,5 Sterne und eine Leseempfehlung für alle, die sich für Düfte, Gewürze und die afrikanische Flora interessieren.

Bewertung vom 11.08.2025
Slocombe, Penelope

Sunbirds


ausgezeichnet

Sunbirds ist der Debütroman der britischen Autorin Penelope Slocombe. Sie beschreibt darin die Suche einer Mutter nach ihrem Sohn, der sieben Jahre zuvor nach Indien gegangen ist.
Anne lebt mit ihrem Mann Robert in Schottland, wo sie eine Farm betreiben. Im Alter von achtzehn Jahren beschließt ihr Sohn Torran, nach Indien zu reisen. In den ersten Jahren meldet er sich noch sporadisch von den Orten, die er bereist, doch irgendwann hören sie nichts mehr von ihm.
Anne beschließt, ihren Sohn in Indien zu suchen. Ihr Vorhaben gleicht der Suche nach einer Nadel im Heuhaufen, denn jedes Jahr verschwinden Dutzende ausländische Reisende im nordindischen Distrikt Kullu. Robert hat schon die Hoffnung aufgegeben, er glaubt nicht, dass sein Sohn noch lebt – bis er Besuch von seiner Nichte Esther bekommt.
Esther ist Journalistin, sie hat als Kind bei Anne und Robert gelebt, nachdem ihre Eltern sich getrennt haben. Robert hat die achtjährige Tochter seiner Schwester bei sich aufgenommen. Anne fügte sich, hatte aber genug mit ihrer Schwangerschaft und später mit ihrem Baby zu tun, ihr Interesse für Esther hielt sich in Grenzen. Natürlich ist Annes mangelnde Fürsorge nicht spurlos an Esther vorbeigegangen, sie hielt sich an Robert und verließ im Alter von vierzehn ihre Pflegefamilie, um von da an bei ihrem Vater zu leben.
Kurz nach Torrans Verschwinden hat Esther einen vielbeachteten Artikel geschrieben, in dem sie Anne als eine schlechte Mutter darstellt. Evie liest den Artikel und kontaktiert Esther, sie erzählt ihr, dass sie Torran vor nicht allzu langer Zeit im Sunshine House, einer Art Kommune, kennengelernt hatte. Esther beschließt, nach Indien zu fliegen, um Anne diese Information persönlich zu übermitteln.
Die beiden Frauen machen sich gemeinsam auf den Weg zum Sunshine House. Geführt und begleitet werden sie von einem ortskundigen Bergführer. Es wird eine lange und beschwerliche Reise, auf der die beiden ihre konfliktreiche Beziehung aufarbeiten.
Die Kapitel sind abwechselnd aus Annes und Esthers Sicht geschrieben, in den mit „Früher“ betitelten Kapiteln erinnert sich Anne an ihre erste Begegnung mit Robert, ihr Elternhaus, das sie als 18jährige verlassen hatte, die ersten Jahre mit Torran, der von klein auf mehr mit Robert als mit ihr verbunden war, das Leben mit der unglücklichen Esther, von der sie sich abgelehnt fühlte.
Zu Anne habe ich keinen emotionalen Zugang gefunden, ich habe sie als eher kalt wahrgenommen, Esther hingegen mochte ich sehr. Ich hatte Mitleid mit dem kleinen Mädchen, das von der Mutter verlassen wurde und bei Onkel und Tante leben musste, einer Tante, die sie nicht dahaben wollte.
Das Ende passt gut zu Annes Geschichte. Sie macht auf der Reise eine bewundernswerte Entwicklung durch, auch wenn sie mir bis zuletzt nicht sympathisch geworden ist.
Ich habe Sunbirds sehr gerne gelesen, habe mit Anne und Esther Teile des Himalaya durchquert, fand die Aussteiger, die die beiden kennengelernt haben, sehr interessant und ihre Geschichten berührend. Mein Lieblingscharakter war Robert, der den Verlust seines Sohnes zwar sehr betrauert, aber sein Leben trotzdem stillschweigend weiterlebt.
Ich vergebe fünf Sterne und eine Leseempfehlung für alle, die sich auf die Geschichte einer Frau und Mutter auf der Suche zu sich selbst einlassen möchten.

Bewertung vom 01.08.2025
Kuhn, Yuko

Onigiri


sehr gut

Onigiri, der Debütroman von Yuko Kuhn, ist die Geschichte einer deutsch-japanischen Familie, in deren Mittelpunkt Tochter Aki und Mutter Keiko stehen.
Die über achtzigjährige Keiko kam als junge Frau nach Deutschland, sie hat den zehn Jahre jüngeren Karl geheiratet, der aus einer wohlhabenden Familie stammte. Karls Eltern Gesine und Ludwig waren von seiner Wahl nicht sehr angetan, ihr Verhältnis zu Keiko blieb bis zu ihrem Lebensende distanziert.
Keiko und Karl bekommen zwei Kinder: Aki und Kenta. Karl ist psychisch instabil, er kämpft mit Depressionen, die Ehe scheitert, doch Karl hält den Kontakt zu seinen Kindern.
Keiko bleibt auch nach ihrer Scheidung in Deutschland, doch ihr Herz hängt an Japan. Seit sie in Deutschland lebt, war sie nur wenige Male dort. Als ihr Gedächtnis immer mehr schlechter wird, beschließt Aki, ihr mit einer Reise nach Japan eine Freude zu machen. Und tatsächlich lebt Keiko in ihrer alten Heimat auf, auch wenn sich nicht leugnen lässt, dass ihre Demenz voranschreitet.
In dem Buch lernen wir die ganze Familie gut kennen, sowohl die deutsche als auch die japanische Seite. Mir haben am besten die Geschichten über Keikos Schwiegereltern gefallen. Auch nachdem sich Karl von Keiko getrennt hatte, haben sich seine Eltern um ein gutes Verhältnis zu seinen Kindern bemüht, was nur bedingt geklappt hatte. Aki hat sich im Haus ihrer deutschen Großeltern nie richtig wohl gefühlt, vielleicht weil sie wusste, dass diese ihre Mutter ablehnen.
Ich mochte die Beziehung von Kenta zu seiner Nichte und seinem Neffen. Selbst kinderlos, stand er seiner Schwester stets hilfreich zur Seite, wenn die Kinder abgeholt oder beschäftigt werden sollten.
Am wenigsten erfahren wir über Akis Mann Felix und ihre beiden Kinder. Dafür lernen wir ihren Onkel Masayuki gut kennen, den Mutter und Tochter in Kobe besuchen.
Ich habe das Buch gern gelesen, hätte mir allerdings mehr Informationen über Japan gewünscht. Es werden viele japanische Gerichte und Spezialitäten vorgestellt, nicht nur die titelgebenden Reisbällchen Onigiri. Im Glossar am Ende des Buches werden alle im Buch genannten japanischen Lebensmittel und Gerichte kurz umrissen. Eine große Rolle spielt das Thema Demenz, genau wie die Beziehung zwischen Mutter und Tochter. Da ein Nachwort fehlt, erfahren wir nicht, ob das Buch autobiographisch oder fiktional ist.
Der Roman ist wie ein langer, ruhiger Fluss, mir fehlte Spannung, die vielleicht mittels eines Familiengeheimnisses aufgekommen wäre. Mich konnte es nicht ganz überzeugen, ich würde es Leser*innen empfehlen, die gern Familiengeschichten lesen.

Bewertung vom 30.07.2025
Teige, Trude

Wir sehen uns wieder am Meer


ausgezeichnet

Wir sehen uns wieder am Meer ist der letzte Teil einer Trilogie, die Trude Teige über Großmutter Tekla, ihren Ehemann Konrad und ihre Freundinnen Birgit, Nadia und Annelise geschrieben hat. Die Bücher sind an wahre Ereignisse während und nach dem Zweiten Weltkrieg angelehnt und können einzeln gelesen werden, ich empfehle jedoch, alle drei zu lesen.
In diesem Band steht Birgit im Mittelpunkt, Teklas beste Freundin. Als Siebzehnjährige verliebt sie sich in ihren Russischlehrer Ilja. Der Exil-Russe ist 1917 während der Oktoberrevolution nach Norwegen gekommen. Ilja weckt in Birgit die Liebe zu russischer Kultur, Musik und Literatur.
1944 zieht sie nach Bodø, wo sie als Krankenschwester arbeitet. Sie lernt die Ostarbeiterin Nadia kennen und verliebt sich in den russischen Kriegsgefangenen Sascha. Sie verhilft ihm zur Flucht und wird von der Gestapo festgenommen.
Nach dem Krieg wird Birgit bei der Rückführung von Kriegsgefangenen als Dolmetscherin eingesetzt. Sie bereist Lager, deren Insassen unter menschenunwürdigen Bedingungen unter anderem beim Bau der Polarbahn eingesetzt wurden. Sie haben Moorgebiete trockengelegt, Berge gesprengt und Steine geschleppt. Der amerikanische Geheimdienst wird auf Birgit aufmerksam und bietet ihr eine Stelle an der norwegischen Botschaft in Moskau an. Dort gerät sie zwischen die Fronten des Kalten Krieges.
Trude Teige hat wieder einen großartigen historischen Roman vorgelegt. Einige Szene sind unfassbar grausam, nicht für zart Besaitete geeignet. Birgits Aufenthalt im Gestapokeller, wo sie tagelang misshandelt und missbraucht wurde, hat mich tief erschüttert. Sie hatte bis an ihr Lebensende Albträume, die nur mit Hilfe von psychiatrischer Behandlung und Ablenkung durch Arbeit geringfügig gelindert werden konnten.
Im Nachwort erfahren wir, dass Birgits Geschichte an die von Ingeborg Lygren angelehnt ist, einer ehemaligen Mitarbeiterin des Auslandsgeheimdienstes, die verdächtigt wurde, eine norwegische KGB-Spionin zu sein.
Von mir eine große Leseempfehlung für die ganze Trilogie, in der wir sehr viel über Schicksale von Norweger*innen in Norwegen, Deutschland und Indonesien während und nach dem Zweiten Weltkrieg erfahren.
Zum Abschluss möchte ich Trude Teiges Worte aus dem Nachwort zitieren: „Das Paradoxe ist, dass Russland 1945 unser Alliierter war, während die Deutschen unsere Feinde waren. Heute ist es umgekehrt. Und wieder weht ein kalter Wind über Europa. Die Kluft zwischen Ost und West ist tiefer geworden.“

Bewertung vom 29.07.2025
Brozeit, Melanie

Glücksorte an Rhein und Erft


ausgezeichnet

Glücksorte an Rhein und Erft von Melanie Brozeit. Ich lebe seit über zwanzig Jahren im Rhein-Erft-Kreis zwischen Köln und Bonn und habe mich sehr darüber gefreut, in dem etwas anderen Reiseführer unter den achtzig Glücksorten sowohl altbekannte als auch neue zu entdecken.
Glücksort Nr. 1 im Buch und auch für mich ist der Schlosspark rund um das Barock-Schloss Augustusburg in Brühl. Die wunderschöne Gartenanlage aus dem 18. Jahrhundert ist denkmalgeschützt und ein eigener Bestandteil des UNESCO-Welterbes.
Parkplätze gibt es auf dem großen Bahnhofsparkplatz, von dort sind es nur wenige Hundert Meter durch den Park in die Brühler Innenstadt und fünf Minuten Fußweg zum Max Ernst Museum.
Familien mit Kindern zieht es in den Freizeitpark Phantasialand und auf den Erlebnisbauernhof Gertrudenhof mit Obst-, Pflanzen- und Gemüseverkauf und einem Streichelzoo.
Der Rhein-Erft-Kreis hat einige Seen und Strandbäder: Den Heider Bergsee, den Bleibtreusee mit Wasserski-Anlage und den Otto-Maigler-See.
Zum Shoppen empfiehlt sich der Hürth Park mit vielen Geschäften, einer großen Thalia-Buchhandlung und dem UCI-Kino.
Sehr schön ist es im Rheinpark und auf der Rheinpromenade in Wesseling. Hier gibt es einen kleinen Stadtstrand und ein Eiscafé, einen Minigolfplatz, ein griechisches Restaurant mit Biergarten und last but not least den „Wesselinger Dom“ Sankt Germanus.
Spaziergänger und Radfahrer sind im Naturschutzgebiet Entenfang gut aufgehoben. Hier gibt es neben kilometerlangen Spazierwegen einen idyllischen Ententeich am ehemaligen Jagdschloss, einen Skatepark, einen Abenteuerspielplatz und neuerdings auch einen Wasserspielplatz.
Viele der von Melanie Brozeit vorgeschlagenen Glücksorte möchte ich noch entdecken, als Nächstes das Museum für Alltagsgeschichte und das Keramikmuseum in Brühl, natürlich mit anschließendem Besuch in der Buchhandlung :-;
Wenn ihr in Köln oder Bonn seid, plant gerne auch einen Besuch im schönen Rhein-Erft-Kreis ein!

Bewertung vom 12.07.2025
Pfister, Kristina

Nach dem Sommerregen (eBook, ePUB)


sehr gut

Nach dem Sommerregen ist der dritte Roman von Kristina Pfister und auch der dritte, den ich gelesen habe. Das Buch hat mir vor Augen geführt, dass auch diejenigen, die nach außen hin einen glücklichen Eindruck vermitteln, Probleme haben.
Familie Ritter verbringt ein Wochenende in ihrem Ferienhaus, um Walters 70. Geburtstag zu feiern. Die Ritters, das sind Marianne und Walter und ihre drei erwachsenen Kinder Cecilia, Jonas und Marika.
Cecilia ist mit Per-Olov verheiratet, die beiden haben einen einjährigen Sohn namens Oscar. Cecilia will immer alles perfekt machen und eine perfekte Mutter sein, sie hadert damit, dass ihr Mann Karriere macht, während sie ihr Leben zwischen Kochtöpfen und Windeln verbringt.
Marika hat in Berlin einen Second-Hand-Laden. Als sie merkt, dass sie schwanger ist, hält sich ihre Begeisterung in Grenzen. In den Vater ihres Kindes Kai ist sie nicht verliebt und richtig zusammen sind sie auch nicht.
Die sympathischste Figur ist für mich Jonas. Er nimmt das Leben auf die leichte Schulter, ist schon ewig mit seiner Freundin zusammen und zufrieden mit seinem Job als Lehrer.
Die drei werden mit überraschenden Neuigkeiten konfrontiert: Ihre Mutter will sich von ihrem Mann trennen und das Ferienhaus verkaufen. Beim Entrümpeln kommen Erinnerungen an vergangene Sommer in der Ritterburg hoch, Geheimnisse werden aufgedeckt, langjährige Beziehungen hinterfragt.
Leider konnte mich das Buch nicht so begeistern wie die Vorgängerromane. Es gibt zu viele Probleme und zu wenige Lichtblicke. Bis auf Jonas sind alle unglücklich, am meisten Cecilia, die keine Freude am Leben und ihrem kleinen Sohn hat. Marika wird Mutter, heiratet und trennt sich wieder. Nur Jonas findet eine neue Liebe und genießt das Leben.
Die Geschichte der Trennung der Eltern, weil Marianne sich selbst verwirklichen und mit ihrer neuen Liebe auf Bali leben will, finde ich merkwürdig, ihre Entscheidung halte ich für egoistisch und nicht nachahmenswert, Walter und ihre drei erwachsenen Kinder tun mir leid.
Von mir vier Sterne und eine Leseempfehlung für alle, die sich für das Thema Regretting Motherhood und die Schattenseiten der Mutterschaft interessieren.

Bewertung vom 12.07.2025
Hayes, Samantha

Eine von uns


ausgezeichnet

Das schwarz-weiße Cover mit dem Titel in rot gefällt mir sehr gut, es passt hervorragend zu der Geschichte, die sich fast vollständig in Annies Villa abspielt.
Die Geschehnisse werden aus Ginas und Marys Sicht dargestellt. Ginas Haus ist abgebrannt, und sie nimmt gern das Angebot ihrer Freundin Annie an, in deren Haus zu wohnen, während diese eine Auszeit nimmt und auf einer Afrika-Reise ist.
Gina ist Mutter eines Dreijährigen und eines Babys. Bereits am Tag nach ihrem Einzug in Annies Haus steht Mary vor der Tür, die behauptet Annies Haushälterin zu sein. Nachdem Gina sich bei Annie rückversichert hat, dass Mary die ist, die sie zu sein vorgibt, tritt diese ihren Job an. Sie behauptet, sich mit ihrem Partner zerstritten zu haben und auf der Suche nach einer Unterkunft zu sein. Zähneknirschend willigt Gina ein, dass Mary und ihr 18jähriger Sohn ins Dachgeschoss des Hauses ziehen.
Die Geschichte spielt auf zwei Zeitebenen, in der Gegenwart und vor fünfundzwanzig Jahren, als GALS (Gina, Annie, Laura und Sara) fünfzehn Jahre alt waren, und Sara eines Nachts verschwand. Bis auf Laura waren die Mädchen damals alle in Matt, Ginas Mann, verliebt. "Am Ende dieses Abends war aus unserem GALS-Motto BTLFNS - big love, true friends, no secrets ein fürchterlicher Knoten aus Hass, Hinterlist und Lügen geworden." (S. 110)
Die Geschehnisse werden aus der Sicht von Gina und Mary erzählt. Gina fühlt sich in Marys und Tylers Gegenwart sehr unwohl. Nach und nach erfahren wir, warum Mary in Annies Haus zieht und welchen Bezug sie zu Gina und ihren Freundinnen hat.
Ich fand den Thriller sehr spannend und atmosphärisch und die Auflösung unvorhersehbar. Saras Geschichte hat mich tief erschüttert. Das Ende hat mir gut gefallen. Gerne empfehle ich den fesselnden Psychothriller der Autorin weiter und vergebe fünf Sterne.