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Benutzername: 
Madame_F
Wohnort: 
Dresden

Bewertungen

Insgesamt 5 Bewertungen
Bewertung vom 07.04.2025
The Lesbiana's Guide to Catholic School
Reyes, Sonora

The Lesbiana's Guide to Catholic School


ausgezeichnet

Yami ist fest entschlossen, nach ihrem Schulwechsel ihr Queersein für sich zu behalten, verliebt sich dann aber und muss sich ihren Ängsten stellen. Und nicht nur sie ;) "The lesbianas guide to catholic school" von Sonora Reyes ist ein bewegender Roman, der uns mit einem liebevollen Blick auf seine Protagonist:innen in eine Welt entführt, in der das Erwachsenwerden und das gleichzeitige Coming-Out miteinander verwoben sind. Die Autorin schafft es, die manchmal schmerzhaften Herausforderungen des Lebens – sei es das Navigieren durch veraltete, manchmal restriktive gesellschaftliche Strukturen oder das Ringen mit der eigenen Identität – mit einer Wärme und Sensibilität darzustellen, die mich sofort in den Bann zog.
Reyes erschafft ihre Charaktere mit viel Empathie und Zärtlichkeit. Die Protagonist:innen werden nicht nur als Träger:innen persönlicher Konflikte dargestellt, sondern als lebendige, vielschichtige Persönlichkeiten, die trotz aller Ängste und Widerstände den Mut finden, sich selbst zu akzeptieren und ihre Individualität zu feiern. Dieser wohlwollende und respektvolle Umgang mit den eigenen Problemen – und mit denen, die sich im Konflikt mit dem Queersein entwickeln – macht das Buch zu einem echten Herzstück.
Besonders berührend ist der Weg der Geschwister, die einander in schwierigen Zeiten gemeinsam wachsen. Diese Beziehung, die gleichzeitig schmerzhaft und unglaublich schön ist, wird von Reyes mit so viel Herzblut und Authentizität erzählt, dass man sich als Leser:in unwillkürlich in sie hineinversetzt fühlt. Man erlebt, wie die Geschwister sich gegenseitig stützen, ihre Schwächen umarmen und so eine Bindung formen, die weit über das bloße familiäre Miteinander hinausgeht. Es ist diese intensive, fast greifbare Nähe, die den Roman so besonders macht.
Ohne zu viel zu verraten, ist es die Art und Weise, wie die Charaktere letztlich zu einer Lösung finden, die nicht nur ihr inneres Gleichgewicht wiederherstellt, sondern auch den Weg zu ihrer Selbstverwirklichung ebnet, ein Grund, diesen Roman zu feiern. Die Reise, die sie durchlaufen, ist geprägt von Selbstreflexion, Mut und der Fähigkeit, über sich hinauszuwachsen – eine Botschaft, die besonders in Zeiten gesellschaftlicher Umbrüche und persönlicher Krisen ermutigend wirkt.
Zusammenfassend ist "The lesbiana‘s guide to catholic school" ein Buch, das nicht nur durch seine feinfühlige Sprache und seine tiefgründigen Charaktere besticht, sondern auch durch die Art, wie es schwierige Lebensabschnitte in einem positiven Licht darstellt. Es ist ein Werk, das jungen Menschen Mut macht, Hoffnung schenkt und den Glauben daran bestärkt, dass es möglich ist, sich selbst treu zu bleiben und seinen eigenen Weg zu gehen – selbst in einer Welt, die oft von alten Konventionen und Erwartungen geprägt ist. Dieses Buch ist eine wahre Liebeserklärung an die Vielfalt des Lebens und eine inspirierende Lektüre für alle, die auf der Suche nach authentischer und herzerwärmender Literatur sind.

Bewertung vom 31.03.2025
HEN NA E - Seltsame Bilder
Uketsu

HEN NA E - Seltsame Bilder


ausgezeichnet

"Hen na e" von Uketsu ist ein absolutes Lesehighlight, das mit seiner ungewöhnlichen und beeindruckenden Gestaltung auf ganzer Linie begeistert. Schon beim ersten Aufschlag wird klar: Dies ist kein gewöhnlicher Roman, sondern ein multimediales Erlebnis, das die Leser:innen in eine faszinierende Welt entführt.
Ein herausragendes Merkmal dieses Buches ist die gekonnte Integration von Zeichnungen direkt im Text. Diese visuellen Elemente sind nicht nur schmückendes Beiwerk, sondern dienen als echte Wegweiser, die den Inhalt auf einzigartige Weise veranschaulichen und vertiefen. Jede Skizze scheint mit Bedacht platziert, um die emotionale Atmosphäre und die Spannung der Geschichte zu unterstreichen. Gerade in Momenten, in denen die Handlung ihren mysteriösen Höhepunkt erreicht, verstärken die Illustrationen das Gefühl des Unheimlichen.
Die Geschichte selbst ist ein wahres Rätsel, das mich von der ersten Seite an in seinen Bann gezogen hat. Uketsu gelingt es, eine dichte, geheimnisvolle Stimmung zu erzeugen, die zum Mitdenken und Miträtseln einlädt. Die narrative Struktur des Buches fordert aktiv dazu auf, Zusammenhänge zu erkennen und verborgene Bedeutungen zu entschlüsseln. Dieses interaktive Leseerlebnis erinnert an das Gefühl, in einen spannenden Detektivfilm einzutauchen, bei dem jeder Hinweis entscheidend sein könnte. Was "Hen na e" zusätzlich so besonders macht, ist die Stimmung, die sich wie ein roter Faden durch das gesamte Werk zieht. Der Roman strahlt eine eigenwillige, fast filmische Atmosphäre aus, die stark an die intensiven, oft surrealen Momente japanischer Horrorfilme erinnert. Die gelungene Mischung aus Text, Zeichnungen und Atmosphäre verleiht dem Buch einen unverwechselbaren Charakter, der lange im Gedächtnis bleibt.
"Hen na e" von Uketsu ist ein ungewöhnlicher Krimi, der sowohl optisch als auch inhaltlich beeindruckt. Es ist ein Muss für alle, die sich auf ein interaktives Abenteuer einlassen und den Nervenkitzel schätzen, den nur eine wirklich originelle Erzählweise bieten kann. Wer bereit ist, sich auf diese außergewöhnliche Reise einzulassen, wird mit einem Leseerlebnis belohnt, das ebenso unvergesslich wie faszinierend ist.
Danke an Lübbe und die Lesejury für das Lese-Exemplar!

Bewertung vom 31.03.2025
Psychotherapie ohne Fachgedöns*
Hilber, Nike

Psychotherapie ohne Fachgedöns*


ausgezeichnet

"Psychotherapie ohne Fachgedöns" von Nike Hilber überzeugt auf ganzer Linie – sowohl inhaltlich als auch in seiner didaktischen Aufbereitung. Als psychotherapeutische Kollegin schätze ich besonders, wie Hilber komplexe, tiefenpsychologische Konzepte und Fachbegriffe in eine anschauliche und alltagsnahe Sprache übersetzt. Dadurch werden auch schwierige Themen für Laien verständlich und eröffnen einen breiten Zugang zu therapeutischen Vorgängen.
Ein herausragendes Merkmal des Buches sind die kurzen Einblicke in therapeutische Sitzungen, die entweder aus der Perspektive der Patient:innen und der Therapeut:innen geschildert werden. Diese wechselnden Blickwinkel veranschaulichen eindrucksvoll die inneren Konflikte und Dynamiken, die in der psychotherapeutischen Praxis eine zentrale Rolle spielen. Durch diese authentischen Fallbeispiele wirkt das Buch besonders praxisnah und vermittelt den Leser:innen einen realitätsnahen Einblick in therapeutische Prozesse. Besonders beeindruckend finde ich die klare und verständliche Erklärung von Abwehrmechanismen – ein Thema, das oft als besonders komplex empfunden wird. Der strukturierte Aufbau mit am Kapitelende integrierten Selbstreflexionsaufgaben lädt zudem dazu ein, das Erfahrene direkt auf die eigene Person zu übertragen.
Ein zentrales Anliegen des Buches ist auch die gesellschaftliche Wahrnehmung von Psychotherapie und psychischen Erkrankungen. Menschen mit psychischen Erkrankungen erfahren leider noch immer Stigmatisierungen, und Psychotherapie wird häufig kritisch beäugt – nicht zuletzt, weil sie hinter verschlossenen Türen stattfindet, was zahlreiche Mutmaßungen über mysteriöse Vorgänge zulässt. Hier schafft das Buch einen wertvollen Beitrag, indem es in einem inspirierenden und wertschätzenden Schreibstil Transparenz schafft und offenlegt, was in therapeutischen Prozessen vor sich geht.
Zusammengefasst bietet "Psychotherapie ohne Fachgedöns" eine erfrischend zugängliche und authentische Darstellung komplexer therapeutischer Inhalte. Das Buch leistet einen wichtigen Beitrag zur Entstigmatisierung und Aufklärung rund um Psychotherapie und ist ein absolut lesenswerter Beitrag für alle, die sich mit den Herausforderungen und Chancen moderner Psychotherapie auseinandersetzen möchten.

Bewertung vom 26.03.2025
Stromlinien (eBook, ePUB)
Frank, Rebekka

Stromlinien (eBook, ePUB)


ausgezeichnet

In den Elbmarschen warten die Zwillingsschwestern Enna und Jale sehnsüchtig auf die Entlassung ihrer Mutter Alea. Doch als der erhoffte Tag kommt, sind Alea und Jale verschwunden. Entschlossen macht sich Enna auf eine Reise durchs Alte Land. Dabei lüftet sie die dunklen Geheimnisse ihrer Familiengeschichte, die ihr Leben für immer verändern.
"Stromlinien" von Rebekka Frank ist für mich ein literarisches Feuerwerk, das die Seele berührt und lange nachhallt. Die Autorin schafft es, die Schicksale der Frauen über drei Generationen hinweg so eindringlich darzustellen, dass man fast den Herzschlag jeder einzelnen Protagonistin spüren kann. Es ist, als ob man durch ein Kaleidoskop blickt, in dem jedes Fragment – jede Erfahrung, jede Tragödie und jede zarte Hoffnung – ein essenzielles Puzzleteil des großen Ganzen bildet.
Besonders fasziniert mich, wie Frank das unermüdliche Spiel von Verantwortung und Schuld in den Familienlinien beleuchtet. Ihre Schilderungen zeigen eindrucksvoll, wie wir im jugendlichen Leichtsinn Taten begehen, deren Grausamkeit uns oft erst später bewusst wird, wenn die unerwarteten Konsequenzen unbarmherzig zuschlagen. Dieses Handeln, das aus einer unüberlegten Impulsivität heraus entsteht, hinterlässt nicht nur Narben, sondern führt im Buch auch zu einem schuldhaften Schweigen, das die Frauen einmauert und deren persönliches Wachstum hemmt. Es ist, als ob die unausgesprochene Schuld wie ein schwerer Schleier über die Seele legt, der den Weg zu Freiheit und Heilung versperrt.
In diesem Kontext gewinnen die Schicksale der Zwillinge Ehmi und Greetje sowie ihrer Enkel Jale und Enna eine besondere Bedeutung. Die Zwillingsfiguren verkörpern die doppelte Last der geteilten Geschichte: Während Ehmi und Greetje als erwachsene Frauen in einem moralischen Strudel um ihre Entscheidung um Alea gefangen sind, kämpfen deren Töchter Jale und Enna mit den nachhaltigen Auswirkungen dieser vergangenen Taten. Die unbewussten Wiederholungen und das beharrliche Schweigen, das über Generationen hinweg anhält, zeigen eindrucksvoll, wie sich Verantwortung und Schuld wie ein roter Faden durch das Leben ziehen – und wie schwer es ist, sich von ihnen zu befreien, solange die Wunden nicht aufgearbeitet werden.
Rebekka Frank gelingt es meisterhaft, den Leser:innen nicht nur eine fesselnde Geschichte zu präsentieren, sondern auch einen Spiegel vorzuhalten – einen Spiegel, in dem sich jeder in den komplexen Gefühlswelten der Frauen wiederfinden kann. Die Verbindung zwischen persönlichen Erlebnissen, gesellschaftlichen Strömungen und der schmerzlichen Realität, die aus jugendlichem Leichtsinn und dem anschließenden Schweigen entsteht, macht das Buch zu einem unverzichtbaren Werk. Es fordert uns heraus, uns mit den Schatten unserer Vergangenheit auseinanderzusetzen, um Raum für Heilung und persönliches Wachstum zu schaffen.
"Stromlinien" ist ein literarisches Meisterwerk, das die zeitlosen Themen von Schuld, Verantwortung und dem Drang, sich selbst zu befreien, auf eine Weise beleuchtet, die aktuell, relevant und zutiefst menschlich ist.

Bewertung vom 17.03.2025
Der Nachtgänger / Kommissar Linna Bd.10
Kepler, Lars

Der Nachtgänger / Kommissar Linna Bd.10


sehr gut

„Der Nachtgänger“ hat mich in seinen Bann gezogen – ein Thriller, der mit einer unglaublichen Dichte an falschen Fährten und einem grandiosen Twist am Ende überzeugt. Das Autorenduo schafft es meisterhaft, die Leser:innen ständig im Dunkeln tappen zu lassen, sodass man sich in einem Netz aus Rätseln und unerwarteten Wendungen verliert. Besonders faszinierend ist das immer wiederkehrende Thema des Schlafwandelns, das in diesem Buch eine zentrale Rolle spielt.
Die Geschichte dreht sich um einen mysteriösen Fall, bei dem der schlafwandelnde Hauptzeuge unfreiwillig in das Geschehen hineingezogen wird. Während sich Ermittler Joona Linna als Experte für Serienmörder durch zahlreiche Irrwege und falsche Fährten kämpft, laufen scheinbar eindeutige Hinweise ins Leere. Allmählich verdichtet sich das Netz aus Zweifeln und Verdächtigungen, bis in einem atemberaubenden Twist der wahre Täter entlarvt wird. Die Grenze zwischen Realität und Albtraum verschwimmt dabei immer wieder aufs Neue – eine Spannung, die dem Roman seine filmische Dynamik verleiht.
Ein Aspekt, der mich besonders berührt hat, ist die Darstellung von Joona, dem Ermittler, der diesmal allein ermittelt. Joona besticht durch seine sympathische, authentische Art – ein Charakter, der trotz der erdrückenden Dunkelheit des Falls stets einen Funken Menschlichkeit bewahrt. Seine ruhige Entschlossenheit und sein unermüdlicher Einsatz, die Wahrheit ans Licht zu bringen, machen ihn zu einem echten Leuchtturm in diesem Labyrinth aus falschen Fährten. Allerdings verliert der Krimi meiner Meinung nach davon, dass Joona diesmal allein ermittelt - die Dynamik zwischen Joona und Saga Bauer sorgte bisher für viele Sympathiepunkte und zusätzliche emotionale Tiefe. Es bleibt die Hoffnung, dass sie im nächsten Band wieder in Erscheinung tritt und das ohnehin schon faszinierende Kepler-Universum weiter bereichert.
Zudem beeindruckt die Eigenart des Autorenduos, auch Nebenfiguren mit liebevoller Detailverliebtheit einzuführen – nur um sie dann, sei es durch ihr plötzliches Ableben oder weil sie schlicht keine Rolle mehr spielen, rasch wieder verschwinden zu lassen. Dieses Stilmittel verleiht der Erzählung eine besondere Dynamik und lässt die Leser:innen stets am Rande der Erwartung verharren.
Ein winziger Kritikpunkt für mich ist allerdings, dass Kepler mehrere Subplots durch das komplette Buch ziehen, die dann quasi mit einem Schulterzucken nebenbei geklärt werden. Das lässt mich etwas fragend zurück.

„Der Nachtgänger“ ist ein mitreißendes Leseerlebnis, das durch seine spannende Handlung, das faszinierende Spiel mit dem Thema Schlafwandeln und die vielschichtige Darstellung der Figuren besticht. Vor allem Joona, der sympathische und zugleich zutiefst menschliche Ermittler, macht diesen Thriller zu einem unvergesslichen Erlebnis. Ein absolut empfehlenswerter Roman für alle, die sich in ein Labyrinth aus Geheimnissen und überraschenden Enthüllungen verlieren möchten.

Danke an Bastei-Lübbe und Lesejury für das Lese-Exemplar!