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SteffiKa

Bewertungen

Insgesamt 27 Bewertungen
Bewertung vom 07.06.2020
flüchtig
Achleitner, Hubert

flüchtig


weniger gut

Autor: Hubert Achleitner
Erscheinungsdatum: 25. Mai 2020
Verlag: Paul Zsolnay (Hardcover)
Seiten: 304

Inhalt (übernommen)

"Ich weiß zwar nicht, wie es weitergeht, aber zurück will ich auf keinen Fall." Maria ist verschwunden. Seit Monaten hat Herwig, mit dem sie seit fast dreißig Jahren verheiratet ist, nichts von ihr gehört. Dass sie ihren Job gekündigt hat, lässt zumindest hoffen, dass sie noch am Leben ist. Doch was passiert, mit ihrer Ehe, ihrer Liebe, ihrem gemeinsamen Leben?

Charaktere

Weder Maria noch Herwig konnte mich überzeugen. Beide reagieren nüchtern und sachlich, zu wenig emotional. Maria fängt sich auf ihrer Reise und gewinnt an Sympathiepunkten, nur Herwig bleibt lieblos und wie ferngesteuert.
Einzig Lisa erfrischt durch ihre umkomplizierte Art, die der Geschichte gut tut.

Schreibstil

Leider hab ich mich mit der bildhaften Sprache schwer getan. Von derb bis romatisch blumig war alles dabei.
Was mich am meisten gestört hat, war, dass der Autor viele unwichtige Rückblenden ausführlich beschrieben hat, die meines Erachtens nichts mit dem eigentlichen Thema zu tun hatten und zuviele unglaubwürdige Gründe für die Taten der beiden Protagonisten herangezogen hat.
Vielleicht habe ich auch aufgrund des Teasertextes etwas anderes erwartet, aber wie auch schon bei den Charakteren war mit die Beschreibung der Beziehung zwischen Maria und Herwig zu emsotionslos. Auch habe ich die Rolle der Musik vermisst. Es wurden lediglich Songtitel erwähnt, ohne jedlichen Bezug zur Handlung.

Fazit

Leider hatte ich vom Buch etwas anderes erwartet. Das kann vorkommen, aber leider konnten mich weder Charaktere noch die Sprache und die Geschichte überzeugen. Schade!

3 von 3 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.

Bewertung vom 20.01.2019
Fünf Tage im Mai
Hager, Elisabeth R.

Fünf Tage im Mai


sehr gut

Autorin: Elisabeth R. Hager
Erscheinungstag: 28. Februar 2019
Verlag: Klett-Cotta (Hardcover)
Seiten: 224

Inhalt (übernommen)

Illy ist ein Wildfang, besitzt einen scharfen Verstand und einen Urgroßvater namens Tat´ka. Der ist ein Auslaufmodell: Berserker im Greisengewand, letzter Fassbinder Tirols, Anhänger der untergegangenen K.u.K.-Monarchie und bald schon ältester Mann im Dorf.
Wenn Illy an ihren freien Nachmittagen bei ihm in der Werkstatt sitzt, lauscht er mit seinem guten Ohr ihren Berichten, erzählt vom untergegangenen Kaiserreich und weiht Illy ins Fassbinder-Handwerk ein. Sie wiederum teilt mit ihm jedes Geheimnis, etwa, dass in dem Atlas, den sie gerade erst in der Schule bekommen hat, ein seltsamer Name steht: Tristan Unger.
Tatsächlich verliebt sich Illy Jahre später in Tristan, einen Außenseiter, der so gar nicht in die Tiroler Dorfidylle passen will. Die Eltern verbieten ihr den Umgang, nur Tat´ka deckt die junge Liebe. Doch Illy erkennt eines Tages selbst, dass sie eine Entscheidung treffen muss. Noch ahnt sie nicht, dass die Konsequenzen dieser Entscheidung sie ein Leben lang begleiten werden.

Charaktere

Zweifelsohne dreht sich im Buch fast alles um Illy und ihre Beziehung zu ihrem Urgroßvater Tat´ka. Wir begleiten sie von ihrer Kommunion bis hin zu Ihrem Studium. Schon mit 7 Jahren ist Illy ein bisschen anders als die anderen: Klug, mitdenkend, vernünftig und vor allem liebt sie ihren Urgroßvater. Auch dieser alte, manchmal sture und kurz angebundene Tat´ka (den der Rest des Dorfes als Korbinian kennt) wird zu einem gefühlvollen, liebenden Urgroßvater, sobald Illy in seiner Nähe ist.
Die beiden sind ein eingeschworenes Tem, das sich gegenseitig gut tut. Lilly hilft es auf dem Weg zu sich selber und manchmal hat man den Eindruck, Tat´ka hält nur noch Illy zuliebe durch, denn er ist mit seinen fast 100 Jahren zu Ende des Buches des Lebens müde.

Schreibstil

Ein toller Schreibstil mit einer präzisen Wortwahl und klaren Sätzen zieht einen sofort in die Geschichte hinein. Man lernt Illy und Tat´ka sehr gut kennen, obwohl das Buch relativ kurz ist und es 2 große Zeitsprünge gibt. Selbst die haben aber dem Fluss der Geschichte und vor allem dem zentralen Thema der Liebe und Beziehung keinen Abbruch getan. Wobei ich mir manche Szenen doch etwas ausführlicher gewünscht hätte.
Was ich als sehr angenehm empfunden habe: Der Spielplatz der Geschichte ist in einem kleinen Dorf in Tirol - dieser hat wunderbar dazu gepasst und war das Tüpfelchen auf dem i. Ich glaub nicht, dass diese Geschicht in einer schnellen Großstadt funktioniert hätte.

Fazit

Eine ungewöhnliche Geschichte über die Liebe, die das Herz berührt. Unbedingt lesen!

Bewertung vom 27.09.2018
Deutsches Haus
Hess, Annette

Deutsches Haus


ausgezeichnet

Autorin: Annette Hess
Erscheinungstag: 21. September 2018
Verlag: Ullstein Buchverlage (Hardcover)
Seiten: 368

Inhalt (übernommen)

Frankfurt 1963. Eva, gelernte Dometscherin und jüngste Tochter der Wirtsleute Bruhns, steht kurz vor ihrer Verlobung. Unvorhergesehen wird die gebeten, bei einem Prozess die Zeugenaussagen zu übersetzen. Ihre Eltern sind, wie ih zukünftiger Verlobter, dagegen: Es ist der erste Auschwitz-Prozess, der in der Stadt gerade vorbereitet wird. Eva, die noch nie etwas von diesem Ort gehört hat, folgt ihrem Gefühl und widersetzt sich ihrer Familie. Sie nimmt die Herausforderung an, ohne zu ahnen, dass dieser Jahrhundertprozess nicht nur das Land, sonder auch ihr eigenes Leben unwiderruflich verändern wird.

Charaktere

Eva ist die Hauptprotagonistin. Mir ihr machen wir als Leser eine Wandlung durch. Von der schon für diese Zeit ziemlich modernen Frau hin zu einer erwachsenen, selbstreflektierten Frau, die zu sich selber findet und herausfindet, was für sie im Leben wichtig ist. Eva ist und bleibt sympathisch, gefühlvoll und stark. Einzig und allein ihr Verhalten gegenüber Jürgen, ihrem Verlobten konnte ich manchmal nicht verstehen.

Jürgen war der einzigen Charakter im Buch, den ich nich gemocht habe. Starr, altmodisch und egoistisch habe ich ihn kennen gelernt und auch sein gelüftetes Geheimnis am Ende haben ihm keine Sympathiepunkte bescheren können - im Gegenteil.

Annegret, Evas Schwester war ebenfalls jemand, mit dem ich mich schwer getan habe. Einerseits nett und gefühlvoll, bin ich mir ihrer sturen, ja fast schon kalten Seite nicht klar gekommen. Sie scheint ein Päckchen aus der Vergangenheit nicht los geworden zu sein. Leider erfahren wir als Leser nicht genau, was das war und können nur spekulieren.

Schwer zu beurteilen sind für mich Ludwig und Edith, die Eltern von Eva. Man ahnt als Leser ziemlich früh, dass auch die beiden was zu verbergen haben und hofft, dass es einfach nicht wahr ist. Sie mussten in ihrem Leben Entscheidungen treffen, die nicht einfach waren und die man vielleicht wirklich nur nachvollziehen kann, wenn man zu dieser Zeit in deren Haut gesteckt hätte. Alles in allem hätte ich sie mir mutiger gewünscht.

Schreibstil

Nach den ersten Seiten war ich sofort in der Geschichte drin und konnte das Buch auch fast nicht mehr aus der Hand legen und habe ies quasi in einem Rutsch durchgelesen. Es war die richtige Sprache, die die Dinge klar beim Namen nannte, nichts beschönigte, die einen wachgerüttelt hat. Schön fand ich auch, dass Annette Hess den Angeklagten keine Namen gegeben hat. Diese "Menschen" waren es nicht wert, oder aber es gab leider zu viele von ihnen, die Gleiches angerichtet haben.

Ein bisschen störend empfand ich, dass es keine Kapitelunterteilung gab. Beim Umblättern war man plötzlich in einer anderen Szene drin, dass ich oft zweimal lesen musst um zu wissen, wo und bei wem ich mich beim Lesen gerade befinde.

Fazit

Ein wichtiges Buch, das wachrüttelt, lange nachhängt und den Opfern im Nachhinein eine Stimme gibt - denn wir dürfen nicht vergessen!

Bewertung vom 29.12.2017
Woman in Cabin 10
Ware, Ruth

Woman in Cabin 10


sehr gut

Autorin: Ruth Ware
Erscheinungstag: 27. Dezember 2017
Verlag: dtv premium
Seiten: 384

Inhalt (übernommen)

Die Journalistin Lo Blackwood nimmt an der Jungfernfahrt eines exklusiven Luxuskreuzfahrtschiffes an der norwegischen Küste teil. Ein wahrgewordener Traum. Doch in der ersten Nacht auf See erwacht sie von einem Geräusch aus der Nachbarkabine. Sie hört, wie etwas ins Wasser geworfen wird. Etwas Schweres, ungefähr von der Größe eines menschliches Körpers. Und die Reling ist blutverschmiert. Lo alamiert den Sicherheitsoffizier. Die Nachbarkabine ist leer, ohne das geringste Anzeichen, dass hier jemand wohnte. Keine Kleider, kein Blut, kein Eintrag ins Passagierregister. Die Frau aus der Kabine 10, mit der Lo noch am Vortag gesprochen hat, scheint nie existiert zu haben...

Charaktere

Lo erzählt "ihre" Geschichte in Ich-Form. Deswegen lernen wir sie intensiv kennen und sie nimmt den Leser mit in ihre Gedanken- und Gefühlswelt. Grundlegend konnte sie mich überzeugen und ich habe mit ihr mitgefiebert, doch manchmal ist sie auch ihrem normalen Verhalten ausgebrochen, was ich nicht nachvollziehen konnte. Schön war, dass sie immer an sich selber geglaubt hat.
Ich möchte noch ein Wort zu Judah, ihrem Freund verlieren. Er war der Fels in der Brandung für Lo wie auch für den Leser selbst. Er war immer wieder präsent, hat die Ruhe bewahren und gekämpft.
Leider lässt sich zu den anderen (wenigen) Charakteren im Buch nichts sagen, ohne zu spoilern.

Schreibstil

Ein Wechsel der Erzählzeit machte den Thriller noch spannender: Am Schluss jeden Teils wurde der Leser über Aktivitäten von Lo´s Familie und Freunde informiert, die ein paar Tage später gespielt haben, als wir in Lo´s Erzählung waren. Ich wusste nie, wie die Geschichte ausgeht, hab immer mit der Wahrheit gehadert und mich gefragt: War es denn die Wahrheit, oder ist eigentlich alles ganz anders?
Ich hatte etwas Bauchweh vor dem Schluss, dass er vielleicht zu sehr an den Haaren herbeigezogen sein wird, aber auch hier ist Ruth Ware eine glaubwürdige Auflösung gelungen.
Wer hier allerdings einen blutigen Thriller mit vielen Leichen erwartet, könnte vielleicht etwas enttäuscht werden. Dieser Thriller spielt mit dem Leser und der Wahrheit/Halluzination und kommt fast ganz ohne Blut aus.

Fazit

Ein Thriller der etwas anderen Art, der dem Leser eine kurzweilige und Lesezeit beschert, in der er sich immer wieder fragt: Ist alles wirklich so wie es scheint? Toll!

Bewertung vom 06.08.2017
Der Frauenchor von Chilbury
Ryan, Jennifer

Der Frauenchor von Chilbury


ausgezeichnet

Im Buch erzählen fünf Frauen ihre eigene und ihre gemeinsame Geschichte - es gibt nicht die eine Heldin/Hauptprotagonistin, wobei zwei ein wenig herausstechen: Kitty und Margret Tilling.

Kitty, eine fast 14-Jährige ist für ihr Alter schon ziemlich reif und klever, erzählt aber auch in noch fast kindlicher Naivität über den Krieg, was dem Buch gut tut und die Grausamkeiten verwischt.

Miss Tilling, die ihren Mann im Krieg verloren hat, macht für mich die positivste Entwicklung durch. Sie wird durch die Musik und den Chor (und auch durch den bei ihr einquartierten Colonel) zu einer selbstbewussten Frau, die wieder - trotz des Krieges - Spaß am Leben hat und sich traut, ihre Frau zu stehen. Sie hat im wahrsten Sinne des Wortes ihre Stimme wiedergefunden.

Venetia, Kittys ältere Schwester, habe ich im Laufe der Geschichte auch immer mehr in mein Leserherz geschlossen. Anfangs noch selbstsüchtig, raffiniert und nur auf ihren eigenen Vorteil bedacht, muss sie ziemlich schnell erfahren, dass im Leben nicht immer alles glatt läuft. Sie musste ziemlich schnell erwachsen werden und besticht am Schluss mit einem großen Herz.

Mit Edwina Paltry, die Hebamme im Dorf, hatte ich anfangs noch Mitleid. Sie muss in ihrem Leben schlimme Sachen mitgemacht haben, die sie jetzt zu moralisch nicht richtigen Entscheidungen drängen und sich auf zwielichtige Geschäfte einzulassen. Leider bekommt sie einen kleinen Höhenflug, von dem sie ganz böse abstürzt. Miss Tilling rettet sie und auch sie kommt wieder auf den richtigen Weg.

Schreibstil
Eine ungewöhnliche Erzählweise ließ mich das Buch nicht mehr aus der Hand legen. Wir bekommen die Geschichte in Form von Tagebucheinträgen (Kitty und Miss Tilling) und Briefen (Vanetia und Edwina) erzählt. Sie sind chronologisch erzählt und was es angenehm gemacht hat: Wir haben zwar manchesmal die gleiche Situation sehr kurz aus verschiedenen Sichten geschildert bekommen, aber es hat sich fast nichts wiederholt. Besonders gut gefallen hat mir, dass Jennifer Ryan auch die Sprache der Erzählerin angepasst hat: Die 13-Jährige Kitty hatte eine andere Sprache wie die im Leben stehende Miss Tilling.
Und was das Buch auch von anderen im Krieg spielenden unterscheidet und mir sehr gut gefallen hat: Trotz der Grausamkeiten, der Entbehrungen und der nicht mehr zurückkehrenden Männer und Söhne, strahlt das Buch ein Hoffnung aus, was sicher mit der Musik und dem Chor zusammenhängt: Er gibt den Frauen den nötigen Zusammenhalt, die Freundschaft und ihre Stimme wieder!

Fazit
Ein tolles Buch über starke Frauen, über Musik und vor allem über Hoffnung - lesen!

Bewertung vom 11.05.2017
Glaube Liebe Tod / Martin Bauer Bd.1
Gallert, Peter;Reiter, Jörg

Glaube Liebe Tod / Martin Bauer Bd.1


ausgezeichnet

Autor: Peter Gallert & Jörg Reiter
Erscheinungstag: 12. Mai 2017
Verlag: Ullstein (Taschenbuch)
Seiten: 406

Inhalt (übernommen)

Woran kann man glauben in einer Welt voller Verbrechen?
Ein Polizist steht auf der Duisburger Rheinbrücker und will sich in die Tiefe stürzen. Dem Seelsorger Martin Bauer gelingt es im letzten Moment, ihn vom Selbstmord abzuhalten. Doch wenige Stunden später ist der Polizist tot, nach einem Sturz vom Deck eines Parkhauses. Ein klarer Fall von Suizid, gegen den Beamten wurde Korruption ermittelt. Bauer weiß nicht, was er glauben soll. Und er sieht die Verzweiflung in der Familie des Toten. Auf der Suche nach der Wahrheit setzt er alles aufs Spiel...

Charaktere

Martin Bauer als Polizeiseelsorger übernimmt hier die Hauptrolle. Er ist ein tolle Mischung aus Pfarrer und "normaler" Person: Stark, schwach, gläubig, einfühlsam, hartnäckig und richtig nah am wahren Leben. Über seinen Beruf kommt nur manchmal seine eigene Familie zu kurz. Aber die starke Frau an seiner Seite ergänzt ihn hervorragend.
Verena Dohr - seine ermittelnde Kollegin bei der Polizei konnte auch überzeugen. Tough, humorvoll-ironisch, aber mit dem Herz am richtigen Fleck komplettiert sie das erfrischend andere Ermittlerteam.
Auch Tilo, der Sohn vom toten Polizisten Keunert, konnte mein Leserherz erorbern.

Schreibstil

Ein feiner Humor, Abgründe und ein toller Plot haben dafür gesorgt, dass die Kapitel nur so dahingeflogen sind. Durch verschiedene und auf den ersten Blick nicht zusammenhängende Handlungsstränge wurde eine Spannung aufgebaut, die sich glaubwürdig und teilweise überraschend am Schluss zusammengefügt haben.
Was mir gut gefallen hat und das Buch so von anderen Krimis hervorstecken lässt: Die Kombination aus Religion, teilweise ergänzt durch Bibelsprüche und polizeilicher Arbeit.
Auch die Mischung aus Ermittlungen zum Fall und die Privatleben von Martin und Verena hat gepasst. Wir dürfen die beiden privat näher kennen lernen, ihre Charaktere verstehen, aber trotzdem war der Fall der Mittelpunkt im Buch.

Noch ein Wort zum Cover: Tolle Farben, tolle Haptik und der Mann auf der Brücke könnte nicht besser passen.

Fazit

Ein Ermittler-Duo, von dem man noch mehr lesen möchte. Ich freue mich auf Band 2 im nächsten Jahr!

Bewertung vom 09.04.2017
Die zwei Leben der Florence Grace
Rees, Tracy

Die zwei Leben der Florence Grace


sehr gut

Autor: Tracy Rees
Erscheinungstag 7. April 2017
Verlag: List-Verlag (Paperback)
Seiten: 460

Inhalt (übernommen)
Die Waise Florrie Buckley wächst in Armut bei ihrer Großmutter in den weiten Mooren Cornwalls auf. Kurz vor ihrem Tod offenbart die alte Frau das Geheimnis ihrer Herkunft: Florrie ist Teil der reichen Grace-Familie. Nur widerwillig wird sie von dieser aufgenommen und muss in das viktorianische London ziehen. Dort ist ihr lediglich der vermeintliche Cousin Turlington ein Freund. Über Jahre entwickeln sich zwischen beiden leidenschaftliche Gefühle. Aber der charismatische Turlington hat dunkle Geheimnisse.

Charaktere
Die Hauptcharakter ist zweifelsohne Florrie - in ihrem zweiten Leben bei ihrem richtigen Namen Florence genannt. Aus ihrer Sicht erzählt Tracy Rees ihre Geschichte. Wir lernen sie als 13-jähriges Mädchen kennen, das mit ihrem Leben rundum zufrieden ist. Trotz dem sie Waise ist, jeden Tag hart arbeiten muss, ist sie bei ihrer Großmutter und in dem kleinen Dorf in Cornwall glücklich. Manchesmal fühlt sie sich missverstanden, da Florrie eine Gabe hat, die ihre Freunde nicht mit ihr teilen: Sie kann Menschen auf den ersten Blick sehr gut einschätzen.
Wir dürfen mit Florrie erwachsen werden. Nach dem Umzug nach London, versucht sie, sich ihre "Wildheit" zu bewahren, merkt aber relativ schnell, dass sie besser mit ihrem neuen Leben zurecht kommt, wenn sie sich einigermaßen anpasst. Sie beschreibt das sehr gut selber: In Cornwall war sie Florrie und in London wird sie plötzlich zu Florence, die sich aber im Herzen immer noch ein kleines bisschen Florrie bewahrt hat.
Manchesmal hat sie ihre Meinung für mich zu schnell geändert, was für mich als Leser ein kleines bisschen verwirrend war. Aber alles in allem habe ich sie in mein Herz geschlossen und mit ihr mitgefiebert, dass alles gut ausgeht.

Als zweites möchte noch näher auf Turlington eingehen, der ebenfalls in Florries Leben eine zentrale Rolle gespielt hat. Die beiden haben sich relativ schnell und in jungen Jahren zueinander hingezogen gefühlt. Turlington allerdings war für Florrie ein unbeständiger Begleiter, das sich immer wieder in ein schwarzes Loch hat stürzen lassen. Bei ihm bin ich zwischen "armer Kerl" und "das geht gar nicht" geschwankt.
Leider hat das Mitleid gegen Ende immer mehr abgenommen, für mich war er ein schwacher Charakter, der einfach nicht anders wollte.

Den Rest der Familie Grace war, wie man sich reiche Familien im England Ende des 19. Jahrhunderts vorstellt und ohne Überraschung: Eine strenge, fast böse Tante, der ein lieber, empathischer Onkel gegenüber stand und ein Großvater als Familienpatriarch, der mit seiner Macht die komplette Familie zusammenhält.

Schreibstil
Tracy Rees hat mit Ihrem Ich-Schreibstil einen Weg gefunden, dass ich mitten in der Geschichte war. Auch eine teilweise außergewöhnliche Wortwahl hat dazu beitragen, dass die Sprache nicht vor sich hingedümpelt ist. Leider muss ich sagen, dass ich machmal Probleme hatte, zu folgen, wo ich mich gerade beim Lesen befinde: Einmal erzählte Florrie, dass sie schon umgezogen ist, zwei Seiten später erzählt sie erst, wie schwer ihr der Abschied vom alten Heim gefallen ist.
Positiv erwähnen möchte ich den Schluss, der anders ausgefallen ist, wie man vielleicht von Anfang an vermutet. Aber genau dieser Schluss war es, der mich vollends überzeugt hat und der dem Leser eine schöne Botschaft mitgibt (Leider kann ich ohne zu spoilern nicht mehr dazu sagen).

Fazit
Für alle, die historische Romane mit einer starken Hauptprotagonistin mögen, sollten sich dieses Buch auf jeden Fall genauer ansehen.

Bewertung vom 25.10.2016
Winterblüte
Bomann, Corina

Winterblüte


ausgezeichnet

Inhalt (übernommen)

Im Kurort Ostseeba Heiligendamm bereit sich die Hotelierfamilie Baabe im Jahr 1900 auf den großen Winterball vor. Feierlich soll die Verlobung von Tochter Johanna bekannt gegeben werden, doch die wünscht sich nichts sehnlicher, als endlich ihre große Liebe heiraten zu dürfen. Leider ist der junge Mann in den Augen ihrer Eltern keine gute Partie. Da wird eine junge Frau am Strand angespült, die einzige Überlebende eines Schiffunglücks. Sie kann sich nicht mehr an ihren Namen oder ihre Herkunft erinnern, verzweifelt hält sie einen kleinen Zweig umklammert, der sich in ihrem Kleid verfangen hat. Im Hotel findet sie eine neue Heimat und in Johanna eine Freunding. Die Namenlose weiht Johanna in die Adventstradition des Barbarazweigs ein. Die beiden Frauen stellen am 4. Dezember frisch geschnittene Obstzweige in eine Vase, jede mit der für sie dringensten Frage - der knospende Zweig wird ihnen die Zukunfft weisen und beide hoffen auf Blüten zur Weihnachtszeit.

Charaktere

Die beiden Hauptcharaktere Johanna und Barbara - wie die Namenlose von Johanna genannt wird, konnten auf ganzer Linie überzeugen: Sypathisch, herzerwärmend, positiv stur und emotional. Wir durften an ihren Gedankengängen teilhaben, durften mit ihnen mitfühlen und ich konnte ihre Entscheidungen und Handlungsweisen nachvollziehen.
Auch Christian, Johannas Bruder, war sehr erfrischend. Der Sohn aus gutem Hause hatte für mich die eigentliche Hauptrolle: Umsichtig, beschützend und vor allem vernünftig konnte er überzeugen und war sich auch nicht zu schade, über seinen Schatten zu springen und seine Meinung zu vertreten.
Augusta und Ludwig, Johannas Eltern, haben mich auch positiv überrascht. Es war schön, mal einen Vater Anfgang des 20. Jahrhunderts zu erleben, der nicht allzu streng war und keine andere Meinung gelten ließ. Augusta hat mich ebenfalls überrascht: Anfangs war sie noch die typisch verbissene, konservative Frau, die aber über ihre Handlung nachgedacht hat und zugeben konnte, dass sie Fehler gemacht hat.

Schreibstil

Corinna Bomanns letztes Buch hatte mich enttäuscht und ich war "Winterblüte" gegenüber ehrlich gesagt skeptisch.
Zum Glück hat sie an ihre anderen Bücher angeschlossen und ich habe wieder die Corinna Bomann gelesen, die ich gewohnt war: locker, leicht (und das ist positiv gemeint!) und vor allem gefühlvoll.
Dazu kam ein zwar immer wieder gelesener Plot, der aber durch die Verbindung zum Barbarazweig eine eigene Note bekommen hat.
Zu Beginn kam mir öfters der Gedanke "Wann passiert jetzt endlich was?", aber das Buch hat mich dann doch ziemlich schnell gefesselt und der tolle Schluss hat es für mich hervorragend abgerundet.

Ein kleines Wort zum Cover bzw. Aufmachung des Buches: Selten so ein liebevoll gestaltetes Cover gesehen und in den Händen gehalten. Tolle gedeckte Farben, ein Barbarazweig ziehrt den Umschlag und klitzernde, goldene Sprenkel runden den kompletten Umschlag ab.

Fazit

Das Buch hat alles: Einen tollen Plot, in dem man sich verlieren kann und macht sich toll im Bücherschrank - ein Muss für lange (Herbst-) und Winterabende!

Bewertung vom 25.09.2016
Der Sturz des Doppeladlers
Mosser, Birgit

Der Sturz des Doppeladlers


sehr gut

Inhalt (übernommen)
Österreich-Ungarn, 1916: Die Donaumonarchie unter dem greisen Kaiser Franz Joseph befindet sich im dritten Jahr eines Krieges, der ohne Erbarmen geführt wird. Seine Auswirkungen treffen Menschen aus allen sozialen Schichten: Das junge Kindermädchen Berta kämpft um das Überleben ihres ledigen Kindes. Kaiserjäger Julius Holzer erlebt die Sprengung des Col di Lana an der Dolomitenfront. Architekt August Belohlavek gerät in russische Kriegsgefangenschaft. Sektionschef Ferdinand von Webern muss die Demütigungen von St. Germains ertragen. In den letzten Jahren des Habsburgerreiches meisterns vier Familien ihr Schicksal - und eine große Liebe gibt Hoffnung für die künftigen Generationen. Ob in Wien, Prag oder Südtirol, in Kärtnen oder dem heutigen Burgenland - am Ende eines furchtbaren Krieges ist nichts mehr, wie es einmal war.

Charaktere
Die letzen Kriegsjahre bis zum Ende des Krieges wird anhand von vier Familien erzählt, die unterschiedlicher kaum sein können: Berta, die aus ärmlichen Verhältnissen stammt, Julius Holzer, durch dessen Augen wir den Krieg als Kaiserjäger, der direkt an der Front steht, mit"erleben", August Belohlavek, der sich freiwillig an die Front meldet und Ferdinand von Webern, der als Sektionschef dem Innenminister Österreichs unterstellt ist.
Ich möchte eigentlich gar nicht viel zu den einzelnen Charakteren sagen, da sie fiktive Personen in wahren historischen Ereignissen sind. Vielmehr interessant für mich war, dass wir das Ende der Donaumonarchie durch verschiedene Augen gesehen haben. Es war hochinteressant, wie Birgit Mosser es durch mehr oder weniger sympathische Charaktere geschafft hat, dass ich als Leser mittendrin, statt nur dabei war. Wie sie gezeigt hat, welche politische Entscheidung zu welchen Konsequenzen in den jeweiligen Familien geführt hat.

Schreibstil
Ich hab sofort in die Geschichte gefunden. Besonders toll und glaubwürdig fand ich, den teilweise östereichischen (tirolerischen) Dialekt, in dem Birgit Mosser die Protagonisten sprechen ließ. Das hat es für mich noch glaubwürdiger gemacht. Auch hat es toll die Herkunft beziehungsweise die soziale Stellung der jeweiligen Familie widergespiegelt. Erzählt wird in chronologischer Reihenfolge abwechselnd aus der Sicht von Berta, Julius, August und Ferdinand.
Schade fand ich, dass das Buch "nur" 320 Seiten hat - mir gingen die Sprünge machmal zu schnell bzw. hab ich es schade gefunden, dass ich nicht erfahren habe, wie die jeweiligen Familien die gleiche Situation erlebt haben.

Fazit
Ein toller Roman über den Untergang der Donaumonarchie: Spannend, gefühlvoll und voller wahrer historischen Ereignisse.

Bewertung vom 29.08.2016
Die Wahrheit
Raabe, Melanie

Die Wahrheit


weniger gut

Inhalt (übernommen)

Vor sieben Jahren ist der reiche Geschäftsmann Philipp Petersen während einer Südamerikareise spurlos verschwunden. Seither zieht seine Frau Sarah (37) den gemeinsamen Sohn alleine groß. Doch dann erhält Sarah wie aus heiterem Himmel die Nachricht, dass Philipp am Leben ist. Die Rückkehr des vermeintlichen Entführungsopfer löst ein gewaltiges Medieninteresse aus. Sarah hat zwiespältige Gefühle, nach all den Jahren verständlich. Sie hat eine harte Zeit hinter sich. Gerade war sie dabei, sich von der Vergangenheit zu lösen. Ihr Ehemann taucht, wenn man so will, zur Unzeit auf. Was wird werden? Gibt es eine gemeinsame Zukunft? Sie ist auf alles vorbereitet, nur auf das eine nicht: Der Mann, der aus dem Flugzeug steigt, ist nicht der, als der er sich ausgibt. Es ist nicht ihr Ehemann. Es ist ein Fremder - und er droht Sarah: Wenn sie ihn jetzt bloßstellt, werde sie alles verlieren: ihrem Mann, ihr Kind, ihr ganzes scheinbar so perfektes Leben...

Charaktere

Sarah erzählt in Ich-Form ihre Geschichte, die den Hauptteil einnimmt. Zwischendurch erfahren wir kurz - ebenfalls in Ich-Form erzählt, Gedanken des Fremden (wie sie ihn nennt) und sogar die vermeintliche Schlüsselszene aus der Sicht von Philipp. Hatte ich anfangs Mitleid mit ihr, ist dieses relativ schnell einem Unverständnis, ja fast schon einer Antisympathie gewichen. Ich konnte ihre Handlungsweisen nicht mehr nachvollziehen, sie war hysterisch und dabei waren ihre Gedankengänge so klar strukturiert - das hat nicht zusammengepasst.

Der Fremde konnte mich ein wenig mehr überzeugen. Bei ihm bin ich immer zwischen "Betrüger" und "Ist er nicht doch...." geschwankt. Aber auch hier muss ich sagen, dass ich sein Handeln im Nachhinein (als ich den Schluss kannte) zu keiner Zeit nachvollziehen konnte.

Schreibstil

Der Anfang hat mich gefesselt: Ich war nah bei Sarah, konnte mitfühlen. Doch leider hat sich das schnell gegeben: Mich haben die ständigen Wiederholungen von Textpassagen genervt, mit denen Melanie Raabe wahrscheinlich einen früheren Zusammenhang herstellen wollte. Aber das hätte es nicht gebraucht.

Was ich schade fand: Die Spannung bliebt komplett auf der Strecke. Sie versuchte diese mit kurzen und prägnanten Sätzen herzustellen, auch die Kapitel endeten mit Cliffhängern, die aber sofort im nächsten aufgelöst wurden. Auch der Versuch der Irreführung des Täters, des Grundes, warum alles so gekommen ist, ist missglückt. Leider konnte ich es zu keiner Zeit glauben, bzw. wollte nicht wissen, wieso und warum das jetzt passiert.

Auch der Schluss bzw. die Auflösung konnte nichts mehr retten, was ich immer noch gehofft hatte. Im Gegenteil: Sie war so unrealistisch, so kurz beschrieben, dass ich mich gefragt habe "War das alles?"

Die schwachen Charaktere konnten wahrscheinlich nichts dafür, denn was mich eigentlich störte, war die Auflösung. Oder war die schwache Auflösung nur ein logisches Resultat aus den schwachen Charakteren?

Fazit

Leider ein Buch, dass den Titel "Thriller" nicht verdient hat. Starker Beginn, der aber zu Ende leider immer mehr nachgelassen hat.

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