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Quincyliest

Bewertungen

Insgesamt 110 Bewertungen
Bewertung vom 15.04.2025
Die Frau und der Fjord
Strohmeyer, Anette

Die Frau und der Fjord


ausgezeichnet

Annette Strohmeyer hat einen unterhaltsamen und bewegenden Roman geschrieben, in dem es vor allem um die Verarbeitung von Verlust und Trauer geht. Im Mittelpunkt der Handlung steht die Geschichte von Gro. Sie hat als Geologin auf einer norwegischen Ölplattform gearbeitet, war glücklich verheiratet, bis das Schicksal erbarmungslos zuschlägt. Ihr Mann Nicklas verunglückt tödlich. Gro lässt alles hinter sich, gibt ihre Karriere auf und zieht sich komplett aus ihrem bisherigen Leben zurück. Sie zieht in ein kleines Holzhaus, das an einem Fjord gelegen ist. Die Natur und die Einsamkeit helfen ihr über den schweren Verlust ihres Mannes hinweg. Schritt für Schritt kämpft sie sich zurück ins Leben und wagt einen Neuanfang.
Die Autorin findet eine gute Balance zwischen melancholischen Gedanken und einem nach vorne gerichteten Blick. Die Naturbeschreibungen sind eindrucksvoll und sehr bildhaft. Ein fesselnder Roman voller Emotionen und Spannung. Empfehlenswert!

Bewertung vom 09.04.2025
Halbinsel
Bilkau, Kristine

Halbinsel


ausgezeichnet

Kristine Bilkau hat einen berührenden Roman über die sich verändernde Beziehung einer Mutter zu ihrer Tochter geschrieben. Annett ist Ende 40, sie arbeitet als Bibliothekarin in Husum. Ihre Tochter Linn lebt nach erfolgreichem Studium in Berlin. Während einer Umwelttagung erleidet Linn einen Kreislaufzusammenbruch. Ihre Mutter holt sie zu sich nach Hause ans Meer. Dort angekommen, brechen alte Konflikte auf, Fragen hinsichtlich der zukünftigen Lebensgestaltung werden aufgeworfen. Es geht ums Loslassen und auch um einen Neustart.
Kristine Bilkau ist eine genaue Beobachterin mit einem feinen Gespür gegenwärtiger Probleme. Ohne überflüssige Worte beschreibt sie Alltägliches und spannt den Bogen zu den wichtigen Themen unserer Zeit. Sie erzählt eine einfache, unspektakuläre Geschichte in einem ganz eigenen Stil. Großartig. Klare Leseempfehlung.

Bewertung vom 01.04.2025
Das Parlament der Natur
Darwin, Sarah;Vogel , Johannes;Herrmann, Boris

Das Parlament der Natur


ausgezeichnet

Die Botanikerin Sarah Darwin, Ururenkelin von Charles Darwin und ihr Lebensgefährte Johannes Vogel, Generaldirektor des Berliner Naturkundemuseums, führen zusammen mit dem Journalisten Boris Herrmann ein äußerst interessantes Gespräch über den Zustand der Natur und darüber, wie uns nichts Geringeres als die Rettung der Welt gelingen könnte.
Das Gespräch findet in einem lockeren Ton mit persönlicher Note statt. Es liefert zahlreiche Impulse zum Nach- und Umdenken. Jeder einzelne Mensch kann etwas tun, vor allem aber ist das Buch ein Appell an die politisch Verantwortlichen, nachhaltige Konzepte für die Zukunft zu entwickeln. Wir brauchen dringend einen Paradigmenwechsel. Naturschutz ist ein Thema politischer und sozialer Verantwortung. Die Notwendigkeit einer wegweisenden Politik wird deutlich.
Das Buch selbst besitzt eine äußerst hochwertige Aufmachung und enthält wunderbare Fotos, es macht einfach Spaß, darin zu blättern.
Große Leseempfehlung!

Bewertung vom 31.03.2025
Achtzehnter Stock
Gmuer, Sara

Achtzehnter Stock


gut

Sara Gmuer hat einen schonungslosen und gesellschaftskritischen Roman geschrieben, der das gegenwärtige Leben einer alleinerziehenden Mutter in einem sozialen Brennpunkt beleuchtet. Wanda lebt mit ihrer fünfjährigen Tochter Karlie in einem Berliner Pflanzenbau, im achtzehnten Stock. Sehr weit oben, doch von einem Aufstieg ist sie weit entfernt. Der Plattenbau ist kein Ort zum Wohlfühlen, ist kein Zuhause. Doch Wanda hat Träume, sie möchte Schauspielerin werden. Tatsächlich bietet sich ihr die Möglichkeit, eine kleine Rolle in einem Film zu ergattern. Als ihre Tochter krank wird, muss sie sich entscheiden, Kind oder Kariere.
Mit der Protagonistin Wanda bin ich nicht wirklich warm geworden. Sie erscheint unnahbar und teilweise unsympathisch.
Der Roman ist in einer ungeschönten, prägnanten und klaren Sprache geschrieben. Das soziale Milieu wird zwar recht authentisch geschildert, es werden aber auch einige Klischees bedient. Auch inhaltlich hat es mich nicht ganz überzeugt, deswegen gibt es von mir nur eine eingeschränkte Leseempfehlung.

Bewertung vom 19.03.2025
Was ich von ihr weiß
Andrea, Jean-Baptiste

Was ich von ihr weiß


ausgezeichnet

Jean - Baptiste Andreas bewegender Roman erzählt eindrucksvoll die Geschichte des Bildhauers Michelangelo Vitaliani - genannt Mimo - und Viola Orsini vor dem historischen Hintergrund zweier Weltkriege in Italien. Die Beziehung der beiden Protagonisten ist die Geschichte einer Freundschaft über alle Höhen, Tiefen und Standesunterschiede hinweg. Sie lernen sich bei seinen Auftragsarbeiten kennen. Viola reicht ihm die Hand, sie ist klug, gebildet, mutig und unkonventionell. Mimo dagegen stammt aus ärmlichen und einfachsten Verhältnissen. In Frankreich geboren, wird er von der Mutter nach Italien geschickt, er soll Bildhauer werden. Er kämpft sich durch sein Leben, sein unglaubliches Talent verhelfen ihm später zu Ansehen und Erfolg.
Der Roman ist in einer wunderbaren Sprache geschrieben, atmosphärisch dicht und absolut authentisch. Er wurde mit dem Prix Gouncourt ausgezeichnet. Große Leseempfehlung.

Bewertung vom 10.03.2025
Die Summe unserer Teile
Lopez, Paola

Die Summe unserer Teile


sehr gut

Paola Lopez erzählt die Geschichte dreier Generationen starker Frauen. Die Großmutter Lyudmila wurde in Polen geboren, sie flüchtet während des zweiten Weltkrieges in den Libanon, studiert dort Chemie. Das Verhältnis zu ihrer Tochter Daria ist schwierig. Daria geht nach München und wird Ärztin. Auch die Beziehung zu ihrer Tochter Lucy ist angespannt. Lucy geht ohne ein Wort des Abschieds nach Berlin, der Kontakt bricht vorerst ganz ab.
Als sich Lucy auf den Spuren ihrer Familie in Polen befindet, trifft sie dort auf ihre Mutter. So manches dunkle Familiengeheimnis wird gelüftet.
Der Roman hatte mich sehr angesprochen, er besitzt viel Potenzial, das meiner Meinung nach nicht ganz genutzt wurde. Eine echte Nähe zu einer der drei Hauptfiguren konnte ich nicht aufbauen.
Insgesamt ein interessantes und lesenswertes Buch, das meine Erwartungen nicht ganz erfüllen konnte.

Bewertung vom 25.02.2025
Heimweh im Paradies
Mittelmeier, Martin

Heimweh im Paradies


sehr gut

Martin Mittelmeier schreibt über die Zeit von Thomas Mann im Exil. Die Familie Mann lebte ab 1938 in den USA, zunächst in Princeton und ab 1941 in Los Angeles. Es ist ein Traumort, die Sonne, das Licht, die Wärme, doch Thomas Mann ist innerlich ein zerrissenener Mensch, trägt viele schwere Gedanken in sich. Er kommentiert die Ereignisse des Krieges, er hält Vorträge, schreibt an neuen Werken. Auch gesellschaftlich ist er engagiert, trifft sich mit vielen anderen Künstlern, feiert, debattiert, streitet mit ihnen. Auch Feuchtwanger, Döblin, Horkheimer und Adorno befinden sich im Exil, einige leben in unmittelbarer Umgebung der Manns. Die meisten von ihnen verfügen über genügend Einnahmen und können ihren Lebensstandard aufrechterhalten.
1947 ist Thomas Mann das 1. Mal nach 9 Jahren wieder in Europa. Er hält Lesungen und ist froh, dass die Vernunft über die Barberei gewonnen hat. Doch Mann hat nicht nur Bewunderer, er ist auch Anfeindungen ausgesetzt.
Über all diese Ereignisse im Leben des Nobelpreisträgers erzählt Mittelmeier, leicht, lebensnah und atmosphärisch. Ein interessanter Einblick.

Bewertung vom 17.02.2025
Middletide - Was die Gezeiten verbergen
Crouch, Sarah

Middletide - Was die Gezeiten verbergen


sehr gut

Das Debüt von Sarah Crouch wurde hochgelobt. Ihr Roman ist eine Mischung aus Liebesgeschichte und Krimi. Im Mittelpunkt der Handlung steht Elijah Leith, er verlässt als junger Erwachsener seine Heimat, er möchte studieren und ein erfolgreicher Schriftsteller werden. Für diesen großen Traum verlässt er nicht nur seine Jugendliebe Nakita, auch sein Vater bleibt allein zurück. Elijah kommt auch wieder an den Ort seiner Kindheit zurück, allerdings erst 15 Jahre später. Er ist beruflich als Autor gescheitert. Sein Vater ist inzwischen verstorben. Elijah lernt eine andere Frau kennen, Erin. Nach dem (Selbst-)Mord von Erin gerät Elijah selbst in den Fokus der Ermittlungen....
Die fesselnde Geschichte mit einigen Wendungen wird in verschiedenen Zeitebenen erzählt. Der Spannungsbogen wird fast bis ganz zum Schluss aufrechterhalten. Der Roman lässt sich zügig lesen, die Handlung selbst wirkte jedoch an der ein oder anderen Stelle etwas konstruiert.

Bewertung vom 28.01.2025
In einem Zug
Glattauer, Daniel

In einem Zug


sehr gut

Daniel Glattauer hat einen unterhaltsamen Roman geschrieben, auf den sicherlich viele Leser mit Spannung gewartet haben.
Die Handlung spielt - wie der Titel vermuten lässt - in einem Zug. Der ehemals gefeierte Autor Eduard Brünhofer befindet sich auf einer Fahrt von Wien nach München. Er möchte unerkannt und ganz entspannt reisen, doch es kommt alles anders. Eine Frau im mittleren Alter verwickelt ihn gekonnt in ein Gespräch, das harmlos beginnt, dann langsam aber sicher Fahrt aufnimmt und sehr persönlich wird. Hauptsächlich geht es um Beziehungen, verflossene oder aktuelle. Die Dialoge sind kurzweilig, mitunter auch amüsant. Die Rückblenden und Erinnerungen von Eduard werden lebendig und erfrischend erzählt. Cathrin lässt nicht locker, ist schonungslos neugierig und wie sich später herausstellt, gibt es dafür Gründe.
Der Roman lässt sich gut lesen und ist eine angenehme Lektüre für zwischendurch, aber kein Buch, das in Erinnerung bleiben wird.

Bewertung vom 16.01.2025
Für immer
Lunde, Maja

Für immer


sehr gut

Die Norwegerin Maja Lunde hat einen ungewöhnlichen und interessanten Roman geschrieben, der sich mit der Thematik der Vergänglichkeit auseinandersetzt. Sie beschreibt ein spannendes Gedankenexperiment aus der Perspektive verschiedener Menschen in ganz unterschiedlichen Lebenssituationen. Was bedeutet es für jeden Einzelnen konkret, wenn die Zeit stehenbleibt? Krankheiten würden sich nicht verschlimmern, Menschen sterben nicht mehr, Kinder werden nicht geboren. Die Protagonisten des Romans haben entsprechend ihrer Lebensumstände unterschiedliche Meinungen dazu.
Maja Lunde beschreibt nur ein fiktives Gedankenexperiment und doch erscheint das Erzählte realistisch. Sie erzählt flüssig und gekonnt, dennoch bin ich mit keiner Figur des Romans so richtig warm geworden. Deswegen konnte das Buch nicht vollständig überzeugen, obwohl es durchaus interessant ist und zum Nachdenken anregt.