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B. S.

Bewertungen

Insgesamt 169 Bewertungen
Bewertung vom 22.06.2025
Der Junge aus dem Meer
Carr, Garrett

Der Junge aus dem Meer


sehr gut

Leises und poetisches Porträt einer Familie und eines Dorfes

„Der Junge aus dem Meer“ ist ein ruhig und einfühlsam erzählter Roman, der in dem kleinen irischen Fischerdorf Donegal spielt.
Im Zentrum der Handlung steht die Familie Bonnar, deren Leben sich durch die Adoption des kleinen Jungen mit dem Namen Brendan, der am Meer gefunden wird, grundlegend verändert. Über den Verlauf von zwei Jahrzehnten taucht man in das Alltagsleben der Bonnars ein, ergründet die komplexen familiären Beziehungen zwischen Ehepartnern, Brüdern, Schwestern sowie Vater und Töchter. Ebenso wird man Zeuge ihrer Bemühungen, ihren Lebensunterhalt in einer Zeit zu verdienen, in der die Fischerei zunehmend unter Druck gerät.

Der Roman lebt von seiner ruhigen Erzählweise, die einem Zeit gibt, sich auf die kleinen und großen Dramen des Alltags einzulassen. Es sind die Beziehungen, die im Vordergrund stehen.
Dank der unterschiedlichen Erzählperspektiven, darunter auch die einer kollektiven Stimme der Dorfbewohner, gelingt es dem Autor, die komplexen Gedanken und Gefühle der wichtigsten handelnden Personen feinfühlig und authentisch darzustellen. Das Ergebnis ist eine vielschichtige Figurenzeichnung, die zu berühren weiß.
Die kollektive Stimme wiederum verleiht dem Roman eine besondere Atmosphäre und macht das Dorf selbst zu einem wichtigen Charakter. Besonders die enge Gemeinschaft, die das Leben der Menschen prägt, wird spürbar.

Anders als der Titel vermuten lässt, bleibt der Junge aus dem Meer ein rätselhafter und unnahbar wirkender Charakter. Man lernt ihn vorwiegend aus der Sicht seiner Familie und der Dorfbewohner kennen. Da ist Ambrose, der ihn wie einen eigenen Sohn liebt, dann Christine, die versucht, die Familie zusammenzuhalten, und Declan, der eifersüchtig und abweisend auf den neuen Bruder reagiert.

Der Roman schreitet langsam voran und nimmt sich Zeit für die Entwicklung der Charaktere. Die lyrische Prosa und das irische Setting verleihen der Geschichte Authentizität und Charme. Auch wenn das Tempo manchmal etwas zu gemächlich ist, gelingt es dem Buch, den Leser in seinen Bann zu ziehen.

„Der Junge aus dem Meer“ ist ein Roman über Familie, Zusammenhalt und die kleinen Wunder des Alltags. Wer sich auf die ruhige, tiefgründige Erzählweise einlässt, wird mit einer bewegenden und poetischen Lektüre belohnt.

Bewertung vom 22.06.2025
Reset
Grandl, Peter

Reset


sehr gut

Fake oder Wahrheit - Packender Thriller über eine entfesselte KI

"Reset - Die Wahrheit stirbt zuerst" von Peter Grandl ist ein fesselnd geschriebener Thriller, der von Anfang bis Ende zu fesseln weiß, manchmal aber etwas zu viel auf einmal will.

Schon im ersten Kapitel kann der packend erzählte Thriller mit Schockmomenten aufwarten.
Zu Beginn wird ein Flugzeug über dem deutschen Luftraum entführt und es steht die Frage im Raum, ob das Flugzeug abgeschossen werden soll oder nicht. Zudem erhalten zahlreiche Menschen vermeintliche Anrufe oder Videos von Familienangehörigen oder Bekannten, die sich nicht von Fake und Echtheit unterscheiden lassen. All das wird von einer unbezwingbaren KI im Hintergrund gesteuert, die das Ziel im Auge hat, die Menschheit zu vernichten. Chaos und Misstrauen bricht aus. Kann die Menschheit vor der Zerstörung durch ein Rückbesinnen auf "alte" Techniken gerettet werden?

In dem Thriller passiert so einiges. Zeit zum Durchatmen bleibt keine. Erzählt aus unterschiedlichen Perspektiven und anhand kurzer Kapitel, lässt das Spannungsmoment zu keinem Zeitpunkt nach und man fliegt nur so durch die knapp 500 Seiten. Zahlreiche Wendungen und Cliffhanger tragen ihr Übriges bei.

Zu viel Tiefe sollte man bei dem Feuerwerk an actiongeladenen Szenen und verschiedenen Handlungsverläufen jedoch nicht erwarten.
Denn so finden zahlreiche Themen, wie z. B. KI, Fake News, Missbrauch, Trauma oder Quantentechnologie, Eingang in die glaubwürdig wirkende Handlung. Teilweise rennt man von Anschlag zu Anschlag, ohne lange bei einem Thema oder einer Person zu verbleiben. Darunter leidet auch die Charakterzeichnung der wichtigsten handelnden Personen. So richtig nah kommt man keinem der wichtigsten Akteure. Der Actionpart steht ganz klar im Vordergrund.

Trotzdem wird ein beängstigendes und durchaus realistisches Szenario erzeugt, das aktuelle Entwicklungen rund um KI, Vertrauen in die Medien und gesellschaftliche Entwicklungen aufgreift und zum Nachdenken anregt.

Wer sich für Thriller über KI interessiert und dabei nicht so viel Wert auf inhaltliche Tiefe und Plausibilität legt, der wird mit "Reset" seine Freude haben.
Kurzweilig, spannungsgeladen und leicht beängstigend ist der Thriller allemal!

Bewertung vom 22.06.2025
Strandgut
Myers, Benjamin

Strandgut


sehr gut

Feinfühlig erzählter Roman über die Kraft der Musik

Im Mittelpunkt von "Strandgut" von Benjamin Myers steht Bucky Bronco, ein kürzlich verwitweter Siebzigjähriger aus Chicago, dessen Leben eine unerwartete Wendung nimmt, als er nach Scarborough, Großbritannien, eingeladen wird, um dort Soullieder zu singen, die er vor über 50 Jahren komponiert und aufgenommen hat. Er konnte von seinen Liedern nicht leben und hat sich stattdessen mit Gelegenheitsjobs übers Wasser gehalten. Der Flug nach England ist dann auch das erste Mal, dass er in ein Flugzeug steigt und sich auf den Weg in ein anderes Land macht. In England angekommen, wird er von Dinah empfangen, einer Supermarktkassiererin und begeisterten Soulmusik-Liebhaberin im Allgemeinen und von Bucky im Speziellen. Sie wird zu einer treuen Begleiterin von Bucky.

Geradlinig und vorwiegend aus der Sicht von Bucky erzählt, taucht man in das Leben der Figuren ein und lernt ihre Sorgen, Gedanken und Gefühle kennen. Der Autor schafft es hierbei, mit nur wenigen Worten, echte, unvollkommene Menschen zum Leben zu erwecken, die ihre guten und schlechten Seiten haben. Die bildhafte Sprache des Autors trägt ihren Teil dazu bei.

Die feinfühligen Charakterzeichnungen des Autors sind auch einer der Höhepunkte des Romans.
Überzeugen kann zudem die Handlung an sich, obwohl ich an der ein oder anderen Stelle noch gerne mehr Zeit mit den Charakteren verbracht hätte

So ist "Strandgut", auch wenn es auf den ersten Seiten leicht daherkommt, ist es dennoch eine tiefgründige Geschichte. Denn es ist nicht nur eine locker und erzählte Geschichte über zweite Chancen und die Kraft der Musik, sondern auch eine mit schweren Themen, wie z. B. Trauer, Sucht sowie Familien- und Beziehungsprobleme. Trotz der Trauer Buckys um seine vor kurzem verstorbene Frau Maybelle und Opioidabhängigkeit, mit der Bucky kämpft, ist der Roman jedoch voller Herz und Wärme. Es ist auch ein Buch über zweite Chancen, Freude und Hoffnung, das einen schnell in seinen Bann zieht.

Bewertung vom 06.06.2025
Hase und ich
Dalton, Chloe

Hase und ich


ausgezeichnet

Zärtlich erzählte Mensch-Hase-Beziehung

Mit "Hase und Ich" hat Chloe Dalton eine fesselnde und zärtlich erzählte Chronik über ihre Erfahrungen über die Rettung eines Hasenbabys und die daraus resultierenden besonderen Mensch-Tier-Beziehung geschrieben.

Während der Covid-Pandemie und des Lockdowns in Großbritannien, befindet sich Chloe auf dem englischen Land und entdeckt dort eines Tages einen neugeborenen Hasen, der von seiner Mutter auf einem Fußweg ausgesetzt wurde. Sie stellt sich die Frage, ob sie das Hasenbaby zurücklassen lassen oder es mitnehmen soll, um es vor dem drohenden Tod zu retten.
Sie entscheidet sich dafür, den kleinen Hasen mit nach Hause zu nehmen, im Wissen, dass es sich um ein wildes Tier handelt und nicht domestiziert werden sollte.
Über die nächsten drei Jahre folgt man dann Chloe in ihren Bemühungen, wie sie anfangs dem Hasenbaby das Überleben zu sichern versucht und ihm danach die Rückkehr in die Wildnis zu ermöglichen. Man wird Zeuge, wie sich eine geheimnisvolle und berührende Verbindung zwischen den beiden entwickelt, denn der Hase lebt weiterhin in der Nähe ihres Landhauses und sucht dort immer wieder Zuflucht.

In ihrer persönlichen Geschichte beleuchtet Chloe Dalton genauer das Leben des Hasen über die Jahreszeiten hinweg und beobachtet Gewohnheiten sowie Eigenschaften an ihm, während er älter wird. Auch beglückt der Hase sie mit seiner Nachkommenschaft, was voller süßer Momente ist.
Es ist zugleich eine Lektüre voller Wärme und Mitgefühl für Hasen an sich und eine Geschichte über eine einzigartige Verbindung zwischen Mensch und Tier. So berichtet sie auch davon, wie sie eine neue Beziehung zur Natur entwickelt, was zu einer Entschleunigung ihres Lebens und somit insgesamt zu einer besseren Lebensqualität führt.

Neben der besonderen Geschichte der Autorin wartet das Buch auch mit stilistisch ansprechenden Abbildungen auf, die das Buch lesenswert machen.
Der ruhige und anschauliche Schreibstil der Autorin zusammen mit der geringen Seitenzahl sorgen dafür, dass man tief in ihre neue Lebenswelt mit Hase hineingezogen wird.
Sie ist dabei auch nicht unkritisch und gesteht Fehler ein. Als Laie ist es jedoch schwer, ihr Verhalten kritisch zu beurteilen.

Alles in allem, ist "Hase und Ich" ein Buch, das durch seine berührende, zärtlich erzählte Geschichte, einem die Wichtigkeit der Wertschätzung der Natur näherbringt, ohne moralisch zu sein.
Nicht nur für Natur- und Tierliebhaber lesenswert!

Bewertung vom 04.06.2025
Holmes & Moriarty
Rubin, Gareth

Holmes & Moriarty


gut

Nicht so gut wie das Original

In Gareth Rubins "Holmes & Moriarty" werden Arthur Conan Doyles bekannte Figuren wiederbelebt und in ein neues Abenteuer zwischen den Straßen Londons und den Wegen eines ruhigen Dorfes in der Schweiz verwickelt.

Am Anfang der Handlung lernt man George Reynolds, einen jungen Schauspieler, kennen, dessen Rolle als Richard III. in einer Wanderproduktion mit Auffälligkeiten einhergeht. Er ist der Einzige mit Schauspielerfahrung und bei jeder Aufführung findet er dieselben Leute in anderer Kleidung vor. Er wendet sich an Holmes, um der Sache auf den Grund zu gehen.
In der Zwischenzeit wird Moriarty in einen Krieg zwischen rivalisierenden Gangstern verwickelt. Bei dem Versuch, als Günstling zwischen zwei Verbrecherbossen aufzutreten, wird er in den Tod eines der beiden Anführer in einer Wohnung in Whitechapel verwickelt. Gemeinsam mit seinem Handlanger Moran flüchtet er vor der Polizei und versucht herauszufinden, wer dahintersteckt. Schon bald treffen die Gegenspieler Holmes und Moriarty aufeinander und müssen wohl oder übel zusammenarbeiten, um das Geheimnis ihrer beiden mysteriösen Fälle zu lösen.

Ich bin ein Fan der Romane rund um Sherlock Holmes und Dr. Watson von Arthur Conan Doyle, deswegen war ich gespannt, ob der Autor es schafft, dem Original gerecht zu werden. Nach dem Lesen der Lektüre ist mein Eindruck, dass Rubin es nur bedingt geschafft hat, den Geist der ursprünglichen Werke einzufangen.

Am Schreibstil des Autors und der Handlungsidee liegt es nicht. Unter der Feder von Rubin und mit Anklängen an den Stil Doyles werden die Charaktere sowie das London und später ein schweizerisches Alpendorf zur Zeit des späten 19. Jahrhunderts bzw. des frühen 20. Jahrhunderts lebendig. Von Beginn an wird Spannung erzeugt, sowie die kurzweilige und flüssige Erzählweise sorgen für einen unterhaltsamen und fesselnden Krimi.

Für Schwung sorgen die abwechselnd erzählten Kapitel aus Sicht von Dr. Watson und Moriartys Handlanger Moran. So bleibt die Handlung mysteriös und die Spannung kann bis zum Ende konstant hochgehalten werden. Auch lernt man Moriarty als Gegenspieler Holmes etwas näher kennen. Leider führt dies jedoch zu Abstrichen bei der Charakterisierung von Sherlock Holmes, dieser bleibt nämlich überraschend blass und verschwindet im Vergleich zu den anderen Protagonisten in den Hintergrund. Der Titel "Holmes & Moriarty" lässt hingegen auf was anderes schließen.

Richtig überzeugen konnte mich auch die Handlung nicht.
Der Beginn war noch vielversprechend, aber besonders zum Ende hin wurde die Geschichte und die Auflösung des Falles zunehmender bizarrer und nahm an Plausibilität ab. Mehr klassische Detektivarbeit à la Holmes und weniger Action hätte dem Kriminalroman sicherlich gutgetan.

Kurz: "Holmes & Moriarty" von Gareth Rubin ist nichts Halbes und nichts Ganzes.
Es hat zwar Anklänge an die klassischen Werke von Doyle, kommt an ihnen vor allem in Sachen Detektivarbeit nicht an diese ran. Aber richtig losgelöst von diesen ist das Werk auch nicht, für ein besseres Verständnis der Charaktere, Konstellationen und erwähnten Ereignisse ist Wissen über Doyles Holmes Romane von Vorteil.

Bewertung vom 03.06.2025
Ein Mord im November - Ein Fall für DI Wilkins
Mason, Simon

Ein Mord im November - Ein Fall für DI Wilkins


sehr gut

Ein ungleiches Ermittlerpaar sorgt für Spannung

"Ein Mord im November" von Simon Mason spielt in Oxford und ist der erste Teil einer Krimireihe rund um DI Ryan Wilkins und DI Ray Wilkins. Zwei Detective Inspectors mit dem gleichen Nachnamen als Partner sind ungewöhnlich, und so ist auch deren privater Hintergrund ihre Art der Ermittlungen. Aber es heißt ja so schön, dass sich Gegensätze anziehen...
Ryan Wilkins wuchs in einem Wohnwagenpark auf, hatte einen gewalttätigen, alkoholkranken Vater, seine Freundin starb an einer Überdosis Drogen und hinterließ ihm einen kleinen Sohn. Für einen DI ist er noch vergleichsweise jung und stößt mit seiner forschen Herangehensweise viele vor den Kopf, besonders seine Abneigung gegen die privilegierte Oberschicht tritt deutlich zutage. Im Gegensatz dazu ist Ray Wilkins der Sohn afrikanischer Einwanderer, hat eine Universitätsausbildung, eine Frau und legt Wert auf sein Äußeres.
Ihre erste gemeinsame Mordermittlung führt sie in das Arbeitszimmer von Sir James Osborne, dem Prorektor von Barnabas Hall, in dem die Leiche einer jungen Frau liegt. Anfangs können beide gar nicht miteinander, doch um den Fall zu lösen, müssen sie zusammenarbeiten.

Eben genau dieses gegensätzliche Detektivpaar macht den Reiz der Geschichte aus. Ihre Zankereien und ihre unterschiedlichen Hintergründe sorgen für Reibung, die die aus verschiedenen Perspektiven erzählte Geschichte am Laufen halten und für Spannung sorgen.
Da zudem in den Ermittlungen unterschiedliche gesellschaftliche Schichten aufeinanderprallen, Oxford-Elite einerseits sowie Armut und Unruhe andererseits, bekommt man einen authentisch wirkenden Eindruck beider Welten.

All das, wird durchaus stimmungsvoll und fesselnd erzählt.
Bezogen auf den Inhalt fehlte es mir jedoch etwas an Tiefe, denn die mit dem Mordfall verbundenen Themen, wie z. B. Menschenhandel, sexuelle Belästigung und Missbrauch, werden nur oberflächlich behandelt. Man merkt der Handlung deutlich an, dass das ungleiche Detektivpaar im Fokus steht. Dementsprechend gut gelungen ist deren Charakterisierung, und man ist gespannt, wie es mit den beiden weitergeht.

Hinter "Ein Mord im November" verbirgt sich ein vielschichtiger Krimi, der von seinen Figuren und atmosphärischen Beschreibungen lebt. Es ist ein gelungener Auftakt einer neuen Reihe, die, wenn noch mehr Augenmerk auf den eigentlichen Kriminalfall legt, eine richtig gute werden könnte!

Bewertung vom 01.06.2025
Perlen
Hughes, Siân

Perlen


sehr gut

Poetische Erzählung über die Trauer um die verschwundene Mutter

Als Marianne Brown acht Jahre alt war, verschwand ihre Mutter und ließ sie, ihren Babybruder Edward und ihren Vater zurück. Die Suche nach ihrer Mutter ergab einen Fußabdruck am Ufer eines Flusses in der Nähe ihres Hauses und sonst nichts. Während sie älter wurde, wurde über das Verschwinden ihrer Mutter nicht viel gesprochen, und schließlich zog sie gemeinsam mit ihrem Bruder und ihrem Vater aus ihrem ehemaligen Zuhause aus. Ihr Leben ist tief geprägt vom Verlust ihrer Mutter.
Als Lesende folgt man ihr durch ihre Kindheit, ihre schwierige Teenagerzeit und ihre eigene Reise als Mutter. Als sie älter wird, kämpft Marianne mit bruchstückhaften und widersprüchlichen Erinnerungen an ihre Mutter. 

Anfangs hat es eine Weile gedauert, bis ich in die Geschichte hineingezogen wurde, auch wenn das Buch stark beginnt. Man wird Zeuge ihrer Trauer, ihrer Verwirrung und ihrer Versuche, mit dem Trauma klarzukommen.
Die Autorin beschreibt hierbei Mariannes Innenleben poetisch und berührend, sodass man ganz nah an Mariannes Innenleben ist. Mit der Zeit geht jedoch diese Intensität etwas verloren und die Handlung fängt an, den roten Faden zu verlieren und zu mäandern.

Trotz alledem ist "Perlen" von  Siân Hughes eine kurze, aber intensive Lektüre, es ist eine Erkundung von Trauer und Verlust und wie sich diese im Laufe des Lebens entwickeln. Die Geschichte dreht sich um Themen wie Verlust, Trauer, Mutterschaft und Selbstfindung und wird in der Ich-Form aus Mariannes Perspektive erzählt. 

Bewertung vom 01.06.2025
Die Schatten der Solaren Union
Vail, Eryx

Die Schatten der Solaren Union


gut

Stärken im politischen Plot, Schwächen im Schreibstil

Der Sci-Fi-Politthriller "Der Schatten der Solaren Union" von Eryx Vail ist ein Buch mit Licht und Schatten und für mich leider mit mehr Schatten als Licht.

Einerseits könnte der Thriller, obwohl er in einer näheren Zukunft spielt, mit seiner klug konstruierten Handlung nicht aktueller sein, denn Machtspiele und Machtmissbrauch der Regierenden stehen an der Tagesordnung und auch manche gesellschaftliche Entwicklungen sowie Konflikte kommen einen bekannt vor.
Wer politische Intrigen verbunden mit persönlichen Schicksalen und dramatischen Momenten mag, wird so auf seine Kosten kommen.

Andererseits machte der Schreibstils des Autors mir es nicht einfach Zugang zu den Charakteren und auch anfangs der Geschichte an sich zu bekommen.
Der Autor steigt direkt in die Handlung ein und durch die verschiedenen Charaktere und der komplexen politischen und persönlichen Verflechtungen, kommt eher Verwirrung als Klarheit auf.
Zudem ist der Schreibstil des Autors sehr beschreibend und detailliert, was auf Dauer ermüdend ist. Auch liest sich der Thriller mehr wie ein Drehbuch durch seine szenenhafte Beschreibung der Ereignisse. Darunter leidet jedoch das Innenleben der handelnden Personen. So blieb auch Selena als eine der Protagonisten für mich, was ihre Gedanken und Gefühle anging blass.

"Der Schatten der Solaren Union" ist ein Buch auf das man sich einlassen muss. Man muss gefallen an der dichten Beschreibung der politischen und gesellschaftlichen Situation in einer nahen Zukunft finden und am Schreibstil des Autors. Ich hatte meine Probleme damit, deswegen der Zwiespalt.

Bewertung vom 31.05.2025
Sputnik
Berkel, Christian

Sputnik


sehr gut

Poetische Reise mit Sputnik

Nach "Ada", "Der Apfelbaum" nun also "Sputnik" als dritter Roman von Christian Berkel, indem er die Lesenden in sein Leben und seine Erinnerungen eintauchen lässt. Und diesmal wirklich tief, denn zu Beginn wird man gemeinsam mit ihm sogar eins mit seiner Mutter. So ist man direkt bei seiner Zeugung, seiner Zeit in der mütterlichen Fruchtblase und der Geburt dabei.

Christian Berkel hat ein feines Gespür für Wörter und Stimmungen, er schafft es, mit wenigen Worten ein authentisches Bild seiner Kindheit und Jugend sowie der damaligen Zeit zu erzeugen. Man fühlt sich direkt in seine Gedanken- und Gefühlswelt hineingesetzt und nimmt die Welt mit seinen Augen wahr.

Neben seinem Weg zum Theater wird man auch in damalige gesellschaftliche Diskussionen hineingezogen, so sind die RAF und die Serie Holocaust und damit einhergehend Antisemitismus ein Thema. Das zeigt, dass Berkel nicht vor schwierigen Themen zurückschreckt, auch eigene unangenehme Erfahrungen finden Eingang in seine autobiografische Erzählung.

Erzählt anhand kurzer Kapitel und Abschnitte fällt es schwer, mit dem Lesen aufzuhören. Berkels offener und ehrlicher Blick auf sich selbst und seine Mitmenschen tragen ihren Anteil dazu bei.

Lediglich zum Ende hin, scheint es, dass der Autor den roten Faden seiner Erzählung etwas verlierz. Auch wirkt der Schluss für mich etwas zu gezwungen, um einen Kreis mit dem Anfang zu schließen.

Zu empfehlen für Fans von Christians Berkel vorherigen Romanen und Leute, die sich für autobiografische Romane, die zeitgeschichtliche Entwicklungen aufgreifen.

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Bewertung vom 31.05.2025
Sie haben Ihr Toupet ins Glücksrad geschmissen
Bullatschek, Sybille

Sie haben Ihr Toupet ins Glücksrad geschmissen


sehr gut

Wenn Senioren das Quizfieber packt - gute Unterhaltung

Kurzweilig, unterhaltsam, manchmal vielleicht etwas zu viel des Guten aber voll mit Herz für die aufgeweckten Senioren des Haus Sonnenuntergangs, die die sympathische "Pflägekraft" Sybille Bullatschek mit ihren Einfällen und charakterlichen Eigenarten ganz schön auf Trab halten, präsentiert sich "Sie haben Ihr Toupet ins Glücksrad geschmissen".

Und diesmal hat sich Sybille was ganz Besonderes ausgedacht, nämlich die Teilnahme an der Quizshow "Ü80 Show", dass dabei nicht immer alles am Schnürchen läuft, davon ist auszugehen. Schon der Weg dahin ist voller Hindernisse, die noch mit dem ein oder anderen Rollator bzw. mit der ein oder anderen Gehhilfe überwunden werden müssen. Denn es sind nicht alle von Anfang an davon begeistert, dass Sybille daran teilnehmen will. Zum einen ist da ihr Chef Herr Otterle, der immer nur die Kosten im Blick hat und von der Teilnahme bis jetzt noch nichts weiß. Zum anderen sind manche ihrer Kolleginnen neidisch und wollen selbst teilnehmen. Auch privat kommt Sybille nicht zur Ruhe, Nachbar- und Liebeschaos lassen grüßen.

Humorvoll und lebendig geschrieben, macht es Spaß, Sybille und ihre Senioren bei ihrem Weg zur "Ü80 Show" zu begleiten. Die Autorin schafft es hierbei gut, die Balance zwischen lustigen Szenen und Ernsthaftigkeit zu halten, ohne in zu großen Klamauk abzudriften. Man muss jedoch diese Art von Humor mögen, sonst wird man keinen Spaß an der für gute Laune sorgenden Lektüre finden. Ebenso sollte man nicht zu viele Ansprüche an die Handlung haben, die Unterhaltung steht deutlich im Vordergrund und die ist definitiv gegeben.
Wenn man sich darauf einlässt, begegnet man liebevoll gezeichneten Senioren mit all ihren Eigenheiten und störrischen Chefs. Nicht zu vergessen, Sybille persönlich.

"Sie haben ihr Toupet ins Glücksrad geschmissen" ist sicherlich leichte Kost, aber eine voller Wärme für ihre Charaktere und eine, die für den ein oder anderen Lacher sorgt. Eben genau das, was der Titel und die Inhaltsangabe einem verspricht.