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Hamburg

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Insgesamt 79 Bewertungen
Bewertung vom 03.07.2025
Rossell, Judith

Midwatch - Schule der unerwünschten Mädchen


ausgezeichnet

Starke Mädchen, starke Geschichte

Zunächst fällt das schön gestaltete Cover ins Auge, auf dem es viel zu entdecken gibt. Dies setzt sich im Inneren des Buches fort. Die Illustrationen sind meiner Meinung nach großartig gelungen, sie ergänzen den Text sehr gut. Vor allem die doppelseitigen Bilder geben die Atmosphäre der Geschichte ganz toll wieder.

Auch die Idee der Geschichte hat mir sehr gefallen. Rebellische Mädchen werden auf eine spezielle Schule geschickt, um dort „gesellschaftsfähig” erzogen zu werden. In Wahrheit ermuntert die Schulleiterin Miss Mandelay ihre Schützlinge jedoch zu selbstständigem Denken und dazu, ihre Stärken zu entdecken und sie für das Gute einzusetzen. Diesen feministischen Grundton fand ich großartig!
Miss Mandelay ist es wichtig, dass die Mädchen „nützliche“ Dinge lernen. Das Buch wird zwischen den Kapiteln immer wieder durch die Beschreibung dieser „nützlichen Dinge“ aufgelockert, z. B. Charleston tanzen, ein Tier dressieren, Morsecode, Knoten knüpfen, möglichst geräuschlos gehen … Ich denke, viele Kinder werden sich dazu animiert fühlen, die beschriebenen Dinge selbst auszuprobieren. :-) .

In der Geschichte begleiten wir die drei Mädchen Maggie, Nell und Sofie, die neu an die Schule kommen. Anfangs ist alles ungewohnt und auch ein bisschen überfordernd für die Kinder. Doch nach und nach schließen sie Freundschaften, entdecken ihre Stärken und tragen schließlich maßgeblich dazu bei, einen Entführungsfall aufzuklären.
Gegen Ende wird es sehr spannend und auch ein bisschen gruselig. Kinder, die eher zu Ängsten neigen, sollten hier vielleicht begleitet werden.
Der Verlag empfiehlt das Buch für Kinder ab 10 Jahren. Zum Selberlesen ist diese Altersempfehlung angemessen, zum Vorlesen werden auch jüngere Kinder ab 8 Jahren ihren Spaß haben.

Fazit. ‚Midwatch –Schule der unerwünschten Mädchen‘ war wieder einmal ein Kinderbuch, das mir rundum gefallen hat. Die Geschichte ist spannend erzählt und enthält eine tolle Botschaft. Die wunderschönen Illustrationen ergänzen die Handlung perfekt und bereichern das Leseerlebnis. Ich würde mich freuen, mehr von dieser außergewöhnlichen Schule zu lesen.

Bewertung vom 24.06.2025
Williamson, S. F.

Die Sprache der Drachen


sehr gut

Ein vielschichtiger Roman mit Schwächen im Worldbuilding

Wir befinden uns im Jahr 1923 in einem alternativen London, in dem Drachen real sind. Ein Friedensvertrag regelt das Zusammenleben von Menschen und Drachen, organisiert die Gesellschaft streng hierarchisch und benachteiligt sowohl niedere Klassen als auch Drachen. Sowohl bei den Menschen als auch den Drachen regt sich Widerstand. Dieses fast dystopische Setting hat mir gut gefallen.

Im Mittelpunkt steht die 17-jährige Vivien – ehrgeizig, systemtreu erzogen und bereit, moralisch fragwürdige Entscheidungen zu treffen. Ihr Weltbild gerät ins Wanken, als sie erfährt, dass ihre Eltern Teil der Rebellion sind.
Vivien ist eine interessante Figur. Zwar ist sie keine Sympathieträgerin, aber ihre Einstellung und ihr Verhalten sind nachvollziehbar. Ich fand es gut, dass sie sich immer wieder hinterfragt und mit ihrem Gewissen hadert. Sie weiß, dass ihr Handeln falsch ist, stellt aber dennoch ihr Wohl und das ihrer Familie immer in den Vordergrund. Mir hat gefallen, dass wir hier keine strahlende Heldin haben, die von Anfang an das Richtige tut, sondern dass diese Wandlung ein langer Prozess ist.

Besonders spannend fand ich den Handlungsstrang um Bletchley Park, wo Vivien mit anderen Jugendlichen an geheimen Projekten gegen die Rebellen arbeitet. In ihrem Fall geht es um die Entschlüsselung einer geheimen Drachensprache. Denn die Drachen in dem Buch sind komplexe, intelligente Kreaturen mit eigener Sprache und Sozialverhalten. Gerade die Bedeutung von Sprache als Teil von Identität und Kultur wird im Rahmen der Handlung sehr gut herausgearbeitet.

Anstelle einer dominanten Liebesgeschichte legt die Autorin den Fokus auf politische Verwicklungen, persönliche Schuldfragen und die Auseinandersetzung mit gesellschaftlichen Zwängen. Die Liebesbeziehung entwickelt sich langsam, bleibt dezent im Hintergrund und wirkt dadurch umso glaubwürdiger. Das Ende des Buches war hier überraschend und berührend.

Ich hätte mir in Bezug auf das Worldbuilding etwas mehr Details gewünscht. Der Friedensvertrag wird zwar immer wieder erwähnt, aber nicht ausreichend erklärt. Überhaupt wurde das gesellschaftliche Zusammenleben zwischen Drachen und Menschen nur am Rande behandelt. Auch der historische Kontext war mir zu ungenau: Einerseits gibt es diesen seit 50 Jahren gültigen Friedensvertrag, andererseits ist aber von einem Krieg vor fünf Jahren die Rede, der vermutlich dem Ersten Weltkrieg entspricht. Wer da aber gegen wen Krieg geführt hat, wurde nie erläutert. Das fand ich alles maximal verwirrend hat mich doch immer wieder rausgebracht, weil sich hier für mich kein klares Bild ergab.

Fazit. ‚Die Sprache der Drachen‘ war für mich ein Buch mit Licht und Schatten. Einerseits hat mir vieles an dem Buch gefallen: das Grundsetting, die glaubhafte Entwicklung der Protagonistin, die spannende Handlung, die langsame Liebesgeschichte. Die Schwächen im Worldbuilding trübten das Leseerlebnis etwas, aber das offene Ende lässt auf eine Fortsetzung hoffen, in der die für mich unklaren Punkte dann hoffentlich besser erläutert werden. 3,5 Sterne.

Bewertung vom 16.06.2025
Reid, Taylor Jenkins

Atmosphere


ausgezeichnet

Starke Frauen, große Träume - ein fesselnder Roman über Raumfahrt, Identität und Liebe

‚Atmosphere‘ war eine der Neuerscheinungen, auf die ich mich sehr gefreut habe, da mich die letzten Bücher von Taylor Jenkins Reid durchweg begeistert haben. Entsprechend hoch waren meine Erwartungen … was soll ich sagen … die Autorin hat diese vollstens erfüllt, nein, sogar übertroffen!

Das Buch beginnt im Dezember 1984 mit einem dramatischen Zwischenfall an Bord eines Space Shuttles. Protagonistin Joan Goodwin hat in der Missionskontrolle der NASA Dienst und ist als CAPCOM die einzige Kontaktperson zu den Astronaut:innen im All.
Die Handlung springt dann einige Jahre in die Vergangenheit und erzählt von Joans Ausbildung bei der NASA. Nach und nach lernen wir auch die anderen Figuren kennen. Die Erzählstruktur auf diesen zwei Zeitebenen – Joans Ausbildungszeit bei der NASA und die spätere dramatische Mission – sorgt für Spannung und ist emotional sehr aufwühlend.
Denn je mehr wir über die Geschehnisse der Vergangenheit erfahren und die Figuren und ihre Beziehungen zueinander kennenlernen, desto mehr begreifen wir als Leser:innen, welche Tragödie sich gerade im Weltall abspielt. Das ist dramaturgisch hervorragend aufgebaut und hat mich emotional sehr mitgenommen.

Wie auch in ihren anderen Büchern hat die Autorin großartige Recherchearbeit geleistet. Die Darstellung der NASA und der Raumfahrtprogramme der 1980er Jahre sowie die wissenschaftlichen Hintergründe werden von Taylor Jenkins Reid so überzeugend erzählt, dass man sich fühlt, als wäre man selbst dabei gewesen.

In diesem Buch beweist TJR einmal mehr ihr Talent für authentische Charakterzeichnungen, insbesondere von starken weiblichen Figuren.
Protagonistin Joan habe ich aufgrund ihrer Stärke und Leidenschaft für die Raumfahrt sofort ins Herz geschlossen. Ihre Entwicklung, ihre Beziehungen zu den anderen Figuren – insbesondere zu ihrer Nichte Frances – sowie ihr Antrieb, sich in einer von Männern dominierten Welt zu behaupten, haben mir sehr gut gefallen. Auch die Nebenfiguren sind großartig charakterisiert und tragen wesentlich zur emotionalen Dichte der Geschichte bei.

Ein besonderer Aspekt des Romans ist die Liebesgeschichte zwischen Joan und Vanessa. Es hat mich berührt, wie die beiden Frauen zueinanderfinden und ihre Beziehung sich zu einer tiefen, von gegenseitigem Respekt und Vertrauen geprägten Verbindung entwickelt. Gleichzeitig hat es mich traurig gemacht, dass diese Beziehung nur im Verborgenen stattfinden darf, denn ein Outing würde das Ende aller Träume vom Weltall für die beiden Frauen bedeuten.

Fazit. ‚Atmosphere‘ von Taylor Jenkins Reid ist mein bisheriges Jahreshighlight. Das Buch punktet mit einer wunderschönen queeren Liebesgeschichte und glaubwürdigen, inspirierenden Figuren. Die Handlung ist zudem spannend und hat mich auf eine emotionale Achterbahnfahrt geschickt. Für mich ein absolutes „Must-Read“!

Bewertung vom 02.06.2025
Kramer, Christoph

Das Leben fing im Sommer an


gut

Gefühlvolle Coming-of-Age Geschichte

Bei „Promis“, die Bücher schreiben bin ich immer ein bisschen skeptisch. Und auch wenn ‚Das Leben fing im Sommer an‘ grds. ein schönes Buch ist, hätte es vermutlich nicht den Erfolg und die Aufmerksamkeit erhalten, wenn ein unbekannter Name auf dem Cover gestanden hätte.

Nichtsdestotrotz hat Christoph Kramer durchaus Talent zum Schreiben. Es gelingt ihm außerordentlich gut die Lebenssituation seiner Hauptfigur Chris gefühlvoll und authentisch darzustellen. Das ist m.M.n. die große Stärke des Romans… die wilde Achterbahn an Emotionen, die so typisch sind für einen Teenager, glaubhaft rüberzubringen. Das hat mir wirklich sehr gut gefallen.
Der Fussball spielt in dem Buch tatsächlich nur ein Nebenrolle, vielmehr geht es um einen Teenager auf der Schwelle zum Erwachsenwerden. Er sucht seinen Platz, möchte dazugehören, aber fühlt sich mit den Eskapaden seiner Altersgenossen nicht ganz wohl. Dann kommen noch Themen wie die erste große Liebe (und die erste große Enttäuschung) und die Bedeutung von Freundschaft und Zusammenhalt hinzu. Eine gelungene Mischung, wobei mich das Buch leider gegen Ende etwas verloren hat, da ich den Roadtrip im letzten Drittel des Buches doch etwas unglaubwürdig fand. Und auch den Abschluss, den Zeitsprung zum erwachsenen Chris, fand ich etwas bemüht.

Fazit. ‚Das Leben fing im Sommer an‘ ist eine gefühlvolle Coming-of-Age Geschichte, dessen Stärke in der authentische Darstellung der Lebenssituation der Hauptfigur liegt. Die Handlung war für mich zum Ende nicht mehr ganz rund. Trotzdem habe ich es gerne gelesen.

Bewertung vom 27.05.2025
Robinson, Rebecca

The Serpent and the Wolf


sehr gut

Überzeugender Reihenauftakt… interessante Figuren, gutes Worldbuilding

Beim Lable ‚Romantasy‘ bin ich zugegebenermaßen immer etwas skeptisch - häufig geht bei diesen Büchern der Fantasy-Part zu Lasten der Romance-Geschichte. Dies‘ war bei ‚The Serpent and the Wolf‘ zum Glück nicht der Fall.

Die Autorin gibt sich viel Mühe mit dem Worldbuilding und entwirft eine interessante und lebendige Fantasywelt, in der der auch die politischen Verwicklungen der Länder und Regionen eine große Rollen spielen. Manchmal war das etwas unübersichtlich aufgrund der vielen Namen - die Karte im Buch hat hier zur Orientierung sehr geholfen, ein Personenverzeichnis hätte ich aber auch gut gefunden.
Auch das Magiesystem der verschiedenen Hexenzirkel mit ihrer matriarchalen Organisation hat mir gefallen. Vor allem überzeugte mich aber die Beschreibung und Entwicklung der Charaktere.
Das Buch ist zwar in der Erzählperspektive geschrieben konzentriert sich aber doch stark auf Protagonistin Vaasa. Dementsprechend ist ihr Charakter auch am besten ausgearbeitet. Man erhält als Leser einen detaillierten Einblick darüber, wie Vaasa aufgewachsen und von ihrer Familie geprägt worden ist. Ihr Denken und Verhalten waren dadurch immer nachvollziehbar und passend zu ihrer Persönlichkeit. Vaasas Charakterentwicklung verlief langsam und deshalb glaubwürdig, auch in Bezug auf ihre emotionale Annäherung zu Reid. Reid ist zwar charakterlich nicht so tief ausgearbeitet wie Vaasa, aber man bekommt auch bei ihm einen guten Eindruck seiner Persönlichkeit. Mir hat besonders gefallen, wie viel Respekt und Consent er Vaasa entgegenbringt. Hier haben wir tatsächlich einmal ein Protagonistin-Paar das komplett auf Augenhöhe zueinander agiert. Das fand ich super!

Das Buch konzentriert sich zu einem großen Teil auf die Entwicklung der Charaktere und ihrer Beziehung zueinander. Dadurch schreitet die Handlung eher langsam voran, trotzdem war es mir nie langweilig. Ab dem letzten Drittel zieht das Pacing dann an und am Ende überschlagen sich die Ereignisse. Wie es sich gehört, endet das Buch mit einem fiesen Cliffhanger, der mich ungeduldig auf den nächsten Teil warten lässt.

Bewertung vom 16.05.2025
Turecki, Jillian

It Begins With You


sehr gut

„lieben“ ist nicht nur ein Gefühl…

Nach dem Lesen der Einleitung war ich einerseits neugierig, andererseits skeptisch. Überzeugt hat mich zunächst, wie ehrlich Jillian Turecki ihre eigene Erfahrungen einbringt und von ihrer gescheiterten Ehe berichtet. Ein wenig gestört haben mich die ständigen Verweise aufs Yoga, einfach weil ich damit nichts am Hut habe. Zum Glück hat sie das Thema in den folgenden Kapiteln nicht überstrapaziert.

Der Schreibstil der Autorin ist sehr angenehm, verständlich und empathisch. Turecki gibt in diesem Buch nicht nur Einblicke in ihre eigene Bioagraphie sondern auch in die Lebenssituationen ihrer Klient:innen. Anhand dieser Fallbeispiele beschreibt sie, was in Beziehung alles schiefgehen kann bzw. welchen 9 Wahrheiten man sich stellen sollte, um eine gesunde und funktionierende Beziehung zu führen. Ich fand diese Herangehensweise sehr gelungen, da man durch die Fallbeispiele einen praktischen Bezug hatte und zudem – zumindest bei mir –ein Widererkennungseffekt bzgl. eigener Erfahrungen eintreten kann.

Wie der Titel es andeutet, stellt die Autorin heraus, dass Beziehungsarbeit bei einem selber beginnt und das Beziehungsarbeit eben genau das ist… Arbeit – „lieben“ ist nämlich nicht bloß ein Gefühl, sondern auch ein Tätigkeitswort. Gerade diese Aussage ist mir besonders im Gedächtnis geblieben. Abgerundet werden die Kapitel zu den o.g. Wahrheiten immer von konkreten Tipps bzw. Reflexionsübungen, um sich mit dem Thema weiter auseinander zu setzen.

Fazit. ‚It Begins with You‘ hat mir sehr gut gefallen. Die Wahrheiten, über die Jillian Turecki schreibt, sind manchmal unbequem, aber nachvollziehbar und helfen, das eigenen (Beziehungs-)Leben zu reflektieren. Es ist ein Ratgeber, der mich begleiten wird und den sicher noch einmal lesen werde.

Bewertung vom 07.05.2025
Wiebusch, Michaela

Nur du weißt, wer du bist


gut

Interessante Buchidee

Auf dem Markt gibt es eine Reihe von Selbstfindungsratgebern, die mehr oder weniger gut funktionieren. Dieses Buch geht einen anderen Weg. In Romanform wird der Weg der Protagonistin Lena erzählt. Lena ist Ende vierzig und steckt nach einer schmerzhaften Trennung in einer tiefen Krise. Ihr Selbstvertrauen ist am Boden, ihre Beziehungen scheitern regelmäßig, obwohl sie sich so sehr bemüht, es ihren Partnern recht zu machen. Lenas beste Freundin vermittelt ihr einen einwöchigen Kurs bei der ‚Agentur für Selbstwertgefühl‘, und eine ganz besondere Reise beginnt...

Das Konzept des Buches hat mir gut gefallen. Jeden Tag beschäftigt sich Lena, immer begleitet von einem Mitarbeiter der Agentur, mit einem Schwerpunktthema. Dabei geht es unter anderem um Selbstbewusstsein, Selbstliebe, Selbstverantwortung und Selbstfürsorge. Der Schreibstil ist sehr angenehm und durch die Romanform lassen sich die Inhalte meines Erachtens leichter transportieren als in einem klassischen Ratgeber.
Auf kleine Übungen muss aber auch hier nicht verzichtet werden. Am Ende eines jeden Kapitels wird das Thema des Tages noch einmal zusammengefasst und es werden Anregungen gegeben, wie man es für sich selbst umsetzen kann. Das ist zwar sehr knapp gehalten, aber gerade das hat mir gefallen, da man nicht mit einer Flut von Übungen überfrachtet wird.

Die Entwicklung der Protagonistin geht ziemlich schnell, und so schafft sie den Weg „zu einem neuen Selbst“ tatsächlich in dieser einen Woche. Das ist natürlich unrealistisch. Ich kann aber nachvollziehen, dass aus dramaturgischen Gründen diese Darstellung gewählt wurde. Wobei zu Beginn des Buches auch betont wird, dass das Gelernte gefestigt werden muss, bis es zu einer neuen Denk- und Verhaltensroutine werden kann.

Fazit. ‚Nur du weißt, wer du bist‘ hat mir gefallen. Ich fand die Idee, einen Ratgeber zum Thema Selbstwert in Romanform umzusetzen, originell und konnte einige Anregungen für mich mitnehmen. Natürlich muss man sich bewusst sein, dass die Geschichte von Lena modellhaft ist und man in der Realität viel länger brauchen wird, um den Weg der Protagonistin umzusetzen.

Bewertung vom 24.04.2025
Hearne, Kevin

Kerze & Krähe


sehr gut

Würdiges Finale einer außergewöhnlichen Urban-Fantasyreihe

Gut drei Jahre mussten wir auf den dritten und finalen Band der Siegelmagier-Reihe warten. Es hat sich gelohnt!
Die Handlung knüpft direkt an das Ende von Band zwei an. Siegelmagier Al ist aus Australien zurückgekommen. Eine Verschnaufpause ist ihm aber nicht vergönnt. Noch immer lasten die beiden Flüche auf ihm, seine Rezeptionistin stellt sich als mächtiges magisches Wesen heraus und als wäre das nicht genug, erwartet auch noch die britische Regierung seine Unterstützung.

In diesem Band passiert sehr viel. Es gibt diverse Handlungsstränge, die die unterschiedlichsten Personen und Themen behandeln. Das hätte zu viel sein können, m.M.n. gelingt es dem Autor aber sehr gut, die Handlungselemente miteinander zu verknüpfen bzw. aufeinander aufbauend zu erzählen. Ich hatte daher nie das Gefühl von „jetzt ist es zu viel“ – im Gegenteil, ich fand die Handlung wunderbar abwechslungsreich und es hat Spaß gemacht, zu verfolgen, in welchen Schlamassel Al als nächstes gerät. Das Ende war rasant, voller absurder Ideen und hat die Trilogie wunderbar rund abgeschlossen.

Hervorzuheben ist der besondere Humor der Reihe. Er ist sarkastisch, britisch-schwarz und derb… muss man mögen. Gerade die Witze „unter der Gürtellinie“ waren nicht immer meins, aber ich habe mich im Laufe der Reihe daran gewöhnt.
Die Charakterzeichnung ist ebenfalls sehr gelungen. Die Figuren sind facettenreich, alle ein bisschen schräg und stimmig erzählt. Angefangen von Protagonist Al, dessen ruhige stoische und besonne Art mir von Band eins an imponiert hat. Auch Al‘s Freunde Nadia und Buck machten über die Reihe eine schöne Entwicklung durch. Vor allem Hobgoblin Buck hat in diesem letzten Band nochmal einen tollen eigenen Handlungsstrang bekommen.

Fazit. ‚Kerze & Krähe‘ setzt einen würdigen und überzeugenden Schlusspunkt an die Urban-Fantasyreihe um Siegelmagier Al MacBharrais. Die Handlung ist spannend und vielfältig und schlägt trotz des charmanten schwarzen Humors auch mal ernstere Töne an. Für mich war es der beste Band der Reihe, die ich hiermit sehr gerne weiterempfehle.

Bewertung vom 22.04.2025
Bradley, Kaliane

Das Ministerium der Zeit


weniger gut

Eine Geschichte mit Potential… das leider nicht genutzt wurde

Normalerweise kann ich meinen Lesegeschmack gut einschätzen. So war ich nach dem Klappentext und der Leseprobe überzeugt, dass mir ‚Das Ministerium der Zeit‘ gefallen würde. Leider entpuppte sich das Buch für mich als Flop.

Die Prämisse an sich ist interessant: Der britischen Regierung ist das Zeitreisen gelungen und in einem ersten Feldversuch werden fünf Personen aus der Vergangenheit in die Gegenwart geholt. Jedem Probanden - im Buch Expats genannt - wird eine Person aus dem Ministerium zur Seite gestellt, die bei der Eingewöhnung in die Gegenwart unterstützt. Die (namenlose) Protagonistin des Romans wird dem Navy Commander Graham Gore zugeteilt, der Mitte des 19. Jahrhunderts Teil einer verschollen Arktisexpedition war.

Ich mag Zeitreisegeschichten und fand die Grundidee toll. Der Autorin gelingt es gut, eine Atmosphäre zu schaffen, vor allem das geheimnisvolle Ministerium und seine Leitung. Man hat von Anfang an den Verdacht, dass hier etwas nicht stimmt, aber das Gefühl bleibt zunächst diffus und erst nach und nach wird klar, wer wie viel „Dreck am Stecken“ hat. Mir gefiel auch die Idee, die fiktive Geschichte mit einem realen historischen Ereignis zu verknüpfen. Ich hatte vorher noch nie etwas von der Franklin-Expedition gehört, aber der Wikipedia-Artikel dazu war interessant...
…und leider interessanter als die Handlung des Buches. Die Geschichte ist sehr langatmig erzählt. Die Eingewöhnung eines Mannes aus dem 19. Jahrhundert in unsere Zeit hätte viel Potential gehabt, wurde aber m.M.n. nicht gut genutzt. Vielmehr plätschert die Geschichte für mich lange Zeit vor sich hin. Zwar gab es zwischendurch Ereignisse, bei denen ich dachte „Oh, jetzt wird es spannend.“ - diese waren aber schnell wieder vorbei und es passierte wieder lange Zeit nichts.
Zumindest das Ende - so ca. die letzten 70 Seiten des Romans - hat mir gut gefallen. Hier hat der Spannungsbogen gestimmt, der Plot-Twist war überraschend und zur Handlung passend. Aber dadurch, dass der Rest der Geschichte so „lahm“ erzählt wurde, wirkte das Ende leider etwas gehetzt.

Leider bin ich auch mit dem Schreibstil nicht warm geworden. Die Autorin arbeitet sehr viel, für meinen Geschmack zu viel, mit sprachlichen Bildern und Metaphern. So wurde das Wetter und die Jahreszeit permanent metaphern-reich beschrieben… das ging mir schnell auf die Nerven und wirkte auf mich sehr gewollt.
Bei der Charakterisierung der Figuren hat der Stil deutlich besser funktioniert, auch wenn mir leider keine der Figuren wirklich nahe gegangen ist. Aber vor allem die Figur des Graham Gore war überzeugend und detailreich gezeichnet. Wirklich gestört hat mich allerdings, dass man als Leser nie den Namen der Ich-erzählenden Protagonistin erfährt.

Bewertung vom 24.03.2025
Lunde, Maja

Für immer


gut

Für immer leben?

Das Gedankenexperiment des Romans ist interessant: Die Menschheit verharrt im körperlichen Stillstand. Niemand altert mehr, niemand stirbt. Die Menschen sind quasi aus der Zeit gefallen.

Anhand verschiedener Personen erzählt Maja Lunde, welche individuellen, aber auch gesamtgesellschaftlichen Auswirkungen dieser Stillstand hat. Dieser Teil ist der Autorin m.M.n. sehr gut gelungen. Geschickt baut sie hier einen Spannungsbogen auf - von anfänglicher Euphorie über die geschenkte Lebenszeit hin zu Stagnation, Rastlosigkeit und schließlich sogar Gewalt. Denn wo es ein globales, unerklärliches Phänomen gibt, sind Verschwörungstheorien nicht weit.

Sehr eindrücklich fand ich die Darstellung, wie sehr wir Menschen, die Veränderung brauchen, um uns lebendig zu fühlen und uns weiterzuentwickeln. Der Autorin gelang es mit ihrem packenden Schreibstil, mich mitzureißen und zum Nachdenken zu bringen, wie wertvoll Zeit sein kann.

Leider hat mich der Roman gegen Ende etwas verloren, als es darum ging, wie man den Stillstand beenden und einen „Neustart“ schaffen kann. Das war mir zu unausgegoren und zu weit hergeholt. Dadurch wirkte das Ende auf mich irgendwie unfertig.

Fazit. ‚Für immer‘ behandelt ein faszinierendes Gedankenexperiment. Die Darstellung der verschiedenen Perspektiven und Auswirkungen des Stillstands ist sehr gelungen und spannend erzählt. Das Ende hätte etwas runder sein können, hier verliert das Buch leider etwas an Faszination. Trotzdem hat mir der Roman gut gefallen.