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booktower
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Rodgau

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Insgesamt 67 Bewertungen
Bewertung vom 09.10.2025
Johannsen, Anna

Das erkaufte Glück


ausgezeichnet

Wer bereits vorige Kriminalgeschichten von Anna Johannsen kennt, wird sich auch in ihrem neuen Roman sehr wohlfühlen. Lea Nielsen arbeitet beim LKA in Niedersachsen und entschließt sich, eine neue Stelle in Ostfriesland, in der kleinen Stadt Wittmund anzunehmen. Anna Johannsen erzählt in all ihren Romanen nicht nur den Alltag der Polizeiarbeit, sondern lässt die Leser immer auch am Privatleben ihrer Protagonistinnen teilnehmen. Hier nun wird Lea mit ihrer Vergangenheit konfrontiert – sie entschließt sich ihrem Vater beizustehen. Er leidet an beginnender Demenz. Auch hat er die Familie verlassen, als Lea noch klein war. Also ein schweres Erbe tritt sie selbstlos an, um ihn jetzt zu unterstützen. Der neue Fall, dem sie sich jetzt widmen muss, ist sehr verwirrend und führt uns in das Milieu der reichen Familien, deren Kinder in einem Internat zur Schule gehen. Hier auf der Insel Spiekeroog. Die Tochter der reichen Eltern wird entführt und die Spur ist nicht leicht zu finden. Anna Johannsen versteht es, ihre Leser bis zur letzten Seite zu fesseln. Dass dieser Fall viele Wendungen hat, wie jeder Leser von Kriminalromanen es erwartet, erleben wir hier in einem meisterhaften Plot. Von der Nordsee durch die Dünen und Wälder sowie die ostfriesischen Städte führt der Weg zur Lösung sogar bis nach Malaga. Sie spanischen Polizeibeamten helfen mit und es entsteht sogar etwas wie eine Freundschaft zwischen Lea und der spanischen Kollegin Maria. Auch die Liebe kommt nicht zu kurz. Gleich neben dem Boot von Leas Vater liegt das Boot von Jan, einem Lehrer im Hafen. Mit ihm versteht Lea sich auch sehr gut und wird sogar in die Segelkunst eingeführt…Diese Geschichte empfehle ich ohne Vorbehalte – sie hat einen hohen Unterhaltungswert und bedient was man sich wünscht – sehr schöne Natur- und Städtebeschreibungen, das Miteinander von Kommissaren und Vorgesetzten, spannende Observierungen und Verbrecherjagden sowie Freundschaften, die das Leben in diesem Milieu der anstrengenden Aufgaben leichter machen können.

Bewertung vom 02.10.2025
Henn, Carsten Sebastian

Sonnenaufgang Nr. 5


ausgezeichnet

„Denn wer eifersüchtig war, dessen Herz schlug noch. Dessen Herz war noch in der Lage, aus Liebe zu schlagen.“ So geht es Paul in Carsten Henns neuem Roman „Sonnenaufgang Nr. 5“. Alle Menschen hier in diesem Roman haben viele Geschichten zu erzählen, in denen die Liebe keine untergeordnete Rolle spielt. Jonas ist in diese kleine Stadt am Meer gereist, um einer Diva aus der Vergangenheit zu helfen, ihr Leben zu erzählen. Stella Dor empfängt ihn in ihrem alten Haus, auf Holzstützen gebaut. Das Haus hält noch jedem Sturm stand, man kann sich darin sicher fühlen. Obwohl der Bürgermeister dies bestreitet… Es bleibt nicht aus, dass Jonas viele andere Menschen trifft, die hier wohnen. Sie alle haben viel zu erzählen, über sich und andere Dorfbewohner von denen wir lesen. All die Geschichten ergeben ein Bild wie aus Puzzleteilen zusammen gesetzt.
Stella hat ihr ganzes Leben bereits in ihrer eigenen Weise erzählt: auf vielen Zetteln die überall im Haus zu finden sind – nicht nur in ihren unzähligen Büchern sondern an ganz besonderen Stellen findet man diese.
Verwoben mit den Geschichten derjenigen, die Jonas trifft, ist seine eigene. Diese wird Stück für Stück durch viele sms zwischen ihm und seinem Vater aufgedeckt, wie im Kartenspiel – immer eine nach der anderen. Bis wir dann erfahren werden, was geschehen ist mit seinem Vater, seiner Mutter und ihm selbst.
Carsten Henn findet einen wunderbaren Ausdruck für das Normale, das Selbstverständliche – er nennt es das „Hintergrundrauschen des Lebens“ und sagt gleichzeitig, dass es doch die „eigentliche Melodie“ ist.
Und mit diesem Ratschlag endet ein Gespräch mit Bentje, der Frau, die an der Bushaltestelle wartet um die Ansagen ihres verstorbenen Mannes zu hören.
Sie sagt, was wir alle immer erinnern sollten:“Leben Sie jeden Tag so, als sei es der letzte. Dann werden Sie ein Leben führen, das unvergesslich ist.“
Mag sein, dass viele Leser diesen Rat schon lange kennen. Es ist aber ratsam, sich öfter daran zu erinnern. In dieser Geschichte lesen wir viel, das uns auf Ähnliches hinweist. Sie steckt voller überraschender Wendungen, so wie wir es von einem guten Roman erwarten. Dieser Roman jedoch ist mehr – er ist ein Seelenbuch. Er rührt die Seele an und wird das bei allen die ihn lesen tun – die es sich erlauben, ihre Seele berühren zu lassen.

Bewertung vom 07.09.2025
Kuhn, Yuko

Onigiri (eBook, ePUB)


ausgezeichnet

„Ich warte doch auf sie, immer noch warte ich auf sie, ich werde immer auf sie warten, auf meine Mutter“ (S. 180).
Diese Familiengeschichte einer ganz besonderen Art umarmt zwei Kontinente. Europa und Asien. Sie beginnt mit Betrachtungen über die in Japan verstorbene Großmutter, die sich verflechten mit der Gegenwart und den Erinnerungen an das Leben der Erzählerin mit ihrer eigenen Mutter. Die Autorin erzählt von ihrer eigenen Kindheit mit der Mutter. Sie schreibt einen sachlichen Stil, darin schlummern tiefe Gefühle. Szenarien werden belebt, die nicht nur das Leben der Verstorbenen in Japan aufleben lassen sondern auch das, was die Enkelin Aki in ihrer Kindheit mit der japanischen Großmutter und ihrer deutschen Familie väterlicherseits erlebte. Aki lebt mit ihrer Mutter Keiko und ihrem Bruder Kenta zusammen.
Oft verbringt sie die Ferien bei den wohlbetuchten deutschen Großeltern, wo sie dankbar selbstverständlichen Überfluss in einer wohlhabenden Familie erlebt. Im eigenen Zuhause geht es anders zu, nachdem ihre Eltern sich getrennt hatten – der Vater war ausgezogen. Diese Beschreibung des Lebens einer deutsch-japanischen oder japanisch-deutschen Familie lässt uns fragen, wie Aki es wohl in Deutschland ausgehalten hat - den Schulbesuch…dabei bleibt es nicht aus, dass ihr „Schlitzauge“ nachgerufen wird. Tapfer hält sie es aus und findet auch Freundinnen, deren Leben zu Hause so anders ist als ihres. Ihre Kindheit ist vorüber, als der Tod der Großmutter eintrifft.
Akis Mutter scheint den Tod ihrer eigenen Mutter Yasuko nicht zu verstehen. Aki beschließt, mit ihr nach Japan zu reisen, sie hofft, dass diese Reise auch ihrer Mutter die Klarheit des Geistes – zum Teil – wiedergeben könnte. Die Reise nach Japan eröffnet Tochter und Mutter unendlich viele Erinnerungen an Vergangenes. Dies wiederum wirft Licht auf so Vieles, das vorher eher rätselhaft erschien oder sogar bislang keine wichtige Rolle spielte. Wertvolle Beobachtungen bringen Erkenntnisse, die allen in einer Familie helfen können, Dinge anzunehmen, die auch schmerzhaft sein können. Das Leben ist ein immerwährender Fluss.

Bewertung vom 19.08.2025
Allende, Isabel

Mein Name ist Emilia del Valle


ausgezeichnet

In ihrem neuen Roman führt Allende uns in vier Teilen und bekannter spannender Weise durch die Geschichte der letzten Jahrhunderte Nord- und Südamerikas. Lesend erleben wir, wie Amerika sich von Mexiko trennte und große Gebiete, auch Kalifornien, einnahm. Es ist die Zeit, die in den Geschichtsbüchern als „Goldrausch“ beschrieben wird. Molly wohnt im Mission Distrikt in San Francisco. In ihrem unnachahmlichen Stil erzählt Allende hier mit der Stimme von Emilia del Valle was deren Mutter, Molly Walsh, erleben musste. Als Klosterschülerin wurde sie für Dienen und Lehren ausgebildet. Mollys Werdegang zeigt sich atemberaubend. Von Nonnen erzogen, die von ihr erwarteten, dass sie ins Kloster eintreten würde, gestaltet sich ihr Leben indes völlig anders. Sie wurde keine Nonne, sondern ein chilenischer Adliger war so bezaubert von ihr, dass er sie sich zu eigen machte, vergewaltigte und sich danach nicht weiter mit ihr befasste.
Molly beginnt eine Stelle als Lehrerin in einer Schule mit dem Namen »Der Stolz der Azteken“. Der Gründer der Schule, Don Pancho aus Chile war auch der einzige Lehrer. Er war ihr sehr zugetan, denn er erkannte ihre Befähigung zur Lehrerin, ihre Begabung zum Schreiben und auch, dass sie unschuldig schwanger geworden war. Sie heiraten und mit der Zeit wird daraus eine glückliche Ehe. Er wird ein wunderbarer Vater für Emilia. Sie zeigt sich von den Heftromanen, die ihr Vater gern liest, inspiriert und beginnt, selbst Geschichten zu erzählen und zu schreiben. Sie schreibt unter einem männlichen Pseudonym. Ihr Vater trägt die Geschichten zu einem Verleger – sie erscheinen gleichzeigt in Englisch und Spanisch.
Emilia schafft es, bei der Zeitung Daily Examiner eine Stelle zu finden. Sie behauptet sich als Journalistin und erreicht, dass ihr Chef sie zusammen mit ihrem Kollegen Eric Whelan als Korrespondentin nach Chile sendet. Von dort berichten beide über die politischen Entwicklungen in diesem Land. Krieg beginnt zwischen den Regierungstruppen und denen der Kongressanhänger. Allendes Beschreibung der Schlachten, besonders der von Concón rüttelt auf und erinnert daran, wir grauenvoll Krieg ist und dass er unbedingt verhindert werden sollte.
Fortan lesen wir nicht nur weiter den Roman sondern auch Artikel, die Emilia schreibt, werden eingeblendet. Dieser literarische „Zauber“ macht das Lesen und Erleben der Vorgänge auf beiden Kontinenten noch lebendiger. Allende erweckt so die 19. und 20. Jahrhunderte zum Leben und wir Leserinnen lernen viel über die wichtigen, unsagbar grausamen Begebenheiten der Geschichtsereignisse in Nord- sowie in Südamerika. Diese Vergangenheit ist einfach wahnsinnig fesselnd sowie beängstigend. Die Erzählung überwältigt durch Inhalt, Schreibkunst und wichtige geschichtliche Informationen, die auch für die heutige Zeit absolut relevant sind. Nicht nur das, sie kommt in einer Zeit, in der tägliche Nachrichten von Kriegsherden in unsere Wohnzimmer drängen.
Die Erzählung am Ende der Geschichte, wie Emilia ein anderes, neues Leben beginnt, nach dem der Krieg vorüber ist, rührt zutiefst an. Sie bricht auf, um ihre Wurzeln zu finden. Charaktere, die sie auf ihrem Weg in den Süden Chiles begleiten, graben sich unvergesslich in unser Lesegedächtnis ein. Dazu gehören auch die Mapuche, Ureinwohner Chiles und des Kontinents. Dieser Roman wird niemals vergessen werden.

Bewertung vom 23.07.2025
Teige, Trude

Wir sehen uns wieder am Meer


ausgezeichnet

Wir springen in die Handlung als Norwegen von Nazideutschland besetzt war und sogar von einem norwegischen Naziführer die Rede war. Drei norwegische Krankenschwestern stellen sich beim Roten Kreuz vor um zu helfen. Als die Oberschwester beginnt zu reden und für den Dienst zu werben, verlassen Birgit und Tekla den Raum. Sie beginnen eine Unterhaltung, aus der hervorgeht, was in Familien geschieht, die sich den Deutschen unterworfen haben. Tekla und Birgit trennen sich und Birgit geht zum Russisch Unterricht. Sie fühlt sich sehr wohl bei Ilja und wir lesen, wie sehr sie sich lebendig fühlt, wenn sie dorthin geht. Sie unterhalten sich auch darüber, was passiert, wenn man Krankenschwester bei den Deutschen wird: man wird ein Teil der deutschen Kriegsmaschinerie.
Während wir weiterlesen, wird klar, dass wir in Birgits Gedanken einen Rückblick auf das lesen, was Birgit mit Ilja erlebte und wie sein plötzlicher Tod ihr Leben in die Bahnen führte, die sie nun eingeschlagen hat: in dem Krankenhaus zu dienen und zu helfen.
Teiges sehr ausdrucksstarker Schreibstil nimmt einen wieder sofort gefangen, wie in den vorhergehenden Bänden. Es ist so spannend zu lesen, wie es Birgit im Krankenaus ergeht. Obwohl Birgit als Schwesternschülerin im Krankenhaus vermutlich bis zum Umfallen gearbeitet haben muss, gerät sie in den Kreis des norwegischen militärischen Widerstands gegen die Besetzung. Darin arbeitet sie im Krankenhaus zusammen mit Ärzten und anderen. Im Krankenhaus beginnt für Birgit eine Zeit des Versteckens.
Was sie durchmachen musste, ist bestimmt vielen Menschen so gegangen, die heimlich Gutes taten und dies verstecken mussten, um den Nazi Schergen zu entgehen. Auch lesen wir von den schweren Schicksalen der Zwangsarbeiterinnen in der Fischfabrik. Diese wurden von den Deutschen, die damals die Ukraine besetzten, nach Norwegen gebracht, um dort schwere Arbeit zu leisen. Es ist immer wieder wichtig, von Kriegszeiten im 2. Weltkrieg zu lesen um zu verstehen, wie es den Menschen danach gegangen ist. Der Beitrag Teiges über die Besatzungszeit in Norwegen ist unendlich wertvoll in der Literatur über diese schreckliche Zeit.
Dass Birgit schließlich nach Kriegsende in der norwegischen Botschaft in Moskau als Agentin für die USA gearbeitet haben soll, hört Juni bei deren Beerdigung zum ersten Mal. Den unlösbaren Konflikt, dass Birgit zwar offiziell wie im Geheimen Einzelpersonen retten könnte, die Verhaftung einer Pflegekraft aber ein größerer Schaden für ihr Land wäre, zeigt Trude Teige hier anschaulich. „Erzählen ist wichtig. Um selbst leben zu können, müssen wir wissen was unsere Familien erlebt haben. Die Kriegserlebnisse von Frauen sind dabei genauso dramatisch wie die der Männer. Die Historiker haben die Frauen im Stich gelassen. Was ich suche ist das, was verschwiegen wurde“ – so spricht Trude Teige zu uns.
Bereits in den 50er Jahren wird Birgit von einem Psychiater ermahnt, ihre persönlichen traumatischen Ereignisse in einer Therapie zu bearbeiten, Medikamente allein würden ihre psychische Erkrankung nicht heilen. Weitaus entschiedener als Birgit “alles kann man nie erzählen“, schweigt Marianne über ihre Erlebnisse. Diesen dritten Band zu lesen, ist ein großer Gewinn. Denn was Trude Teige uns zu sagen hat, kann kein Geschichtsbuch für uns leisten.

Bewertung vom 17.07.2025
Qunaj, Sabrina

Hearts & Horses - Reiten, Rockstar und das große Glück


ausgezeichnet

Trotz des englischsprachigen Titels lesen wir ein Buch in deutscher Sprache. Diese Geschichte wird alle anrühren, die sich mit Pferden beschäftigen und diese so lieben, dass sie alles tun würden, die Pferde glücklich zu sehen.
So ein wunderbares Pferd liebt Mia, einen Lusitano, einen Falben mit schwarzer Mähne und schwarzen Beinen. Ein schlimmer Unglücksfall trifft die Familie, die Mia verzweifeln lässt – ihre Mutter starb bei einem Sturz vom Pferd. Mias Vater möchte nicht, dass seine Tochter es weiter mit Pferden zu tun hat und reitet. Er verkauft Mias Pferd.
Lisa und Emil, Freunde der Familie und Stallbesitzer besuchen Mia und ihren Vater, um sich zu vergewissern, dass es ihnen nicht allzu schlecht geht, besonders der verzweifelten Mia. Sie bieten Mia an, dass sie jederzeit kommen kann um zu reiten. Doch dies wird nicht geschehen, zu unglücklich ist Mias Vater, der Mia von Pferden fernhalten will.
Zwei Jahre sind vergangen, da schreibt Mias Freundin Karo vom Reiterhof und schickt Mia ein Foto von Tiago. Tiago lebt nun auf dem Hof bei „Showpferde Hansen“.
Mia fasst einen Entschluss – sie nimmt den Bus um Tiago aufzusuchen bei der neuen Organisation. Auf dem Weg trifft sie Arvid, einen erfolgreichen jungen Rockstar, der Ruhe und Erholung von seinem anstrengenden Leben im Showgeschäft sucht bei seiner Großtante, die auf dem Hof lebt. Wie sich die beiden treffen wird einfühlsam geschildert, beide sind rücksichtsvoll um sich nicht gegenseitig durch unangebrachte Neugier zu verletzen. Es bleibt spannend.
Die Geschichte ist in einem überzeugenden Stil geschrieben und lässt einen mitfühlen wie es den Protagonisten ergeht. Die Schicksale der Menschen und Pferde zu verfolgen wird fesselnd erzählt. Diese Erzählung nimmt einen gefangen, die Empfindungen der Menschen und Pferde werden so einfühlsam dargestellt, dass man nicht aufhören kann bis zum Schluss, der auch noch eine Überraschung bereithält.

Bewertung vom 05.06.2025
Dave, Raksha

Auf den Spuren unserer Vorfahren


ausgezeichnet

Dem Seemann Verlag verdanken wir diese großartige Ausgabe eines faszinierenden Bildbands „Auf den Spuren unserer Vorfahren“. Bereits 2023 erschien die Originalausgabe in Groß Britannien mit dem Titel: “Lessons from our Ancestors“ bei Magic Cat Publishing. Dieser Titel beinhaltet, dass wir von unseren Vorfahren lernen können. Dies erwähnt auch die Archäologin Raksha Dave in ihrer Einführung. Die 50 Fundstücke die hier vorgestellt werden, können unseren Blick erweitern. Dem Wissen, das wir bereits verinnerlicht haben, können wir durch diese Lektüre neue Erkenntnisse hinzufügen. Wir besuchen 14 Zivilisationen und erleben neue Geschichten über unsere Vorfahren.
Kindgerecht aufbereitet lesen wir hier über die Vorfahren vieler Völker unserer Erde. Auch Erwachsene können in diesem Buch staunend erleben, wie clever unsere Vorfahren ihr Leben der Umwelt anpassen konnten. Inspirierend ist die Tatsache, wie alle sich gegenseitig halfen. Männer, Frauen, Kinder – ihre verschiedenen Fähigkeiten dienten dem Wohl aller in einer Siedlung und sicherten das Überleben in einer oft feindlichen Umgebung. Ihre Toten wurden respektvoll zur letzten Ruhe gebettet. Feindlich vom Klima her – starke Kälte und übermäßige Hitze kombiniert mit Tieren, die Tod bringen konnten stellten große Herausforderungen für unsere Vorfahren dar. Kleinste Insekten trugen tropische Krankheiten zu den Menschen. Riesige Raubtiere unternahmen bedrohliche Beutezüge.
Die Überschriften jedes Kapitels fassen den Inhalt zusammen und machen neugierig auf die Einzelheiten, die das Thema uns Lesern zeigen wird.

Bewertung vom 10.05.2025
Hughes, Siân

Perlen


ausgezeichnet

Auf dem Titelbild sehen wir runde Fotos, die Menschen zeigen. Wohl die Familie, vielleicht auch Freunde der Erzählerin. Dies ist eine sehr berührende Geschichte eines Mädchens, einer Tochter und eines Ehemannes, die von ihrer Mutter und seiner Ehefrau von einem Augenblick zu anderen verlassen wird. Die Mutter verlässt die Familie, nicht nur die Tochter, aber durch die Augen der Tochter entwickelt sich die Geschichte und die Zusammenhänge werden vor uns aufgerollt. Die deutsche Übersetzung ist der Plural – „Perlen“ was die wahre Bedeutung für die Geschichte nicht trifft. Ich räume ein, dass man diese Perlen in gewisser Weise als Symbole sehen könnte - die vielen Erinnerungen des Mädchens an ihre verlorene Mutter könnten es sein. Die Dinge, die Tochter und Mutter zusammen getan haben und die ihren Platz gefunden haben in der Seele der Tochter. Das Haus in dem die Familie wohnt entsteht vor unseren Augen. Dann die Konflikte, denen das Mädchen in der Schule begegnet, als sie endlich hingeht. Denn anfangs hat die Mutter sie nicht in die Schule gehen lassen, obwohl sie sämtliche Schuluniformen mit Namensschildchen ausgestattet hat. Die Sprache erscheint lakonisch – wir werden durch die Ereignisse geführt, die sich langsam aufblättern und eine Geschichte ergeben.
Das Mädchen ist eine Außenseiterin in der Klasse. Bald geht sie gar nicht mehr hin, findet immer wieder neue „Krankheiten“ als Entschuldigung. Sie wird „richtig“ krank und wie sie selbst sagt, hinterlässt der Arzt ihr ein „Arsenal“ von Entschuldigungen, die sie sich zu Eigen macht.
„Pearl“, eine außergewöhnliche Geschichte, ist zugleich Mysterium und Meditation über Trauer, Verlust und Gefühle von Einsamkeit und Verzweiflung. Der Titel stammt von einem mittelalterlichen Gedicht, dem „Pearl“. Denn verzweifelt versucht sie, durch Bücher und Geschichten, die beide gelesen haben, als die Mutter noch da war, Kontakt zu ihr aufzunehmen. Sian Hughes schafft es, das Seelenleben eines wachsenden Kindes zu vermitteln. Eines Kindes, das gleichzeitig für den Baby Bruder sorgen muss. Tochter eines Vaters, der am College lehrt. Beide sind gezwungen sich mit dem Zustand der Verlassenen, der übrig Gebliebenen einzurichten. Der Schreibstil ist so anrührend, wunderschön auch die Beschreibungen der Landschaft Cheshires in England, die Folklore, die dort ihren Platz hat. Dies ist eine bewegende Geschichte.

Bewertung vom 09.05.2025
Blum, Antonia

Für immer in deinem Herzen / Der Kindersuchdienst Bd.1


ausgezeichnet

Antonia Blum habe ich schon so gern gelesen in ihren Romanen über die „Kinderklinik Weißensee“. Diese Autorin lässt vergangene Zeiten zu uns sprechen durch farbige, überzeugende Charaktere. In ihrem neuen Roman „Der Kindersuchdienst“ – immer in deinem Herzen - nimmt sie uns mit in die Nachkriegszeit. In das zerstörte Hamburg, wo ausgebombte Bewohner sich in Nissenhütten, Gartenlauben oder zugewiesenen Quartieren einrichten müssen, um ihr Leben nach Kriegsende zu bestehen.
Wieder treffen wir auf Charaktere, wie sie verschiedener nicht sein können. Die alleinerziehende Mutter Annegret arbeitet beim Kindersuchdienst und muss sich mit ihrer Legasthenie durch die Karteikarten und Suchformulare dieser Institution durchkämpfen und einen arroganten Chef ertragen. Nicht nur das belastet sie – ihren Sohn Oskar – unehelich, wie es diskriminierend genannt wird – muss sie ihrem Chef verheimlichen, sonst hätte sie die Stelle nicht bekommen. Sie tut es tapfer. Sie ist gesegnet mit Empathie, dies hilft ihr, auch wenn ihr Chef sie sich sachlich und kühl gegenüber den Suchenden wünscht.
Es sind die fünfziger Jahre und das Bild einer Frau entspricht in den Köpfen der Allgemeinheit einer Mutter und immer fürsorglicher und gehorsamer Ehefrau.
Mit dieser Geschichte tauchen wir ein in eine Zeit, wie wir sie uns nur schwer vorstellen können, wenn wir sie von heute betrachten. Der Roman kommt zur richtigen Zeit, denn am 8. Mai wurde des Kriegsendes von 1945 gedacht. Bei den Alliierten ist es der Tag der Befreiung von der Naziherrschaft, in Deutschland die bittere Niederlage der Nazis. Aber nicht alle Deutschen waren Nazis - viele Deutsche empfanden auch die Befreiung.
Die Schicksale Tausender sind gezeichnet vom Krieg. Die, die das größte Leid ertragen müssen, sind die elternlos gewordenen Kinder, die nun vom Suchdienst akribisch gesucht werden.
Annegret trifft die Tochter Charlotte einer reichen Reeder Familie die von zu Hause ausreißt um nicht den ungeliebten Schnösel Sohn einer anderen reichen Familie aus Schweden zu heiraten. Auch sie verheimlicht einiges – ihren richtigen Namen, ihre mageren Schreibmaschinenkenntnisse, die weit unter dem zurück bleiben, was verlangt wird und dass sie sich vor ihren Eltern und dem Verlobten verstecken muss. Sie hat Zuflucht gefunden bei ihrer alten Kinderfrau Femke. Alle anderen Frauen dort sind interessante Menschen mit den unterschiedlichsten Schicksalen, die sich gegenseitig unterstützen und nicht auf eine Hausfrau oder verheiratete Frau reduziert werden wollen.
So wie Antonia Blum schreibt, lässt sie eindringliche Bilder vor unserem inneren Auge entstehen. Die Geschehnisse, die Emotionen der handelnden Personen – alles wird so lebendig, als ob wir einem Theaterstück zuschauen. Bewundernswert ist die Recherche, die diesem Roman vorausgegangen sein muss. Alle lokalen Namen, Beschreibungen der Suchdienst Räume – erscheinen authentisch und überzeugend. Der nächste Band wird schon vorbereitet – wir sind gespannt.

Bewertung vom 25.04.2025
Klinger, Maya C.

Wie ein Foto unser Leben rettete


ausgezeichnet

Schon das Titelbild ist so einfühlsam und wunderschön gemalt. Es zeigt die Eltern der Familie Mandil vor ihrem Foto Laden mit Atelier, Gavras Schwester Beba und Gavra selbst, der gerade fotografiert. Er liebt den Beruf des Vaters, Fotograf, und möchte selbst einer werden. Gavra lebt mit seiner Schwester und seinen Eltern in einer frohen und kreativen Familie in Novi Sad und es geht um Fotografie. Auch um den Beruf des Fotografen, der hier eine besondere Rolle spielt. Gavras beide Eltern führten ihn aus. Damals dort, wo die Deutschen die Herrschaft übernommen hatten. Schon früh fühlt Gavra sich fasziniert von der Kamera und den Fotos, deren Entwicklung er miterleben kann. Gavra erzählt von einem schönen Familienleben, bis der Krieg alles zerstörte. Denn bei einem Besuch in Belgrad bei der Großmutter erlebt die Familie einen Bombenangriff und darf danach nicht nach Novi Sad zurückkehren. Es ist herzzerreißend zu lesen, wie nun die Familie bei der Großmutter bleiben und der Vater Zwangsarbeit leisten muss, die die Deutschen ihm zuteilen. Aber am allerschlimmsten ist es, dass nun die Juden einen gelben Stern tragen müssen wie alle Juden in diesen schrecklichen Zeiten.
Schon mit fünf Jahren muss Gavra lernen, Dinge zu verheimlichen. Auf der Flucht heißt sein Vater jetzt Mirko und der Nachname wird Mandic sein wird ihm mitgeteilt. Die Kinder sollen ihre Eltern nicht mehr umarmen sondern sich ruhig verhalten. Damit die Deutschen keinen Verdacht schöpfen. „Und dreh dich nicht um auch wenn jemand dich bei deinem alten Namen ruft“, schärft Nikola der Fluchthelfer Gavra ein.
Die Reise erleben die Kinder als verstörend, die Anwesenheit der Deutschen Soldaten ist überall zu merken und wirkt aufschreckend, besonders auf die Kinder. Als plötzlich die Familie von draußen zum Aussteigen aufgefordert wird, kommt ein dramatisches Ereignis zur Sprache. Der deutsche Offizier sagt ihnen auf den Kopf zu dass sie Juden seien. Da der Name des Vaters als David im Pass steht, ist das der Beweis. Nun folgt das Ereignis – der Wendepunkt – der die Geschichte trägt. Wir lesen, wie es möglich wird, dass die Familie gerettet wird und ihre Reise – die Flucht – fortsetzen kann. Diese tapfere Familie musste von einem Ort zum anderen flüchten, immer den Deutschen voraus, die jedes Mal wieder erschienen und unermüdlich nach Juden suchten.
Wir lesen eine wahre und ergreifende Geschichte aus der schrecklichen Zeit, als die Nazis in so vielen Ländern Fuß fassten. Nicht nur ist es die Familiengeschichte der Familie Mandil in Jugoslawien – sie erzählt auch ein Wunder und vom fünfjährigen Sohn Gavra erfahren wir es. Ich halte es für ein wichtiges Buch, das Kindern zeigt, was damals geschah und nun wieder so aktuell wird in unserer Zeit. Darum: Kein Vergessen und Nie mehr wieder bleibt in unserem Denken eingraviert.