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Top-Rezensenten Übersicht

Benutzername: 
Annafrieda
Wohnort: 
Schleswig-Holstein

Bewertungen

Insgesamt 34 Bewertungen
Bewertung vom 28.04.2021
Vom Aufstehen
Schubert, Helga

Vom Aufstehen


ausgezeichnet

Helga Schubert ist ein Flüchtlingskind und in der DDR aufgewachsen. Es gibt eine Mutter, die sie zeitlebens nicht geliebt hat, der Vater ist im Krieg geblieben, als sie zwei Jahre alt war. Nur die Ferien bei ihren Großeltern in Mecklenburg waren geliebte Highlights, denn dort begegnete man ihr mit Liebe und Fürsorge.

Frau Schubert nimmt uns mit auf die Reise hinter die Kulissen ihres Lebens. Und bei dem, was man da erblickt, stockt mir teilweise der Atem. Wie kann ein kleiner Mensch aufwachsen mit einer Mutter, die einem den Tod wünscht? Unbegreiflich. Bei allem Verständnis auch für das schwere Leben der Mutter im Hinblick auf den Krieg, auf Vertreibung und Flucht, gibt es nichts, was so etwas verzeihen könnte. Und ganz schlimm finde ich, dass sie dieser Linie bis zu ihrem Tod treu blieb - ich konnte kein Bedauern, keine Entschuldigung finden. Da Frau Schubert sehr neutral schreibt, kann ich nicht genau einschätzen, ob sie ihrer Mutter jemals verziehen hat oder ob sie sich "nur"in eine neutrale Position begeben hat.

Besonders angesprochen hat mich die Geschichte "Wahlverwandtschaft", sie ist toll geschrieben. Durch die gewählte Perspektive erzählt die Autorin sehr distanziert. Ich musste sehr bewusst lesen, um immer mitzukriegen, wer da eigentlich gemeint ist. In meinen Augen passt das absolut zu ihrem Verhältnis ihrer Mutter gegenüber. Die Geschichte hat eine außerordentliche Aussagekraft. Vielleicht schafft man eine so kühle Mutter nur zu überstehen, wenn man innerlichen Abstand schafft. Das hat mich berührt!
Als studierte Psychologin und Schriftstellerin genoß Frau Schubert gewisse Privilegien in der DDR, sie konnte reisen, stand aber immer unter Beobachtung. Wir erfahren in den Geschichten ihr Erleben vor und nach dem Mauerfall.

Am Ende dieses Buches glaube ich verstanden zu haben, was die Autorin mit ihren Geschichten zum Ausdruck bringen will: Es geht ums Verzeihen. Egal, was das Leben für einen bereithält, egal, wie tief die Narben sind, die uns zugefügt wurden - am Ende werden wir verzeihen müssen, um unser Leben selbstbestimmt und frei von selbstzerstörenden Mechanismen leben zu können.
Ich finde es sehr berührend, dass die Autorin viele Stationen ihres Lebens vor uns Lesern ausbreitet. Immer ohne Effekthascherei oder Gefühlsduselei. Die Realität findet man zwischen den Zeilen. Frau Schubert findet wunderbare Worte, die berühren. Es gibt die eine oder andere Geschichte, die mich sehr berührt haben, aber ich habe hier in jeder Geschichte betrachtenswerte Aussagen gefunden. Das ganze Buch eine runde Sache, es wird noch lange in mir nachhallen. Daher von mir die verdiente volle Punktzahl.

Bewertung vom 17.01.2021
Seelen unter dem Eis
Korten, Astrid

Seelen unter dem Eis


ausgezeichnet

Wir treffen Tom, der im Todestrakt des Gefängnisses Huntsville sitzt und wie alle anderen Gefangenen dort auf seine Hinrichtung wartet. Er wird beschuldigt, seine Geliebte Amal getötet zu haben. Wir lernen einige Mitgefangene kennen und den Alltag im Gefängnis. Die Insassen haben alle Spitznamen und wir sehen, diese sind Gesetz. Es herrschen raue Sitten. Und dann gibt es noch den Wärter Goodman, der für Tom zuständig ist. Dieser beschafft ihm eine Schreibmaschine und Tom beginnt, seine Vergangenheit zu erzählen. Wie es zu dem Mord kam.

Tom besitzt eine erfolgreiche Werbeagentur und lebt ein gutes, luxuriöses Leben. Er ist verheiratet, lernt jedoch in einem seiner Seminare Amal kennen und sie beginnen eine Affäre. Mit jedem Treffen entwickelt sich die Beziehung fataler und am Ende wird Amal ermordet.

Die Autorin hat persönlich vor Ort viele Hintergrundinformationen gesammelt und das merkt man diesem Roman an. Die Gefängnisatmosphäre ist detailliert beschrieben und hat mir eine Gänsehaut über den Rücken gejagt. Beklemmende Szenarien, Brutalität und Gewalt haben einen Platz dort. Es bleibt einem nichts anderes übrig, als sich wirklich mit der Todesstrafe auseinander zu setzen, wenn man das Buch liest. Die Charkatere sind sehr detailliert und lebendig beschrieben.Sie sind rund. Das Buch lebt von der Hintergründigkeit der Tat des Protagonisten, die sich nur langsam entwickelt und Kopfkino entfacht. Ist wirklich alles so wie es scheint? Wer blutiges Gemetzel erwartet, wird hier enttäuscht. Hier wird die Spannungsschraube im Laufe der Geschichte immer mehr angezogen und das macht diesen Psychotriller auf. Das Ende kommt mit einem überraschenden Twist daher und macht alles perfekt.

Wieder ein toller Thriller der Autorin Astrid Korten. Perfekt umgesetzt und absolut lesenswert. Daher volle Punktzahl!

Bewertung vom 21.11.2020
Trügerische Affäre (eBook, ePUB)
Korten, Astrid

Trügerische Affäre (eBook, ePUB)


ausgezeichnet

Jonte Sandvik, eine norwegische Architektin, wird von Wahnvorstellungen geplagt. Nachdem ihr Mann Jonas sie wegen einer neuen Beziehung verlassen hat, kann sie oft nicht zwischen Realität und Wahnvorstellung unterscheiden. Schlimme Erlebnisse in ihrer Vergangenheit holen sie immer wieder ein und der Alkohol wird ihr treuer Begleiter. Sie macht alles mit dich selbst aus, niemand kommt wirklich an sie ran. Es häufen sich unerklärliche Ereignisse, sie wird bedroht und auch der Tod hält Einzug in Jontes Umfeld. Das Leben spielt ihr übel mit und nur in ihren Zeichnungen kann sie sich verlieren. Dann begegnet sie neuen Menschen, die ihr ein Gefühl von Verbundenheit und Verständnis vermitteln. Doch immer wieder stellt sich ihr die Frage: Was ist Realität, was Schein. Wird sie eine Antwort finden?

Die Story schafft es, bis zum Schluss zu fesseln. Astrid Korten nimmt den Faden auf und versteht es, ihn bis zum überraschenden Ende in der Hand zu führen. Viele Wendungen halten in Atem - das eine oder andere Mal habe ich mich gefragt, ob es nicht vielleicht einen Tacken zu viel des Guten ist, doch im Ganzen gesehen, ist es rund. Gute Ideen sind hier verarbeitet und das Highlight ist hier natürlich der Schluss. Aber das wird natürlich nicht verraten!

Die Charaktere sind rund und glaubhaft, der Schreibstil flüssig und ausgesprochen spannend. Alles in allem hat mir die Story gut gefallen und ich kann den Thriller wärmstens weiterempfehlen.

Bewertung vom 08.11.2020
Tage voller Weihnachtszauber
Marschall, Anja

Tage voller Weihnachtszauber


ausgezeichnet

Die kleine Lena wird von ihrem Pflegevater ins Kinderheim gebracht, weil er sich nicht mehr um sie kümmern kann. In diesem Kinderheim wurde sie als kleines Baby schon vor die Tür gelegt, niemand weiß, von wem. Nun ist es Lena sehnlichster Wunsch an den Weihnachtsmann, ihre Mutter zu finden.

Mir haben alle Figuren in der Geschichte sehr gut gefallen - aber Manni, ein bärbeißiger Altrocker, ist mir ganz besonders ans Herz gewachsen. Stück für Stück entdeckte er sein Herz wieder (und wir auch) und hier bestätigt sich das Sprichwort: Harte Schale - weicher Kern. Sein Faible für eine alte Thunderbird beschert ihm so manches Ungemach und man fiebert mit ihm mit, ob er sie je fahren wird.

Die Charaktere sind alle wunderbar ausgearbeitet, stellen sich rund dar und machen eine Entwicklung durch. Dadurch gelingt es einem leicht, sich mit ihnen zu identifizieren und mitzufiebern. Die Handlung ist schlüssig dargestellt. Die ganze Geschichte hat mich wirklich gefangen genommen, hier sind ungewöhnliche Ideen verarbeitet worden, ich habe gelacht und geweint. Apropos Humor: Der kommt hier wahrlich nicht zu kurz! Ich sage nur Renate... ;) Liebevoll skizzierte Figuren und gute Dialoge machen Spaß.

Tage voller Weihnachtszauber ist ein tolles Buch, Anja Marschall hat hier mehrere unterschiedliche Genres in einer Geschichte kombiniert und das ist ihr ausgezeichnet gelungen! Wer sich weihnachtlich verführen lassen möchte, dem sei dieses Buch wärmstens ans Herz gelegt.

Bewertung vom 14.10.2020
Der Halbbart
Lewinsky, Charles

Der Halbbart


ausgezeichnet

Diese Geschichte zugrunde liegt der Marchenstreit, der Grenzkonflikte zwischen Klöstern und Talschaften im Spätmittelalter beschreibt.
Der Halbbart ist ein Flüchtling, der in einem Dorf landet und dort langsam Fuß fasst. Besonders Sebi, ein Junge auf der Suche nach seiner Bestimmung, fühlt sich zu ihm hingezogen und es entwickelt sich eine Freundschaft zwischen ihnen. Der Halbbart hat schlimme Dinge erlebt und hat entstellende Narben davon getragen. Doch durch seine Art und sein Heilwissen schafft er es, das Vertrauen vieler Menschen zu erlangen.
Halbbarts Geschichte wird im Laufe der Geschichte zu Sebis Geschichte, in der wir ihn auf seinem Weg begleiten dürfen. Der Zusammenhalt zwischen ihm und seinem Bruder in diesen schwierigen Zeiten hat mich beeindruckt. Zusammen trotzen sie allen Widrigkeiten.

Und interessant fand ich, dass ich zu keiner Zeit das Gefühl hatte, über ein tatsächliches historisches Geschehen zu lesen. Es machte mich sogar neugierig und ich habe mich noch ausführlicher über den Marchenstreit informiert. Erschreckend war die Gewalt, mit der hier Menschen ihr eigenes Ego aufpolierten.

Über allem steht die die Obrigkeit, die Kirche. Sie hat einen immensen Einfluss auf das Leben der Menschen, prägt ihren Alltag. Die Angst vor dem Teufel spricht fast aus jedem Gedanken, den Sebi hat, auch aus seinen Geschichten. Bildung gab es meist nur für jemanden, der sich als Mönch verdingte oder das Glück hatte, adelig zu sein.

Die Figuren sind fein ausgearbeitet, die Charaktere rund glaubhaft. Die Sprache ist gut gewählt, sie erzeugt das Bild der damaligen Zeit.

Alles in allem bin ich begeistert, wie Lewinsky alle Fäden miteinander verwoben hat, wie magisch die Geschichten in der Geschichte auf mich gewirkt haben und wie fantasievoll er Sebis' Leben mit all seinen Facetten zu einem dreidimensionalen Bild erweckt hat. Ich kann nur sagen: unbedingt lesenswert!

Bewertung vom 19.09.2020
Das Haus (eBook, ePUB)
Monti, Olivia

Das Haus (eBook, ePUB)


sehr gut

Der Bewohner eines Hauses mit vielen Mietparteien lädt seine Mitbewohner einmal monatlich zum Umtrunk und Kennenlernen in sein Apartment ein. Am Tage nach solch einer Zusammenkunft wird ein Medizinstudent tot vor dem Haus aufgefunden. Und auch im weiteren Verlauf gibt es Tote oder es verschwinden Menschen.

Unter den Bewohnern stellt so manch einer eigene Theorien der Geschehnisse auf. Besonderes Augenmerk legt man auf Nadja, die mit ihren parapsyhologischen Wissenschaften die Ursache eher in diesem Bereich vermutet.

Ich fand das Buch ziemich spannend, der Bogen war gut espannt. Auch die unterschiedlichen Charaktere mit ihrem gesellschaftlichen Hintergrund fand ich gut beschrieben. Den parapsychologischen Ansatz in einem Krimi einzuweben fand ich spannend und außergewöhnlich, das hat mir gut gefallen. Einzig der Schluss hat mich nicht so ganz überzeugt, irgendwie erschien er mir ein wenig zu "überladen". Dennoch hat mich das Buch gut unterhalten und der Schreibstil der Autorin hat mir gut gefallen. Also gebe ich hier gerne eine Leseempfehlung.

Bewertung vom 03.09.2020
Der halbe Russ / Daisy Dollinger ermittelt Bd.1
Peter, Isolde

Der halbe Russ / Daisy Dollinger ermittelt Bd.1


gut

Zwei russische Straßenmusikanten werden auf offener Straße tot aufgefunden. Schnell stellt sich heraus, dass es sich um Mord handelt. Désirée Dollinger, ihres Zeichen Sekretärin bei der Staatsanwaltschaft, gerät (mehr oder weniger) unfreiwillig in die Ermittlungen, die sie in ihr Heimatdorf und die Vergangenheit ihrer eigenen Familie führen. Immer an ihrer Seite Dackelin Wastl und ihr Akkordeon.

Humorig nimmt Daisy während der Ermittlungen das Zepter in die Hand, die Kommissare halten sich blass im Hintergrund. Gefallen haben mir besonders Rosi und Palina, ich finde sie als Charaktere gut gelungen. Auch Tante Emmerenz hat das Geschehen ordentlich aufgemischt. Weniger gut haben mir der große Bollinger und Leutner gefallen, da fehlt mir irgendwas bzw der Leutner war mir zu überzeichnet.

Die Geschichte ist originell, doch leider blieb die Spannung im Laufe der Handlung ein wenig auf der Strecke. War der Anfang noch rasant und warf interessante Fragen auf, so konnte mich das Ende nicht hundertprozentig überzeugen. Dennoch fand ich viele Dialoge sehr gelungen und auch die Mundart kam gut rüber, man merkte, in welcher Region der Krimi spielt.

Der Schreibstil ist gut.
Es handelt sich hier um gute Unterhaltung, doch als richtigen Krimi habe ich die Story nicht empfunden, ich hätte mir die verschiedenen Anteile ausgewogener gewünscht. Da ist noch ein bissl Luft nach oben.

Bewertung vom 20.08.2020
Nur noch ein bisschen Glück
Ahrnstedt, Simona

Nur noch ein bisschen Glück


gut

Stella erbt auf dem Land das Haus ihrer Großmutter, das sich schnell als Ruine herausstellt. Darum möchte sie es schnell verkaufen und es gibt gleich zwei Kandidaten, die es haben möchten. Der eine ist der Bauer Thor, Vater zweier halbwüchsiger Kinder, Witwer seit fünf Jahren. Der andere, Eric, ein Großgrundbesitzer und ein Ekel vor dem Herrn. Wer macht das Rennen?

Zumindest gefühlsmäßig kann Thor bei Stella punkten. Schnell stellt sich heraus, dass sie sich zueinander hingezogen fühlen. Und schon geht es los, mit Sex, Sex und immer wieder Sex. Das war mir einfach zu viel des Guten. Eine Szene, häufig wiederholt, nur mit anderen Worten, passt in dieser Häufigkeit einfach nicht in einen Roman, in dem die Autorin etwas mitzuteilen hat. Denn hier werden auch gesellschaftliche Themen angesprochen, was mir sehr gefallen hat. Das Zusammenwachsen einer gestörten Beziehung und die Aufarbeitung alter Wunden haben ihren Platz gefunden.

Doch leider sind auch einige Erzählstränge im Laufe der Geschichte auf der Strecke geblieben, andere im Eiltempo abgearbeitet worden. Hier wäre meines Erachtens weniger mehr gewesen. Es muss am Ende nicht alles ein Ende finden, es darf auch was offen bleiben, wenn es plausibel ist.

Die Charaktere fand ich an sich stimmig, an einigen Stellen etwas überzeichnet. Der eine oder andere war mir etwas näher, aber das ist natürlich Geschmackssache.

Ich finde, dass Simona Ahrnstedt einen schönen Schreibstil hat. Dennoch habe ich hier keinen durchgehenden roten Faden gefunden. Zuviel angerissen, zuviel gewollt

Bewertung vom 13.05.2020
Der Klang des Herzens
Moyes, Jojo

Der Klang des Herzens


gut

Erst einmal: Ich hätte niemals gedacht, dass ich für eines von Jojo Moyes' Büchern jemals drei Sterne vergeben werde, aber das ist hier leider der Fall.

Isabel hat ihr Leben ihrer Geige und der Musik gewidmet. Sie lebt in ihrer eigenen Welt, ihr Mann und ihre zwei Kinder Thierry und Kitty, leben quasi ein eigenes Leben, versorgt von einer Nanny. Plötzlich stirbt ihr Mann und Isabel steht unverhofft vor den Anforderungen des realen Lebens, das ihr fremd ist. Die hinterlassenen Schulden ihres Mannes zwingen sie, das Haus zu verkaufen und ihr sorgenfreies Leben hinter sich zu lassen. Sie und die Kinder ziehen in einen kleinen Ort auf dem Lande in das "Spanische Haus", das ihr Großonkel ihr vererbt hat. Es liegt wunderschon im Wald am See, doch innen gleicht es eher einer Ruine. Isabel ist "weltfremd" und lässt einfach alles geschehen, was andere vorschlagen. Es gibt noch weitere Interessenten für das Haus, doch das scheint Isabe nicht zu merken. Auch ihren Kindern, die ihre Hilfe in ihrer Trauer um ihren Vater dringend benötigen, kann sie keine Stütze sein. Es ist eher so, als wäre Kitty die treibende Kraft, die alles am laufen hält. Es dauert lange, bis Isabel endlich versteht, was wirkliche Leben bereit hält.

Die Story ist ganz charmant - eine Mutter, die ihr Leben und das ihrer Kinder in den Griff kriegen muss, eine schöne Umgebung, nette Charaktere und eine Prise "es liegt Liebe in der Luft". Dennoch habe ich hier kaum Zugang zu den Figuren bekommen, sie blieben mir ziemlich fremd. Vielleicht war es am ehesten Kitty, die mit ihrer patenten Art die Geschichte trug. Die ganze Geschichte zog sich hin und ich fand es müßig, Isabel dabei zuzusehen, wie sie weltfremd an der Realität vorbei marschierte und andere ihr Leben bestimmten. Und auch, dass sie die Not ihrer Kinder nicht erkannte, die - beide jeder auf ihre eigene Art und Weise - mit der ganzen Situation nicht klar kamen. Viele Phasen hätte man kürzer halten können, ich denke, das hätte dem Buch gut getan. Und zum Ende hin löste sich alles viel zu schnell auf und für mich blieben Fragen offen.

Hervorzuheben ist der (gewohnt) tolle Schreibstil der Autorin. Es fehlte mir hier einfach das letzte Quäntchen Stoff, aus dem Herzensgeschichten gewebt sind. Daher diesmal leider nur drei Sterne.

1 von 1 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.

Bewertung vom 19.04.2020
Wir holen alles nach
Borger, Martina

Wir holen alles nach


ausgezeichnet

Dieses Buch lebt vom ruhigen Erzählstil der Autorin. Stück für Stück entwickeln sich die Charaktere, es offenbart sich dem Leser die Welt des kleinen Elvis. Er ist ein schüchternes Kind, hat kaum Freunde. Seine Welt hat Risse. Sein Vater ist weg und interessiert sich kaum für sein Kind, seine Mutter Sina strampelt sich ab und versucht irgendwie, den anspruchsvollen Job und Kind und Lebensgefährten unter einen Hut zu bringen. Wenn sie Zeit hat kümmert sie sich aber sehr um Elvis. Sie teilt das Los vieler Alleinerziehender. Sina guckt geflissentlich darüber hinweg, dass Elvis Probleme hat, über die er nicht zu reden vermag. Sie versucht ihr Gewissen damit zu beruhigen, ihm einen Hund zu schenken.

Wir lernen Thorsten, den Lebensgefährten, kennen. Auch er hatte eine Familie, doch seine Frau ist mit den Kindern weit weg gezogen und versucht, den Kontakt der Kinder zu ihrem Ex zu unterbinden.

Und wir lernen Ellen kennen, eine rüstige Rentnerin, die Elvis Nachhilfestunden gibt und sich auch sonst viel um ihn kümmert. Ellen ist eine Frau nach meinem Geschmack. Ich mag ihre Art zu leben, Lösungen zu finden in schwierigen Situationen und die Art, wie sie mit den Menschen umgeht. Es ist ein Glück, dass Elvis zu ihr geht, sie wird ein wichtiger Mensch in seinem Leben.

Das Buch greift die Problematik vieler Alleinerziehender auf, den Spagat zwischen Job und Kind/ern zu schaffen. Leider ist das nicht so einfach. Auch hier sehen wir, dass irgendwas auf der Strecke bleibt. Gott sei Dank hat die Autorin einen guten Ausgang geschaffen.

Die Autorin macht es uns nicht einfach. Sie legt falsche Fährten und wir fallen leider darauf rein, indem wir voreilig Schlüsse ziehen. Das zeigt uns wieder mal, dass wir doppelt überlegen müssen, bevor wir irgendwelche Vorverurteilungen anstellen. Manchmal ist es eben anders, als wir denken.
Und dass es umso wichtiger ist, miteinander zu reden, wenn es Probleme gibt. Dann kann man auch umsetzbare Lösungen finden. Es gibt immer einen Weg.
Auch greift sie Autorin weitere akutelle Themen auf. Auch das ist hier gut eingewoben.

Alles in allem hat die Autorin hier eine wunderbar stimmige, realistische Geschichte geschrieben. Toller leiser Erzählstil, tiefgründig. Unbedingt lesenswert!