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Verena

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Insgesamt 164 Bewertungen
Bewertung vom 14.08.2025
Dröscher, Daniela

Junge Frau mit Katze


sehr gut

Körper, Krankheit, Katze - ein Roman, der nachhallt

„Wer, fragte ich mich, wäre ich gewesen, ohne diese ständige Angst?“

Ich war late to the game bei Daniela Dröschers "Lügen über meine Mutter", fand den Roman großartig, freue mich auf die Verfilmung. „Junge Frau mit Katze“ lässt sich in gewisser Weise als dessen Fortsetzung verstehen (beide autofiktional). Wieder erzählt Ela, dieses Mal nicht rückblickend aus kindlicher Perspektive über die Mutter bzw. deren Körper – dieses Mal steht sie selbst als junge Frau im Mittelpunkt. Es geht erneut um den Körper, um Selbstermächtigung, um Klassizismus, Habitus und die Kämpfe mit der eigenen Gesundheit.

Während der Körper der Mutter – zumindest laut dem Vater – für das Unglück der gesamten Familie verantwortlich war, ist es jetzt Elas eigener erwachsener, kranker Körper, der ihr Probleme bereitet: kurz vor dem Abschluss ihrer Promotion bricht sie zusammen, ihr Körper scheint zu rebellieren, immer neue Symptome belasten ihren Alltag; Elas Angst wird größer und größer.

Ich habe SO unglaublich viel markiert. Viele Beschreibungen von Elas Versuchen, ihren gesundheitlichen Problemen auf den Grund zu gehen, sind grandios beschrieben. Das Chaos, das Ela durchlebt, wirkt authentisch. Sie ist nicht immer rational, was verständlich ist – eine Odyssee durch Fachpraxen, in der Ärzt:innen sie oft nicht ernst nehmen, vor allem als (junge) Frau. Diffuse Symptome werden auf die Psyche geschoben; selbst wenn das der Auslöser wäre, die körperlichen Beschwerden sind real, belastend, einschränkend. Das hat bei mir einen Nerv getroffen, denn ich kenne diesen Kampf. Für mich wurde "Junge Frau mit Katze" zu einer sehr persönlichen Lektüre, die mich anders berührte als "Lügen über meine Mutter". Dennoch wirkt der Roman manchmal sprunghaft, der Stil ist teils chaotisch, manchmal fehlt der Bezug. Inhaltlich macht das durchaus Sinn, stilistisch nicht immer. Auch wenn der Roman nicht an die Genialität des Vorgängers herankommt, so bleibt es trotzdem ein großartiger Roman, der mich vor allem durch seine Authentizität beeindruckt hat. Elas Kampf um Selbstbestimmung und Gesundheit sind eindringlich. Es ist eine Geschichte, die nachhallt – full disclosure: am liebsten würde ich den Roman in der Therapie besprechen.

Bewertung vom 13.08.2025
Engler, Leon

Botanik des Wahnsinns


gut

Kein richtiger Zugang zum Wahnsinn

Kein richtiger Zugang zum Wahnsinn

Ich habe keinen klaren Zugang zu "Die Botanik des Wahnsinns" von Leon Engler finden können. Und das, obwohl auf dem Papier alles dafür spricht: Es verbindet interessante historische Fakten zu Psychologie, Therapie und psychischer Gesundheit mit einer Familiengeschichte, die geprägt ist durch einen Stammbaum voller psychischer Erkrankungen; die Angst des Erzählers, selbst in der Psychiatrie zu landen, ist verständlich und logisch; der Twist, warum er sich letztendlich tatsächlich in einer Psychiatrie wiederfindet, ist ziemlich clever; der Einstieg mit den verlorenen Erinnerungen catcht eigentlich sofort. Auch der Schreibstil ist angenehm zu lesen und der Schauspieler Johannes Nussbaum hat das Hörbuch sehr passend eingesprochen.

Warum ich mich trotz all dieser positiven Punkte nicht auf das Buch einlassen konnte? Vielleicht lag es an meiner Stimmung oder an der Erzählweise, ich weiß es nicht genau. Deshalb fällt es mir auch echt schwer, eine Sternebewertung abzugeben. Es ist kein schlechtes Buch, aber für mich war es eben auch kein Highlight. Ich bin mir sicher, einigen Leser:innen wird’s wir mir gehen, aber genauso bin ich mir sicher, dass „Die Botanik des Wahnsinns“ vielen gefallen wird. Denn das Philosophieren ganz grundsätzlich über psychische Erkrankungen und was einen „normalen Menschen“ ausmacht (sofern es überhaupt „normale Menschen“ gibt) – ist eigentlich richtig aktuell. Vielleicht probiere ich es zu einem anderen Zeitpunkt nochmal.

Bewertung vom 07.08.2025
Sauer, Anne

Im Leben nebenan


gut

Großartige Idee, etwas schwächere Umsetzung

Die Grundidee von „Im Leben nebenan“ von Anne Sauer ist super interessant, die Umsetzung leider etwas schwächer. Die Handlung dreht sich um Toni, die in einer begehrten Altbauwohnung in einer Großstadt lebt und mit ihrem Partner Jakob an der Familienplanung arbeitet. Als es immer wieder nicht klappt, setzt es beiden nach und nach immer mehr zu. Eines Morgens erwacht Antonia im Dorf ihrer Kindheit, mit einem anderen Job, anderem Partner – ihrem Jugendfreund – und einem Baby. Das bürgerliche Leben Antonias, inklusive Schwiegermutter vor Ort, ist ein krasser Kontrast zu Tonis Großstadtleben.

Der Roman zeigt anschaulich, wie unterschiedlich das Leben einer Person verlaufen könnte, abhängig von den getroffenen Entscheidungen. Dass Antonia sich aber an ihr Leben als Toni erinnert und davon überfordert ist, gibt dem Ganzen eine leichte Note des magischen Realismus. Tatsächlich habe ich lange überlegt, wie ich das finde, dass Toni eben in beiden Figuren steckt und sich „erinnert“ – sind es dadurch wirklich zwei unterschiedliche Lebensentwürfe, die dargestellt werden oder wird der Antonia-Strang zu sehr davon geprägt, das Toni verzweifelt, weil sie nicht weiß, was los ist?

In beiden Erzählsträngen dominiert der Alltag: Toni und Jakob kämpfen mit unerfülltem Kinderwunsch zwischen Beruf und Freizeit, während Antonia den Alltag als frischgebackene Mama bewältigt. Anfangs ist das alles noch interessant und gut geschrieben, doch ab der Hälfte verliert sich die Geschichte. Es fehlt an Entwicklung; alles plätschert vor sich hin. Besonders schade ist, dass sowohl Antonia als auch Toni fast ausschließlich über ihre Rolle als Mutter bzw. Nicht-Mutter definiert werden. Ich könnte auf die Schnelle nicht viel mehr anderes über die Figuren sagen.

Das Hörbuch ist gut gelesen und kurzweilig. Die vielen detaillierten Alltagsszenen wirken zwar authentisch und der Schreibstil ist auch gut, aber mir fehlte mehr Tiefe, vor allem bei Toni/Antonia.

Bewertung vom 18.07.2025
Sußebach, Henning

Anna oder: Was von einem Leben bleibt


gut

Vermutungen

Was bleibt von einem Leben? Dieser Frage geht Autor Henning Sußebach nach, indem er über das Leben seiner Urgroßmutter Anna recherchiert – eine, so scheint es, interessante Persönlichkeit, die in einer Zeit voller Umbrüche lebte.

Die Grundidee hat mich wirklich überzeugt. Vor allem am Anfang des Textes, als der Autor seine Beweggründe, seine Reflektionen erörterte, wurde auch ich stark zum Nachdenken angeregt. Was weiß ich über meine Urgroßeltern (kaum etwas), was wird von meiner Generation bleiben – wir, die wir alle so viel besitzen und selbst unser Frühstück an einem ganz normalen Dienstag dokumentieren, während von Anna außer einem Poesiealbum, ein paar Postkarten, einem Ring und einem Kaffeeservice kaum etwas geblieben ist. Die Thematik bietet viel Raum, zu philosophieren: Wird das Leben eines Menschen weniger bedeutend, weil es Alltag war? Oder ist gerade das Alltägliche, das vermeintlich „langweilige“, wertvoller, weil es die Basis für ein echtes Leben bildet? (Und wer bestimmt überhaupt, was interessant und was langweilig ist?)

Allerdings fällt die Umsetzung der Idee etwas schwächer aus. Zu sehr verliert sich der Autor an manchen Stellen in Vermutungen oder zieht Parallelen zur Gegenwart. An anderen Stellen, wo es meines Erachtens nötig gewesen wäre, fehlt hingegen jegliche Einordung oder Informationen aus Annas Leben werden einfach so hingenommen, ohne diese ausreichend zu hinterfragen. Ein sehr krasses Beispiel hierfür ist der Auszug aus Schulbüchern. Grundsätzlich nicht unrelevant, immerhin war Anna Lehrerin. Aber muss dafür eine Stelle gewählt werden, die abscheulichste Rassentheorie wiedergibt, in der mehrfach rassistische Bezeichnungen reproduziert werden? Klar - das hat historisch so stattgefunden, aber es wird einfach so stehen gelassen, ausgerechnet dafür gibt es keine richtige Kontextualisierung; nur ein Halbsatz sehr viel später im Buch. Unüberlegt und schade.

Trotz der Schwächen in der Umsetzung bleibt die Grundidee stark und bietet viele Denkanstöße, über die eigenen Vorfahren, aber auch ganz konkret über die Bedeutung eines Lebens nachzudenken.

Das Hörbuch ist hochwertig produziert und gut gelesen von der Schauspielerin Nina Petri.

3,5 Sterne

Bewertung vom 17.07.2025
Kelly, Julia R.

Das Geschenk des Meeres


gut

Blasse Erzählung

In „Das Geschenk des Meeres“ geht’s nach Schottland, ins kleine Dorf Skerry ganz hoch oben im Norden. Hier wird im Winter 1900 in einem Sturm ein leblos wirkender Junge am Strand angespült. Das Kind erinnert auf unheimliche Weise an den Sohn der Lehrerin Dorothy. Er verschwand viele Jahre zuvor im Meer. Dorothy nimmt den unbekannten Jungen bei sich auf. Nicht nur das Rätsel um ihn gilt es zu lösen, auch um ihr eigenes Kind und ihre Vergangenheit gibt’s einige Geheimnisse.
Das Hörbuch wird von Astrid Kohrs einfühlsam gelesen. Gute Produktion und eine angenehme Erzählstimme sorgen für eine solide Hörqualität.
Allerdings leidet die Geschichte unter großen inhaltlichen Schwächen; auch der Stil unterstützt die Erzählung nicht wirklich. Die Figuren bleiben blass, die Emotionen kommen kaum rüber. Die Vielzahl an Zeitsprüngen und Perspektivwechseln (zwischen zu vielen unterschiedlichen Figuren) sorgen zwar für ein rasantes Tempo, verhindern aber jegliche Identifikation mit den Charakteren.
Beeindruckend ist jedoch das Setting. Skerry, so weit im Norden Schottlands gelegen, dass man fast Norwegen erahnen könnte, ist eine faszinierende Kulisse würde eigentlich geradezu danach verlangen, Elemente des Schauerromans und Nature Writings zu verwenden. Dieses kleine Fischerdorf wäre ideal gewesen, um die komplexen Hintergründe der Figur der Dorothy genauer zu beleuchten: als Lehrerin – also berufstätige Frau – kommt sie als Außenseiterin ins Dorf; die Erwartungen und Vorurteile der Dorfgemeinschaft, ihre eigenen Hoffnungen und Wünsche, die Unsicherheiten durch die lieblose Erziehung durch ihre Mutter – all das zur Zeit des Fin de Siècle wäre schon genug Stoff für eine packende Erzählung. Dafür hätte es aber eine wirklich tiefgründige Charakterentwicklung gebraucht. Stattdessen gibt es viele Intrigen und Kommunikationsprobleme.
Die Geschichte hätte also wirklich viel Potenzial gehabt, um spannend und berührend zu sein. Insgesamt eher 2,5 bis 3 Sterne von mir. Das Cover ist allerdings ein echtes Highlight und verdient die volle Punktzahl.

Bewertung vom 21.05.2025
Henry, Emily

Great Big Beautiful Life


weniger gut

Schöne große Enttäuschung

Leider war auch dieser neue Emily Henry Roman nichts für mich. Ich liebe ihre ersten drei Bücher, doch seit sie super berühmt ist, haben mich ihre Werke nicht überzeugen können: „Funny Story“ war ziemlich langweilig – ich erinnere mich kaum daran. „Happy Place“ mochte ich aus vielen Gründen nicht, vor allem weil für mich die Verwendung von Depressionen als Plot-Twist ein absolutes No-Go ist. Und „Great Big Beautiful Life“ entpuppte sich als „great big beautiful disappointment“ – eine große Enttäuschung. Es hat auf vielen Ebenen einfach nicht funktioniert.

Ich denke, die Geschichte wäre vielleicht besser gewesen, wenn sie mehr wie ein Krimi oder Thriller geschrieben worden wäre, anstatt zu versuchen, ein Rätsel innerhalb eines Liebesromans zu sein. Das größte, größte, größte Problem waren jedoch die beiden Protagonist:innen. Sie waren die am wenigsten entwickelten Figuren, die ich je in einem Emily-Henry-Buch gelesen habe. Sie wirkten stereotyp, oberflächlich und ohne echte Tiefe – einfach nur langweilig. Ich habe ihre Namen ständig vergessen, so wenig Eindruck haben sie hinterlassen.

Auch die Liebesgeschichte funktionierte nicht. Es gab null Chemie, keinen spark – nur zwei große, attraktive Menschen in einem Emily-Henry-Roman, also müssen sie wohl zwangsläufig aufeinander stehen, oder? Es wirkte erzwungen und oberflächlich.

Leider wirkte auch der Schreibstil nicht wie Henrys übliche Sprachgewandheit Manchmal schien es, als würde das Buch zu sehr versuchen, „filmisch“ zu sein, um möglichst bald von einem großen Streaming-Dienst adaptiert werden. Es gab zu viel tell statt show, was die Charaktere nur noch oberflächlicher erscheinen lies.

Na ja. Vielleicht sollte ich ihre früheren Bücher nochmal lesen – die waren beinahe perfekt. Leider scheint diese Magie nach „Book Lovers“ verloren gegangen zu sein.

Bewertung vom 07.05.2025
Peters, Amanda

Beeren pflücken


sehr gut

Eindringlich

„Beeren pflücken“ von Amanda Peters ist für mich ein erstes kleines Jahreshighlight, auch wenn es knapp nicht für fünf Sterne gereicht hat.

Im Sommer 1962 ist eine Mi’kmaq-Familie aus Nova Scotia in Maine als Blaubeerenpflücker tätig, als plötzlich die vierjährige Ruthie spurlos verschwindet. Zuletzt wurde sie von ihrem zwei Jahre älteren Bruder Joe gesehen, auf ihrem Lieblingsstein am Rand eines Beerenfeldes. Das Verschwinden bleibt ungeklärt und verfolgt die Familie über Jahrzehnte. Währenddessen wächst Ruthie in den USA bei einem wohlhabenden, emotional distanzierten Paar als Norma auf. Ihre Eltern verbergen etwas, was Norma erst im Lauf der Jahre zu erahnen beginnt.

Ich lese regelmäßig indigene Literatur und bin immer wieder schockiert über die strukturelle Diskriminierung, die Indigene erfahren haben und zum Teil immer noch erfahren. In diesem Roman ist es – neben der systemischen Benachteiligung – vor allem Normas „Familie“, deren skrupelloses, respektloses Verhalten gegenüber der First Nation-Familie heraussticht.

Erzählerisch besonders gelungen finde ich, dass Amanda Peters, selbst Mi’kmaq und europäischer Abstammung, die Perspektiven der beiden jüngsten Kinder gewählt hat. Über die Jahre hinweg begleiten wir sie durch unterschiedliche Lebensabschnitte. Ruthies Entführung und die damit verbundenen Geheimnisse haben das Leben beider Geschwister geprägt – Joe fühlt sich schuldig, obwohl er selbst noch ein Kind war, und Norma spürt, dass mit ihrer Herkunft und ihrer Familie etwas nicht stimmt. Das Geschehene lässt beide nie los. Das sorgt für eine spannende, emotionale Erzählung.

Einzig das Ende wirkte etwas zu glatt und zu harmonisch. Es löst sich zu schnell auf, um wirklich realistisch zu erscheinen. Dennoch bleibt der Roman stark, dank der emotionalen Ebene und den glaubwürdigen Figuren.

„Beeren pflücken“ ist eine sehr empfehlenswerte Lektüre, die zum Nachdenken anregt. Ein schönes, wenn auch nicht perfektes, Jahreshighlight.

Bewertung vom 26.04.2025
Bilkau, Kristine

Halbinsel


sehr gut

Leise Sinnsuche

„Halbinsel“ von Kristine Bilkau ist ein ruhiger, nachdenklicher Roman, der Fragen zu Familie, Verantwortung und Bewältigung von mentalen Krisen aufwirft. Zunächst habe ich gezögert, ob ich den Roman lesen möchte, da ich selbst in einer ähnlichen Situation war und befürchtete, dass mich die Geschichte emotional zu stark mitnehmen könnte. Gleichzeitig war es aber auch der Grund, warum ich es unbedingt lesen wollte, v.a., weil ich Bilkaus "Nebenan" so gern gelesen habe.
Der Roman spielt an der nordfriesischen Halbinsel im Wattenmeer und erzählt die Geschichte von Annett, Mitte 40, die nach dem frühen Tod ihres Mannes ihre Tochter Linn allein großgezogen hat. Linn, Anfang 20, kämpft mit Erschöpfung und Sinnsuche – eine Thematik, die ich nur allzu gut nachvollziehen kann. Nach einem Zusammenbruch auf einer Konferenz möchte sie sich für kurze Zeit bei ihrer Mutter erholen, aus Tagen werden Wochen werden Monate. Die Handlung entfaltet sich behutsam, ohne große Dramen, sondern vielmehr durch die leisen Zwischentöne des Zwischenmenschlichen.
Spannend fand ich natürlich, die Geschichte aus Sicht der Mutter zu lesen, während ich selbst in einer ähnlichen Situation als Tochter war. Vieles kam mir bekannt vor, Gedanken, die ich selbst hatte, Vorwürfe, die mir von anderen gemacht wurden, Vorurteile, die in der Gesellschaft weit verbreitet sind, wenn es um mentale Gesundheit geht.
Überhaupt behandelt der kurze Roman eine Vielzahl von Themen: mentale Gesundheit, zwischenmenschliche Beziehungen, Trauerarbeit, Generationenkonflikte, die Klimakrise. Bilkau nähert sich all diesen Themen sprachlich unaufgeregt und gleichzeitig mit einer gewissen Sogwirkung.
Dennoch hatte ich manchmal das Gefühl, dass der Roman etwas kurz ist für die Vielzahl an Themen. Manche Aspekte hätten noch mehr Tiefe vertragen können, was aber vielleicht auch an meiner eigenen Distanz während des Lesens lag.
Trotz kleiner Kritikpunkte kann ich „Halbinsel“ nur empfehlen und denke selbst auch Wochen nach der Lektüre noch darüber nach. Es ist ein leiser, ehrlicher Blick auf das Leben, das Weiterleben trotz aller Ungewissheit. Der Roman bleibt bei einem – wie das Meer – manchmal unberechenbar, manchmal still, aber immer da.

Bewertung vom 03.04.2025
Hopkinson, Deborah

Von einem Mädchen, das das Schreiben liebte. Jane Austen


ausgezeichnet

Für kleine und große Jane Austen Fans

Ein ganz wundervoll gestaltetes Büchlein, das sowohl Kinder als auch Erwachsene (und insbesondere Janeites) begeistern wird! Ich kenne bereits das englische Original „Ordinary, Extraordinary Jane Austen“ und freue mich umso mehr über die deutsche Übersetzung – das ideale Geschenk für die Kiddies in meinem Freundeskreis.

Das Buch bietet eine hervorragende Gelegenheit, mehr über Jane Austens Leben zu erfahren und gleichzeitig junge Leser:innen für das Lesen, Schreiben und das Erfinden von Geschichten zu begeistern. Besonders gut für die jüngeren Leser:innen ist, dass oft auch Jane Austen als Mädchen dargestellt wird und es dadurch eine Möglichkeit zur Identifikation gibt. Obwohl natürlich nur „wenig“ Text vorkommt, gelingt es dem Buch, einen guten Überblick über Austens Biografie zu vermitteln.

Besonders hervorheben möchte ich die wirklich wunderschönen, liebevoll und detailreich gestalteten Illustrationen. Dafür gebührt der Illustratorin Qin Leng ganz viel Lob, und ich kann das Buch wärmstens empfehlen!

Bewertung vom 27.03.2025
Groeningen, Isabelle van

Mein wunderbarer Cottage-Garten


gut

Inhalt top, Gestaltung flop

Pflanzplanerin und Gartenhistorikerin Isabelle Van Groeningen erzählt in ihrem neuen Buch von der Verwandlung eines leblosen Gartens in der Ortschaft Coleshill in ein blühendes Paradies. Sie beschreibt, wie sie gemeinsam mit ihrer Partnerin Gabriella Pape einen Garten gestaltet hat, der sowohl Menschen als auch der Natur Freude bereitet. Dennoch bin ich bei der Bewertung des Buches etwas hin- und hergerissen.

Das enorme Fachwissen und die Liebe zum Gärtnern sind unübersehbar, und es ist toll zu sehen, wie Gärtner:innen durch nachhaltige Praktiken einen positiven Einfluss auf die Umwelt ausüben können. Man erhält eine Fülle an Informationen über Pflanzen und den Garten in Coleshill – doch leider wird das Ganze kaum visuell unterstützt, denn Struktur und Gestaltung des Buches stellen das größte Manko dar. Dass Van Groeningen über einen Garten berichtet, den sie in den Neunzigern und frühen Zweitausendern in England angelegt hat und heute nicht mehr dort lebt, macht das Ganze natürlich ein bisschen tricky, aber nicht unmöglich, alles bildlich zu untermalen. Und es wäre absolut notwendig gewesen, denn ich hätte mir auf fast jeder Seite Fotos oder Abbildungen der beschriebenen Pflanzen gewünscht. Beispiele aus anderen Cottage-Gärten oder Zeichnungen (die wenigen enthaltenen Zeichnungen sind wirklich gelungen) hätten die qualitativ weniger hochwertigen Privatfotos als persönliche Note ergänzen können. Gerade wenn die Schönheit eines Gartens thematisiert wird, ist es essentiell, das auch bildlich darzustellen, anstatt nur Textblock an Textblock zu reihen.

Es ist schade, da die Expertise der Autorin wirklich beeindruckend ist und ich Cottage- und Bauerngärten liebe – wie wohl alle, die zu diesem Buch greifen. Da hatte ich einfach mehr erwartet. Einerseits, weil es ein schöner Zeitvertreib ist, in Gartenbüchern zu schmökern und in die grünen Oasen zu träumen; andererseits, weil ich mir noch mehr Inspiration für meinen eigenen Garten erhofft hatte.

Daher: Inhalt 5 Sterne, Gestaltung leider nur 1 Stern