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Benutzername: 
Diana
Wohnort: 
Wien

Bewertungen

Insgesamt 4 Bewertungen
Bewertung vom 27.02.2020
Gefangen in parallelen Welten
Benedict, Sophia

Gefangen in parallelen Welten


ausgezeichnet

Sophia Benedicts Gedichte berühren zutiefst durch ihre Schmerzhaftigkeit, ihrer Suche nach Liebe und einem bisschen Glück. Es sind wunderschöne zarte Verse, die vielfach die Angst ausdrücken, der sie entfliehen möchte, aber wohin?“ In ein Land fliehen, in dem es keine Angst, in dem es keine Besorgnis gibt“.
Die Angst durchzieht das ganze Buch , wird stärker und vervielfacht sich „ Die Ängste mit den großen, dunklen Augen/streifen von Raum zu Raum“, selbst die Natur leidet unter ihr
„Der Wind heult furchtsam im Rauchfang/der Apfelbaum friert vor dem Fenster. Aber die Natur hat auch wieder schöne Seiten, so lässt sich die Autorin vom Anblick eines blühenden Fliederbusches, von frisch gefallenem Schnee bezaubern , verfällt aber bald wieder in die Schwermut, die Nebel und Kälte in ihr auslösen.
Zwischen Angst und Schwermut sucht Sophia Benedict vor allem ihren Platz in dieser Welt, sie weiß, dass sie hier nur ein Stäubchen ist. Daneben spürt sie aber, dass es neben unserem noch ein anderes, ein paralleles Universum geben könnte. Wo lebt sie nun wirklich?

Bewertung vom 27.02.2020
Fahnenflüchtig in Wien
Benedict, Sophia

Fahnenflüchtig in Wien


ausgezeichnet

Sophia Benedict schildert in ihrer Erzählung das Leben von Asylanten, die als Opfer des Krieges in Wien Zuflucht gefunden haben. Sie lernen sich im Schubhaftgefängnis kennen und langsam erfährt man ihre verschiedenen Schicksale. Sie stammen aus Tschetschenien, Russland, der Ukraine, Weißrussland, Georgien und anderen kriegsführenden Ländern.
Im Mittelpunkt der Erzählung stehen zwei Fahnenflüchtige, der Russe Iwan und der Tschetschene Ahmed, die gemeinsam ins Schubhaftgefängnis gekommen waren. Ihre Geschichte beginnt im Krieg zwischen Russland und Tschetschenien. Iwan, der Russe will nicht kämpfen oder töten .Aber er muss mit zum Angriff. Als er im Wald über eine Baumwurzel stolpert und sich verletzt, bleibt er Bewusstlos auf dem Boden liegen. Später hört er ein Krachen und eine Gestalt stürz sich auf ihn. Es ist der Tschetschene Ahmed, der aus einem Keller geflohen ist, in dem ihn die Russen gefangen hielten. Keiner der beiden Gegner schießt auf den anderen. Sie erkennen, dass beide die gleiche russische Sprache sprechen, was den Krieg zum Wahnsinn macht. Aus den beiden Feinden werden unzertrennliche Freunde. Nun sind sie zusammen in Wien, erst im Schubhaftgefängnis, dann mit den anderen im Flüchtlingswohnheim. Hier haben sie ein Dach überm Kopf, bekommen zu essen und 40 Euro zum Leben. Manchmal können sie nebenbei etwas schwarz arbeiten, das wichtigste ist für alle aber die Erledigung des Asylantrages. Endlich bekommen sie Bescheid. Ahmed wird Asyl gewährt, Iwan nicht. Er wird ausgewiesen und muss nach Russland zurück, wo ihn eine Gefängnisstrafe erwartet. Ahmed verzichtet auf sein Asyl und schließt sich Iwan an.
Die Geschichte von den beiden Freunden ist eingebettet in die Erzählungen der anderen Flüchtlinge. Ihr Verhalten ist verschieden, die einen wollen in Wien bleiben, hier studieren oder arbeiten, die anderen möchten zurück nach Hause, egal was sie dort erwartet. Die Sehnsucht nach der Heimat ist aber bei allen gleich groß. Die Erinnerung an sie ist schmerzlich.
Sophia Benedict hat mit ihrer Erzählung ein Thema aufgegriffen, das heute brandaktuell ist. Man diskutiert darüber und findet doch keine Lösung. Niemand aber weiß, wie sich die Flüchtlinge wirklich fühlen, was ihre Motive sind, die Heimat zu verlassen. Mit diesem Buch bekommt man etwas Einblick in das Leben von Menschen, für die der Krieg nur Elend gebracht hat.
Und das ist ein großes Verdienst von Sophia Benedict.

Bewertung vom 27.02.2020
Wenn man zu lange auf den Ozean schaut
Benedict, Sophia

Wenn man zu lange auf den Ozean schaut


ausgezeichnet

Und über allem schwebt der Tango ...
Nach längerer Zeit der Unpässlichkeiten möchte ich eine besondere Erfahrung mit einer Vorgeschichte zu Papier bringen.
Am heurigen 12. Mai war ich neben dem fulminanten Stimmgewitter Augustin Mitlesender bei der Präsentation der Märchen des 80-jährigen armenischen Augustinverkäufers Razmik A. Gevondyan unter dem Titel Siebenblatt, Surja und Perun im Kaisermühlner Werkl in der Übertragung aus dem Russischen von Elisabeth Namdar gewesen. Ebendiese hat zwei neue Bände der bemerkenswerten russischen, in Wien ansässigen Schriftstellerin Sophia Benedict lektoriert, und ich war zur Lesung in den Kunstraum von Hubert Thurnhofer in den Ringstraßengalerien eingeladen.
Der Kunstraum bietet angenehmes Ambiente mit schönen Bildern. Ein gediegener Raum, der sich harmonisch in das Cityflair einfügt. Und dazu der Klang der Sprachmelodien der russischen und der deutschen Sprache.
Wenn man zu lange in den Ozean schaut von Sophia Benedict ist eine ost-westliche Kultur-, Liebes- und Reisegeschichte, die uns mit eindrucksvollen Bildern von Wladiwostok, sieben Zeitzonen östlich von Moskau am Pazifik bis Coimbra in Portugal in 40 Kilometern Entfernung vom Atlantik und schließlich nach Paris führt. Pures Lesevergnügen mit erstaunlichen Standpunkten. Und über allem schwebt der Tango ...
Der Lyrikband Gefangen in parallelen Welten bietet einen Einblick in die poetische Welt der Benedict, die sich durch genaue Beobachtungsgabe, Innigkeit und Bildhaftigkeit auszeichnet.
Diesmal benötigte ich den für Prekariatsbetroffene so wichtigen Kulturpass zwar nicht, ohne ihn wären aber die geknüpften Kontakte, die mich am 25. 11. in den Kunstraum führen sollten, gar nicht erst entstanden. Der Kulturpass bietet nicht nur die Möglichkeit, Prekariatsbetroffenen den Zugang zu Theatern und Museen zu ebnen. Er weckt auch den Hunger auf eigene Erkundungen. So wie in meinem Fall geschehen.

Bewertung vom 27.02.2020
Baustelle Parlament (eBook, ePUB)
Thurnhofer, Hubert

Baustelle Parlament (eBook, ePUB)


ausgezeichnet

Der Philosoph Hubert Thurnhofer hat in seinem Buch „Moral 4.0“ bereits darauf hingewiesen, dass sich die Demokratien in Krisen befinden. Die Wortwahl eines Philosophen ist immer bewusst gewählt. Er schreibt nicht über „die Demokratie“ als homogenes politisches System, denn alle Demokratien haben ihr eigen Verfassungen und Entwicklungen durchgemacht.
Dem entsprechend haben heute alle Demokratien dieser Welt ihre eigenen Krisen zu bewältigen. Im neuen Buch „Baustelle Parlament“ hat der Autor die grundlegenden demokratischen Probleme seines eigenen Heimatlandes unter die Lupe genommen: Österreich.
Der Autor schreibt über die übermächtigen Parteien und Apparate, die ihre Fundamente in der österreichischen Verfassung aus dem Jahre 1920 haben. Das Bundesverfassungsgesetz, wie es entstanden ist und was daraus geworden ist, durchleuchtet der Autor aus Sicht des kritischen Philosophen. Für einen Laien überraschend: die österreichische Verfassung enthält keine Zweckbestimmung. Daraus folgert der Autor, dass eine Erneuerung der Demokratie auf Grundlage der bestehenden Verfassung nicht möglich ist. Neben zahlreichen Originalzitaten bringt Thurnhofer viele Argumente „Warum die österreichische Verfassung für das 21.
Jahrhundert nicht geeignet ist“. Das leicht verständliche Buch endet mit einem optimistischen Ausblick: das Volk als Souverän ist imstande, eine bessere Verfassung zu verfassen.