Ohne zu übertreiben würde ich Édouard Louis eine eigene kleine Schublade in meinem Regal der favorisierten Bücher 2025 widmen, denn bei "Der Absturz" hatte ich nicht nur das Gefühl, dass ich auch nach langem Nachdenken kein ähnliches Buch benennen konnte, es war auch handwerklich überzeugend. Das, was seine Bücher so besonders machen ist die Tatsache, dass er einen autobiographischen Roman schreibt, man aber das Gefühl hat, dass er selbst noch mitten in der Handlung steckt. Ich kenne natürlich autobiographische Romane, aber keines dieser Bücher würde ich mit "Der Absturz" vergleichen. Schon der erste Satz hatte mich in der Leseprobe so angefixt, dass ich das Buch unbedingt lesen wollte, da er mich kalt erwischt hatte: "Als ich vom Tod meines Bruders erfuhr, empfand ich nichts; weder Traurigkeit noch Verzweiflung noch Erleichterung noch Freude."
Im weiteren Verlauf reist der Protagonist nach Hause in die Kleinstadt und muss und versucht, seinen Platz in der Familie einzunehmen. Er, der Autor, der nach Paris gegangen ist, um zu schreiben! Jetzt werden Erwartungen an ihn herangetragen, an ihn, der ja das große Geld zu machen scheint. Warum? Weil es von ihm erwartet wird?
Es steht längst fest - all die anderen Bücher dieses Autors gehören in mein Regal.
"Deep cuts" ist en Debutroman, der sich so ganz anders liest - er wirkt reif, erfahren und nicht vergleichbar mit irgendeinem anderen Roman, den ich bisher gelesen habe, maximal "Daisy Jones and the Six" von Taylor Jenkins Read fällt mir ein, aber im Grunde ist es auch nur die Musik als Thema als Gemeinsamkeit. Allein für das Gefühl, dass hier etwas ganz Neues versucht wurde, bin ich Holly Brickley mehr als dankbar. Unabhängig davon kann ich die unterschiedlich ausgefallenen Rezensionen dennoch verstehen, denn tatsächlich hat "Deep Cuts" eindeutig ein Zielpublikum. Schon das Cover weist mit jedem Wort auf Musik hin, das Buch selbst geht weiter über Musikliebe, einem Paar, dass sich zu einem bestimmten Song kennengelernt hat und diesen Song zum Hochzeitssong macht etc. hinaus - dieser Roman ist überhaupt nicht damit vergleichbar!
Die Protagonistin Percy trifft zu Beginn der 2000er Jahre Joe in einer Bar und schnell wird klar, dass in ihren Adern nicht nur Blut, sondern vor allem Musik fließt, während Joe auch tatsächlich Musiker ist, ist Percy nur Musikliebhaberin und liebt es darüber hinaus auch, sich mit anderen über Musik zu unterhalten. Doch bei Percy bleibt es nicht dabei, ein bloßes Statement zu einem Stück zu geben - mag sie es, oder nicht - sondern nimmt die Musik auseinander und stoßt damit vielen in ihrem Umkreis auf Unverständnis. Doch Joe teilt dieselbe Leidenschaft und die beiden spüren instinktiv eine Verbindung zueinander. Joe ist am Anfang seiner Musikerkariere und bittet Percy kurzerhand, ihm beim Texten zu helfen. Doch damit fängt alles nur an.
Was mir jedoch am Buch neben der musikalischen Note am besten gefallen hat, ist die Entwicklung, die Percy während der Handlung nimmt. Fragen wie, "Wer bin ich in dieser Welt?", "Wo will ich hin?", "Wer will ich sein?", schwingen in jedem Satz mit.
„Eine Klinge in der Asche“ ist bereits der zweite Teil der Reihe „Chronik der gefallenen Jahreszeitenkönigreiche“ von Lea Diamandis, welche ich im Rahmen einer Leserunde lesen durfte. Angesprochen hatte mich damals das Cover – hier finde ich schön, dass sich die Gestaltung des ersten Teils sehr schön im zweiten Teil wiederfindet. Auch wenn ich die Bücher in der E-Book-Fassung gelesen habe, finde ich schon immer wichtig, dass man optische Gemeinsamkeiten in der Covergestaltung findet bei Büchern derselben Reihe. Aber nicht nur das Cover, sondern auch der Titel ist wirklich prägnant und passend zum Inhalt des Buches!
Doch worum geht es?
Der zweite Teil wird abwechselnd aus der Sicht von Robin und aus der Sicht von Beatrice geschrieben. War der Weg, die Jahreszeitenkönigreiche vom ewigen Sommer zu befreien schon steinig, standen die Sterne im zweiten Teil definitiv nicht besser. Und auch bezogen auf die Charaktere hatte ich so meine Zweifel, ob aus ihnen tatsächlich noch einmal eine geeinte Gruppe entstehen könnte und dann ist da noch die emotionale Ebene zwischen Beatrice und Robin – eine verbotene Liebe in Kombination mit einer Aufgabe, die übermächtig erscheint, sind nicht unbedingt förderlich für ein Happy End.
Fazit
Wie schon der erste Teil der Reihe überzeugt die Autorin mit einem flüssigen, erfrischenden Schreibstil, der immer wieder durch Textpassagen gekrönt wird, die man sich merken möchte, die irgendwie im Gedächtnis haften bleiben und die ein emotionales Kopfkino erzeugen. Neben einer sehr spannenden Geschichte wurden hier sympathische Charaktere mit Ecken und Kanten entworfen, deren Handlungen stets logisch und konsequent beschrieben werden. Und neben der Fantasy-Geschichte werden auch noch so viele zwischenmenschliche Konflikte thematisiert, ohne dass man es eigentlich mitbekommt, dass das Buch wirklich zu einem Juwel für mich in diesem Lesejahr 2021 geworden ist.
Wen könnte die Reihe interessieren?
Ich hatte bei den starken Frauencharakteren an einige andere Reihen gedacht, vielleicht mag sich der ein oder andere Fan der Reihe „Das Reich der Sieben Höfe“ mal an der „Chronik der gefallenen Jahreszeitenkönigreiche“ versuchen? Wer sich für LGBTQ+ interessiert ist oder generell einmal nicht auf eine weitere Geschichte einer schüchternen, hilflosen Maid auf der Suche nach dem Ritter in weißer Rüstung kann, kommt auf alle Fälle auf seine Kosten.
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