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Mark

Bewertungen

Insgesamt 43 Bewertungen
Bewertung vom 30.04.2025
Mirasol, Eva

Staying Alive


sehr gut

Wer in einer Notaufnahme ist, braucht bekanntermaßen Geduld, Nerven wie Drahtseile und eine große Portion schwarzen Humor. Das gilt offenbar nicht nur für Patienten, sondern auch für alle, die dort arbeiten. Jedenfalls ist es vergnüglich, diese überzeichnete Version aus Sicht einer jungen Ärztin zu lesen, die nicht nur unter dem permanenten Stress zu leiden hat, sondern sich auch als Frau offenbar doppelt beweisen muss, vorzugsweise durch Sarkasmus. Auch die Erläuterungen zu medizinischen oder technischen Sachverhalten, die allerdings manchmal den Lesefluss stören, fand ich interessant. Die eigentliche Story plätschert so dahin und ist ziemlich erwartbar. Aber das Buch liest sich so weg und bringt einen stellenweise zum Schmunzeln - sofern man ausblendet, dass die ganze Problematik an sich äußerst ernst ist. Vielleicht schreibt mal jemand das Gegenstück zu diesem Buch aus Patientensicht.

Bewertung vom 20.04.2025
Suter, Martin

Wut und Liebe


sehr gut

Wie weit will man gehen: für das Leben, das man sich wünscht, für die Liebe seines Lebens, für die ultimative Rache? Das sind die zentralen Fragen dieses Buches, das verschiedene Antworten auf die Fragen liefert und am Ende ein Verwirrspiel. Denn natürlich ist nichts so, wie es scheint. Jedenfalls nicht so ganz. Dieses Buch erzählt von Vertrauen, von Verzweiflung und von Fehleinschätzungen, die uns allen unterlaufen bei der Einordnung unserer Mitmenschen, Kollegen, Freunden und Feinden. Und den Sachverhalten, wie sie uns geschildert werden und denen wir zu arglos vertrauen, denn täglich geschehen Dinge, die wir nie für möglich gehalten hätten. Dieses Buch ist spannend, verwirrend und ein Lesegenuss, auch wenn Martin Suter damit zwar vom Thema her, aber nicht stilistisch so wirklich an seine früheren Erfolge anknüpfen kann.

Bewertung vom 14.04.2025
Ruban, Paul

Der Duft des Wals


sehr gut

Man fliegt um die halbe Welt, um in einem Luxus-Ressort seine längst zerbrochene Ehe zu kitten, mit äußerst fragwürdigen Aussichten auf Erfolg. Oder man hat einfach eine freie Woche und will sich verwöhnen lassen. Oder man hat seinen Job in diesem Luxus-Ressort und schon alles gesehen. Aber das noch nicht: Ein gestrandeter Wal verpestet nachhaltig die Luft im Paradies, selbst dann noch, als der Kadaver auf rätselhafte Weise verschwindet. Und auf die verschiedenen Protagonisten, die sich abwechseln beim Erzählen der Kapitel, hat das gravierende Auswirkungen. Oder wäre sonst alles anders gekommen? Wie genau definiert man eigentlich ein Happy-End? Das Buch liest sich gut, ist skurril und überraschend, hat aber auch durchaus Tiefe. Aber vielleicht wäre auch mehr drin gewesen, denke ich jedenfalls. Vielleicht gibt es ja eine Fortsetzung?

Bewertung vom 03.04.2025
Bradley, Kaliane

Das Ministerium der Zeit


gut

Zeitreisen sind faszinierend, auch wenn sie aktuell nur in unserer Fantasie stattfinden - sofern das der Fall ist! Der Reiz des Buches besteht sicher darin, dass er das Thema in der nahen Zukunft platziert, dass man sich das Setting gut vorstellen kann und ein paar abweichende Besonderheiten der unbekannten Zukunft zuschreibt. Außerdem gefällt mir, dass sich die Autorin nicht lange bei technischen Erklärungen aufhält, dafür die einzelnen Personen anschaulich darstellt. Über die Konflikte, die man als Zeitreisender, hier Expat genannt, durchmacht, wenn man sich Jahrhunderte später in der Geschichte wiederfindet, kann man nur spekulieren, und das tut die Autorin auch ganz gut und auch mit Humor. Aber hier wäre vielleicht mehr drin gewesen. Dafür erscheint mir das Buch etwas überfrachtet mit weiteren Themen wie Migration und Klimawandel, und natürlich schleppt die Hauptakteurin ein ungelöstes Trauma mit sich herum. Das war mir alles entweder zu viel oder zu wenig. Vor allem die Liebesgeschichte mit einer immerhin realen historischen Figur fand ich dann doch etwas seltsam. Trotzdem liest sich das Buch über weite Strecken gut, die Autorin hat gute Ideen und hier vielleicht nur zu viel auf einmal gewollt. Jedenfalls freu ich mich auf weitere Bücher von ihr.

Bewertung vom 07.03.2025
Schroeder, Steffen

Der ewige Tanz


sehr gut

Die Lebensgeschichte der Tänzerin und Schauspielerin Anita Berber als Roman. Sie starb schon mit 29 Jahren an Tuberkulose. Sonst wäre ihr Name heute sicherlich noch präsenter. Anita Berber lebte ihr Leben in den wilden 1920ern entgegen aller Konventionen, liebte Männer und Frauen, war zum dritten Mal verheiratet, gab Geld aus, solange es da war, nahm Drogen und trank angeblich eine Flasche Cognac am Tag. Sie trug einen Hosenanzug noch vor Marlene Dietrich und benutzte ein Monokel, um ihre Kurzsichtigkeit zu kaschieren. Aber vor allem lebte sie für den Tanz, für den sie geboren zu sein schien. Dem Autor gelingt eine recht gute Annäherung an dieses kurze, intensive Leben, das er aus der Perspektive der sterbenden Anita in der Lungenklinik schreibt. In den Rückblenden auf das vergangene Leben werden die Begegnungen mit bekannten Persönlichkeiten, Erfolge und Abstürze beschrieben. Schön, dass dieser bemerkenswerten Frau dieses Buch als Denkmal gesetzt wird.

Bewertung vom 11.02.2025
Schünemann, Christian

Bis die Sonne scheint


gut

Das Buch beginnt im Jahr 1983, als der junge Erzähler kurz vor seiner Konfirmation eines Abends seine Eltern belauscht, deren finanzielle Situation desaströs ist. Ihm dämmert, dass sich die Dinge verändern werden, doch er schiebt den Gedanken beiseite und konzentriert sich auf das Nächstliegende, ebenso wie seine Eltern, die immer wieder auf neue Ideen verfallen, die Fassade der wohlhabenden sechsköpfigen Familie aufrechtzuerhalten. Mag am Ende auch der Ruin stehen, das ist kein Grund, das Leben nicht zu genießen. Der Autor vermischt die Erzählung immer wieder mit Schilderungen aus der Kindheit der Eltern, der Geschichte der verschiedenen Großeltern von Flucht und Vertreibung und Neuanfang. Das ist alles recht geschickt gemacht, auch mit den kleinen Französisch-Lektionen am Beginn jedes neuen Kapitels. Sehr gut zu lesen, auch wenn das Ende vielleicht etwas abrupt ist.

Bewertung vom 19.01.2025
Pásztor, Susann

Von hier aus weiter


sehr gut

Eigentlich ein sehr tragischer Beginn: Marlene, verwitwet nach dem Selbstmord ihres Mannes Rolf, der unheilbar an Krebs erkrankt war, kämpft sich durch die Beerdigungsfeierlichkeiten und die wohlmeinende Fürsorge von Rolfs erwachsenen Kindern, zu denen sie keine starke Beziehung hat. Zurück in ihrem großen Haus, nunmehr allein, scheint sie sich selbst und den Sinn ihres Lebens verloren zu haben. Aber es sind nicht Trauer und Verzweiflung, die sie beherrschen, sondern Wut. Auch ihre Freundin Ida, die seinerzeit die Praxis von Rolf übernommen hatte, kann sie da nicht rausholen. Doch dann ergibt sich eine zufällige Begegnung mit Jack, einem ehemaligen Schüler von Marlene, die ihrem Leben eine neue Richtung gibt. Schließlich befindet sich das Trio auf einer abenteuerlichen Reise in den Süden, die ein überraschendes Ende nimmt. Eine schön gestaltete Geschichte über Tapferkeit, Freundschaft, Empathie und die kleinen und großen Wunder, die immer und überall passieren. Was mir nicht ganz so gut gefällt ist der Titel, weil er stark an ein anderes Buch erinnert.

Bewertung vom 17.01.2025
Würger, Takis

Für Polina


ausgezeichnet

Ein schönes Buch, eine runde Geschichte, ein emotionales Märchen. Der außergewöhnliche Hannes mit seinem ganz besonderen Gefühl für Musik liebt die temperamentvolle Polina, mit der er seit frühester Kindheit verbunden ist. Aufgewachsen in der abgeschiedenen Welt einer alten Villa im Moor, behütet von seiner ebenso einfühlsamen wie pragmatischen Mutter Fritzi, die er durch einen Unfall früh verliert, versagt sich Hannes seine Musik, als Polina ebenfalls aus seinem Leben verschwindet und er mit den Anforderungen des Alltags fertig werden muss. Es ist eine Geschichte von Aufgeben und Verzweifeln, von Hoffnung und Freundschaft und der unbesiegbaren Kraft der Liebe und der Musik, die der Autor Takis Würger hier sehr eindringlich und doch unaufgeregt erzählt. Ein Buch, dass man nicht aus der Hand legt, bevor man es zu Ende gelesen hat.

Bewertung vom 05.01.2025
Haas, Wolf

Wackelkontakt


sehr gut

Was für eine ungewöhnliche Idee, die Bilder von Maurits Cornelis Escher in einen Roman zu verwandeln! Zwei Geschichten, die für sich genommen nichts Besonderes wären, werden miteinander verwoben und gehen schließlich nahtlos ineinander über, so dass die völlig verschiedenen Handlungen am Ende auf einen gemeinsamen Punkt zusteuern und die Akteure nur die jeweils andere Geschichte weiterlesen müssen, um zu erfahren, was mit ihnen als nächstes passiert. Man fühlt sich zwar unwillkürlich an den einen oder anderen Autoren vor ihm erinnert, nicht alles ist wirklich ganz neu, aber in dieser Form ein wundervoller Pageturner und meisterhaft gestrickt. Einen Stern Abzug gibt es für das gelegentliche Einflechten von altbackenen Stereotypen, was absolut unnötig ist, und für das vielgerühmte Cover: Es ist leider eine Zumutung für Sehbehinderte und lässt sich zum Beispiel auch nicht von Apps wie Seeing AI entziffern. Damit hat der Autor nichts zu tun, aber die Verlage könnten hier ohne großen Aufwand Positives statt Negativem bewirken.

Bewertung vom 09.12.2024
Hawkins, Paula

Die blaue Stunde


gut

Einen Teil des Romans nehmen die Tagebuchaufzeichnungen und Briefe der Künstlerin Vanessa Chapman ein, die bereits verstorben ist. Ein Werk der Künstlerin erregt bei einer Ausstellung ein besonderes Interesse, da ein menschlicher Knochen darin vermutet wird. Die Stiftung, der die Werke der Künstlerin gehören, schickt ihren Kurator Becker zur Nachlasspflegerin und Freundin der Verstorbenen, Grace. Nach anfänglichen Schwierigkeiten fangen die Dinge an, sich zu klären, dafür tauchen neue Fragen auf. Die Erzählung nimmt einen mit auf eine kleine Insel in der Irischen See, deren Atmosphäre sehr eindringlich geschildert wird. Auch die Menschen, die dort leben und lebten, haben ihre düsteren Seiten, wie sich herausstellt und leider nicht ganz bis zum Ende auflöst. Das Buch liest sich gut, hat aber weniger Spannung als erwartet.